Zum Projekt

Das vom FWF geförderte Forschungsprojekt (P30091-G28) wird von Arno Strohmeyer (Universität Salzburg) und Georg Vogeler (Universität Graz) geleitet. Es untersucht die Kommunikation zwischen habsburgischen Gesandten in Konstantinopel und dem Kaiserhof in Wien in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Zentraler Bestandteil des Projekts ist die digitale Edition jener Dokumente, die im Rahmen der Internuntiatur des Johann Rudolf Schmid zum Schwarzenhorn 1649 an die Hohe Pforte angefertigt wurden. Neben den Instruktionen für den Diplomaten, seinen Briefen und den beiden Abschlussberichten (Finalrelation und Geheimbericht) ist hier vor allem das im Zuge der Mission entstandene und lange Zeit verschollen geglaubte Reisetagebuch des Johann Georg Metzger zu nennen, das Eindrücke des Autors mit zeitgenössischem, historischem, naturkundlichem und ethnografischem Wissen verwebt.

Dem Projekt liegt die These zugrunde, dass der Informations- und Wissenstransfer, der zwischen den Gesandten und dem Kaiserhof stattfand, maßgeblich von Medien geprägt war: Was die Menschen über die Osmanen wussten, war von den Regeln abhängig, denen die Medien unterlagen. Korrespondenzen und Berichte werden aus medienwissenschaftlicher Perspektive analysiert und miteinander verglichen. Dabei gelangen modernste Methoden computergestützter Textanalyse zur Anwendung. Ausgangspunkt bildet die Annahme, dass Medien jeweils auf spezifische Art und Weise Wirklichkeit konstruieren: das Fernsehen anders als Tageszeitungen oder das Radio, ebenso aber auch Briefe anders als Reiseberichte. Die Medien werden, zugespitzt formuliert, als „Akteure“ verstanden, die ihren eigenen Verhaltensmustern folgen.

Das Projekt führt zu einem besseren Verständnis der Konstruktion des in (Mittel-)Europa vorhandenen Wissens über die Osmanen. In Zusammenhang damit gewährt es Einblicke in die historischen Dimensionen von Transkulturalität und aktuellen Problemlagen wie den Umgang mit Fremdheit und das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen. Medien schreiben nicht nur ihre eigene Geschichte, sondern gestalten auch die Geschichte. Die Ergebnisse des Projekts sind daher für das Verstehen der habsburgisch-osmanischen Beziehungen und der internationalen Politik im 17. Jahrhundert von allgemeiner Bedeutung.