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Europa in der atlantischen Welt der Neuzeit

Wissen, Kommunikation (1750-1850)

Mit der Verbreitung der Aufklärung und des Utilitarismus setzte auch die Kritik an der weltlichen und materiellen Dominanz des Klerus und der Kirche ein. Als Erste ergriffen die Portugiesen die Initiative, wiesen 1759 die Jesuiten aus und verboten den Orden, der die Kolonie jahrhundertelang geprägt hatte. 1767 erfolgte die Ausweisung der Jesuiten aus Hispanoamerika. Da der Orden zu den Vorreitern aufgeklärten Gedankengutes zählte, die Mitglieder der hispanoamerikanischen Eliten von Jesuiten ausgebildet worden waren und die ausgewiesenen Ordensleute zum überwiegenden Teil der kreolischen Elite angehörten, löste die Aufhebung des Ordens und die Ausweisung seiner Mitglieder Unmut aus.

Schon vor ihrer Auflösung hatten sich die Jesuiten kritisch mit dem negativen Bild auseinandergesetzt, das die europäischen Aufklärer von Amerika gezeichnet hatten. Der europäischen Negativversion setzten die exilierten Jesuiten dann eine positive Darstellung entgegen, förderten damit das Selbstverständnis der Kreolen und stärkten protonationales amerikanisches Gedankengut. Der Wunsch der aufgeklärten Beamten und ihrer liberalen Nachfolger in den jungen Republiken, die Macht des Klerus zu beschneiden, blieb aber bei dem Verbot des Jesuitenordens nicht stehen. Vielmehr erfolgten während der gesamten ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer neue Säkularisierungsmaßnahmen, die die materielle Basis der Kirche immer weiter einschränkte, ohne dass sie in gleichem Umfang ihre kulturelle und gesellschaftlich-politische Deutungsmacht verloren hätte. Mit der Verbreitung der Aufklärung und des Liberalismus entstanden nun überall gedruckte Tageszeitungen, deren politische Wirksamkeit vor allem während der Unabhängigkeitskriege deutlich wurde. Mit der Auseinandersetzung um die Natur Amerikas und die der Tropen und dem gleichzeitigen Aufstieg der Naturwissenschaften nahm das Interesse am Inneren des Kontinents zu. Im Norden wie im Süden wurden zahlreiche Forschungsexpeditionen ausgerüstet, von denen die von Alexander von Humboldt (1799-1804) wohl die bekannteste sein dürfte. Auch die USA bzw. der Westen Nordamerikas wurden vermessen, kartiert und untersucht. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse sollten für die territoriale Expansion in die Gebiete nomadisierender indigener Ethnien in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Norden wie im Süden Amerikas sowie im Amazonasgebiet hilfreich sein.

RP


  1. Kultur und Literatur, in: Handbuch der Geschichte Lateinamerikas, Bd. 2, S. 64-95
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