Rezension von: Richard Zeyss: Adam Smith und der
Eigennutz. Eine Untersuchung über die philosophischen Grundlagen der älteren
Nationalökonomie, in: Deutsche Litteraturzeitung, Jahrgang 1890, Nr. 31, S.
1137-1138.
[Rezension:] Richard Zeyss: Adam Smith und der Eigennutz.
[...] Eine Untersuchung
über die philosophischen Grundlagen der älteren Nationalökonomie. Tübingen,
Laupp, 1889. VIII u. 121 S. gr. 80. M. 3.
[...] Eine Untersuchung
über die philosophischen Grundlagen der älteren Nationalökonomie. Tübingen,
Laupp, 1889. VIII u. 121 S. gr. 80. M. 3.
Verf. tritt der
verbreiteten Meinung entgegen, als ob „
Smith, der Verfasser
des Wealth of Nations, sich in absolutem Widerspruche befände zu
Smith, dem Verfasser der Theory of Moral Sentiments“ (12). Er widerlegt
treffend diejenige Anschauung, „welche die nationalökonomische Theorie des Wealth
als auf der philosophischen Lehre des Materialismus fußend darstellt“, und weist
nach, „dass die Weltanschauung, auf deren Boden die Wirtschaftslehren von
Smith entstanden sind, diejenige der Theory of Moral Sentiments geblieben ist“
(20). Er rechtfertigt hiemit teilweise den Satz
Buckles, dass man,
um diesen „größten aller schot-
1138
tischen Denker zu verstehen, seine
beiden Werke zusammennehmen und als eins betrachten“ müsse. Verf. liefert eine „
ethische Würdingung des für den Wealth of Nations
grundlegenden Princips des Eigennutzes“ und zeigt uns in
Smiths Sittenlehre
„die philosophische Begründung des Ausgangspunktes seiner Wirtschaftslehre“ (29 und
81). Denn nach
Smiths Moraltheorie
ist der Mensch „nicht nur ein eigennütziges, auf sein Wol bedachtes, er ist seiner
Natur nach ebenso ursprünglich auch ein wolwollendes, für das Wol seiner Mitmenschen
interessierteres Wesen“ (41). „Eigennützige und wolwollende Affecte machen den
Bestand menschlichen Gefühlslebens aus“ (41). Nur „scheidet
Smith aus der
unendlichen Reihe der Dinge, welche Ursache und Object menschlichen Handelns
darstellen können, eine Kategorie aus, in Bezug auf welche die Betätigung des
Eigennutzes, und zwar in einem relativ hohen Grade das einzig Richtige und sittlich
Angemessene ist“ (61). „Der Eigennutz hat, auf diesen Gebieten menschlicher
Tätigkeit (Wirtschaftsgebiete) zur Geltung gebracht außerordentlich günstige, ja
hervorragende und glänzende Wirkungen zur Folge nicht nur in Bezug auf das
individuelle Glück, sondern auch für das Gesammtwol“ (63).
Die Schrift ist nicht nur gut lesbar und sehr lesenswert,
sondern es muss auch dem Verf. als Verdienst angerechnet werden, den flachen
Verkleinerern des großen englischen Philosophen und Nationalökonomen gründlich
heimgeleuchtet zu haben.