Reproduktionstechniken
Inhalt
Finden Sie hier Informationen zu den historischen Reproduktionstechniken, die bei
der Herstellung von Postkarten aus dem Bestand des GrazMuseums eine Rolle
spielten.
Wir denken, dass die Kenntnis historischer Techniken kein
abseitiges Betätigungsfeld einiger weniger Spezialist/-innen sein sollte.
Kenntnisse in diesem Bereich helfen nicht nur dabei, Karten zeitlich
einzuordnen, sie können auch Aufschluss über Kontexte der Produktion und den
Verbreitungsgrad von Motiven geben. Es macht einen Unterschied, zu wissen, dass
eine frühe Fotokarte etwa nur in einigen wenigen Abzügen zirkulierte, während
eine Karte im Kupfertiefdruck Auflagen um die 50.000 Stück haben konnte. Solche
Unterschiede sagen auch etwas über die Relevanz von Motiven für das kulturelle
Gedächtnis.
Postkarten fielen herstellungstechnisch in eine Phase des
Übergangs von der populären Druckgrafik zur gedruckten Fotografie und zur
sogenannten Echtfotopostkarte. Eine Fülle an unterschiedlichen Verfahren kam
dabei zum Einsatz. Wir haben daher nicht alle, sondern nur die wichtigsten
Verfahren herausgegriffen, die im Bestand des GrazMuseums vorkommen, und wir
haben uns dabei um handhabbare Kategorien bemüht. Wir möchten darauf hinweisen,
dass ein vorwiegend topografischer Bestand wie der des GrazMuseums spezifische
Gewichtungen aufweist, die nicht auf alle anderen Bestände übertragbar sind. Klicken Sie auf das jeweilige Beispielbild, um die Karte beziehungsweise das
Druckverfahren in starker Vergrößerung zu sehen! Das Erkennen dieser
Herstellungstechniken bedarf einiger Übung. Als Grundausstattung empfiehlt sich
ein Fadenzähler oder eine Mikrolupe mit 30-facher Vergrößerung.
Druck
Der deutlich größere Teil des Postkartenbestandes des GrazMuseums (etwa zwei
Drittel) ist im Druck produziert worden. Während bei Fotopostkarten (etwa ein
Drittel) mitunter auch private oder kleingewerbliche Kontexte der Produktion mit
geringer Auflagenhöhe angenommen werden können, lassen gedruckte Postkarten
grundsätzlich auf einen industriellen Fertigungsprozess und eine bestimmte
Auflagenhöhe schließen. Denn das Herstellen einer Druckplatte war aufwändig und
lohnte sich nur, wenn eine entsprechende Anzahl an Karten abgesetzt werden
konnte.
Bei der Produktion gedruckter Postkarten wirken grundsätzlich unterschiedliche Akteure
zusammen: In der Regel gab ein Postkartenverlag den Auftrag zu fotografischen
Aufnahmen. Dieser wurde von einem Fotografen oder einer Fotografin ausgeführt –
in der Regel als externe Leistung. Manchmal wurden Fotografien auch angekauft.
Der Postkartenverlag besorgte die Aufmachung der Aufnahme (das Arrangement von
Bild und Text, die grafische Umsetzung, Retuschen und Bildbearbeitungen) und
leitete diese an eine Druckanstalt weiter, wo die Postkarte schließlich gedruckt
wurde. Die wichtigen Akteure im Zusammenhang mit gedruckten Postkarten waren
also Verlage und Druckanstalten, während die Bildproduzent/-innen selbst oft
wenig Gewinn aus ihrer Arbeit zogen und auf den Karten zumeist auch ungenannt
blieben.
Lithographie (Flachdruck)
Die Lithographie war das wichtigste frühe Druckverfahren für Postkarten (ab den 1880er-Jahren). Neben Holzstich und Stahlstich, die beide vereinzelt auf frühen Postkarten vorkommen, war sie das wichtigste Verfahren in der Gebrauchsgraphik des 19. Jahrhunderts gewesen, das vor der Integration der Fotografie in den Druckprozess massenhaft im Einsatz war. Trotzdem waren Fotografien schon beteiligt: Sie dienten meistens als Vorlage, die vom Lithographen ab- bzw. umgezeichnet wurde. Formal handelt es sich zumeist nicht um kartenfüllende Ansichten, sondern um kleinteilige Bildelemente, neben denen ausreichend Platz für das Setzen einer Mitteilung blieb. Der Anteil von Lithografien am Bestand des GrazMuseums ist marginal, er beträgt 0,75%.
Unter der Lupe erkennbar sind die Varianten der Lithographie an ihrer relativ unregelmäßigen, groben Kornstruktur.
