„Wie verscheucht von törichter Bitte“ 2018 Institut für Germanistik, Universität Wien Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities, Karl-Franzens-Universität Graz GAMS - Geisteswissenschaftliches Asset Management System Creative Commons BY-NC 4.0 2018 Graz o:kofler.w2.schreibtisch.835 Werner Kofler - Kommentar zur Werkausgabe Projektleitung Wolfgang Straub

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Diese Plattform zum Prosawerk des österreichischen Schriftstellers Werner Kofler (1947–2011) gibt den Stellenkommentar wieder. Die Primärtexte sind urheberrechtlich geschützt und nicht für eine Online-Edition vorgesehen. Sämtliche Seitenangaben, die im jeweiligen Eintrag unter »Textausschnitte« angeführt sind, beziehen sich daher auf die 2018 im Sonderzahl Verlag erschienene dreibändige gedruckte Werkausgabe. Die Website folgt der Anordnung der Texte in drei Bänden.

Kommentierte Werkausgabe Werner Kofler

Das Projekt begleitet die gedruckte und kommentierte Werkausgabe (Prosa) des österreichischen Schriftstellers Werner Kofler. Es ergänzt den gedruckten Stellenkommentar um vertiefende Materialien und einen mehrschichtigen Zugang zu den vorhandenen Inhalten.

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„Wie verscheucht von törichter Bitte“ Wie verscheucht von törichter Bitte Ausschnitt aus Hölderlins Abendphantasie , 5. Strophe: „In Licht und Luft zerrinnen mir Lieb’ und Laid! – [/] Doch, wie verscheucht von thöriger Bitte, flieht [/] Der Zauber; dunkel wirds und einsam [/] Unter dem Himmel, wie immer, bin ich –“ (Hölderlin 1992, 231). [...] Alles gesehen, alles gehört; die Stimmen nachmittags im Postautobus, die den Fremden schläfrig machen, Dämmerlicht verschiedener Lebensgeschichten, monotone Schilderungen von Autounglücken und Krankenanstalten, Unfällen beim Heueinbringen, Hier hat jämmerlich sein Leben beendet der wohlgeachtete Rupert Sabernig; Erzählungen von nächtlichen Benachrichtigungen, ergeben den Sachverhalten, ein jeder hat sein Kreuz zu tragen; alles gehört, wo es passiert ist, daß hereintelephoniert ist vom Gendarmen, in diesen Tälern wird immer hereintelephoniert; vom Regen gehört, der bitter not wäre, und von einem Tögele Wein, so bitter gut, alles gehört und gedacht: An die Kindheit denken wie an ein früheres Leben, den Satz im eigenen Kopf gehört, alles gehört, die Stimmen im Postautobus und die Vogelstimmen, den Schrei des Bussards, den zornigen Tannenhäher, die Drossel, den Vogel Bülow, alles gehört, alles gesehen; alles gesehen, Bergahorn, Schwarzerle, Eberesche, wilde Kirschbäume im Wald, Brunnenkresse und Nelkenwurz am Bach, Zinnkraut, Schachtelhalm im Feuchten, im Schatticht, alles gesehen ich, Lenz, im Gebirg, auf dem Weg zu meiner Mühle, zu meiner Goldgrube, zum Kohlenmeiler; Vor seiner Hütte ruhig im Schatten sitzt der Pflüger; strahlende Tage im Juni, im Juli, Abendlicht, bläulicher Dunst, Rauch aus den Hütten, Dem Genügsamen raucht sein Herd; alles gesehen, Lärche und Zirbe, Wacholder, den blauen Speik und den roten Steinbrech, Türkenbund und Eisenhut, die wie Blasmusikanten zusammenstehenden Enziane, den Himmelsherold und die Spuren der Hirschkuh; gesehen das Aufleuchten des Saturn am Abendhimmel, den blaßblauen Vorschein des Mondes hinter dem schwarzen Wald, über dem Bergrücken; alles gesehen, und doch, Wie verscheucht von törichter Bitte, und dennoch: unsichtbare Schatten über allem [...]