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VERFOLGUNG UND WIDERSTAND
IM NATIONALSOZIALISMUS
DOKUMENTIEREN UND VERMITTELN

Digitale Erinnerungslandschaft



Geisteswissenschaftliches Asset Management System



Villefortgasse 7, 8010 Graz
Beschreibung: Die SchülerInnen setzen sich vertieft mit der Biografie einer im Nationalsozialismus Verfolgten auseinander und erarbeiten sich dadurch eine weitere Perspektive auf den Kontext Verfolgung und Widerstand.
Ort: Graz (8010)
Zeitbedarf: 30–45 Minuten, eignet sich für Supplierstunde
Alter: 13–18 Jahre
Vermittlungsort: Klassenraum


Verbundene Orte:




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Im Jahr 2011 wurde am ehemaligen Wohnhaus in der Villefortgasse 7 auf Initiative der Künstlervereinigung und Kunstinitiative „Intro-Graz-Spection“ und der Stadt Graz eine Gedenktafel in Erinnerung an die im Zuge der NS-Euthanasie ermordete Künstlerin Ida Maly angebracht. Die Künstlerin war nach dem Zweiten Weltkrieg in Vergessenheit geraten und erst im Zuge der Aufarbeitung der steirischen Kunst der NS-Zeit wurden ihre Arbeiten erstmals einem größeren Publikum bekannt. Ida Maly wurde am 22. Oktober 1894 in Wien geboren. Die Familie übersiedelte etwas später nach Graz, wo Ida die Schule besuchte und an der Landeskunstschule studierte. Anfang der 1920er-Jahre lebte und arbeitete sie in München, wo zu dieser Zeit eine politische und gesellschaftliche Aufbruchsstimmung herrschte. Emanzipation und Gleichberechtigung der Frauen waren bestimmende Themen, die auch für Ida Maly prägend waren. So wollte sie beispielsweise, als sie schwanger wurde, den Kindesvater, Sohn eines Industriellen, aus Abneigung gegen eine feste Bindung und Abhängigkeit nicht heiraten. Sie malte und konnte davon auch leben. Die Mutterrolle lag ihr jedoch nicht, oder vielleicht schaffte sie es auf Grund sich abzeichnender psychischer Probleme nicht, und so beschloss sie 1923, ihre zwei Jahre alte Tochter Elga zur Adoption freizugeben. Ida Maly ging daraufhin nach Berlin, danach mit einem Kunststipendium nach Paris und 1926 für zwei Jahre nach Wien, ehe sie wieder nach München zurückkehrte. Aus finanziellen Gründen, vor allem aber auf Grund psychischer Probleme, kam sie 1928 zu ihrer Schwester nach Graz zurück. Als Künstlerin „Am Feldhof“ Am 1. August 1928 wurde Ida Maly wegen aggressiven Verhaltens in die Landes-Heil- und Pflegeanstalt „Am Feldhof“ eingeliefert, wo man bei ihr Schizophrenie diagnostizierte. Über die Umstände ihres Zusammenbruchs selbst gibt es keine Informationen. Sie verbrachte in Folge die nächsten 13 Jahre ihres Lebens in der Landes-Heil- und Pflegeanstalt in Graz bzw. am Steinhof in Wien, die sie auch mehrfach in Bildern festhielt. Sie malte und zeichnete bis Mitte der 1930er-Jahre. Viele ihrer Zeichnungen und Aquarelle sind von Monstern und Robotern dominiert. In Kommentaren in den Bildern reflektierte sie ihre eigene Situation in der Anstalt wie auch die allgemeinen politischen Verhältnisse, wie sie sie hinter den Anstaltsmauern miterlebte. So heißt es etwa im „Begleittext“ zum 1934 entstandenen Bild „Steinhof“: „Landpfleger ist noch kein Gesetz oder Gesetzkundiger ein Gesetzgeber – man muss seine Niederlage nicht zu Siegen aufbauschen. (…) Menschen dürfen nicht in ein Irrenhaus gesteckt werden – Mensch ist ein Menschen- oder Männerleben. Tiere muss man ins Irrenhaus stecken, wenn man genug Kenntnisse hat – sie zu Menschen der Intelligenz nachzubilden. Das Irren- und Tierhaus ist für Tierleben.“ Im „Begleittext“ zum ebenfalls 1934 entstandenen Bild „Gefangenschaft“ schrieb sie: „Seit 1926/27 habt ihr Maly Ida zu der Hand dem Arm dem Arsch der Maly Ida erniedrigt. Ihr habt 1926 Maly Idas Malwerk Malvermögen Malleben Malkunstmaterialien Maly Idas malkünstlerische Menschenkunst Anerkennung weggestohlen aus Maly Maidas Malbesitz. Ihr habt Maly Ida arm gemacht.“ Sie schloß den Text mit der Aussage: „Gefangenhaltung ohne geistige Überragung ist Menschenmord.“ Endstation Hartheim Über die letzten Jahre Ida Malys am „Feldhof“ ist nichts bekannt. Ihre Jugendfreundin Martha Newes, mit der sie seinerzeit nach München gegangen war, besuchte sie noch lange Zeit. Als die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, war es ihr als Jüdin nicht mehr möglich, den Kontakt mit Ida Maly weiter aufrecht zu halten. Nach der Überführung von rund 400 PatientInnen in zwei Transporten vom Feldhof nach Hartheim 1940 folgten im Jänner und Februar 1941 elf weitere Transporte. Ida Maly wurde mit 65 Frauen und einem Mann am 8. Februar 1941 nach Hartheim überstellt. Die Anstalt Hartheim informierte ihre Mutter in einem Brief, dass Ida Maly „auf Grund ministerieller Anordnung gemäß Weisung des Herrn Reichsverteidigungskommissars in unsere Anstalt verlegt wurde und gut hier angekommen ist.“ Nur wenig später erhielt die Mutter das für die Vertuschung des Massenmords obligatorische Schreiben, in dem man ihr mitteilte, dass Ida Maly am 20. Februar 1941 an „Pneumonie“ (Lungenentzündung) verstorben sei.



Literatur

  • Günter Eisenhut, Ida Maly, in: Günter Eisenhut/Peter Weibel (Hg.), Moderne in dunkler Zeit. Widerstand, Verfolgung und Exil steirischer Künstlerinnen und Künstler 1933–1948, Graz 2001, S. 282–295.
  • Heimo Halbrainer/Gerald Lamprecht, Nationalsozialismus in der Steiermark. Opfer – Täter – Gegner. Innsbruck-Wien-Bozen 2015.