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Rezension von: Karl Freih. V. Stengel (Hg.): Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts. In Verbindung mit vielen Gelehrten u. höheren Beamten. 2 Bde. Freiburg i. B. 1890, in: Deutsche Litteraturzeitung, Jahrgang 1891, Nr. 17, S. 632-634.
[Rezension: Karl Freih. v. Stengel (Hg.):] Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts.
[…] In Verbindung mit vielen Gelehrten u. höheren Beamten herausg. von Karl Freih. v. Stengel. 2 Bde. Freiburg i. B., Mohr, 1890. VIII u. 896, XVI u. 1040 S. gr. 80. M. 41.
Ludwig Gumplowicz
[…] In Verbindung mit vielen Gelehrten u. höheren Beamten herausg. von Karl Freih. v. Stengel. 2 Bde. Freiburg i. B., Mohr, 1890. VIII u. 896, XVI u. 1040 S. gr. 80. M. 41.
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Stengel hat vor nicht lange (1886) ein Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts erscheinen lassen. Es wird sich ihm wol dabei wie auch Andern, die in der selben Lage waren, die Beobachtung aufgedrängt haben, dass das Gebiet der Statsverwaltung so disparate und weitab von einander liegende Materien enthält, dass zu gründlicher Bearbeitung derselben ein Zusammenwirken vieler Fachmänner sehr praktisch sein könnte. Nun gibt es allerdings schon mehrere Statswörterbücher (Bluntschli-Brater u. a.), Rechtsencyklopädien (Holtzendorff); dieselben dehnen sich aber auf zu große Gebiete aus und sind daher entweder sehr
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umfangreich oder nicht ausführlich genug. Der Gedanke lag nahe, ein Wörterbuch der deutschen Verwaltung ins Leben zu rufen, welches, ohne einen zu großen Umfang anzunehmen, alle Materien der Statsverwaltung in möglichst concentrierter und erschöpfender Weise zur Darstellung bringen sollte. Den drei Anforderungen, die man an ein solches Werk zu stellen berechtigt ist, und zwar 1. Vollständigkeit, 2. Zuverlässigkeit und 3. Objectivität, scheint im ganzen überall so viel als möglich entsprochen worden zu sein. Im einzelnen ist dem Ref. aufgefallen zu 1. das Fehlen der Artikel „Findelanstalten“ und „Schubwesen“. Auf erstere ist allerdings Bd. I S. 87 im Artikel „Armenverwaltung“ eine entfernte Hindeutung enthalten – ohne dass jedoch auf die Sache eingegangen worden wäre. – Zu 2. konnte Ref. allerdings nur Stichproben vornehmen und gesteht gerne, dass die meisten gut ausgefallen sind. Die einzelnen Artikel sind sehr gründlich und gediegen gearbeitet, und Ref. erwähnt nur aus dem Grunde nicht einzelne derselben, die ihn vollständig befriedigt haben, um nicht möglicherweise ebenso gediegenen, die er nicht gelesen hat, Unrecht zu tun. Doch möge ihm gestattet sein, auf die ausgezeichneten Artikel von Münsterberg über Armenverwaltung, von Reitenstein über Straßen- und Wegerecht, von Rosin über Polizeistrafverfahren hinzuweisen; wie gesagt, Alles konnte Ref. nicht lesen, doch ist der Schluss berechtigt, dass überall dieselbe Gründlichkeit und Vollständigkeit erzielt wurde. Auch v. Mayrs Artikel über die einzelnen Steuern sind mit großer Gründlichkeit gearbeitet; nur sei bemerkt, dass (Bd. I S. 300) „Oesterreich“ nicht zu den Staten gehört, „grundsätzlich jeder Vermögensverkehr von Todeswegen ohne Rücksicht auf den Grad der Verwantschaft zwischen Erblasser und Erben besteuert wird“. Im Gegenteil nimmt das österreischische Gebürengesetz vom 9. Februar 1850 Tarifpost 106 B a und c Rücksicht darauf, ob die Erben Kinder sind oder weitere Verwante; Erstere zahlen 1 pCt. vom Werte des Nachlasses, Letztere 4 pCt. - Was endlich zu 3. die Objectivität anbelangt, so ist Ref. der Ansicht, dass persönliche Auseinandersetzungen, wie die Bd. II S. 576 (gegen Geffcken), mögen sie auch noch so begründet sein, nicht in ein Wörterbuch gehören. Auch ist der an derselben Stelle gegen eine Reihe völkerrechtlicher Autoritäten ersten Ranges erhobene Vorwurf, dass sie ihren Stoff „juristisch ungenügend“ behandeln, zum mindesten sehr subjectiv; das Völkerrecht „juristisch“ zu behandeln, dürfe bedenklich sein. Phillimore, Wheaton, Martens, Calvo und Geffcken haben vielleicht nicht so unrecht, ihren Gegenstand nicht juristisch zu behandeln.
Im übrigen müssen die überall sehr zweckmäßige Gliederung des Stoffes und die durch Inhaltsangaben bei den einzelnen Artikeln hergestellte Uebersichtlichkeit, endlich auch die reichhaltigen und gut gewählten Litteraturangaben mit Anerkennung hervorgehoben werden. Der Herausg., der selbst sehr wertvolle Beiträge über Verwaltungsgerichtsbarkeit und -verfahren lieferte, hat durch ein „systematisches Verzeichnis“ sämmtlicher Artikel es jedem ermöglicht, die alphabetische Reihenfolge derselben in ein „System“ zu verwandeln. Auf diese Weise hat der Herausg. die Schattenseiten einer bloß alphabetischen Ordnung des
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Materials durch eine systematische Uebersicht derselben wett zu machen versucht. Kurz der Herausg. hat der deutschen Verwaltungswissenschaft und -praxis durch das Zustandebringen dieses sehr nützlichen und praktischen Sammelwerkes einen großen Dienst geleistet, für den man ihm zu Dank verpflichtet ist.
Einzelne größere Artikel des Wörterbuchs, wie z. B. v. Reitensteins Wegerecht (VIII u. 160 S. 120. M. 2), Rosins Polizeistrafrecht (54 S. 120. M. 0,80) sind zugleich in sehr handlichen Separatausgaben erschienen.
Graz. Gumplowicz.