1750-1850
Die für Europa so genannte Sattelzeit stellte auch im atlantischen Raum eine wichtige Zäsur dar. Nach dem 7-jährigen Krieg erfolgten vor allem in Iberoamerika grundlegende politische und administrative Reformen. Sie zielten auf eine stärkere Inwertsetzung der amerikanischen Gebiete, die nun als Kolonien eingestuft wurden, zugunsten der Mutterländer ab. Die Reformen des aufgeklärten Absolutismus erhöhten die Spannungen zwischen beiden Seiten des Atlantiks.
Als Erstes entluden sich diese in Angloamerika, gefolgt von Haiti und Iberoamerika. Bis 1824 hatten bis auf Kanada, die karibischen Inseln und Guayana alle ehemaligen Kolonien ihre Unabhängigkeit erkämpft, Brasilien sogar friedlich. Es folgte eine weitere Periode zwischenstaatlicher Konflikte und langanhaltender Bürgerkriege, bei denen unterschiedliche politische Programme (Konservative, Liberale) und regionale Differenzen (Zentralisten, Föderalisten) wirksam wurden. Einzig das neue Kaiserreich Brasilien blieb von militärischen Auseinandersetzung weitgehend verschont. (Politik)
In den jungen lateinamerikanischen Republiken wurden die ständische Ordnung und die Sklaverei abgeschafft und alle Bewohner des jeweiligen Territoriums erhielten das Bürgerrecht. Mit dem Verlust ihres rechtlichen Sonderstatus verlor die indigene Bevölkerung der lateinamerikanischen Republiken aber auch ihren Schutz vor den Auswirkungen liberaler Reformen. Ungeachtet der zahlreichen Kriege erhöhte sich die Bevölkerung Gesamtamerikas. Hierzu trug bis um 1800 der Sklavenhandel bei, der nun, kurz vor der Abolition, seinen Höhepunkt erreichte. Die europäische Einwanderung erholte sich erst nach Beendigung der inneramerikanischen Konflikte. (Gesellschaft)
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war in allen Teilen Amerikas ein ausgeprägtes wirtschaftliches Wachstum zu verzeichnen und der Reichtum Iberoamerikas und der Karibik sorgte für Aufsehen. Nach den Unabhängigkeitskriegen führte der Beginn der Industrialisierung in Nordwesteuropa und dem Norden der USA in Lateinamerika zu einer sich verstärkenden Präsenz von Industrieprodukten und stellte eine als immer bedrohlicher wahrgenommene Konkurrenz für das einheimische lateinamerikanische Gewerbe dar. Die jungen lateinamerikanischen Staaten, die die Kriegssituation überwinden konnten, verfolgten ihre auf den Export ausgerichtete Plantagenwirtschaft und den Edelmetallbergbau weiter. In den USA vertieften sich die Unterschiede zwischen der Plantagenwirtschaft im Süden und der Industrialisierung im Norden. (Wirtschaft)
Mit den kolonialen Reformen und der dann folgenden Unabhängigkeit veränderte sich die Stellung der Kirche. Zunächst kam es zur Ausweisung der Jesuiten, die die kolonialen Eliten, denen die Mitglieder des Jesuitenordens entstammten, als unrechtmäßigen Übergriff von Seiten der Krone wahrnahmen. Die Verbreitung gedruckter Tageszeitungen spielte in den Unabhängigkeitskriegen eine wichtige Rolle. In den neuen Staaten wurden bald nationale Universitäten gegründet. (Wissen)
RP
- Landwirtschaft in der Frühen Neuzeit, S. 1-61
- Kultur und Literatur, in: Handbuch der Geschichte Lateinamerikas, Bd. 2, S. 64-95
- Immigration and Crime in early 20th Century America
- Die Familie Anchorena 1750-1875. Handel und Viehwirtschaft am Rio de la Plata zwischen Vizekönigreich und Republik
- Iberische Kolonialpolitik seit 1760, in: Handbuch der Geschichte Lateinamerikas, Bd. 2, S. 15-28
- Ökonomie und Politik. Österreichische Wirtschaftsgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart, S. 158-168
- Die Gesellschaft, in: Handbuch der Geschichte Lateinamerikas, Bd. 2, S. 53-64
- Urbanization and Internal Migration Patterns in Latin America
- Mechanisierung und Maschinisierung 1600 bis 1840, S. 369-411
- Wirtschaft und Demographie, in: Handbuch der Geschichte Lateinamerikas, Bd. 2, S. 29-43
- Inter-American Development Bank, Multilateral Investment Fund, Sending Money Home. Leveraging the Development Impact of Remittances
- Die USA vor 1900, S. 37-88
- Regierung, Verwaltung und Verteidigung, in: Handbuch der Geschichte Lateinamerikas, Bd. 2, S. 43-53