Titel | Biblioteke |
Autor | Diodorus Siculus |
Zeitangabe | 1. Jh.v.Chr. |
Originaltext |
κατὰ τὴν Ἰωνίαν ἐννέα πόλεις εἰώθεισαν κοινὴν ποιεῖσθαι σύνοδον τὴν τῶν
Πανιωνίων, καὶ θυσίας συνθύειν ἀρχαίας καὶ μεγάλας Ποσειδῶνι περὶ τὴν
ὀνομαζομένην Μυκάλην ἐν ἐρήμῳ τόπῳ. ὕστερον δὲ πολέμων γενομένων περὶ τούτους
τοὺς τόπους οὐ δυνάμενοι ποιεῖν τὰ Πανιώνια, μετέθεσαν τὴν πανήγυριν εἰς ἀσφαλῆ
τόπον, ὃς ἦν πλησίον τῆς Ἐφέσου. πέμψαντες δὲ θεωροὺς Πυθώδε, χρησμοὺς ἔλαβον
ἀφιδρύματα λαβεῖν ἀπὸ τῶν ἀρχαίων καὶ προγονικῶν αὐτοῖς βωμῶν ἐξ Ἑλίκης τῆς ἐν
τῇ τότε μὲν Ἰωνίᾳ, νῦν δὲ Ἀχαΐᾳ καλουμένῃ. οἱ μὲν οὖν Ἴωνες κατὰ τὸν χρησμὸν
ἔπεμψαν εἰς Ἀχαΐαν τοὺς ληψομένους τὰ ἀφιδρύματα· οὗτοι δὲ πρὸς τὸ κοινὸν τῶν
Ἀχαιῶν διαλεχθέντες ἔπεισαν διδόναι τὰ ἀξιούμενα. οἱ δὲ τὴν Ἑλίκην οἰκοῦντες,
ἔχοντες παλαιὸν λόγιον ὅτι τότε κινδυνεύσουσιν ὅταν Ἴωνες ἐπὶ τοῦ βωμοῦ τοῦ
Ποσειδῶνος θύσωσιν, ἀναλογιζόμενοι τὸν χρησμὸν ἀντέλεγον τοῖς Ἴωσι περὶ τῶν
ἀφιδρυμάτων, λέγοντες μὴ κοινὸν τῶν Ἀχαιῶν, ἀλλ’ ἴδιον αὑτῶν εἶναι τὸ τέμενος·
συνέπραττον δὲ τούτοις καὶ οἱ τὴν Βοῦραν οἰκοῦντες. τῶν δὲ Ἀχαιῶν κοινῷ δόγματι
συγχωρησάντων, οἱ μὲν Ἴωνες ἔθυσαν ἐπὶ τοῦ βωμοῦ τοῦ Ποσειδῶνος κατὰ τὸν
χρησμόν, οἱ δ’ Ἑλικεῖς τὰ χρήματα διαρρίψαντες τῶν Ἰώνων τούς τε θεωροὺς
συνήρπασαν, ἠσέβησάν τε εἰς τὸ θεῖον. ἀνθ’ ὧν φασι μηνίσαντα τὸν Ποσειδῶνα διὰ
τοῦ σεισμοῦ καὶ τοῦ κατακλυσμοῦ τὰς ἀσεβούσας πόλεις λυμήνασθαι. τοῦ δ’ ἐκ
Ποσειδῶνος γεγονέναι τὴν μῆνιν ταῖς πόλεσί φασιν ἐμφανεῖς ἀποδείξεις ὑπάρχειν
διὰ τὸ τῶν σεισμῶν καὶ τῶν κατακλυσμῶν τοῦτον τὸν θεὸν ἔχειν διειλῆφθαι τὴν
ἐξουσίαν, καὶ διὰ τὸ δοκεῖν τὸ παλαιὸν τὴν Πελοπόννησον οἰκητήριον γεγονέναι
Ποσειδῶνος, καὶ τὴν χώραν ταύτην ὥσπερ ἱερὰν τοῦ Ποσειδῶνος νομίζεσθαι, καὶ τὸ
σύνολον πάσας τὰς ἐν Πελοποννήσῳ πόλεις μάλιστα τῶν ἀθανάτων τὸν θεὸν τιμᾶν
τοῦτον.
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Quelle |
F. Vogel (nach I. Bekker, L. Dindorf), Diodori bibliotheca
historica, Bd. 3, Buch XIII-XV.
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Übersetzung |
In Ionien pflegen neun Städte die Feier der Panionia auszurichten und an einem
entlegenen Ort namens Mykale gemeinschaftlich dem Poseidon von alters her
ehrwürdige, außergewöhnliche Opfer darzubringen. Als in späteren Zeiten jener
Landstrich von Kriegen bedroht wurde und sie die Panionia nicht mehr abhalten
konnten, verlegten sie die Festversammlung an einen sicheren Ort nahe Ephesos.
