<name>Schöni liebi Wiena Madel [Der Kroatische Bauer und das Wiennermädgen]</name> <name type="normalized">Schöne liebe Wiener Madl Wienermädchen Kroate Kroatenlied</name> <date when="1763">vor 1763</date> <note type="comments"> <p>Wechselgesang zwischen "Kroat" und "Wiener Mädgen": Der Kroate wirbt um die Frau (Str. 1) - sie weist ihn (zunächst) brüsk ab. <lb></lb>Der Dialog wird dabei zur expliziten Verhandlung über Eigenes und Fremdes, wenn der Kroate fragt: "Sag: was di nit gfallen thuit" (Str. 3) - und die Wienerin u.a. seine "Sitten" und seinen "Verstand" ablehnt und in Gegensatz zur 'zärtlichen Liebe der Deutschen' stellt (Str. 4&6). Umgekehrt bringt dann der Kroate 'seine Eigenschaften' zu seiner Verteidigung vor: "Fopp di nit, wie Deutschi thuit, / Lieb di, daß mir Herz thuit kracha, / Und hab treu krawatisch Bluit." (Str. 7) <lb></lb>Am Ende ist freilich die Wienerin, der schöne Kleidung und ein reiches Leben versprochen werden, dem Angebot des Kroaten doch nicht mehr ganz abgeneigt - hält aber am Schluss noch einmal fest, dass sie ihn nie lieben würde: "Heimlich aber würd ich brennen, / Für das, was ich lieben kann." (Str. 12) <lb></lb>Insgesamt endet das damit bei Hafner nicht nur bei der humoristischen Charakterisierung des Kroaten, sondern auch bei der satirischen Darstellung der Wienerin, deren hohe Ansprüche und nationale Treue durch die Versprechungen eines luxuriösen Lebens möglicherweise doch aufgegeben werden. [Diese satirische Charakterisierung der Wienerin wird im Flugblattdruck ausgespart.] (Vgl. zu einer ausführlichen Analyse auch Zehetner 2016, S. 63ff. </p> <p>Dass hier der 'kroatische Bauer' und der 'ungarische Heubauer' (siehe dazu u.a. <ref target="info:fedora/o:dic.1195">diesen Eintrag</ref> ) zusammenfallen - wie etwa Perschy (1999) unter Rückgriff auf eine These von Klier ausführt - wird in dem Lied etwa deutlich, wenn die Wienerin davon spricht, dass sie auch beim Gewand nach 'deutscher Art' suche und nicht wie eine "Ungarin" gekleidet sein wolle. Auch die sprachliche Charakterisierung dieser Figur entspricht tendenziell der des ungarischen Heubauern. Im Gegensatz zum Heubauern ist diese Figur hier freilich wohlhabend und kann allein dadurch doch die Gunst der Wienerin - deren Sinn vor allem auf ein feines Leben gerichtet ist - gewinnen. <lb></lb>Diese Sprache schließlich, darauf weist Perschy (1999, S. 332) hin, entspricht wohl weniger einem wirklich gesprochenen Dialekt als "den gängigen Vorstellungen des deutschsprachigen Wiener Publikums vom slawischen Radebrechen". </p> </note> Dialect Cultures Christian Neuhuber Projektleitung Editor Stefanie Edler Editor Elisabeth Zehetner Editor Alexander Nussbaumer Technische Umsetzung Institut für Germanistik, Universität Graz Austrian Centre for Digital Humanities, University Graz o:dic.449

Kroatenlied Spottlied
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Das Erste. 1770-1800 Wien? Schöne liebe Wiener Madl Drey schöne neue Weltliche Lieder (Wienbib. E-80332 [n.a.]) Blümml (Hg.) Philipp Hafner: Scherz und Ernst in Liedern 1922 Blümml, Emil Karl (Hg.): Philipp Hafner: Scherz und Ernst in Liedern. Neu herausgegeben und eingeleitet von Emil Karl Blümml. Wien, Prag, Leipzig: Strache 1922. [Reprint der beiden Ausg. v. 1763/64, Wien: Kurzböck]

Bei Blümml 1922, S. 96 angegebene Flugschriftfassung mit geringen Abweichungen zur anderen Flugschrift , vor allem in Str. 9 und 10 (die hier - mit einigen Veränderungen - wie in der Erstfassung (dort: Str. 11) vorhanden ist, während sie in der anderen Flugschrift ganz fehlt). Möglicherweise ist damit diese Fassung, die dem Original noch etwas weiter folgt, die frühere Flugschrift.

