„Oh süße Ruhe“ 2018 Institut für Germanistik, Universität Wien Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities, Karl-Franzens-Universität Graz GAMS - Geisteswissenschaftliches Asset Management System Creative Commons BY-NC 4.0 2018 Graz o:kofler.w2.schreibtisch.323 Werner Kofler - Kommentar zur Werkausgabe Projektleitung Wolfgang Straub

born digital

Diese Plattform zum Prosawerk des österreichischen Schriftstellers Werner Kofler (1947–2011) gibt den Stellenkommentar wieder. Die Primärtexte sind urheberrechtlich geschützt und nicht für eine Online-Edition vorgesehen. Sämtliche Seitenangaben, die im jeweiligen Eintrag unter »Textausschnitte« angeführt sind, beziehen sich daher auf die 2018 im Sonderzahl Verlag erschienene dreibändige gedruckte Werkausgabe. Die Website folgt der Anordnung der Texte in drei Bänden.

Kommentierte Werkausgabe Werner Kofler

Das Projekt begleitet die gedruckte und kommentierte Werkausgabe (Prosa) des österreichischen Schriftstellers Werner Kofler. Es ergänzt den gedruckten Stellenkommentar um vertiefende Materialien und einen mehrschichtigen Zugang zu den vorhandenen Inhalten.

Deutsch Werke Werk 2 Am Schreibtisch Personen Autoren Frank Wedekind Literarische Referenzen
„Oh süße Ruhe“ Oh süße Ruhe Möglicherweise ein Bezug zu Frank Wedekinds Liedentwurf O Ruhe, o süße Ruhe (Wedekind 2007, 301) [...] Fußböden, durch die tagein, tagaus der Lärm heftigster Streithandlungen an mein Ohr dringt, ohne daß – endlich, wann? Oh süße Ruhe! – einer den anderen erledigte?! Dort wo mein Schreibtisch steht, dort bin ich zuhause? Zuhause zwischen geschenkten Bücherkästen, übertragenen Möbelstücken, zuhause auf Sesseln aus Wartezimmern aufgelassener Zahnarztordinationen; in einer Sitzbadewanne in der Küche oder an einer Kochstelle im Badezimmer, das wäre zuhause? Dort wo mein Schreibtisch steht, dort wäre ich zuhause? Die verstopften Abflußrohre, das vormalige Sterbezimmer eines Herrn Potocny, die verstaubte Elastisana-Schachtel (Elastisana, feinste Unterwäsche aus Vorarlberg), deren Inhalt ich längst vergessen habe, auf einem Schrank – zuhause?; die gefälschten Schröder-Sonnensterns und die vergilbten Siebdrucke des Linzer Künstlers Ruprechter an der dunklen Wand – vor zehn Jahren erst ist ausgemalt worden! –, die Bücherkästen, in denen vor meinen Büchern die Marmeladen und Kompotte der Vorgänger gelagert waren, die herausgerissenen und ebenfalls von den Vorgängern in einem strengen Winter verheizten, nichtsdestotrotz fehlenden Parkettböden, – zuhause? Zuhause in einem Haus, das einen fortwährenden Angriff auf meine psychische Integrität darstellt, in abgewohnter Bausubstanz zuhause, unter Abwohnern und Abgewohnten, unter abgewohnten Abwohnern, die wahrnehmen zu müssen bei mir eine Traumatisierung des Gemüts bewirkt; pralle ich mit den Augen gegen ihre Erscheinungen, falle ich mit den Ohren in ihre Äußerungen, ich prelle mir die Seele [...]