Der Bürger: Erstes Stük
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Der Bürger
Erstes Stük.
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Metatextualidad
Eine eigene Wochenschrift hat der unsrige Himmelsstrich noch nicht gesehen. Wenn ein neuaufgehendes Gestirn an dem Gesichtskreise hervor bricht: so ziehet solches jedermanns Augen alsobald auf sich, und große und kleine Seherohre werden nach dem Orte der neuen Erscheinung gerichtet. Man untersucht dessen Stellung, Größe, Schein, Wirkung: auch die Fleken bleiben nicht unbemerkt. Das neue Gestirn findet Bewunderer und Verächter. Jeder fället das Urteil nach dem Maaße des gefaßten Erkentnißes, und nach der Schärfe oder Blödigkeit des Auges.
Die gegenwärtige Erscheinung gehöret unter die Zahl derjenigen, welche an dem Orte, wo sie hervor kommen, noch keinen Vorgänger gehabt. Bis anher hat dahier niemand ein Periodischer Schriftsteller werden, und die Pflicht eines freiwilligen Amtes übernehmen wollen, dessen Absicht öfters besser als die Aufnahme ist Jch will die Ursach eines solchen Abganges nicht ergründen. Eine Wochenschrift macht eben an sich selbst so was unentbehrliches nicht aus, daß ohne solche ein Staat nicht bestehen, oder dessen bürgerliche Gesellschaft nicht glüklich seyn könnte. Eben das hiesige, und mehr andere Beispiele erweisen die Wahrheit dieses Sazes. Es scheinet vielmehr, daß Wochenschriften nur aus einem gewissen Ubermaaße der Bequemlichkeit, eines glüklichen Zustandes, aus blüenden Wissenschaften, und, ich weiß nicht, aus was anderen angenehmen Quellen entspringen mögen.
Dem seye nun, wie ihm wolle, und mag es gleich eine Neuerung seyn, wenn ich diese Blätter an das Licht stelle: so wage ich es dennoch, weil dort das Wagen ein leichtes ist, wo man nur dem Staate schädliche Neuerungen verwirft, unschädliche und wohlmeinende Unternehmungen aber aufmunteret, und die gesellschaftliche Sitten verbesserende Wahrheiten unterstützet. Seit dem Addisson und Steele sich in einer gleichen Art nüzlicher Arbeiten ihrem edeldenckenden Vaterlande auf immer verdient gemacht, hat auch Deutschland den Wert, und die glükliche Wirkungen eines solchen Bemüens erkennt. Es sind neue Speckators aufgetretten, welche den Fußtapfen ihrer ersten Vorgängern nahe gefolget. Wir haben Menschenfreunde gesehen, die in der Taht bewiesen, daß sie dieses Namens würdig seyen. Es ist eine Frau aufgetretten, welche mit ihren Lehren Männer beschämte. Jünglinge haben Greisen die Art nüzlich zu leben gelehrt, und ein Mensch, gewiß unter tausenden der einzige, der diesen Namen verdiente, suchte viele seines gleichen zu bilden, wenn es möglich wäre. Andere, der menschlichen Gesellschaft gleichnüzliche, Mitglieder haben sich mit Erforschung derjenigen Nachrichten beschäftiget, welche in die Landwirthschaft und bürgerliche Handtierungen einschlagen, und folglich dem Feldbaue, den Handwerken, Künsten und Wissenschaften, den Manufakturen, den Fabricken, und dem Waarenhandel annoch täglich zur Aufnahme und Erweiterung dienen.
Daher die ökonomischen Ausarbeitungen, Schriften und Samlungen, welche den Fleiß ihrer Urheber genugsam bezeugen! Da solche in den Händen so vieler Kennern hiesiger Stadt sind: so hab ich mich um so weniger des gefärlichen Vorwurfes einer unbekanten Neuerung zu befürchten, wenn ich den Vorgängern dieser heilsamen Beeiferungen nachzufolge suche.
Anders verhält es sich in meiner alten Vaterstadt, welche ich kindlicher Ehrfurcht halben nur mit dem Buchstaben O bezeichnen will; denn dort verwirft man alles was neu ist. Warum? das weiß ich und meine liebe Vaterstadt nicht. Genug, daß eine Sache, eine Unternehmung, eine Einrichtung den Schein einer Neuigkeit hat: so wird sie von Jungen und Alten verlacht.
