Satirischer Monolog eines vom Gerichtsschreiber zu einer Geldstrafe verdonnerten Bauern, der sich an den Pfleger mit der Bitte um Aufhebung bzw. Umwandlung der Strafe wendet. Dabei beschreibt er im derbsten Basisdialekt die Ursache des Verfahrens, eine Wirtshausschlägerei, recht detailliert und anschaulich; ob er - wie erhofft - durch Korruption zu einem günstigeren Urteilsspruch kommt, bleibt offen.
Wohl bestes und frühestes Beispiel für einen weitgehend authentischen Basisdialekt aus dem bair.-österr. Grenzgebiet im 17. Jahrhundert.
Vgl. dazu Lindemayrs 'Gang zum Stadtrichter'
Ms. germ. qu. 1327, f. 114r-117r
Die Ortsangaben hier und in den folgenden Einträgen lassen einen Ursprung dieses Werks (und vielleicht des gesamten Codex) in der Umgebung des oberösterreichischen (damals bayerischen) Zell an der Pram und Umgebung suchen (vgl. die Erwähnungen von Zell, Taufkirchen, Höcking). Diese lokalen Anspielungen wären wohl andernorts entsprechend ersetzt worden.
Zell war zu dieser Zeit inkorporierte Pfarre des Augustinerstifts Suben, wo unter Propst Ernest Theophil Scharrer (1679-96) zur Förderung der Volksfrömmigkeit die Erzbruderschaft 'Maria Hilf' installiert wurde. In diesem Umfeld könnten auch die vier Weihnachtsspiele des Codex (von selber Schreiberhand) gesammelt worden sein.
Des Paurn Mündtliche provocation für seinen Pfleger wider deß Gerichtschreibers gegebnen Abschidt.
Vöster herr Pfleger.
I bitt oy vnd der lämöß es iadt mi di greauß neaut änhi, mueß oy anläffen und mueß oy Clagen, waß mir für lözer prozn handl hintert hendt ist gstandten, am Mitichä wie der Stöffl vo Zäll mit Kreschvrschl d'schenkh hat khat, bin I mitm Schuelenzen in allm guetn zum wirth ähi khemä, homä ins ä Maß Pier ein schenkhä lassn vmb inser gelt, vnd homä ä säßl mit einander khröt, Ehat in Ehrn vnd in frinkhet in dendl mährn hat mir mein nachbär der wibman von höckhing vmbän trunkh zuehe gschrien, vnd hat mir ä halbs brat kat auß seim Pier, dem hani ä rödlä bschaidt tho, wie recht vnd billä i[s], vnd hoß vo statt sein gspan Zemmel Bastl wider vmbi brat in alln guatn, vnd ho oß wönkh nichts löz im sinn kat, oß Ir nit, I ho mi ä zum allerwönkhistn nix args von yem bsargt kat, da sait Er afer im hui zu mir, Er gsengs kein schöllmä nit, waß Er sy vmb In keit, er schiß mir in mein trunkh, vnd lät mir holt der frassakh der lözisten rödn an, vnd hält mi oß schmählä, daß Irs nit gläbn kündt, vnd daß oy selbm Zorn tho het, wen Irs kert het an alle schuldt. ist än aydt der wahr ist, hon iem oß würkhli nichts löz tho kat, oß würkli nichts löz da aufm podn lät, fraigt nu nachi, der Schne-Cristl, vnd der Praut Wolfl söndt baidt darbey gwest, do künets oy alle waret sagen, no so bin I afer all mein Lebtag nie khein schelmä holt gwest, ho mi allmall Erlä vnd frinklhä kaltn, ho mi auf alle blazen akhrefediern khina, vnd bin oß runder mo gwest, oß mär ain hat finä mögn, homi ä ains Manß gsteift wiern terfä, vnd ho ä fort zeuserwückhl am khürchtä dö ganzn tanzbobm allain a krämbt, bin ä säßl in meim sün ä anti warn, hat mir schmä oß weh tho, vnd hat mi der prozn sakh oß Peaußhafftig gmacht, daß ichs nimmer dä lein ho kinä, vnd ho halt bein Sakhament mitm tenkhn feistling hinden am schadernakh yber d'Zill ahi gschlagn, daß erm narsch in alle heh hat kert, vnd wen i mein schnaiter bey mir kat het, so wer dä handl nit guet warn, I hetn z'hackht zu än lautern hodern, I often her vnd sag oy mein Gottseel Kai verlogns wort nit, wan anderst ist, weil ich mi gern strafä lassen, yber dößl