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Plat. Euthyd. 302b-d

TitelEuthydemos
AutorPlaton
Zeitangabe4. Jh.v.Chr.
Originaltext Καὶ ὅς, εἰρωνικῶς πάνυ ἐπισχὼν ὥς τι μέγα σκοπούμενος, Εἰπέ μοι, ἔφη, ὦ Σώκρατες, ἔστιν σοι Ζεὺς πατρῷος; — Καὶ ἐγὼ ὑποπτεύσας ἥξειν τὸν λόγον οἷπερ ἐτελεύτησεν, ἄπορόν τινα στροφὴν ἔφευγόν τε καὶ ἐστρεφόμην ἤδη ὥσπερ ἐν δικτύῳ εἰλημμένος· Οὐκ ἔστιν, ἦν δ’ ἐγώ, ὦ Διονυσόδωρε. — Ταλαίπωρος ἄρα τις σύ γε ἄνθρωπος εἶ καὶ οὐδὲ Ἀθηναῖος, ᾧ μήτε θεοὶ πατρῷοί εἰσιν μήτε ἱερὰ μήτε ἄλλο μηδὲν καλὸν καὶ ἀγαθόν. — Ἔα, ἦν δ’ ἐγώ, ὦ Διονυσόδωρε, εὐφήμει τε καὶ μὴ χαλεπῶς με προδίδασκε. ἔστι γὰρ ἔμοιγε καὶ βωμοὶ καὶ ἱερὰ οἰκεῖα καὶ πατρῷα καὶ τὰ ἄλλα ὅσαπερ τοῖς ἄλλοις Ἀθηναίοις τῶν τοιούτων. — Εἶτα τοῖς ἄλλοις, ἔφη, Ἀθηναίοις οὐκ ἔστιν Ζεὺς ὁ πατρῷος; — Οὐκ ἔστιν, ἦν δ’ ἐγώ, αὕτη ἡ ἐπωνυμία Ἰώνων οὐδενί, — Οὐκ ἔστιν, ἦν δ’ ἐγώ, αὕτη ἡ ἐπωνυμία Ἰώνων οὐδενί, οὔθ’ ὅσοι ἐκ τῆσδε τῆς πόλεως ἀπῳκισμένοι εἰσὶν οὔθ’ ἡμῖν, ἀλλὰ Ἀπόλλων πατρῷος διὰ τὴν τοῦ Ἴωνος γένεσιν· Ζεὺς δ’ ἡμῖν πατρῷος μὲν οὐ καλεῖται, ἕρκειος δὲ καὶ φράτριος, καὶ Ἀθηναία φρατρία.
Quelle J. Burnet, Platonis opera, Bd. 3.
Übersetzung Darauf hielt er [Dionysodoros] spöttisch verstellter Weise inne, als ob er auf etwas Großes sänne, und fragte dann: Sage mir, Sokrates, hast du einen väterlichen Zeus? – Da ahnte mir schon, daß es kommen würde wie es zuletzt auch kam, und ich drehte und wendete mich ratlos und vergeblich, wie im Netze gefangen, und sagte: Nein, den habe ich nicht, Dionysodoros. – So bist du ja ein ganz erbärmlicher Mensch, und gar nicht ein Athener, wenn du weder väterliche Götter hast, noch Heiliges, noch sonst etwas Schönes und Gutes. – Halt, sagte ich, Dionysodoros, sprich besser, und laß mich nicht so hart an als Lehrer. Denn ich habe ja allerdings Altäre und Heiligtümer häusliche und väterliche, und alles was andere Athener von der Art haben. – Also andere Athener haben keinen väterlichen Zeus? – Nein, sagte ich, diesen Namen führt er bei keinen Ioniern, weder bei denen, die von dieser Stadt aus anderwärts hingezogen sind, noch bei uns selbst. Sondern väterlich heißt uns Apollon wegen Erzeugung des Ion. Zeus aber wird bei uns nicht väterlich genannt, sondern der Zeus des Gehöftes und der Brüderschafts-Zeus, und so auch Athene, die Athene der Brüderschaften.
Quelle der ÜbersetzungF. Schleiermacher, Platon: Werke, Bd. 2.
Kommentar Im Dialog des Sokrates mit Kriton berichtet ersterer von seinen Gesprächen mit dem Sophisten-Brüderpaar Eutydemos und Dionysodoros. Diese Chier rühmen sich, in der Kunst der Argumentation jedermann überlegen zu sein. Sokrates würdigt dies in ironischer Art und Weise. Die hier zitierte Stelle entstammt der Diskussion zwischen Sokrates und Dionysodoros über die Grammatikalischen Doppeldeutigkeiten. In diesem Teil des Dialoges sind die Götter und Sokrates’ Verhältnis zu jenen das Hauptthema. Dabei kommt Dionysodoros auf den „väterlichen Zeus“ zu sprechen, wobei Sokrates meint, dass dieser Beiname bei den Ioniern nicht dem Zeus, sondern dem Apollon gebührt, da dieser den Stammherren der Ionier, den Ion, gezeugt hatte. Platon lässt den Sokrates betonen, dass auch die Ionier, die einst aus Athen auszogen, hierbei wie die Athener handeln. Hierbei bezeiht er sich vermutlich auf den unter athenischen Einfluss entstandenen Mythos, welcher die Ionier nach ihrer Vertreibung aus Achaia zuerst in Athen Aufnahme finden und erst dann Richtung Kleinasien ziehen lässt (so rekonstruiert F. Prinz, Gründungsmythen und Sagenchronologie, 347 den Mythos). Nach H. Schwabl, s. v. Zeus, in: RE 2/19 (1972), 351-352 ist die Epiklese πατρῷος jedoch neben Chios, Tegea, Rhodos, Halikarnassos u. a. auch für Ephesos und Delphoi belegt. Der Aussage des Sokrates widersprechen zudem scheinbar die Tragiker, so lässt Aischyl. frg. 162 Niobe einen Διὸς πατρῴου βωμός erwähnen (Vgl. Aristoph. Nub. 1468; außerdem Sophokles Trach. 288, 753; Euripides El. 671). Dieser Kult wurde jedoch nach W. Aly (s. v. Patroioi theoi, in: RE 18 (1949) 2259-2260), dem Autor des Artikels, möglicherweise erst vom Kult des Apollon Patroos in Athen abgeleitet. Ion ist der prägendsten und ältesten Sagenversion nach ein Sohn des Xuthos – Sohn des Hellen – und der Kreusa. Damit wird der athenische Führungsanspruch über Griechenland deutlich gemacht, noch klarer ist dieser allerdings aus der hier propagierten Abstammungsvariante zu erkennen, da keine nicht-athenische Abstammung mehr erkennbar ist. Diese Version ist auch Eur. Ion 74; 1581-1588 bekannt, wobei hier Ion nach dem Gebot des Apollon Eponym der kleinasiatischen Ionier wird.
BelegstellenEur. Ion 74, 1581-1588
SchlagwortIon, Heiligtum, eponymer Heros, Kult
Geographische ZuordnungAthen
Ethnische GruppenIonier
BearbeiterInAnna Trattner-Handy
Permalinkhttps://gams.uni-graz.at/o:ethnos.400