Ehemals wolte ein Paar wohldenckender Leuten, den Geschmak und die Sitten ihres Vaterlandes durch die Moral einer Periodischen Schrift bessern. Sie kleideten ihre ersprießliche Ermahnungen bald in politische, bald in Satyrische Vorstellungen ein. Auch der Nahrungsstand ihrer Mitbürgern war ein Teil ihrer Bearbeitungen. Alzip, schrieben sie, sizet oben am Richteramte. Statt seine Wissenschaft zur Aufnahme des Vaterlandes, zur Hilfe Wittwen und Waisen, zur Aufrichtung des Elenden anzuwenden, drehet er solche nur dahin, wo er seine Vorteile findet. Er nimmt Geld mit beiden Händen und sammelt sich Schäze von den Tränen der Dürftigkeit. Seine Küche gleichet dem Wochenmarkte, wo das Recht Pfundweise bezahlt wird. Sein Haus ist mit fremdem abgepreßtem Gute ausgezieret, und wie bald würde solches seiner Pracht vermissen, wenn ein jeder das Seinige wieder näme?
Chrysander ißt nichts als Wassersuppen und verschimmelt Brod, inmittelst daß ihm seine reiche Pfründen Tausende einbringen. Er schläft auf dem Strohe, wenn ihn der Geiz schlaffen läßt, und verlehnet sein Bett, damit es ihm über Nacht einen Groschen Zins trage. Den armen, und ohne sein Verschulden leidenden Mitbürger schikt er mit Scheltworten fort, weil er glaubt kein Mitbürger zu seyn, und niemal ist aus seiner Hand das geringste Allmosen gefallen. Er leihet auf Unterpfand gegen 12. per Cento, und gestern hat er von einem Unglüklichen den lezten Taler erpresset, um die gesammelte Hundertausend vollzälig zu machen.
Luzinde ist die Frau eines wohlhabenden Bürgers, der sich mit seinem Handwerke mühsam, jedoch wohl ernäret. Kaum aber ist dessen Verdienst zureichend Luzindens Pracht zu unterhalten. Sie thut sich vor allen Bürgersweiberen in dem Aufpuze hervor, und bald ist zwischen ihr und eines Patricius Frau kein Unterschied. Noch nie ist ihr eine Spize zu fein gewesen, und bei allen neuen Moden ist sie im Nachahmen die erste. Sie hat den ersten Sonnenfecher in die Zünfte eingebracht, und die bürgerliche Hände mit diesem würdigen Zeitvertreibe des Adels beschäftiget. Nur keine neue Mode mehr, oder ihr ehrlicher Mann muß zum Betrüger werden!
Floridor (und wer kennt Floridorn an seinen rohten Absäzen nicht) ist von seinen weiten Europäischen Reisen, dem Himmel sey Dank! glüklich und fett zurük gekommen. Er erzälet von dem Maskenballe zu Venedig, vom Hanswurst zu Wien, dem Boulevart zu Paris und dem Wetterrennen in Londen mit ungemeiner Fertigkeit. Er kennet, so, wie Leßings gereister Storch die nahrhafte Wiesen, alle beste Wirthshäuser Deutschlandes. Er ist ein poßierliches Menschelgen, welches sich auf einem Fuße dreymal herumdreht. Erst eine Hälfte seines Vermögens hat er auf das Kenntniß dieser nüzlichen Dingen verwendet, und die andere Hälfte läuft nicht geringe Gefahr auf dem Dohnafluß oder in Petersburg zu verfrieren. Gelernt hat er zwar nichts, allein dieß braucht auch Floridor nicht. Er ist nur zu erhabenen Dingen erschaffen, und es kostet ihm eine geringe Mühe, in weitaussehenden Proiekten unermeßliche Schäze zu gewinnen.
