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Quelle: Zeitschrift für romanische Philologie 111, 1995, S. 245–256.

Neue (und weniger neue) Wege zu einer ‚Bestimmung des Renaissancebegriffs‘

Anläßlich von Klaus W. Hempfer (ed.), Renaissance. Diskursstrukturen und epistemologische Voraussetzungen. Literatur – Philosophie – Bildende Kunst (Text und Kontext 10), Stuttgart (Steiner) 1993, 215 S.
Die international üblich gewordene Gliederung des literarhistorischen Wissens in jeweils epochal (und meist auch einzelsprachlich-nationalliterarisch) begrenzte Zuständigkeiten hat es mit sich gebracht, daß die Epochen selbst – ihre geschichtskonstitutiven Differenzen wie ihre ebenso geschichtskonstitutiven Kontinuitätsmomente – nur noch relativ selten in Frage gestellt und zum Problem gemacht werden. Als Gliederungsprinzipien literarhistorischer Arbeitsteilung sind die etablierten Epochenkonzepte den konkreten Forschungen der Spezialisten ja immer schon vorgegeben und damit in aller Regel zugleich entzogen. Sie bilden – wenn man so will – die organisatorische Prämisse literaturwissenschaftlicher ‚normal science‘ und werden von den Spezialisten manchmal wohl geradezu wie eine Art wissensfundierendes Apriori betrachtet, das man im Interesse der eigenen epistemologischen Position und der mit ihr verbundenen institutionellen Sicherheiten möglichst wenig antasten möchte.
Zu den Ausnahmefällen, welche die Regelmäßigkeit des solcherart Üblichen durchbrechen, gehört ein von Klaus W. Hempfer edierter Sammelband, der – wie das Vorwort versichert [cf. 7] – „einen Teil der Beiträge“ zu einem deutsch-italienischen Kolloquium enthält, das Ende September 1990 „in der Villa Vigoni am Comer See“ stattfand. Dies Kolloquium war nämlich nicht einfach – und quasi routinemäßig – als ein „Kolloquium zur Renaissance“ geplant, sondern eine anspruchsvollere Veranstaltung, die „Literaturwissenschaftler, Philosophen und Kunsthistoriker zusammenführte“, um eben das Unübliche zu wagen, das heißt: „um im Blick über die engeren Fachgrenzen hinaus eine Neubestimmung des Renaissancebegriffs anzugehen“. Die Schwierigkeiten, denen sich ein solches, historische Forschung mit systematischer Theoriebildung und Reflexion verbindendes Programm aussetzt, scheinen dem Veranstalter, Herausgeber und Préfacier deutlich bewußt gewesen zu sein; denn er hält einleitend fest, daß neben einer kritischen Sichtung „traditioneller Kriterien zur Bestimmung der Renaissance“ die Diskussion „methodischer Neuansätze“ stehen sollte, die dann unvermeidlich das Problem geschichtlicher „Epochisierung“ überhaupt berühren mußte, ohne darüber indes den „Bezug zu konkreten Werken“ verlieren zu wollen.