Blümml druckt im Anhang seiner Reprint-Version von Hafners "Scherz und Ernst" diese Fassung nicht ganz ab, sondern gibt nur die stärker abweichenden Stellen an (siehe Volltext-Link oben). Zum Standort siehe Anm. bei der Quelle; nicht autopsiert.

Das Erste. Crobathenlied 1800 +/- 5 Wien Schöne liebe Wiener Madl Drey schöne neue Weltliche Lieder (Wienbib. A 21960, Bd. II, 11) Wienbib. A 21960, Bd. II,11

Abdruck des Liedes von Hafner in einer Flugschrift (ohne Nennung des Autors), gedruckt in Wien, um 1800. Im Vergleich zur Originalversion von Hafner sind aber einige Strophen ausgelassen, wodurch sich eine bemerkenswerte inhaltliche Umdeutung ergibt: die Strophen 9, 11 und 12 sind gestrichten; dadurch endet das Lied mit der Zurückweisung durch das "Wienermadl", während die satirische Wendung, die in Hafners Lied am Schluss vorgenommen wird (dass nämlich die Wienerin nach allen Versprechungen des Kroaten, sie luxuriös auszustatten, ihre strikte Ablehnung zumindest ein Stück weit doch wieder aufgibt) ausgespart wird.

Der Kroatische Bauer und das Wiennermädgen 1763 Wien Schöni liebi Wiana Madel! Philipp Hafner Scherz und Ernst in Liedern Blümml (Hg.) Philipp Hafner: Scherz und Ernst in Liedern 1922 Blümml, Emil Karl (Hg.): Philipp Hafner: Scherz und Ernst in Liedern. Neu herausgegeben und eingeleitet von Emil Karl Blümml. Wien, Prag, Leipzig: Strache 1922. [Reprint der beiden Ausg. v. 1763/64, Wien: Kurzböck] Perschy „Echter“ Heubauer und „falscher“ Krowod 1999 Perschy, Jakob M.: „Echter“ Heubauer und „falscher“ Krowod: Das letzte Projekt des Volksliedforschers Karl Magnus Klier. In: Archivar und Bibliothekar. Bausteine zur Landeskunde des burgenländisch-westungarischen Raumes. Festschrift für Johann Seedoch zum 60. Geburtstag. Eisenstadt: Amt d. Burgenländ. Landesregierung 1999. (Burgenländische Forschungen, Sonderband 22) S. 330-335. Zehetner Dialekt und die literarische Darstellung von Fremden 2016 Elisabeth Zehetner: Dialekt und die literarische Darstellung von Fremden vor 1800. Untersuchungen zum Verhältnis zwischen Eigenem und Fremdem. Graz, Masterarbeit, 2016.

Mit Noten abgedruckt in: Scherz und Ernst in Liedern, Teil I, Nr. 13/ S. 44-48.

Erstausgabe von 1763/64 z.B. über den Katalog der ÖNB als Digitalisat verfügbar ( Link zum Datensatz ). Reprint hrsg. von Blümml 1922. (Siehe Volltext-Link oben)

Digitalisierte Fassung der Neuausgabe von 1772 ebenfalls über den Katalog ÖNB verfügbar ( Link zum Datensatz ). Dies Ausgabe wurde in einfacherer Ausstattung gedruckt wurde und weist im Satz bereits größere Abweichungen auf, die vorwiegend auf Satzfehler zurückzuführen sind.

Transkript nach der Erstausgabe:

[S. 44] [Noten]

[1.] Kroat. Schöni liebi Wiena Madel! Muiß si dir was Guits vertrau: Mei Herz brat wie Schweinabratel, Möchs si werda nit mei Frau; Mach mi heurath! thui nit bsinna, Sey mei Weibel, schau mi an, [S. 45] Habs viel Geld in Säckel drinna, Bin krawatisch reichi Mann.