Also schrieben meine ehrliche Landesleute, bei denen keine andere Absicht herschte, als die Gemüter ihrer Mitbürgern zu bessern, und unter der allgemeinen Gestalt des Lasters den Lasterhaften zu rüren. Allein, da hätte man das Getümmel und den Lärm sehen sollen, welchen diese unschuldige Blätter erwekten! Der regierende Bürgermeister nahm die Geschichte des Alzipen auf sich, und behauptete, man hätte ihn unter dieser Larve schildern wollen. Der Herr Stadtpastor, weil er ein sehr genauer Haushälter, und in Absicht auf Gewinnung der alten Thaleren ein brennender Eiferer ist, nahm sich des Crysanders an, und schrie von der Kanzel die wohlmeinende Sittenrichter für Atheisten, oder doch wenigstens für solche Kezer aus, die an nichts als einen GOtt glauben. Zehen Weiber unterschiedlicher Handwerksmeisteren, denen ihre unbescheidene Männer bei Gelegenheit des Jahrmarktes einige ökonomische Predigten gehalten, traten alle als betroffene Luzinden auf, und droheten den gottlosen Pasquillanten (so nennten sie die unschuldige Sittenmaler) ihre Rache mit Besen, Feuerbränden und Ofengabeln. Ja, so weit als sie durch den Jnnhalt der erwänten Schriften bestritten worden, zog das ganze Heer der Universalmedizinen, der Hausmittlen, Baurenreglen, eißgrauer Vorurteilen, und verjährter Aberglauben, unter den Fahnen der Quacksalber, der Nachrichteren, und Schwärm ren auf den Kampfplaz, um die ihnen neu scheinende Lehren der Wirthschaft und Wahrheit in voller Wuth zu bestürmen.
Wie gräßlich schwuhr der unwissende Herr von Flittergold bei der Macht aller Adepten und Schwarzkünstlern, er wolte den Urheber solcher Schmäheschriften auf öffentlicher Landstrasse darnieder stossen, so bald ihn die Luft darzu ankäme. Mit einem Worte, alles war in der heftigsten Bewegung. Meine gute Landesleute wichen dem tollsinnigen Sturm, und ich entflohe aus einem Lande, wo man, ohne gestraft zu werden, das Laster nicht tadeln, und, ohne verhöhnt zu werden, die Thorheit nicht belachen darf.
Die Abneigung gegen das, was neu ist, hat bei unseren Tagen durch eine klügere Erfahrung zwar sehr abgenohmen, doch trift man sie noch leyder! und zwar öfters an solchen Orten an, wo man sie am wenigsten suchen solte. Die Quellen sind verschieden, aus welchen dieses Unheil entspringet. So wie in mehreren Cörperen einerlei Krankheit aus manigfaltigen Ursachen entsteht, und dennoch einerlei Wirkung hat.
Es giebt Leute, welchen der Erfolg übel gerahtener Abänderungen in den Haß gegen alle Neuerungen eingeflößet, und welche aus wahrem untadelhaftem Wohlmeinen den alten herschenden Gebrauch den neuen Erfindungen ohne weitere Untersuchung vorziehen. Da diese Gattung der Neuerungsfeinden aus keiner Leidenschaft, sondern aus einem wirklichen Triebe zu Erhaltung des gemeinen Besten für das Alter eingenommen ist, so bleibt noch Hofnung übrig, es könne dieselbe bei einer entgegen gesezten Ueberzeugung auf eine bessere Seite gelenket werden.
Es sind andere, welche aus Gewohnheit zum Schlendrian ihrer Vätern und Großvätern, deren Lehren sie nicht untreu werden, noch aus der Art schlagen wollen, dem heiligen Altertume ganz enthusiastisch anhängen: zünftig geschwohrne Gelehrte, sonsten Pedanten genannt. Gar oft ängstiget solche Leute eine heimliche Furcht, es möchte von dergleichen ruhestörerischen Neulingen eine Blöße entdeket werden, welche sie unter einer großen Peruque und dem ehrwürdigen Staube des Altertums bisher sorgfältig verborgen hielten. Diese Klaße gehöret unter die verstokte Sünder, und es ist keine Hofnung zu deren Bekehrung; da nebst dem pedantischen Eigensinne auch die Sorge der Selbsterhaltung auf ihre Gemüter wirket.
Es giebt endlich eine dritte Gattung, der es so wohl an der guten Absicht der ersten, als an der Wissenschaft der anderen, desto weniger aber an der Begierde zu schaden gebricht.
Leute, welche alles tadeln, viertel- und halb viertel Gelehrte, welche zu faul sind, sich einen reinen geläuterten Geschmak zu erwerben, und ungeacht sie kein Kenntniß der Dingen besizen, dennoch richten wollen.
Spaßmacher von Profeßion, welche den Verstand der Worten herum drehen, so ihre Begrife übersteigen, welche die weiseste Verfügungen in das Lächerliche zu bringen suchen, um in einer gesprächigen Gesellschaft, oder an einem Spieltische den glorreichen Namen eines schlimmen Vogels zu verdienen. Leute, welche gleich den Spinnen das Gift aus den Blumen saugen.
