Titel | Biblioteke |
Autor | Diodorus Siculus |
Zeitangabe | 1. Jh.v.Chr. |
Originaltext |
ὅτι μὲν οὖν πρῶτοι κατῴκησαν τὴν νῆσον οἱ προσαγορευθέντες μὲν Ἐτεόκρητες, δοκοῦντες δ’ ὑπάρχειν αὐτόχθονες, προειρήκαμεν· μετὰ δὲ τούτους πολλαῖς γενεαῖς ὕστερον Πελασγοὶ πλανώμενοι διὰ τὰς συνεχεῖς στρατείας καὶ μεταναστάσεις καταντήσαντες εἰς τὴν Κρήτην μέρος τῆς νήσου κατῴκησαν. τρίτον δὲ γένος φασὶ τῶν Δωριέων παραβαλεῖν εἰς τὴν νῆσον ἡγουμένου Τεκτάμου τοῦ Δώρου· τούτου δὲ τοῦ λαοῦ μέρος τὸ μὲν πλέον ἀθροισθῆναι λέγουσιν ἐκ τῶν περὶ τὸν Ὄλυμπον τόπων, τὸ δέ τι μέρος ἐκ τῶν κατὰ τὴν Λακωνικὴν Ἀχαιῶν διὰ τὸ τὴν ἀφορμὴν τὸν Δῶρον ἐκ τῶν περὶ Μαλέαν τόπων ποιῆσαι. τέταρτον δὲ γένος συμμιγῆναί φασιν εἰς τὴν Κρήτην μιγάδων βαρβάρων τῶν διὰ τὸν χρόνον ἐξομοιωθέντων τῇ διαλέκτῳ τοῖς ἐγχωρίοις Ἕλλησι. […] τὸ δὲ τελευταῖον μετὰ τὴν κάθοδον τῶν Ἡρακλειδῶν Ἀργεῖοι καὶ Λακεδαιμόνιοι πέμποντες ἀποικίας ἄλλας τέ τινας νήσους ἔκτισαν καὶ ταύτης τῆς νήσου κατακτησάμενοι πόλεις τινὰς ᾤκησαν ἐν αὐταῖς·
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Quelle |
F. Vogel (nach I. Bekker, L. Dindorf), Diodori bibliotheca historica, Bd. 2, Buch V-XII.
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Übersetzung |
Daß die frühesten Bewohner der Insel [Kreta] Eteokreter genannt wurden und anscheinend Autochthonen waren, haben wir schon vorher erwähnt; viele Generationen nach ihnen kamen die Pelasger, die sich wegen ihrer fortwährenden Kriegszüge und Wanderungen in Bewegung befanden, nach Kreta und besiedelten einen Teil der Insel. Als dritter Volksstamm setzten, wie uns berichtet wird, die Dorer unter Führung des Tektamenos, des Sohnes des Doros, auf die Insel über. Nach der Überlieferung sammelte sich der Großteil dieses Volkes aus den Gegenden um den Olympos, doch bestand ein gewisser Teil von ihnen aus Achäern der Landschaft Lakonien; hatte doch Doros das Gebiet um das Kap Malea zum Ausgangspunkt seiner Unternehmungen gemacht. Eine vierte Volksgruppe, die nach Kreta kam, soll verschiedenartige Barbaren umfasst haben. […] Zu allerletzt nach der Rückkehr der Herakliden schickten noch die Argiver und Lakedaimonier Kolonien aus; diese siedelten sie auf etlichen anderen Inseln an, nahmen auch Besitz von dieser Insel (Kreta) und gründeten darauf einige Städte.
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Quelle der Übersetzung | G. Wirth, O. Veh, Diodoros: Griechische Weltgeschichte, Bd. 1/II, Buch I-X. |
Kommentar |
Diodor widmet sich hier der Geschichte Kretas und den darüber erzählten Mythen, wobei er sich relativ ausführlich mit den Besiedlungsphasen der Insel auseinandersetzt. Die Eteokreter sind für ihn Autochthone (vgl. Diod. 5,64,1). Bereits Homer (Od. 19,176) bezeichnet dieses Volk als Eteokreter, also echte Kreter, was ebenso meinen könnte, dass diese die Ureinwohner der Insel sind. Als zweites besiedeln die Pelasger Kreta (so auch Hom. Od. 19,177). Die Pelasger gelten in der griechischen Antike als prähistorische Einwohner von weiten Teilen Griechenlands, sie erscheinen Hom. Il. 2,681 und Diod. 5,61,1-3 folgend als Bewohner Thessaliens und von Epeiros (vgl. Hom. Il. 16,233), Herodot kennt eine Version, nach der die Aioler einst Pelasger hießen (7,95,1-2). Als nächstes kommen die Dorer unter Tektamenos nach Diod. 4,60,2 zusammen mit Pelasgern und Aitolern. Tektamos oder Teutamos, Sohn des Doros, hat wie sein Bruder Aigimios seine Heimat in Thessalien, dessen nördlicher Teil, die Hestiaiotis, bei Diodor zumeist als Ursprungsland der Dorer gilt (vgl. u. a. 4,58,6). Danach fassen einige Barbarenvölker auf Kreta Fuß, bis die Insel schließlich nach der Rückkehr der Herakliden auf die Lakedaimonier und Argiver wieder von Dorern eingenommen wird.
Ähnlich beschreibt bereits Homer (Od. 19,172-177) die Zusammensetzung der Einwohnerschaft: Er kennt u. a. wie hier Eteokreter, Pelasger, Achaier und Dorer.
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Belegstellen | Diod. 4,60,2; Diod. 5,64,1; Hom. Od. 19,176; Hom. Od. 19,177 |
Schlagwort | Doros, eponymer Heros, Herakliden, Siedlungsgeschichte |
Geographische Zuordnung | Kreta |
Ethnische Gruppen | Dorer, Pelasger, Eteokreter |
BearbeiterIn | Anna Trattner-Handy |
Permalink | https://gams.uni-graz.at/o:ethnos.145 |