Chromolithographie (Flachdruck)
Die Chromolithographie stellt die farbige Variante der Lithographie dar. Sie war
technisch mit einem relativ hohen Aufwand verbunden. Waren für den
Schwarzweiss-Druck nur zwei bis drei Druckplatten notwendig, so wurden für
Farbdrucke mindestens sechs, manchmal auch bis zu zwölf Platten verwendet. Die
Herstellung einer Chromolithographie lohnte sich daher nur ab einer Auflagenhöhe
von etwa 1.000 Stück. Chromolithografisch hergestellte Postkarten waren auch
vergleichsweise teuer.
Die Chromolithographie war das wichtigste Verfahren
der so genannten „Gruß aus…“-Karten, die vor allem im Zeitraum zwischen 1895 und
1905 populär waren. Sie ermöglichte damit die erste nennenswerte Verbreitung des
Mediums. Danach lief ihre Produktion langsam aus; nur bei Glückwunschkarten
blieb das Verfahren noch bis in die Zwischenkriegszeit relevant. Der Anteil
chromlithographisch produzierter Postkarten im Bestand des GrazMuseums beträgt
2,5%.
Unter der Lupe erkennbar ist die Chromolithographie an ihrer relativ
unregelmäßigen, groben Kornstruktur.
Lichtdruck (Flachdruck)
Der Lichtdruck war das erste wichtige Verfahren für Postkarten, mit dem
Fotografien gedruckt werden konnten; mit ihm wurde die illustrierte Postkarte
zum Massenphänomen. Als in den Jahren 1897/1898 größere Mengen davon auf den
Markt kamen, wurde das als eine völlig neue Ästhetik begrüßt. Zwar waren die
Auflagenhöhen bei Lichtdrucken begrenzt: Von einer Druckplatte konnten in der
Regel nur 1000 Stück hergestellt werden. Dennoch deckte der Lichtdruck, vor
allem zwischen ca. 1900 und 1910, das Gros der Postkartenproduktion. Sein Anteil
am Bestand des GrazMuseums ist erheblich: Er liegt bei etwa 25%.
Zwischen
1910 und 1920 flaute der Lichtdruck-Boom langsam ab; vereinzelt gibt es aber
noch Beispiele bis in die 1950er-Jahre.
Unter der Lupe erkennbar ist der Lichtdruck an seinem spezifischen
Runzelkorn. Er weist keine Bildzerlegung durch Raster auf.
Autotypie (Hochdruck)
Die Autotypie stieg im beginnenden 20. Jahrhundert langsam zum wichtigsten
Reproduktionsverfahren fotografischer Bilder in Zeitschriften, Büchern und
Zeitungen, Katalogen und Prospekten etc. auf. Im Zusammenhang mit Postkarten
wurde sie um die Jahrhundertwende relevant; ihr Einsatz blieb im Vergleich zum
Lichtdruck aber überschaubar (im Bestand des GrazMuseums: 9%).
Im Vergleich
zum Lichtdruck erreichten Autotypien nie deren Wiedergabequalität, konnten aber
günstiger und schneller produziert werden – um 1900 etwa bereits innerhalb einer
Woche, während für den Lichtdruck etwa vier Wochen veranschlagt wurden. Als
Verfahren blieb die Autotypie bis nach 1950 relevant, wobei sie zwischen 1950
und 1960 vor allem als Mehrfarbendruck für Postkarten gängig war. Bei der
Autotypie waren hohe Auflagen bis zu 100.000 Stück möglich.
Unter der Lupe erkennbar ist die Autotypie an ihrem regelmäßigen
Kreuzraster und den typischen Quetschrändern. Meist wurden im Zusammenhang mit
der Autotypie Postkartenpapiere mit glatten Oberflächen verwendet.
Photochrom (Flachdruck)
Beim Photochrom-Verfahren handelte es sich um den Versuch, eine fotografische
Ästhetik mit den Mitteln der Chromolithografie umzusetzen. Dafür wurden
ausgehend von einem fotografischen Negativ einzelne Farbplatten manuell
hergestellt und übereinander gedruckt. Auf Postkarten wurde das Verfahren um die
Jahrhundertwende relevant und bis etwa 1920 verwendet. Im Bestand des
GrazMuseums liegt sein Anteil bei ca. 12%.
Unter der Lupe erkennbar ist das Photochrom-Verfahren an der typisch
unregelmäßigen, groben Kornstruktur der Lithografie. Der fotografische Anteil in
der Bilderstellung ist zwar im Gesamteindruck, nicht aber unter der Lupe
erkennbar.
Kombinationsdruck
In der Postkartenproduktion wurden im Zeitraum von 1900 bis ca. 1920 auch
Kombinationsdrucke wichtig, bei denen mehrere Verfahren miteinander verknüpft
wurden. Auf diese Weise konnte eine fotografische Ästhetik relativ kostengünstig
mit Farbe versehen werden. Wichtig für Postkarten war einerseits die Kombination
von Lichtdruck und Chromolithographie (Heliochromdruck), andererseits die –
häufigere – Kombination von Autotypie und Chromolithographie (Autochromdruck).