_ _ Nein, die sollen meine Blätter nicht lesen. Jch bin auch zum voraus versicheret, daß sie solche nicht lesen werden; denn die erste Zeile ist für dergleichen Kenner genug, über den Wert des übrigen, ungelesenen, Werkes, zu urteilen.
Es ist eine Verwegenheit, in alle jenes blind einzugehen, was manchesmal ein übel eingerichteter Kopf aus einer Neuerungswuht abendteuerlich hervorbringet. Jn unseren heutigen Zeiten fehlt es wohl an Vorschlägen nicht, denen zu ihrer Vollkommenheit nichts als die Möglichkeit abgehet. Herr von Windhausen, ein in der Land- und Staats-Wirtschaft gründlich erfahrner Cameralist, besizet die untrügliche Mittel, den Fürsten und den Untertahn zu bereichern. Er ist der teuere Mann, der den Bauer lehren will, unter was immer vor einem Himmelsstriche in einem Jahre zweymal zu ernden, und alljärlich seine Felder ohne Düngung zu benuzen. Der Bürger soll statt der elenden Krämerei mit selbst verfertigten Gold- und Silberborten und schweren Stoffen nach Paris, mit Fischen nach Holland, und mit Weinen nach Ungarn handeln. Die Fürsten, und sonderbar jene, deren Staaten das Unglük hätten, an großen Flüßen zu liegen, solten die nahrungslose Schiffahrt gänzlich einstellen. Denn warum solte man den fremden vorüber streichenden Gütern die Fracht erleichtern? Ein großes Schiff, sprechen sie, hält wohl zweytausend und mehr Centner. Diese Last zu Lande fortzufüren, würden wenigstens 80. Karren und 240. Pferde erfodert. Zu jedem Karrn gehört ein Fuhrmann: also 80. Fuhrmänner vor ein Schiff von 2. Centner: und wie viel gehen deren das ganze Jahr hindurch nicht vorüber, wenn man groß und klein zusammen rechnet? Die Zölle hätten ohnehin ihre gewiesene Richtigkeit, und könnte man nicht die Waaren, welche einen Zoll abwerfen, nur um so genauer entdeken? Die angelegenen Untertahnen (denn fremde Fuhrleute würden nicht geduldet) welche etwan von ihrem Weinbaue ohnehin reichliche Nahrung hätten, würden nicht zureichen. Es müßten nohtwendiger Weise in kurzem Zehen neue Dörfer entstehen, welche sich alle von dieser neuerfundenen Landfracht ernärten. Zehen Dörfer sind nun ein neuentstandes Amt, welches bei einer guten Einrichtung an Schazung, Beet, Kopfgeld, Manngeld, Heerdschilling, Schornstein und Jüdensteuer, Zehenden, Leibeigenschaft, Akzis, Umgeld, Extraquartalien, Magazingelder u. s. f. wenigstes 20000 fl ertragen könnte, die Gerichtbarkeiten und Gerechtsamen nicht mit einbegriffen, welche man aufs niedrigste eben so hoch anschlagen muß. Welch eine Geldgrube, an die bisher niemand gedacht hat! Man muß elende Proiekte, die der Unverstand, oder der Eigennuz ausgebrütet, von vernünftigen Verbesserungsvorschlägen zu unterscheiden, und hierunter einen Mittelweeg, der in allen Dingen erfoderlich ist, zu treffen wissen.
Woran würden wir dermahlen wohl seyn, wenn unsere Väter über neue Erfindungen unbekümmert noch in Wäldern gewohnt, der wilden Jagd obgelegen, und sich mit Thierhäuten bekleidet hätten? Welch eine traurige Erinnerung für unsere zierliche junge Herrger, und für die nachgeahmte Französische Nachttische unserer deutschen Schönen! Von den alten Deutschen Sitten, von der Ehrlichkeit, von der Treue, von dem Muhte, und anderen izt unbekannten Tugenden hätten wir nicht abweichen, und den neuen Erfindungen nachfolgen sollen! Allein, dann scheuet man solche nicht, wenn sie zur Bequemlichkeit und zur Wohllust dienen.