ho i mi fein stat davon gmacht, vnd ho zech vnd d'prozenwerch alß ob einander ligen lassen, het si sünst einkrissen, der Peitlpue: vnd dödl, heten sy all anander ghangen, hetn mirg [?] mit erst bleaut [?] vnd ahi beoust [?], ist affter der Semel-bastl im schuß nachi glifä, vnd ist mir mit vrlä z'khrödn mit baiden hendtn inß gsäß plazt, vnd hot mi vostatt an arsch nider krissen, daß i än pindenger tho hab dlot öhel bey der lackhä bäm saufaltä, ist mein huet vnds gsäsß alß ä lauter drockh warn, kinnt Eus no gschaun lassen wans neaut thät. I afftn her rump in schuß wieder auf, und dä tap ä soßl än guetn Zueggetn pengl, vnd ren in d'wampn damit, daß Er ä guete fahrt nimmer gschnaun hat kinä, wie Er afftn ä wenkh verdleimz [?] hat, da hot mir d'höpin auf ä waus nider schiessn wölln, bin iem afer z'fachtign warn, vnd ho iem in knitl zwischen der Eeaur [?] ähi d'lät, daß er ä der mit agsprungn ist, vnd daß yems bluet yberm holß ä d'liefä ist, hat afer alß weaut tho, vnd ho mi bei golschn nu fraidig stölln müessn, wist amol waß Er für ein höpin ist, vnd waß Er stäts für händl anhebt, wen Er mir Z'grrat wär warn, het Er mi mit ernst ohi peaust, wär mir oß gwiß gwest alß alle ament. In deml kümbt afn krat dä schergn deperl darzue, zeaucht vostat sein waider auß, hackht nach dä fläch nach inß, stäbt ins auseinander, vnd lät inß all bed in d'halßscheissn, ä sößl sein mir nächstn vorgstantn, vnd ho i in mein sün dapfer kröt kat, ho ä mein rödnen mit ernst braucht, vnd hats alß in der latein fürbracht, hamä afer nichts krichtn khinä, dä krichtschreiber hat eurn vo stat aufm Semelwastl ghangä, hat inß d'luckhn all verzänt, vnd iem auf alle pläzn zue d'lät, mi afer hat Er vo bauchs bebm [?] ausgleglibt [?], hat mi 2. täg in d'keichn g'schafft, ho baid Redner vnd da schiedt alß allain zalln müessen, vnd solt w. thallä straf dälögn, daß wär mir nit posierlä, vnd mechts nit ausgstehn, wen Ir mi hanhen liest, ä soßl treibt mi deat für oy, vnd wä bittn halbn, wo Ir holt mit der keichn verguat nämbt, vnd liest mi mit der straf vnkheit, ließ afn mein widersachä ä äzwen täg in ä guets lach ähi werfä, vnd ließ mi ä sößl durchi schiessn, wist Ir ä forth än dienst bei mir etwa mit ä maß hönkh, oder mit äm spänfäckhl, wan mein alte fäckhelt so iß mir ä nit in arsch d'nath, vnd will oy nit an der Pernhaut lign lassn, will oy äfftn mit sötlen leusen scheißhandl alßbolt nimmer kemmen. +
Quelle: "Beschreibung Etlicher Geist: und Weltlicher Lieder und Sprüch", f. 160v-161v
Edition bei Rowley 2012, S. 26f. (siehe Volltext URL) und (in derselben Fassung) bei Rowley 2013, S. 38-40 (allerdings mit einigen Unsicherheiten); siehe auch die Anmerkungen in der Monographie zur Handschrift von Hager (2000), S. 171.
Ob der Schreiber, Andreas Mayr, tatsächlich als Verfasser in Frage kommt, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Wie Hager vermutet, könnte er - selbst Pflegrichter - mit diesem Text einen Einblick in die Streitereien gegeben haben, mit denen er selbst alltäglich zu tun hatte. Der Titel ist lt. Hager eventuell Hinweis auf die Parteinahme Mayrs für die Bauernseite entgegen dem Spruch des Gerichtsschreibers.
Stark dialektal, schwer verständlich.
(Transkription nach UB Tübingen, Md 290)
Vösster herr Pflöger, I bitt oy vmb vmb [sic] der läbnoß mueß
oy onläffen, treibt mi die grauß neaut änher, vnd mueß
oy schlöt clogn, waß mir für än läzer brozen handl hinder
dhandt gstandten ist, om Michtigen, wie der Stöfel von Zall
mitm Schreß Vrschl S scheinkh (?) hat khat, [...]