Nach 1920 verschwanden sie aus dem Spektrum der Illustrationspraktiken. Im
Bestand des GrazMuseums beträgt ihr Anteil 7%.
Unter der Lupe erkennbar ist der Autochromdruck am regelmäßigen Raster der
Autotypie (als „Zeichnungsplatte“ ebenfalls immer schwarzweiß) und der
unregelmäßigen, groben Kornstruktur der darüber liegenden, lithographisch
erzeugten farbigen Bereiche.
Unter der Lupe erkennbar ist der Heliochromdruck an der Kombination des
Runzelkorns des Lichtdrucks (als „Zeichnungsplatte“ immer schwarzweiß) und der
unregelmäßigen, groben Kornstruktur der farbigen Bereiche, die durch
Lithographie-Platten zustande gekommen ist.
Kupfertiefdruck (Tiefdruck)
Das Verfahren des Kupfertiefdrucks setzte sich im Zusammenhang mit Postkarten im
Jahrzehnt zwischen 1910 und 1920 durch und blieb bis in die Nachkriegszeit (bis
etwa 1960) relevant. Er wurde zeitgleich vor allem zum wichtigsten Verfahren für
die Produktion von Bildbänden und Fotobüchern. Bei Karten im Kupfertiefdruck
kann man davon ausgehen, dass diese in hohen Auflagen produziert wurden, da der
Druck nur in großen Mengen rentabel war. Dabei waren Auflagen von 50.000 bis
100.000 Stück möglich. Im Bestand des GrazMuseums liegt sein Anteil bei 3,7%.
Unter der Lupe erkennbar ist der Kupfertiefdruck an seinem diagonal
verlaufenden Raster, der vor allem in den helleren Bildbereichen gut sichtbar
ist. Die Papiere sind fast immer matt, der Grundton der Abbildung bräunlich. Oft
wurden Kupfertiefdrucke auch in getonten Varianten produziert, dann ist der
Grundton bläulich oder grünlich. Ein weiteres Erkennungsmerkmal kann die
Verwendung von Schrift sein, da diese oft mit dem Rakel in die Druckplatte
eingeritzt worden ist.
Offset-Druck (Flachdruck)
Der Offset-Druck kann als eine Weiterentwicklung der Chromolithographie
bezeichnet werden. Er verbreitete sich ab etwa 1910. Im Zusammenhang mit
Postkarten begann seine wichtige Zeit aber erst ab etwa 1960. Der Offset-Druck
bedeutete eine enorme Ökonomisierung der Produktion und löste innerhalb des
Postkartengewerbes eine tiefgreifende Umstrukturierung aus. Ab 1960 und bis zum
Ende des 20. Jahrhunderts kann man von einem weitgehenden Monopol des
Offset-Drucks sprechen. Dabei waren hohe Auflagen (bis zu 100.000 und mehr pro
Platte) vergleichsweise kostengünstig zu produzieren. Dass sein Anteil im
Bestand des GrazMuseums nur bei 3,8% liegt, ist darauf zurückzuführen, dass die
Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkriegs insgesamt weniger stark vertreten
sind.
Unter der Lupe erkennbar ist der Offsetdruck an seinen unterschiedlich
dichten Rasterpunkten mit faserigen Rändern.
Fotografie
Anders als bei gedruckten Postkarten verweisen Fotopostkarten nicht grundsätzlich
auf größere Auflagenzahlen. Die oft als „Echte Fotografie“ bezeichneten Karten
können sowohl in privaten und kleingewerblichen Kontexten – in Auflagen von
einigen wenigen Stück – entstanden sein, sie können aber auch Ergebnis eines
industriellen Fertigungsprozesses mit Massenauflagen gewesen sein.