Vördersamst haben alle jene Anordnungen, welche aus der weisen Vorsorge der Landesherrschaft fließen, den vollkommenen Glauben für sich, daß solche, nach genugsam erwogenen Umständen, dem Lande für nüzlich und heilsam erkannt worden seyen. So wie es uns sehr seltsam gehandelt dünket, wenn wir den erfahrnen Steuermann bei hoch angeschwollenem Wasser einen von seiner Fahrt abweichenden Weeg den Fluß hinauf nehmen sehen, damit er die Höhe des Strohmes gewinnen, und das andere Ufer bey dem vorgestekten Male mit glüklicher Ländung erreichen könne. Eben so scheinen uns nicht selten obrigkeitliche Maaßreglen der Ordnung entgegen zu laufen, welche doch am Ende das Ziel unseres Wohls erreichen. Dem Untertahnen bleibt bei alle diesem nichts, als der ihm selbst heilsame Gehorsam und die Dankbarkeit übrig.
Dergleichen Anordnung in Verachtung sezen, und mit einer schmähenden Zunge den Mitbürger von der Befolgung ablenken wollen, ist das Verbrechen der Aufrürer, welches mit gleicher Schärfe bestrafet werden solte, als wenn es wirklich mit dem Vorsaze der boßhaften Widersezung wäre ausgeübet worden. Solche Leute gleichen den Hausdieben, welche man um so mehr strafet, je weniger man sich vor denselben hüten kann.
Man darf also wünschen, daß wohlmeinenden Bemüungen, welche nicht die Gestalt eines Obrigkeitlichen Zwanges haben, sondern die ein Gesellschaftlicher Bürger dem Wohl seiner Mitbürgern wiedmet, billig mit Freundlichkeit begegnet werden solte. Eine Sache, die keinem schadet, und allen nuzen kann, ist meines Erachtens schon würdig, daß man sie mit Erkenntlichkeit aufnehme.
Jch schreibe gegenwärtig gar nicht in der Absicht einer vorrednerischen Gunsterhaschung. Jch behaupte nur, daß gegenwärtige Blätter solch einen ersprießlichen Endzwek zum Gegenstande haben. Man ist des Vorhabens deren eines jede Woche mitzuteilen, und darinne solche Materien vorzutragen, welche den Geschmak und die Erwartung mehrerer Leseren vergnügen können Man wird sich beeifern dem Neugierigen einen lehrenden Zeitvertreib, und dem Nachsinnenden einen würdigen Stoff zum Denken vor Augen zu legen. Die guten Sitten, und das, so man, obschon alle Mitglieder des Staates ohne Ausnahme dazu verbunden sind, in besonderem Ausdruke bürgerliche Tugend nennet, sind der menschlichen Gesellschaft von allzu großem Werte, als daß man nicht auf deren Verbreitung beflissen seyn solte. Mit Rechte foderen vielmehr dieselbe in einer Schrift den gebürenden Plaz, welche eigentlich ihrem Dienste geweyhet ist. Die häufigen Untugenden, lächerliche und beweinenswürdige Mängel, womit wir überschüttet sind, geben ohnehin einen unerschöpflichen Vorraht an handen, wovon wir vermutlich unseren Nachkömlingen noch einen großen Teil überlassen werden.
Meine Leser werden daher nicht mißbilligen, wenn zuweilen erdichtete moralische Bilder auftretten, deren Stoff iedoch (es sey hiemit ein für allemal gesagt) nicht aus persönlichen Kentnißen, sondern aus dem allgemeinen Begrife eines Lasters oder einer herschenden Dohrheit geschöpfet, und mit Farben belebet worden, welche dem Maler zuerst in die Hand gefallen. Wer ein wahrer Kenner der reinen Satyre ist, (und wer solte solches dahier wohl nicht seyn?) weiß selbige von Schmäheschriften und Paßquillen zu unterscheiden. Die Dichtkunst kann von einer Schrift nicht ausgeschlossen werden, welche allen Lesern gefallen, einen soliden Geschmak und Harmonische Empfindungen einflößen solle. Man würde ansonsten solch eine Schrift der reizendesten Anmut berauben.
Der Nahrungsstand, er betreffe den Landman, den Handwerker, oder den Handelsmann, desgleichen Polizei Gegenstände, und was überhaupt in die Landeseinrichtung einschlägt, solle die abwechslende Beschäftigung dieser Blättern seyn. Zu dem Ende werden öfters gewisse Preisfragen zur Erörterung ausgesezet, und die erfolgte Auflösung demnächst eingerüket werden. Dieses ist in kurzem der Jnnhalt des gegenwärtigen Vorhabens. Freunde des Vaterlandes, welche an solchem durch eigene Beyträge Teil nehmen wollen, wird man mit Vergnügen empfangen, und sie unter diejenige zälen, welchen es weder am Willen noch an der Taht fehlet, ihre Mitbürger glüklich, und durch deren Glük sich belohnet zu sehen.