Einer Gesandtschaft, die sie nach Pytho [Delphi] geschickt hatten, wurde ein
Orakelspruch zuteil, demzufolge sie Nachbildungen der alten, von ihren Vorvätern
errichteten Altäre in Helike, das in dem damals Ionien, jetzt aber Achaia
genannten Gebiet lag, anfertigen lassen sollten. Daraufhin schickten die Ionier
dem Orakel gemäß nach Achaia eine Abordnung mit dem Auftrag, Abbilder der Altäre
herzustellen lassen. Sie sprachen vor der Versammlung der Achaier und
erreichten, daß diese ihnen das Erwünschte gewährten. Allein die Bewohner von
Helike wussten um die alte Weissagung, wonach sie in Gefahr geraten sollten,
wenn Ionier auf dem Altar des Poseidon opferten, und sie verweigerten aufgrund
dieses Spruches den Ioniern die Nachbildungen. Sie erklärten, daß der heilige
Bezirk nicht Gemeinbesitz der Achaier sei, sondern ihnen alleine gehörte, und
hierbei fanden sie auch die Unterstützung der Einwohner von Bura. Da aber die
Achaier durch gemeinsamen Beschluß ihre Einwilligung gegeben hatten, opferten
die Ionier gemäß der Anweisung des Orakels auf dem Altar des Poseidon, woraufhin
die Leute von Helike die Opfergaben der Ionier zerstreuten, ihre Gesandten
festnahmen und sich so an der Gottheit versündigten. Man sagt, dieser Frevel
hätte Poseidon derart erzürnt, daß er durch Erdbeben und Flutwelle die gottlosen
Orte vernichtete. Dafür aber, daß es Poseidons Groll war, der über jene Städte
hereingebrochen ist, gibt es wohl deutliche Anzeichen. Erstens gilt es als
sicher, daß dieser Gott über Erdbebewegungen und Wasserfluten gebietet, zweitens
ist es alter Glaube, daß die Peloponnes eine Wohnstätte des Poseidon und ihm
dieses Land gewissermaßen als heiliger Besitz zugehörig sei, und weiterhin
verehren ganz allgemein sämtliche Städte der Peloponnes unter den Unsterblichen
gerade diesen Gott am tiefsten.
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Quelle der Übersetzung | O. Veh, Diodoros: Griechische Weltgeschichte, Bd. 4,
Buch XIV-XV. |
Kommentar |
Im Zuge seiner Beschreibungen der Ereignisse des Jahres 373/372 v.Chr. kommt
Diodor auf ein Erdbeben und eine Flutwelle zu sprechen, das auch Helike
auslöscht. Dies nimmt der Historiograph zum Anlass, die Gründe für die
Katastrophe auszuforschen und näher auf den Ort und seinen Hauptgott sowie auf
das Panionion näher einzugehen. Letzteres ist das zentrale Heiligtum der Ionier
(vgl. Hdt. 1,142f.), wo auch ein Opfer für Poseidon Helikonios stattfindet (vgl.
Strab. 8,7,2). Zu diesem Bund zählen in historischer Zeit zwölf Städte, an deren
Spitze Ephesos und Milet stehen, letzteres später jedoch ausgeschlossen wird
(vgl. Hdt. 1,141,4). Die Ratsmitglieder des archaischen Panionion politische
Beschlüsse können fassen (Hdt. 1,141,4; 170; 5,109; 6,7). Dieser Zusammenschluss
der Ionier kann als ein Paradebeispiel eines Bundes gelten, der ursprünglich
rein kultische Funktionen hat, später jedoch gewisse politische Kompetenzen
übernimmt. Nach der Niederlage der Ionier gegen die Perser bei Lade 494 v.Chr.
wird der Bund erneuert und nach Diod. 15,49,1 in die Gegend von Ephesos verlegt.
Aufgrund eines Orakelspruches wollen die Ionier, wie her beschrieben,
Nachbildungen der ursprünglichen Altäre in Helike anfertigen, was ihnen von den
nun dort wohnenden Achaiern aber aufgrund einer Weissagung verwehrt wird. Die
Gesamtheit der Achaier – gemeint ist wohl der Achaiische Bund – jedoch stimmt
dem Ansinnen der Ionier zu, woraufhin die Achaier von Helike das Opfer stören.
Aufgrund dieses Frevels schickt Poseidon, dem diese Stätte geweiht ist, als
Strafe die eingangs erwähnte Flutwelle und das Erdbeben, welches Helike
zerstört.
Die Stelle weist auf die große Bedeutung des Heiligtums für Ionier, wenn auch im
4. Jahrhundert unter anderen Vorzeichen als zur Zeit des archaischen
Panionions.
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Belegstellen | Hdt.
1,141,4Panionion
; Hdt.
1,142,1; Hdt. 1,143,2-3; Hdt. 1,148; Hdt. 1,170; ab. 8,7,2; Paus. 7,24,5f.; . 8,7,2; Paus. 7,24,5f. |
Schlagwort | Panionion, Heiligtum, Rat, Orakel |
Geographische Zuordnung | Helike |
Ethnische Gruppen | Ionier, Achaier |
BearbeiterIn | Anna Trattner-Handy |
Permalink | https://gams.uni-graz.at/o:ethnos.389 |