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Europa in der atlantischen Welt der Neuzeit

Wirtschaft, Technik (1750-1850)

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verstärkte sich der säkulare wirtschaftliche Aufschwung und erreichte um 1800 seinen Höhepunkt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts versanken die hispanoamerikanischen Staaten in das politische Chaos der Unabhängigkeitskriege und nachfolgenden Bürgerkriege, die die Wirtschaften stark in Mitleidenschaft zogen. Die junge USA erholte sich nach ihrem Unabhängigkeitskrieg schneller, da sie noch in ein prosperierendes wirtschaftliches Umfeld eingebunden war. Dies änderte sich während der Napoleonischen Kriege. Nach dem Ende der englischen Intervention in den USA konsolidierte sich die Lage und man konnte an der nun verstärkt einsetzenden Industrialisierung teilnehmen.

Die Karibik erlebte – sieht man von den direkten Folgen der Unabhängigkeitskämpfe ab – ebenfalls seit der Mitte des 18. Jahrhunderts eine Phase wachsender Prosperität, die sich nach 1800 fortsetzte. Im Gegensatz zu den USA führte man in Lateinamerika und in der Karibik auch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem die Förderung der kommerziellen, exportorientierten Landwirtschaft sowie des Edelmetallbergbaus weiter, da hiermit in der Vergangenheit und bis 1800 außerordentlich hohe Gewinne erzielt worden waren. Entsprechend erfolgten Investitionen in die Eisenindustrie und in den Eisenbahnbau zunächst nur schleppend. Die Mechanisierung der Textilproduktion wurde nicht wesentlich gefördert, da es preiswerter erschien, die hochwertigen Agrarprodukte wie Zucker und Naturfarbstoffe zu exportieren und dafür die immer billiger werdenden Textilien zu importieren. Der Substitutionsprozess der exotischen Erzeugnisse durch die chemische Industrie und der massive Wertverfall der Edelmetalle, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgten, war bis 1850 nicht vorauszusehen. Auch die USA setzten noch 1848 auf die Macht des kalifornischen Goldes, der Baumwolle und des Indigo in den Südstaaten. Die große Bedeutung, die der Landwirtschaft in Lateinamerika auch noch im 19. Jahrhundert zukam, lässt sich auch an der seit Ende des 18. Jahrhunderts immer weiter voranschreitenden Säkularisierung des Kirchenbesitzes und der Privatisierung von kommunalem Landbesitz erkennen (Desamortisation). Im Gegensatz zu Zentraleuropa wurde das Land der kirchlichen Organisationen und der Gemeinden öffentlich zu Gunsten der Staatskasse versteigert. Damit erhöhte sich die Konzentration des Landbesitzes in den Händen weniger und der Zugang zu Land wurde für die dörfliche Bevölkerung erschwert.

RP


  1. Die Familie Anchorena 1750-1875. Handel und Viehwirtschaft am Rio de la Plata zwischen Vizekönigreich und Republik
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  2. Wirtschaft und Demographie, in: Handbuch der Geschichte Lateinamerikas, Bd. 2, S. 29-43
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  3. Inter-American Development Bank, Multilateral Investment Fund, Sending Money Home. Leveraging the Development Impact of Remittances
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