[...] II.
Th. Berlin, Habel, 1892. VII u. 880 S. 80.
Die Erwartungen, zu denen der I. Theil berechtigte (vergl.
DLZ. 1891, Nr. 29), hat dieser II. Theil erfüllt. Derselbe enthält das
materielle Verwaltungsrecht in einer übsersichtlichen
systematischen Darstellung, die sich im Ganzen an die Systematik
Mohls
und
Steins anlehnt. Es wird nämlich zuerst die
physische
Persönlichkeit (1. und 2. Kapitel), sodann die
geistige (2.
Kapitel), endlich die
wirthschaftliche (4. und 5. Kap.),
inwiefern sie Objekt der Verwaltung ist, behandelt, woran sich als letztes (6.)
Kapitel die „Aufrechterhaltung der Sicherheit, Ordnung und Sittlichkeit im Staate“
anschliesst. Die Methode ist im Ganzen die historisch-politische, die sich bisher
zum Zwecke der Darstellung eines gegebenen positiven Verwaltungsrechts noch immer
als die praktischste erwiesen hat.
Verf. giebt in
den einleitenden Paragraphen jedes Kapitels oder jedes Abschnittes eine gedrängte
Skizze der historischen Entwicklung des bezüglichen Rechtsinstitutes und sodann die
geltenden Bestimmungen, welche dasselbe regeln, wobei sich seine Darstellung „eng an
die Texte der Gesetze“ anschliesst. Von juristischen Konstruktionen und
Herbeiziehung der verwaltungsrechtlichen Iudicatur wird Umgang genommen. Auch
müssen, gewiss mit Rücksicht auf den Umfang des Werkes, so manche Gebiete der
Verwaltung wegbleiben. So wird z. B. die Volksschulverwaltung behandelt, die Mittel-
und Hochschulverwaltung aber über-
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gangen. Ebenso könnten noch viele
andere Gebiete, z. B. das der Kultusverwaltung, erwähnt werden, welche Verf.
gänzlich übergeht. Ref. wird aber nicht in den Fehler mancher Rezensenten verfallen,
in einer Darstellung eines positiven Staats- oder Verwaltungsrechts, in erster Reihe
Alles das aufzusuchen, was darin
nicht enthalten ist, um aus
diesen „Mängeln“ dem Verf. einen Vorwurf zu machen. Ein solches Verfahren ist schon
aus dem Grunde ungerechtfertigt, weil es ein
vollständiges
Staats- oder Verwaltungsrecht überhaupt nicht geben kann. Denn auch das
vollständigste muss schon in der Zeit zwischen dem Ausdrucken des ersten und letzten
Bogens unvollständig werden, und auch wenn es einen Momentdruck gäbe, wie es eine
Momentphotographie giebt, genügten die ersten zwei Monate nach dem Erscheinen, um es
unvollständig zu machen. Kommt es dann aber bei einem Lehrbuch auf eine solche
mechanische Vollständigkeit an? Genügt es doch für diesen Zweck vollkommen, wenn die
Hauptgebiete staatlicher Verwaltung in der Weise dargestellt werden, dass daraus die
Grundsätze der Verwaltung des gegebenen Staates, das Wesen und die Tendenz der
öffentlich-rechtlichen Institutionen desselben, dem Leser oder Studirenden deutlich
gemacht werden. Diesem Zwecke aber entspricht ein solches Lehrbuch, wie das
vorliegende, vollkommen, wenn es auch manche Gebiete der Verwaltung ganz übergeht
und ein Spezialist auf den einzelnen behandelten Gebieten auch manche Lücke oder
Ungenauigkeit sollte nachweisen können. Das alles fällt nicht ins Gewicht; dagegen
muss die Klarheit und Durchsichtigkeit der Darstellung lobend hervorgehoben
werden.