Über das Projekt QhoD

QhoD ist eine 2020 am Institute for Habsburg and Balkan Studies der ÖAW ins Leben gerufene digitale Infrastruktur zur Edition von Quellen zur habsburgisch-osmanischen Diplomatie von Beginn der diplomatischen Beziehungen beider Reiche an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert bis zu ihrem Untergang am Ende des Ersten Weltkriegs. Die Quellen werden auf historisch-kritischer Basis digital aufbereitet und open access (CC-BY-Lizenz) zur Verfügung gestellt. Aufgenommen werden alle Formen diplomatischer Beziehungen und alle Sorten von Quellen.

Die wichtigsten Quellen habsburgischer Herkunft sind die Korrespondenzen der Diplomaten sowie ihre Schreiben an Verwandte, Freunde und Patrone. Veröffentlicht werden ferner Friedensabkommen, Instruktionen, Geheim- und Finalrelationen, Protokolle, Rechnungen, Bilder, Karten, publizistische Medien (Flugblätter, Flugschriften, Zeitungen) und Tagebücher sowie im diplomatischen Kontext entstandene Reiseberichte. Einbezogen werden außerdem Artefakte, beispielsweise Geschenke, die sich in Museen oder Sammlungen erhalten haben. Von osmanischer Seite sind vor allem Seyahatnâme zu nennen, eine für die islamische Welt charakteristische Form der Reiseliteratur, und Sefâretnâme, eine Art umfangreicher Abschlussbericht über eine diplomatische Mission und das bereiste Land. Zu den osmanischen Quellen, die QhoD ediert, zählen außerdem Protokolle, Registerbücher und -hefte sowie Rechnungen.

Diese Quellen sind aufgrund ihres breiten inhaltlichen Spektrums, in dem die Sphäre des Politischen nur einen Ausschnitt darstellt, für die Erforschung der Geschichte der Habsburgermonarchie und ihrer Nachfolgestaaten sowie des Osmanischen Reichs und des Balkanraumes von umfassender Bedeutung. Darüber hinaus besitzen sie eine über den fachwissenschaftlichen Diskurs reichende gesellschaftspolitische Relevanz, da sie Einblicke in die historischen Dimensionen aktueller Problemlagen erlauben, etwa in die Beziehungen zwischen Europa und Asien, zwischen Christentum und Islam, in Probleme der Friedenssicherung, in Transkulturalität, Wissenstransfer und Imperienbildung sowie in die Einbindung der Türkei in die europäische Geschichte.

Das QhoD Team arbeitet auf zwei Ebenen: Zum einen ediert es die Quellen der wissenschaftlich besonders wertvollen Großbotschaften, zeitliche befristete Missionen auf höchster diplomatischer Ebene, zu denen sich Habsburger und Osmanen meist wechselseitig und im Kontext von Friedensverhandlungen verpflichteten. Sie kamen an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert auf und spielten bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts in den bilateralen Beziehungen, vor allem bei der Friedenssicherung, eine Schlüsselrolle. Historisch-kritisch bearbeitet, digital aufbereitet und open access zur Verfügung gestellt werden dabei alle Sorten von Quellen habsburgischer und osmanischer Herkunft, so dass die Missionen denkbar breit dokumentiert werden. Zum anderen unterstützt das QhoD Team externe Forscher:innen im Rahmen von Subprojekten bei der digitalen Edition von Quellen zur habsburgisch-osmanischen Diplomatie.

Derzeit werden folgende Projekte bearbeitet:

Editionstechnische Grundsätze des Projekts

  1. Erschlossen werden alle Formen diplomatischer Beziehungen (befristete und ständige Gesandtschaften, informelle Kontakte, Friedensverhandlungen, Herrscherkorrespondenzen usw.) nach den Normen historisch-kritischer Quelleneditionen.
  2. Quellenvielfalt: Aufgenommen werden alle Arten von Quellen.
  3. Erschließungsstufen: Die Quellen werden unterschiedlich tief erschlossen (von ausschließlich dokumentiert bis historisch-kritisch im voll umfänglichen Sinn)
    • 1. Stufe: Metadaten (wer, wann, wem, wo, wohin)
    • 2. Stufe: Metadaten und Images (falls verfügbar)
    • 3. Stufe: Metadaten, Images (falls verfügbar) und Regest (engl.)
    • 4. Stufe: Metadaten, Images (falls verfügbar), transkribierter Text, Regest (engl.)
    • 5. Stufe: Metadaten, Images (falls verfügbar), transkribierter Text mit historisch-kritischem Kommentar (Textkritik; Personen, Sachen, Institutionen, Orte) und Regest (engl.), bei osman. Quellen Übersetzung (dt. oder/und engl.)
    • Kriterien der Zuordnung zu den Stufen: inhaltliche Bedeutung, Aussagekraft und Zugänglichkeit bzw. Erhaltungszustand der Quelle
    • Bildliche und objekthafte Quellen werden abgebildet sowie mit einer Beschreibung und -analyse und einer Bildannotation (Beziehung Text-Bild) versehen.
  4. Dynamische Veröffentlichung: Quellen und Metadaten werden bereits vor ihrer vollständig abgeschlossenen Bearbeitung online gestellt, um die Benützung so früh wie möglich zu erlauben.
  5. Open Science: In das Projekt ist ein qualifiziertes open science Konzept integriert, das es externen Forschenden ermöglicht, Quellen zu veröffentlichen. Es ruht auf drei Säulen:
    1. Publikation von Quellen externer Forschungsvorhaben aus dem Bereich der habsburgisch-osmanischen Diplomatie
    2. Erschließung von Quellen im Rahmen von Lehrveranstaltungen an Universitäten
    3. Akademische Qualifikationsschriften (Bachelor- und Masterarbeiten, Dissertationen, Habilitationen)

Digitale Erschließung

In enger Zusammenarbeit mit dem ZIM und dessen Repositorium werden die Dokumente aller Erschließungsstufen in TEI-validem XML erfasst.

Als zentrale Entitätsdatenbank für in den Projektdaten referenzierte Named Entities (Orte, Personen, Institutionen) dient die Multiple Prosopographische Registratur (entwickelt am Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage der ÖAW), aus welcher Entitätsdaten als tei:standOff übernommen werden.

Technische Schnittstellen u.a. zu unterschiedlichen Repräsentationen der TEI-Rohdaten können bei jedem Dokument angesteuert werden.