Eine
wesentliche Voraussetzung für die Relevanz der Fotografie auf Postkarten war die
Entwicklung von lichtempfindlichen Postkartenpapieren in den 1890er-Jahren. Ihr
wesentlicher Vorteil bestand darin, dass die Fotos nicht aufkaschiert werden
mussten, sondern direkt auf dem Bildträger entwickelt werden konnten. Viele
Fotograf/-innen, aber auch Amateur/-innen und Knipser/-innen bedienten sich
dieser einfachen Möglichkeit einer Produktion von Postkarten. Die Motive sind
daher nicht selten an der Schnittstelle zur Ikonografie der privaten Fotografie
angesiedelt, aber auch im Zusammenhang mit Formen des frühen Bildjournalismus zu
sehen. Ein eigenes Genre, das der Ereignispostkarten, entwickelte sich zu Beginn
des 20. Jahrhunderts. Ereignisse des öffentlichen Lebens wurden dabei von
örtlichen Fotografen aufgenommen, auf Postkartenpapier entwickelt und nicht
selten vor Ort wieder verkauft. Der Vorteil gegenüber den gedruckten Postkarten
bestand in der mengenmäßigen Flexibilität, vor allem aber in der Schnelligkeit
der Produktion. Neben solchen kleingewerblichen oder privaten Kontexten
entstanden aber auch neue Formen der Massenproduktion von Fotopostkarten, die,
was Menge und Ausstoß betraf, mit den gedruckten Postkarten durchaus
konkurrieren konnten. Im Bestand des GrazMuseums finden sich industriell
produzierte Fotopostkarten mit höheren Auflagezahlen vor allem im Zeitraum 1920
bis 1950.
Bei den für Postkarten in Anwendung gekommenen fotografischen
Verfahren gab es, ebenso wie im Bereich des Drucks, eine erhebliche
Ausdifferenzierung. Wir haben nur jene herausgegriffen, die im Bestand des
GrazMuseums relevant sind, und uns auch hier um handhabbare Kategorien bemüht. Da im Gegensatz zu den Druckverfahren keine Bildzerlegung vorliegt ist eine vergrößerte Abbildung nicht zielführend. Daher gibt es keine Mikrofotografien zu den Beispielkarten.
Albumin-Papier
Wahrscheinlich die ersten Formen von fotografischen Abzügen im Zusammenhang mit
Postkarten. Ähnlich wie bei den zeitgenössischen Fotografien im Visit- und
Kabinettformat wurde dabei der fotografische Abzug, zumeist Albumin-Papier, auf
den Bildträger aufkaschiert. Es gibt aber nur wenige Beispiele dafür. Im Bestand
des GrazMuseums finden sich nur 2 Stück.
Kollodium-Papiere (Glanzkollodium-Papier, Mattkollodium-Papier)
Kollodium-Postkartenpapiere wurden erstmals 1893 von der Leipziger Firma
Christian Harbers auf den Markt gebracht. Zu diesem Zeitpunkt bestand allerdings
noch wenig Nachfrage nach dem Produkt. Erst im Zuge des allgemeinen Aufschwungs
der Postkartenproduktion ab etwa 1897 stieg der Bedarf. Kollodium-Papiere, die
mit glänzenden und matten Oberflächen erhältlich waren, waren relativ teuer; sie
wurden daher fast ausschließlich in privaten Kontexten oder von
Amateurfotograf/-innen verwendet. Auch ihre relativ empfindliche Oberfläche
hemmte eine weitere Verbreitung. Gegenüber der Relevanz von Gelatine-Papieren in
der Postkartenproduktion ist ihr Anteil verschwindend; im Bestand des
GrazMuseums liegt er gerade einmal bei 0,2%.
Gelatine-Papiere (Bromsilberpapier, Chlorbromsilberpapier, Chlorsilber-Gelatine-Papier, etc.)
Gelatine-Papiere waren unverhältnismäßig weiter verbreitet als
Kollodium-Postkartenpapiere. Vor allem das Bromsilber-Papier wurde in der
Postkartenproduktion um die Jahrhundertwende wichtig und wurde von
Fotograf/-innen häufig für die Anfertigung kleinerer Auflagen verwendet.
Gelatine-Papiere waren aber auch die Basis für die industrialisierte
Massenproduktion von Fotopostkarten auf automatischen Rotationsmaschinen. Dabei
war erstmals ein ähnlicher Massenausstoß möglich wie auf der Druckerpresse.
Im Bestand des GrazMuseums finden sich nur wenige industriell produzierte
Fotokarten aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Erst für die Zeit ab etwa 1920
setzten sie sich für topografische Motive durch und verdrängten dabei die Masse
der gedruckten Postkarten weitgehend. Bis etwa 1950 wurden sie zum dominanten
Reproduktionsverfahren für topografische Ansichtskarten. Diese
Quasi-Monopolstellung über drei Jahrzehnte hinweg schlägt sich auch im Anteil am
Bestand nieder, der bei 34% liegt.
Timeline Reproduktionstechniken
Die farbigen Balken bezeichnen die Hauptverbreitungszeit des jeweiligen Verfahrens; die gepunkteten Bereiche reduzierte Vorkommen. Wesentliche Anregungen, insbesondere in der verwendeten Terminologie der Verfahren, verdankt dieser Text den Ausführungen von Mag. Andreas Gruber im Rahmen des Workshops „Identifizierung und Datierung von illustrierten Postkarten“, veranstaltet als Kooperation von Photoinstitut Bonartes, Steiermärkischem Landesarchiv und GrazMuseum 2013.