Die Antikerezeption an der Grazer Jesuitenuniversität

Institut für Klassische Philologie

Projekt „Die Antikerezeption an der Grazer Jesuitenuniversität“

Inhalt des Projekts

Von 1573 bis zum Jahre 1773 spielte die unter Leitung der Jesuiten stehende Grazer Universität eine maßgebliche Rolle in der Geistesgeschichte des Habsburgerreiches, die sich unter anderem in der Durchsetzung der Gegenreformation sowie in hervorragenden Leistungen auf dem Gebiet der Naturwissenschaften (Guldin), des Theaters und der neulateinischen Literatur manifestierte. Zwar ist die äußere Geschichte dieser Institution und ihrer Lehrer bereits jetzt Gegenstand spezieller Veröffentlichungen, doch fehlt die inhaltliche Aufarbeitung von Lehre und Forschung in Graz. Dies ist das Ziel unseres auf 2 Jahre anberaumten Projekts.

Da sich die Systematik des jesuitischen Studienplans stark an der antiken Kultur orientierte und Latein bis 1773 als Unterrichts- und Publikationssprache aufwies, stellt die Antike das Paradigma dar, in dem das Phänomen Jesuitenuniversität überhaupt erst verständlich und beschreibbar wird. Die Retrospektive der Jesuiten war nie Selbstzweck, sondern diente zur praktischen Bewältigung politischer und pastoraler Aufgaben. Diese Verbindung von Benutzung antiker Kultur mit lokalen Gegebenheiten stellt insgesamt ein innovatives Element des jesuitischen Wissenschaftsbetriebes dar. Die Arbeit im Rahmen des Projekts hat sich demnach dieser Aufgabe zu stellen und sowohl den Steiermarkbezug als auch die historisch-europäische Ausrichtung der Grazer Universität zu bezeugen.

Methode

Die Abteilung für Sondersammlungen an der Universitätsbibliothek verfügt über etwa 5000 Bücher aus dem Bestand der alten Bibliothek und auch einige noch nie publizierte Handschriften, die aus jesuitischen Vorlesungen resultieren. Diese Bestände sind nach den zwei Kriterien 1) Relevanz der Antike und 2) Steiermarkbezug zu sichten. Themenrelevante Bücher / Manuskripte sollen zunächst digitalisiert und im Internet verfügbar gemacht werden. Je nach Qualität der Vorlage und Interesse anderer Fachrichtungen wird die Arbeit dann vertieft, indem Übersetzungen und Kommentare zu speziellen Autoren angeschlossen werden, um am Ende Entwicklungen in der Wissenschaftsgeschichte von 1573 - 1773 sichtbar zu machen. Besonderes Augenmerk soll auf die Berücksichtigung der verschiedenen Gattungen neulateinischer Literatur gelegt werden.

Nachhaltigkeit

Im Rahmen des Projekts wird Grundlagenforschung für verwandte Disziplinen (Geschichte, Philosophie, Theaterwissenschaft, Pädagogik, Theologie) geleistet, indem den Fachleuten Material zur Weiterarbeit zur Verfügung gestellt wird. Jungen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen vieler Fachgebiete soll so über Jahre hinaus eine Möglichkeit geboten werden, sich in Diplomarbeiten und Dissertationen den neu publizierten Schriften jesuitischer Professoren in Graz zu widmen.

Ludwig Fladerer