Wie wenn nicht jeder schon einmal sein gewaltiges Glied in den Mund eines rumänischen Kleinkindes gesteckt hätte! 2018 Institut für Germanistik, Universität Wien Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities, Karl-Franzens-Universität Graz GAMS - Geisteswissenschaftliches Asset Management System Creative Commons BY-NC 4.0 2018 Graz o:kofler.w3.nachrede.396 Werner Kofler - Kommentar zur Werkausgabe Projektleitung Wolfgang Straub

born digital

Diese Plattform zum Prosawerk des österreichischen Schriftstellers Werner Kofler (1947–2011) gibt den Stellenkommentar wieder. Die Primärtexte sind urheberrechtlich geschützt und nicht für eine Online-Edition vorgesehen. Sämtliche Seitenangaben, die im jeweiligen Eintrag unter »Textausschnitte« angeführt sind, beziehen sich daher auf die 2018 im Sonderzahl Verlag erschienene dreibändige gedruckte Werkausgabe. Die Website folgt der Anordnung der Texte in drei Bänden.

Kommentierte Werkausgabe Werner Kofler

Das Projekt begleitet die gedruckte und kommentierte Werkausgabe (Prosa) des österreichischen Schriftstellers Werner Kofler. Es ergänzt den gedruckten Stellenkommentar um vertiefende Materialien und einen mehrschichtigen Zugang zu den vorhandenen Inhalten.

Deutsch Werke Werk 3 Üble Nachrede Personen Autoren Michael Jeannée Klaus Kastberger Medien Zeitung/Zeitschrift Ereignisse
Wie wenn nicht jeder schon einmal sein gewaltiges Glied in den Mund eines rumänischen Kleinkindes gesteckt hätte! Wie wenn nicht jeder schon einmal sein gewaltiges Glied in den Mund eines rumänischen Kleinkindes gesteckt hätte! Kofler bezieht sich auf die Passage aus Der Hirt auf dem Felsen, in der ein Kustode durch den „Hattischen Kreis“ und dessen Projektionen an Felswände führt und vom „Bildnis des Sensationsreporters Jeanee“ spricht, „wie er während des Zusehens einem rumänischen Kleinkind sein gewaltiges Glied in den Mund steckt“ (s. Eintrag ›Wie war ich entsetzt‹). Michael Jeannée, Reporter der Kronen-Zeitung , fühlte sich angesprochen und klagte Kofler und den Rowohlt-Verlag sowie den Literaturwissenschaftler Klaus Kastberger, über dessen Rezension in der Wochenzeitung Falter Jeannée auf die Passage aufmerksam (gemacht) wurde, auf üble Nachrede. Die Rechtssache endet mit einem Freispruch für Kofler und Kastberger am 1. 7. 1993; das Oberlandesgericht Wien gibt der darauffolgenden Berufung des Privatklägers in seiner Verhandlung am 9. 5. 1994 nicht recht (im Nachlass, 11/W14/S1, 2). [...] Wie wenn nicht jeder schon einmal sein gewaltiges Glied in den Mund eines rumänischen Kleinkindes gesteckt hätte! Mit diesem Satz hätte ich, wäre mir das sogenannte ROBERT-MUSIL-STI- PENDIUM, das mich für einige Jahre der schlimmsten wirtschaftlichen Sorgen entledigt hätte, zugesprochen worden, meine Denkschrift Meister der üblen Nachrede beginnen lassen; hat nicht jeder von uns, hätte ich die Abhandlung, die auch den Titel Zeichen und Bedeutung oder Kunst und Vergehen hätte haben können, fortgesetzt, hat nicht jeder von uns schon einmal einer Hexenverbrennung beigewohnt – gleichgültig, ob er nun, wie der Sensationsreporter Jeanescu, zur Vervollkommnung des Eindrucks während des Zusehens einem rumänischen Kleinkind sein gewaltiges Glied in den Mund steckt, oder nicht –, ohne sich deshalb gleich, wie der Privatankläger Jeanescu, in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise eines unehrenhaften und gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens sowie verächtlicher Eigenschaften und Gesinnungen geziehen zu wissen? Ist es nicht das Allernatürlichste, während der Verbrennung einer Frau als Hexe einem Kleinkind sein Glied in den Mund zu stecken, etwa, um es zu beruhigen, das Kind, oder auch das Glied, oder beide [...]