[2.] Wiener Mädgen. Deine so geschwinde Fragen Sollen gleich entschieden seyn; Ich will dir gar nicht viel sagen, Nur ein Wort, und dieß heißt: nein! Niemals könnte mir es träumen, Einem solchen wilden Mann Herz und Alles einzuräumen, Den ich gar nicht lieben kann.

[3.] Kroat. Will si Schatzel dir nit gfallen, Warum bin is nit brav Mann, Kan dir guiti Sacha zahlen, Die dir andri geba kann: Bin dir redli, thui nit zweifel, Hab mi schön, und sey mi guit, I! du mach Gsicht wie das Teufel, Sag: was di nit gfallen thuit.

[4.] Wiener Mädgen. Alles, was ich an dir sehe, Alles, was in deinem Land, Und daß ich es kurz gestehe, Deine Sitten, der Verstand: Deine Kleider, deine Blicke, Deine Sprache, dieser Bart, [S. 46] Deines Leibes grobe Dicke, Und die rohe Lebensart.

[5.] Kroat. Hab si ja nit Gsicht so übel, Hab si zimli groß Verstand, Kenn das Knobel, und das Zwibel Und Kapäunel vonanand; Hab si schwarz Bart, blaui Gwandel, Rothi Zischma, rundi Huit, Hab mi liebel, wie dein Mandel, Schöni Lelki sey mi guit.

[6.] Wiener Mädgen. Zärtlich ist der Deutschen Liebe, Deine Art gleicht ihrer nicht; Ihre Küsse, ihre Triebe Sind bezaubernd eingericht: Deutschland ists, wo ich gebohren, Deutsche sind es nur allein, Denen ich es zugeschworen: Niemal ungetreu zu seyn.

[7.] Kroat. I was Menschel liebi Schatzel! Glaubs nit, das Krabat guit is? Erteck! wann i dir gib Schmatzel Bleib di Loth Taback in Gfriß, Kann i glei nit Prallhanns macha, Fopp di nit, wie Deutschi thuit, [S. 47] Lieb di, daß mir Herz thuit kracha, Und hab treu krawatisch Bluit.

[8.] Wiener Mädgen. Alle Worte sind vergebens, Alles Bitten ohne Frucht, Weil die Tage meines Lebens Deutsche Art mein Herze sucht. Ein Salopp und Schmuck in Haaren, Strickrock, Sack, und Palatin, Sind ganz andre Kleider Waaren, Als bey einer Ungarin.

[9.] Kroat. Je! kannst tragen, was dir gfallen, Von di Schedel bis zur Schuih, Langa Sack von Stanling Schnallen, Und schwarz Rockolor dazui; Ohrenglasel, Sammetstützel, In di Gsicht brav schwarzi Fleck, Und von Haar an Heilingstritzel, So fallt nix von Freyla weck.

[10.] Wiener Mädgen. Nicht allein die schönen Kleider, Machen, daß ich spröde bin; Nein! mein Herz gedenkt viel weiter, Und zielt einzig nur dahin, Mich recht vornehm einst zu paaren, O! wie läßt es doch so schön, [S. 48] Wenn man kann im Wagen fahren, Und die Diener rückwerts stehn.

[11.] Kroat. Bin nit schleck! mei liebi Madel, Geld macht mi zum Edlimann: Was frag du denn nach di Adel, Wann i dir alls schaffa kann: I hab Roß, und hab a Wagen, Wills nit fahren mehr mei Weib, Laß si auf die Buckel tragen, Hab Laquey, der Vieh austreib.

[12.] Wiener Mädgen. Und gesetzt ich thät es wagen, Und ich wollt die Deine seyn, Müßt ich dir gleich Anfangs sagen, Daß mein Lieben nur ein Schein; Zwar würd ich dich Schatzerl nennen, Ich wär Frau, du wärst mein Mann, Heimlich aber würd ich brennen, Für das, was ich lieben kann.