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Datenbank bairisch-österreichischer Mundartkunst vor 1800

Zugehöriges Werk: Buba, was schenkts mir wohl
Incipit: Buba, was schenkts mir wohl
Typus: Text
Zeitraum Entstehung: 1770~
Quelle:
Kommentar:

7 Strophen, nicht sehr stark dialektal

Im Vergleich zur im Stubenberger Gesängerbuch überlieferten Variante findet sich hier eine umgekehrte Reihung der 2. und 3. Strophe; außerdem fehlt dort die sechste Strophe dieser Variante. Daneben zeigen sich im Detail einige textliche Unterschiede, die einerseits konkrete Formulierungen, andererseits die sprachliche Prägung betreffen; insgesamt ist die vorliegende Fassung ist teils weniger deutlich dialektal markiert.

Transkription:

[2v] 1.
Buba, was schenkts mir wohl,
wenn ich euch sagen soll,
was vor ein brafer Mann
unser Capalon,
wärla ich schwör ein Eyd,
darumma weit und breit,
trefts mir kein solchen an,
der so viel kan,
glaubt nur er ist kein Narr
taugt wohl in unser Pfarr,
hat ein verschlagens Hirn,
kan braf studiren,
unser Capolo
ist halt ein Monn
wer mirs nicht glauben will,
seh ihn drum an.

2.
Wenn man in Kirchen tritt,
gibt der Capalon kein Fried,
fangt gleich an Hochs Amt an,
kräht wie ein Hahn,
so balds kommts zum Agnes Deh,
kräht er in alle Höh,
und biet uns täglich Brod,
das uns ist Noth,
wanns Amt vorbey ist,
lauft er in aller Frist,
geschwind in den Wald hinaus,
um ein Ballen-Strauß,
unser Capolon
ist halt a Monn,
er nimmt den Wedel in d’Händ
und spritzt uns an.

[3r] 3.
Wenn er uns predigen thut,
macht er sein Sach so gut,
als zu Zeit jedermann,
fangt z’pflana an,
er redt als so sehr,
daß kaum a Wunder wär,
wann er als selbsten hätt gestift
daß er trift,
sagt die nicht gut thun wollen,
die wird der Teufel holen,
weil sie aufs Fenstern gehn
gar nichts verstehn,
unser Capolon ist halt a Mann,
der uns zum Guten
recht predigen kan.

4.
Kommt einer zu der Beicht,
da ist er als durchleucht,
daß er uns Buben gibt
so viel Lehr,
muß einer Steiner seyn,
wanns nicht ins Herz hinein
gieng wie ein Donnerkeil
sein Ohr hinein,
wann wir von Menschern sagn,
will er uns gar naus jagen,
wann wir nur rauschig seyn
thut er gleich grein,
unser Capolon
ist halt a Mann,
der uns in Beichtstuhl
recht herkampeln kan.

5.
Bringt man a kleines Kind,
ist der Capolon so geschwind,
daß er des Adams Fleck
gleich wasch hinweg,
setzt sich hier noch gleich hin,
zu der Frau Gevatterin,
sagt wie mans Kind so wohl
aufziehen soll,
stellt man ein Creutzgang an,
trottelt der Capolon voran,
singt und schreyt grimmt das Maul
stellt sich nicht faul
unser Capalon
ist halt a Monn
der Pfarrer
zu als brauchen kan.

6.
Hält man a Karten-Spiel
ist Capolon nit zu viel,
wann er so straffen thut,
er spielt gar gut,
wann er ein Rehbock macht,
das Herz im Leib ihm lacht,
zieht hortig Geld hinein,
sagt das ist sein,
wann er was gwunnen hat,
behält ers nicht über Nacht,
fängt gleich ein anders Spiel
an in der Still,
unser Capolon
ist halt a Mann,
der zu Zeit Karten Spiel
recht mischen kan.

[4r] 7.
Na, na, mein Herr Capolon
ihr seyd a solcher Monn,
den ich letzten muß
fallen zu Fuß,
und bitten um Pardon,
daß ich im Himmel komm
wär mir der größte Spaß,
wann ich schon drinnensaß,
hab ich euch unrecht gethan
verzeyht mirs Herr Capolon,
seyd sonst ein grosser Herr
in eurer Lehr,
unser Capolon
ist halt a Mann,
den ich bey meiner Treu
nicht feind seyn kan.

Stellenkommentare:

1,4 Capalon] Kaplan
1,5 wärla] wahrlich
2,5 Agnes Deh] lat. Agnus Dei (Lamm Gottes)
2,8 das uns ist Noth] hier wohl in ironischer Weise verwendet: das wir notwendig haben
2,12 Ballen-Strauß] hier als bildliche Bezeichnung für den Weihwasserwedel
3,4 z’pflana] zu flennen, zu weinen (vgl. Schmeller I, Sp. 450)
3,7 als] hier: alles
4,16 herkampeln] kampeln: kämmen (vgl. Schmeller I, Sp. 1251), d.h. hier etwa: ‚den Kopf waschen‘
5,3 Adams Fleck] bildlich für die Erbsünde; das ‚Hinwegwaschen‘ des Adamsfleck meint die Taufe.

Zuletzt geändert:am: 24.9.2015 um: 16:02:43 Uhr