Universität Graz
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GrazMuseum

Inhalt


Über das Projekt

Das Konzept für die Erschließung des Postkartenbestandes wurde im Rahmen des vom Photoinstitut Bonartes (Wien) finanzierten Projekts „Mehr als Bilder. Illustrierte Postkarten in Sammlungen, Archiven, Museen“ (2012-2014) entwickelt. Gemeinsam mit Fachwissenschaftler/-innen wurden dafür inhaltliche und methodische Fragestellungen erarbeitet. Wichtig war uns, nicht nur den zweidimensionalen Bildinhalt abzubilden, sondern das Objekt Postkarte in den Mittelpunkt zu stellen. Das zeigt sich einerseits in der gleichwertigen digitalen Repräsentation beider Kartenseiten. Es liegt andererseits auch unserer Erschließungsmethode zugrunde. Hier ging es darum, unterschiedliche Eigenschaften des Hybridmedientyps Postkarte im Zusammenspiel von Bild, Text und postalischer Dimension, von Produktion und Nutzungsweise zu berücksichtigen.
GrazMuseum Postkartensammlung Online basiert heute auf der Open Source Lösung GAMS (Geisteswissenschaftliches Asset Management System), die am Zentrum für Informationsmodellierung der Karl-Franzens-Universität Graz entwickelt wurde und die nachhaltige Sicherung und Publikation von wissenschaftlichen Quellen unterstützt. Sie ist Teil des aus BMWFW-Hochschulraumstrukturmitteln finanzierten Kooperationsprojekts „Repositorium Steirisches Wissenschaftserbe“.


Jede Postkarte hat zwei Seiten

Eine Online-Recherche unterscheidet sich wesentlich von einer Recherche im Museumsdepot. Die Materialität der Objekte geht verloren, was besonders im Zusammenhang mit Bildern zu einer Verengung auf die Bildinhalte führen kann. Die Bereitstellung beider Seiten der Postkarte kann zumindest ein wenig von ihrer Materialität in die digitale Sphäre mitnehmen. Auch lassen sich viele Informationen nur aus der Adress-Seite herauslesen: Angaben zu Fotograf/-innen und Herstellern, Hinweise auf das Datum der Produktion oder der postalischen Verwendung, Serien- oder Negativnummern, und so weiter. Auch wenn diese Elemente großteils in unseren Metadaten erfasst sind, kann die Abbildung der Adress-Seite weitere Aspekte zutage fördern: So lassen sich die Schreibweisen alter Aufdrucke oder Ziffern miteinander vergleichen, liefern Schriftbilder, Postwertzeichen oder Stempel zusätzliche Informationen. Und nicht zuletzt sind es die handschriftlichen Mitteilungen, die den Nutzer/-innen so zur Verfügung gestellt werden können.
Ein Tool zum Drehen bringt sie in die richtige Leseposition. Personen- und Adressdaten hingegen sind aus datenschutzrechtlichen Gründen in den Digitalisaten unkenntlich gemacht.


Die „ganze“ Postkartensammlung

Statt ein „Best-of“ der Postkartensammlung als digitale Galerie zur Verfügung zu stellen, haben wir uns dazu entschlossen, alle Karten aus dem Bestand des GrazMuseums zu zeigen. Denn die Häufung von Motiven, die Prominenz bestimmter Orte in der Stadt hat ihren eigenen Quellenwert. Auch lässt sich die wiederholte Auflage eines Sujets in verschiedenen Varianten auf diese Weise nachvollziehen. Viele Motive machten erstaunliche Karrieren. Suchbar sind daher alle Ansichtskarten des Bestandes, mit Ausnahme von Doubletten. Darunter verstehen wir solche doppelt vorhandene Stücke, die in Darstellung wie Reproduktionsverfahren ident, aber nicht beschrieben worden sind. Denn jede Verwendung macht aus einer Dublette wieder ein „Original“.


