Rezension von: Adolf v. Ofenheim: Stat und Gemeinde. Eine
juridisch-politische Studie über die Frage der Haftpflicht der Gemeinden bei
Steuerdefraudationen. Wien 1890, in: Deutsche Litteraturzeitung, Jahrgang
1891, Nr. 44, S. 1613-1614.
[Rezension:] Adolf v. Ofenheim: Stat und Gemeinde. Eine juridisch-politische
Studie über die Frage der Haftpflicht der Gemeinden bei Steuerdefraudationen.
[…] Wien, Manz, 1890. VIII u. 104 S. gr. 80. M. 2,40.
[…] Wien, Manz, 1890. VIII u. 104 S. gr. 80. M. 2,40.
Verf. untersucht
die Frage, ob die Gemeinden in den Fällen wo, durch ihre Steuereinhebungsorgane
Defraudationen zum Schaden des States verübt werden, letzterem ersatzpflichtig sind.
Ein Ministerialerlass hat nemlich durch ein „administratives Ersatzerkenntnis“ diese
Pflicht statuiert, und der österreichische Verwaltungsgerichtshof hat sich in
einigen Fällen (wo es sich um Gemeinden mit eigenen Statuten handelte) dieser
Ansicht angeschlossen. Verf. weist nun nach, dass diese Ansicht irrtümlich ist. Und
zwar führt Verf. diesen Nachweis auf breiter historischer Basis, indem er das
Verhältnis des States zur Gemeinde in seiner geschichtlichen Entwicklung einer
eingehenden Prüfung unterzieht. Das Resultat, zu dem er speciell für Oesterreich
gelangt, ist, dass, wo immer Gemeindebeamte für den Stat Steuern eintreiben, sie
dieses als
statliche Organe tun, und dass es einfach auf
einem Misverständnisse beruht, für Defraudationen dieser
statlichen Organe
dritte Parteien, wie z. B. die
Gemeinden, verantwortlich zu machen. Dieses Resultat scheint auch dem Ref.
unanfechtbar. Im zweiten Teil der Schrift wird dieselbe These auch
rechtsphilosophisch und casuistisch zu begründen gesucht, wobei ein Abschnitt (X)
den „Grenzen des öffentlichen und privaten Rechts“ gewidmet ist. Gegen diesen
Abschnitt hätte Ref. Manches
1614
einzuwenden, unterlässt es aber
hier, unter Hinweis auf seine Erörterung
derselben Frage in seinem vor kurzem erschienenen „Lehrbuch des
österreichischen Statsrechts“ (Wien, Manz, 1891). Jedenfalls hat Verf. sein Ziel,
„zur Klarstellung des politischen und rechtlichen Verhältnisses zwischen Stat und
Gemeinde“ beizutragen, in dankenswerter Weise erreicht und das österreichische
Verwaltungsrecht um eine interessante Monographie von actueller Bedeutung
bereichert.