watten 2018 Institut für Germanistik, Universität Wien Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities, Karl-Franzens-Universität Graz GAMS - Geisteswissenschaftliches Asset Management System Creative Commons BY-NC 4.0 2018 Graz o:kofler.w1.guggile.358 Werner Kofler - Kommentar zur Werkausgabe Projektleitung Wolfgang Straub

born digital

Diese Plattform zum Prosawerk des österreichischen Schriftstellers Werner Kofler (1947–2011) gibt den Stellenkommentar wieder. Die Primärtexte sind urheberrechtlich geschützt und nicht für eine Online-Edition vorgesehen. Sämtliche Seitenangaben, die im jeweiligen Eintrag unter »Textausschnitte« angeführt sind, beziehen sich daher auf die 2018 im Sonderzahl Verlag erschienene dreibändige gedruckte Werkausgabe. Die Website folgt der Anordnung der Texte in drei Bänden.

Kommentierte Werkausgabe Werner Kofler

Das Projekt begleitet die gedruckte und kommentierte Werkausgabe (Prosa) des österreichischen Schriftstellers Werner Kofler. Es ergänzt den gedruckten Stellenkommentar um vertiefende Materialien und einen mehrschichtigen Zugang zu den vorhandenen Inhalten.

Deutsch Werke Werk 1 Guggile
watten watten Ein vor allem in Westösterreich verbreitetes Spiel mit „doppeldeutschen“ Karten für vier Spieler, bei dem jeweils die Gegenübersitzenden zusammenspielen. Ein Reiz des Spiels besteht darin, dass sich die Gegenübersitzenden mit Gestik oder Mimik ihr Blatt gegenseitig „deuten“ können. [...] man so nett bedient, schlechte kundschaften haben lange ausgesucht und wenig gekauft, sind, obwohl in lind wohnend, mit einem „warmuth-packl“ oder einem anderen von einem einkauf in einem innenstadtgeschäft stammenden paket an unserem geschäft vorbeigegangen, haben ihre schulden nicht pünktlich bezahlt oder ihr geld gar statt ins geschäft „ins wirtshaus getragen“, zum saufen und kartenspielen, watten, schnapsen und prefaranzen [...] [...] Seit jener Zeit vermisse ich auch eine diamantbesetzte Krawattennadel, ein mir teures Geschenk aus einer früheren Ehe [...] [...] * DIE VERSCHWUNDENE KRAWATTENNADEL „Ich habe allen Grund zur Annahme, daß dieser Leibnitz die Krawattennadel irrtümlich an sich genommen hat, wie er sich ja auch irrtümlich für einen Akademiker hielt [...] [...] Nicht wahr, Karl, sagte er plötzlich sanft zum Waffenhändler, du hast doch nie eine Krawattennadel an ihm wahrgenommen, vielleicht will er uns nur in Schwulitäten hineinreiten, das ist mir der rechte Geschäftsfreund; nächstens wird ihm noch ein Diamant gestohlen, just in diesem Haus, oder gleich ein ganzer Diamantenkoffer! Irrtümlich mitgenommene Krawattennadel! Natürlich hat nicht der Amtsmißbraucher sie entwendet, sondern die Klä- gerin und Widerbeklagte hat sie ins Leihhaus getragen, ist doch klar [...] [...] Die Existenz einer diamantbesetzten Krawattennadel in unserem Haushalt ist mir nicht bekannt [...] [...] ich aus der Stadt komme, nennt er mich Doktor, warum nicht watten, Herr Doktor?, warum schon wieder zurück, Herr Doktor?, noch einen Schnaps, Herr Doktor, einen noch [...] [...] daß sie heimlich seine Anzüge, einen Fotoapparat, einen Gebetsteppich, zwei kostbare Vasen und andere ihm gehörige Gegenstände ins Leihhaus getragen habe und eine diamantbesetzte Krawattennadel verschwunden sei; daß sie den Haushalt vernachlässige, nicht mehr koche, das Haus verwahrlosen lasse und nach Belieben verreise; über die Behauptungen der Klägerin und Widerbeklagten, daß die angeblich verpfändeten Gegenstände entweder nie vorhanden gewesen, noch im Haushalt oder Alleineigentum der Klägerin und Widerbeklagten seien, daß der Beklagte und Widerkläger Gegenstände aus Wut zertrümmert habe, darunter einen ihr, der Klägerin, gehörigen Keramikkrug mit Zinndeckel; daß er auch das Telefon habe demontieren lassen, damit sie sich nicht mehr telefonisch über den Zustand ihres schwerkranken Vaters in Zell hätte informieren können, daß der Beklagte ihren Vater in Gegenwart des Doktor Leibnitz auf das niederträchtigste herabgesetzt habe, weil er, Beklagter, das Herrenhaus in Zell nicht überschrieben erhalten habe; daß er den Klavierlehrer Leibnitz grundlos aus dem Haus geworfen und den im Alleineigentum der Klägerin stehenden Flügel heimtückisch beschädigt und unbrauchbar gemacht habe, durch Aufreißen der Fenster und Anbringen einer undefinierbaren klebrigen Flüssigkeit auf der Tastatur; über die Behauptungen des Beklagten und Widerklägers, daß die Widerbeklagte streitsüchtig, verlogen und in gewisser Weise hysterisch sei, daß er dem Leibnitz das Haus verboten habe, weil dieser den Doktortitel zu Unrecht geführt habe und aus dem Justizdienst entfernt worden sei; daß die Widerbeklagte auf das Herzleiden des Widerklägers keine Rücksicht nehme, sondern im Gegenteil ihm alle nur denkbaren Aufregungen verursache und durch unmotiviertes Schreien, plötzliches Türenaufreißen und andere Aktionen ihn zu erschrecken suche, um einen Sekundenherztod herbeizuführen; daß die Klägerin und Widerbeklagte zu jenem Leibnitz eine ehebrecherische Beziehung unterhalte, ihn in seiner Wohnung besuche, mit ihm Autoausflüge nach Zell unternehme und mit ihm dort übernachte, daß er, Leibnitz, in Zell sich bereits wie ein Familienangehöriger benehme und auch als solcher anerkannt werde [...] [...] (Auf Befragen:) Eine diamantbesetzte Krawattennadel habe ich am Widerkläger nie wahrgenommen, es dürfte sich um eine Erfindung handeln [...]