Anmerkungen zur Erschließung

In der physischen Postkartensammlung des GrazMuseums, gelagert in mehreren Dutzend säurefreier Kartons, bildet sich jenes Ordnungssystem ab, das als Priorität seit der Anlegung der Sammlung Gültigkeit hatte: die topografische Klassifikation. Danach – und nur danach – waren die Karten bis jetzt suchbar. Digitalisierungs- und Erschließungsprojekte bieten die Möglichkeit, darüber hinaus unterschiedliche neue Ordnungen durchzuspielen. Ausgehend von den gängigen Erschließungsstandards wurde der Bestand vor allem in Hinblick auf Besonderheiten des Hybridmedientyps Postkarte erfasst. Das spielte auf verschiedenen Ebenen eine Rolle.

Datierung(en)

Bei illustrierten Postkarten ist die zeitliche Einordnung relativ komplex. So kann zwischen der Produktion des Bildes und der Produktion der Karte ein mehr oder weniger großer Zeitraum verstrichen sein, aber auch zwischen der Produktion der Karte und ihrer Versendung können Jahre oder gar Jahrzehnte liegen. Um für diese Aspekte zu sensibilisieren, wurde in der Erschließung der einzelnen Ansichtskarten jeweils angegeben, nach welchen Kriterien diese datiert worden sind.

Produzent/-innen

An der Herstellung von illustrierten Postkarten waren unterschiedliche Akteursgruppen beteiligt: Fotograf/-innen, Amateur/-innen und Knipser/-innen, Künstler/-innen, Verlage und Druckanstalten, schließlich Händler/-innen und Gewerbetreibende. Diese verschiedenen Rollen wurden, soweit bekannt, in der Erfassung zugewiesen und suchbar gemacht. Damit ist erstmals die Möglichkeit gegeben, zielgerichtet nach Herstellern zu suchen und so auch einen Einblick in deren Sortimente und Produktionsweisen zu erhalten. Die Suche über Tagclouds zeigt zudem Verteilungsmuster: Wer war in Graz aktiv? Was waren die zentralen Akteure, wie lokal, regional oder international war die Postkartenproduktion?

Nummerierungen und Herstellerangaben

In vielen Fällen finden sich auf Postkarten Nummernangaben, die aus unterschiedlichen Zusammenhängen stammen können: Negativnummern aus dem Kontext des herstellenden Fotografen, Seriennummern, die vom Verlag vergeben wurden, aber auch Nummern des Papierherstellers oder Ähnliches. Wir haben diese Nummern grundsätzlich mit aufgenommen. Für die Frage nach Serien und Zusammengehörigkeiten einzelner Objekte untereinander können sie wertvolle Informationen liefern.

Schlagworte

Die inhaltliche Durchsuchbarkeit des vorwiegend topografischen Bestandes ist über eine Liste von Schlagworten möglich.

Historische Reproduktionsverfahren

Postkarten fielen herstellungstechnisch in eine Phase des Übergangs von der populären Druckgrafik zur gedruckten Fotografie und zur so genannten Echtfotopostkarte. Eine große Bandbreite an historischen Reproduktionsverfahren kam dabei zum Einsatz. Wir haben uns bemüht, bei jeder Postkarte auch das Reproduktionsverfahren anzugeben. Die Erschließung erfasst diese mithilfe eines eigens entwickelten Thesaurus. Wo uns die Identifikation nicht gelungen ist, sind die übergeordneten Kategorien „Druck“ beziehungsweise „Fotografie“ angegeben. Unter Technik finden Sie weiterführende Informationen zu historischen Herstellungstechniken.

Postwege

Illustrierte Postkarten tragen nicht nur Bilder und Texte, sondern haben, wenn sie verschickt worden sind, auch Wege zurückgelegt. Wir haben uns entschlossen, die Postwege der Karten zu erfassen und mit georeferentiellen Daten zu versehen. Dieser Ansatz kann Anregungen für eine Erforschung von Kommunikationsräumen und ihrer historischen Veränderlichkeit über zeitliche Zäsuren hinweg geben.

