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Diod. 4,10,3-6

TitelBiblioteke
AutorDiodorus Siculus
Zeitangabe1. Jh.v.Chr.
Originaltext ὑποτεταγμένων γὰρ τῶν Θηβαίων Ἐργίνῳ τῷ βασιλεῖ τῶν Μινυῶν, καὶ κατ’ ἐνιαυτὸν ὡρισμένους φόρους τελούντων, οὐ καταπλαγεὶς τὴν τῶν δεδουλωμένων ὑπεροχὴν ἐτόλμησε πρᾶξιν ἐπιτελέσαι περιβόητον· τοὺς γὰρ παραγενομένους τῶν Μινυῶν ἐπὶ τὴν ἀπαίτησιν τῶν δασμῶν καὶ μεθ’ ὕβρεως εἰσπραττομένους ἀκρωτηριάσας ἐξέβαλεν ἐκ τῆς πόλεως. Ἐργίνου δ’ ἐξαιτοῦντος τὸν αἴτιον, Κρέων βασιλεύων τῶν Θηβαίων, καταπλαγεὶς τὸ βάρος τῆς ἐξουσίας, ἕτοιμος ἦν ἐκδιδόναι τὸν αἴτιον τῶν ἐγκλημάτων. ὁ δ’ Ἡρακλῆς πείσας τοὺς ἡλικιώτας ἐλευθεροῦν τὴν πατρίδα, κατέσπασεν ἐκ τῶν ναῶν τὰς προσηλωμένας πανοπλίας, ἃς οἱ πρόγονοι σκῦλα τοῖς θεοῖς ἦσαν ἀνατεθεικότες· οὐ γὰρ ἦν εὑρεῖν κατὰ τὴν πόλιν ἰδιωτικὸν ὅπλον διὰ τὸ τοὺς Μινύας παρωπλικέναι τὴν πόλιν, ἵνα μηδεμίαν λαμβάνωσιν οἱ κατὰ τὰς Θήβας ἀποστάσεως ἔννοιαν. ὁ δ’ Ἡρακλῆς πυθόμενος Ἐργῖνον τὸν βασιλέα τῶν Μινυῶν προσάγειν τῇ πόλει μετὰ στρατιωτῶν, ἀπαντήσας αὐτῷ κατά τινα στενοχωρίαν, καὶ τὸ μέγεθος τῆς τῶν πολεμίων δυνάμεως ἄχρηστον ποιήσας, αὐτόν τε τὸν Ἐργῖνον ἀνεῖλε καὶ τοὺς μετ’ αὐτοῦ σχεδὸν ἅπαντας ἀπέκτεινεν. ἄφνω δὲ προσπεσὼν τῇ πόλει τῶν Ὀρχομενίων καὶ παρεισπεσὼν ἐντὸς τῶν πυλῶν τά τε βασίλεια τῶν Μινυῶν ἐνέπρησε καὶ τὴν πόλιν κατέσκαψε.
Quelle F. Vogel (nach I. Bekker, L. Dindorf), Diodori bibliotheca historica, Bd. 1, Buch I-IV.
Übersetzung Die Thebaner waren nämlich dem Minyerkönig Erginos unterworfen und entrichteten ihm jährlich bestimmte Tribute; doch Herakles ließ sich nicht durch die Übermacht der Bezwinger schrecken, sondern wagte sich an die Ausführung einer großartigen Tat: Als sich nämlich die Sendlinge der Minyer einstellten, um den Tribut einzufordern, und auf hochmütige Art die Eintreibung durchführten, verstümmelte er sie und jagte sie aus der Stadt. Erginos verlangte nun die Auslieferung des Schuldigen und in seinem Schrecken vor dessen gewaltiger Macht war der Thebanerkönig Kreon schon bereit, den Schuldigen, gegen den sich die Anklagen richteten, auszuliefern, doch Herakles überredete seine Altersgenossen, die Vaterstadt zu befreien, und holte aus den Tempeln die an den Wänden besfestigten Rüstungen, welche die Vorfahren den Göttern als Beutestücke geweiht hatten; man konnte nämlich in der Stadt keine Waffen in Privatbesitz finden, weil die Minyer, um bei den Einwohnern von Theben keinen Gedanken an Empörung aufkommen zu lassen, diese entwaffnet hatten. Als Herakles vom Anmarsch des Minyerkönigs und seiner Truppen auf die Stadt hörte, trat er ihm an einer Wegenge entgegen, machte so die Masse der feindlichen Streitkräfte wirkungslos, tötete den Erginos selbst und erschlug auch fast sein gesamtes Gefolge. Dann griff er überraschend die Stadt der Orchomenier an und drang in den Raum hinter den Toren, worauf er die Königsburg der Minyer niederbrannte und auch die Stadt bis auf die Grundmauern zerstörte.
Quelle der ÜbersetzungG. Wirth, O. Veh, Diodoros: Griechische Weltgeschichte, Bd. 1/II, Buch I-X.
Kommentar Den Rahmen dieses Berichtes bildet Diodors Erzählung über die Befreiung Thebens und die Zerstörung von Orchomenos durch Herakles. Dieses Vorgehen des Heroen ist darin begründet, dass Amphytrion einst aus Tiryns vertrieben worden ist und in Theben Aufnahme findet. Herakles rächt sich für die Taten der Minyer an den ihm verbundenen Thebanern (vgl. 4,18,7) dadurch, dass er das Land um Orchomenos in einen Sumpf verwandelt und die Stadt zerstört. Aus Stelle folgt, entweder, dass es eine Zeit gibt, in der Boiotien geteilt ist oder das Geschilderte beschreibt den letzter Widerstand der nicht-boiotischen Einwohner Boiotiens. Im Schiffskatalog der Ilias (2,511) jedenfalls werden die Minyer von Orchomenos noch getrennt voneinander genannt. Auch Thukydides bezeichnet Orchomenos mit dem Zusatz „minyisch“ (4,76,3), folgt man Pausanias (4,27,10) gibt es noch in historischer Zeit Minyer in der Stadt. Die Bedeutung der Minyer in historisch lichter Zeit ist jedoch keine herausragende mehr, so scheint auch die genannte Ilias-Stelle zur Zeit ihrer Abfassung lediglich eine Reflexion historischer Verhältnisse zu sein. Als der Schiffskatalog entsteht, so nimmt E. Visser, Homers Katalog der Schiffe, 370-371 an, ist Orchomenos lediglich ein regional bedeutender Ort, der jedoch eine alte Tradition besitzt, welche der Stadt eine wichtige Bedeutung und eine von den Boiotern unabhängige Stellung einräumt.
BelegstellenHom. Il. 2,511-513; Thuk. 4,76,3; Diod. 15,79,5
SchlagwortHerakles, Siedlungsgeschichte
Geographische ZuordnungTheben, Orchomenos
Ethnische GruppenMinyer
BearbeiterInAnna Trattner-Handy
Permalinkhttps://gams.uni-graz.at/o:ethnos.127