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VERFOLGUNG UND WIDERSTAND
IM NATIONALSOZIALISMUS
DOKUMENTIEREN UND VERMITTELN

Digitale Erinnerungslandschaft



Geisteswissenschaftliches Asset Management System



Radetzkystraße 8, 8010 Graz
Beschreibung: Die Schülerinnen beschäftigen sich mit der Biografie Rabbiner David Herzogs und bearbeiten Arbeitsaufträge basierend auf einem Quellentext.
Ort: Stadt Graz (8010)
Zeitbedarf: 15–30 Minuten
Alter: 13–18 Jahre
Vermittlungsort: Klasse oder außerschulischer Ort in der Region


Verbundene Orte:




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In Erinnerung an den ehemaligen Landesrabbiner und Universitätslehrer David Herzog, der 1938/39 von den NationalsozialistInnen aus seiner Heimat vertrieben wurde, brachte die Stadt Graz im Jahr 2009 an seinem ehemaligen Wohnhaus eine dreisprachige Gedenktafel an. Sie ist eines von fünf Erinnerungszeichen an Rabbiner Herzog in Graz: Stolperstein in der Radetzkystraße , Mahnmal – Lauftext , Gedenktafel Oeverseegymnasium , David Herzog Platz . Kindheit und Jugend – Ausbildung zum Rabbiner und Wissenschafter David Herzog wurde am 7. November 1869 als erstes von acht Kindern von Leopold und Cäcilia Herzog in Tyrnau/Trnava in der heutigen Slowakei geboren. David Herzog wuchs in einer angesehenen und religiösen Familie auf. Seine Ausbildung begann er bereits im Alter von drei Jahren, indem ihm sein Vater Hebräisch beibrachte und in die Texte des Judentums einführte. Mit fünf Jahren wurde er zunächst als Zuhörer, später als Schüler in die jüdische Volksschule seines Heimatortes aufgenommen. Ab 1879 besuchte David Herzog das fürsterzbischöfliche Obergymnasium in Tyrnau/Trnava und gleichzeitig lernte er bei den Rabbinern seiner Gemeinde. Nach der Matura schlug er auf Wunsch des Vaters die Rabbinerlaufbahn ein und besuchte in Berlin das Hildesheimer Rabbinerseminar , studierte Orientalistik und nahm im Abschlussjahr seiner Studien 1894 seine erste Rabbinatsstelle in Berlin an. In den folgenden Jahren hatte er Rabbinerstellen in Ungarisch-Ostrau/Uherský Ostroh (Tschechien) und ab 1901 in Smichov/Smíchov, einem damaligen Vorort von Prag, inne. Zugleich habilitierte er sich an der Prager Universität im Bereich Semitische Philologie. Nachdem 1907 der Grazer Rabbiner Samuel Mühsam verstorben war, bewarb sich David Herzog als dessen Nachfolger und wurde aus mehr als 80 Kandidaten zum neuen Grazer Rabbiner gewählt. Rabbiner in Graz David Herzog übersiedelte 1908 mit seiner Frau Anna Reich und den beiden Kindern Robert und Friedrich nach Graz, um das Amt des Rabbiners, Matrikenführers und Religionslehrers der aufstrebenden jüdischen Gemeinde zu übernehmen. Darüber hinaus unterrichtete er an der Karl-Franzens-Universität , er engagierte sich in zahlreichen jüdischen und nichtjüdischen Vereinen, gründete eine eigene Zeitschrift, den „Grazer Israelitischen Gemeindeboten“, und verfasste zudem historische Abhandlungen über die jüdische Geschichte der Steiermark im Mittelalter. Er wurde in den folgenden Jahren Mitglied des Stadt- und Landesschulrates und zudem mit zahlreichen Ehrungen ausgezeichnet. 1929 wurde er zum Bürger der Stadt Graz ernannt. David Herzog war eine angesehene Persönlichkeit und ein international respektierter Wissenschafter. Doch in Graz war er stets auch antisemitischen Angriffen ausgesetzt, die nicht selten von Schülern und Studenten ausgingen. So wurde er beispielsweise während eines Ausfluges zum Gasthaus „Häuserl im Wald“ von Studierenden und Mitgliedern der Akademischen Sängerschaft Gothia angepöbelt. Doch David Herzog ließ sich nicht einschüchtern und war stets einer der wichtigsten Mahner gegen die Intoleranz und ein Kämpfer gegen den Antisemitismus . Er schrieb unermüdlich aufklärerische Texte in Zeitungen und Zeitschriften, protestierte bei den Behörden und engagiert sich in der Öffentlichkeit um den Antisemitismus zurückzudrängen und seine Irrationalität zu entlarven. Opfer nationalsozialistischer Verfolgung – Flucht nach England Gleich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde der 69-jährige Rabbiner David Herzog einige Tage lang in Haft genommen. Obwohl er durch seine internationalen Kontakte Möglichkeiten zur Auswanderung gehabt hätte, blieb er in Graz, um seine Gemeindemitglieder zu betreuen und ihnen bei der Beschaffung notwendiger Papiere zu helfen. Im November 1938 wurde David Herzog im Zuge der Pogromnacht aus seiner Wohnung in der Radetzkystraße gezerrt, bei der brennenden Synagoge mit dem Umbringen bedroht, vor den Toren der Stadt schwer misshandelt und mitten in der Nacht auf einem Acker zurückgelassen. David Herzog überlebte die schweren Misshandlungen und wurde in den folgenden Wochen von seiner Ehefrau Anna gepflegt. Im Frühjahr 1939 übersiedelte er nach Wien und konnte schließlich von dort aus nach England emigrieren. Er lebte zunächst in London und schließlich in Oxford. Auch im Exil ging er seinen Forschungen nach und verfasste seine Lebenserinnerungen. Herzogs Sohn Robert , viele Jahre Journalist in Paris, wurde im März 1943 von Drancy (Frankreich) aus nach Sobibor bzw. Majdanek deportiert und ermordet. Sein zweiter Sohn Friedrich konnte nach Schweden und später in die USA emigrieren. David Herzog starb am 6. März 1946 in Oxford. In Österreich geriet er über die Jahrzehnte hinweg in Vergessenheit. Erst in den 1980er-Jahren wurden seine Lebenserinnerungen „wiederentdeckt“.



Literatur

  • Gerald Lamprecht, Rabbiner Dr. David Herzog – Leben und Werk, in: Heimo Halbrainer/Gerald Lamprecht/Andreas Schweiger (Hg.), Meine Lebenswege. Die Persönlichen Aufzeichnungen des Grazer Rabbiners David Herzog, Graz 2013, 165–194.