Sender/-innen und Empfänger/-innen

Digitalisierungsprojekte bieten auch die Möglichkeit, verstreute, ehemals zusammengehörende Konvolute wieder zusammenzuführen. Daher wurden auch Adressatinnen und Adressaten erfasst, um Familienkorrespondenzen und längerfristige Kommunikationsbeziehungen suchbar zu machen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen können diese Angaben hier nicht zur Verfügung gestellt werden. Für wissenschaftliche Forschungen in diesem Bereich können entsprechende Suchanfragen im GrazMuseum vor Ort durchgeführt werden.


Zu unseren Begriffsverwendungen

Wir verwenden den Begriff „illustrierte Postkarte“ als einen umfassenden Begriff. Dieser ist weniger als Konkurrenzbegriff zur „Ansichtskarte“ gedacht denn als eine umfassendere Alternative, die auch nicht-topografische Sujets mitmeint. Unter „Typ“ finden Sie in der Objektausgabe beziehungsweise in der Suche eine Postkarten-Systematik. Unter dem Überbegriff „Illustrierte Postkarte“ sind verschiedene Kategorien gereiht, die das Feld des auf Postkarten Abgebildeten genauer vermessen: Neben den topografischen Ansichtspostkarten, die bei weitem den Großteil des Bestandes des GrazMuseum ausmachen, sind das: Ereignispostkarten, Glückwunschpostkarten, Kunstpostkarten (Reproduktionen von bildender Kunst), Künstlerpostkarten (von Künstler/-innen eigens für Postkarten erstellte Sujets), Portraitpostkarten, Scherzpostkarten, Motivpostkarten (darunter reihen wir alle von den bisherigen Kategorien nicht erfassten Sujets, die von Genredarstellungen bis zu Werbesujets reichen können) sowie Bildpostkarten (im postalischen Sinn).


Über den Bestand

So wie die allermeisten Postkartenbestände öffentlicher Institutionen setzt sich der historisch gewachsene Bestand des GrazMuseums aus unterschiedlichen Teilbeständen und Konvoluten zusammen, die im Zuge von Schenkungen und Nachlässen an das Haus kamen. Punktuell wurden diese im Lauf der Zeit durch Akquisitionen ergänzt. Die Provenienz einzelner Karten kann in der Regel nicht mehr geklärt werden. Der Bestand mit Graz-Ansichten (ca. 9.000 Stück) ist ein Teilbestand der übergeordneten Postkartensammlung, die insgesamt ca. 29.000 Stück zählt und Ansichten europäischer und außereuropäischer Orte beinhaltet. Der zeitliche Schwerpunkt des Bestandes liegt auf dem Zeitraum zwischen 1900, als Ansichtskarten generell zum Massenphänomen wurden, und den 1930er- und 1940er- Jahren. In erster Linie beinhaltet er topografische Ansichtskarten, die Grazer Straßen, Gassen und Plätze, Parks, Grünanlagen oder öffentliche Gebäude zeigen. Vieles, aber nicht alles wurde bebildert. Was von den Verlegern als „bildwürdig” erachtet wurde, änderte sich im Lauf der Zeit immer wieder. Auf diese Weise kann der Bestand auch zu einer Geschichte des Blicks auf Graz beitragen.


Zur technischen Umsetzung

Die bereits erfassten Daten wurden in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities nach dem international anerkannten Standard LIDO modelliert und annotiert, um einen konsistenten und normierten Datenpool zu erstellen, der darüber hinaus mit geographischen Normdaten (GeoNames) angereichert ist. Die digitalen Faksimiles werden mit einem IIIF-kompatiblen Image Viewer zur Verfügung gestellt, was stufenloses Zoomen, Drehen usw. erlaubt. Im Zuge der Inventarisierung entstand für jede Postkarte ein Datensatz, der die zugehörigen Digitalisate und Metadaten beinhaltet und in einem offenen Datenformat im digitalen Archiv GAMS langzeitarchiviert wird. Eine persistente Adressierung wird durch die Verwendung von Handles garantiert.