Das Resultat des kühnen Unternehmens ist nun in zweierlei Hinsicht bemerkenswert ausgefallen. Zum einen wirkt der Sammelband bemerkenswert erfreulich insofern, als er einige Beiträge präsentiert, die dem Programm des Kolloquiums eindrucksvoll gerecht werden und tatsächlich geeignet sind, das Nachdenken über die „Epochisierung“ der Renaissance auf neue und erfolgversprechende Bahnen zu lenken. Einen zweiten bemerkenswerten, doch weniger erfreulichen Aspekt zeigt der Sammelband dagegen in Gestalt des verblüffenden Niveaugefälles, das sich zwischen den für das Thema der Tagung wirklich engagierten Erörterungen und manchen anderen Beiträgen ergibt, die es an dem hier notwendigen Engagement leider durchaus fehlen lassen. So bietet das Buch ein gelegentlich irritierendes Nebeneinander qualitativ ganz unterschiedlicher – und auch im wissenschaftlichen Selbstverständnis völlig heterogener – Aufsätze, deren Spektrum von – wie gesagt – akkurat durchgearbeiteten und in der Tat innovativen Studien bis zu eher summarisch angelegten Skizzen oder zu bloßen Rekapitulationen anderweitig präziser formulierter Forschungen reicht. Dabei wird wieder einmal offenkundig, daß von ehrgeizigen Erkenntnisabsichten geleitete Projekte nicht unbedingt im Bunde mit den kommunikativen Bedürfnissen zu stehen pflegen, welche für die ausufernde Kongreßfreude unseres Wissenschaftsbetriebs verantwortlich sind. So wäre in diesem Fall weniger sicherlich entschieden mehr gewesen. Oder mit anderen Worten gesagt: Man hätte angesichts der hochbedeutsamen – teilweise brillant entwickelten, teilweise aber auch gleichgültig verfehlten – Thematik lieber einen schmaleren Band von Essays gelesen, in dem die Autoren konzentriert aufeinander Bezug nehmen, als die zwar nicht vollständige, aber immer noch zu breite Dokumentation eines Kolloquiums, bei dem das anregend Neuartige in der Nachbarschaft des Herkömmlichen und Routinierten mitunter seine distinkten Konturen einzubüßen droht.
Jedenfalls scheinen einige Teilnehmer kaum motiviert gewesen zu sein, das schwierige Thema der Tagung ernsthaft aufzugreifen, und sich auch sonst der Mühe entzogen zu haben, irgendeine „Neubestimmung [...] anzugehen“. Claudia Cieri Via, Il tema degli studioli nell’interpretazione del Rinascimento [177–183] handelt in einer kleinen Causerie vom Phänomen des ‚Studiolo‘, teils in ikonologischer Hinsicht als Gegenstand künstlerischer Darstellung, teils in einem weiteren kulturgeschichtlichen Verständnis als Rahmen und Repräsentationsform von Kunst. Dabei wird nicht recht ersichtlich, inwiefern die Plauderei über Wolfgang Liebenweins Standardwerk Studiolo – Die Entscheidung eines Raumtyps und seine Entwicklung bis um 1600 (Berlin 1977), das die Referentin selbst für das italienische Publikum erschlossen hat [1] , hinausführt. Außerdem verweigert sich Frau Cieri Via genaugenommen dem Tagungsthema, indem sie am ‚Studiolo‘ weniger das für die Renaissance Spezifische als vielmehr jene Kontinuitäten ins Auge faßt, welche diese Einrichtung einerseits mit den Skriptorien des Mittelalters und andererseits mit den ‚Wunderkammern‘ des Barock verbinden sollen. Rudolf Preimesberger, Pitture tragiche – Raffaello e la ‚Poetica‘ di Aristotile (sic) [195–204] präsentiert eine – nicht übermäßig glücklich – ins Italienische übersetzte [2] Inhaltsangabe seines interessanten Aufsatzes Tragische Motive in Raffaels ‚Transfiguration‘, Zeitschrift für Kunstgeschichte 50 (1987), 88–123. In der hier vorgestellten Kurzfassung erklärt der Beitrag wohl das eindrucksvoll Theaterhafte der Komposition von Raffaels ‚Transfiguration‘, das den verbreiteten Konzepten rhetorischer ‚Actio‘ zu entsprechen scheint [cf. 200s.]; er vermag aber nicht plausibel zu machen, daß Raffael wirklich – wie eingangs behauptet – speziell auf die Poetik des Aristoteles oder gar (was ja schon chronologisch schwer denkbar wäre) auf die Argumente des berühmten Widmungsschreibens zu Trissinos Sofonisba rekurriert [cf. 195 und 203] [3] . Augusto Gentili, Iconologia contestuale, mitografia funzionale, ritratto cittadino [159–170] bietet Kurzfassungen seiner diversen Tizian-Studien sowie ein etwas detaillierteres Resümee des so scharfsinnigen wie fantasievollen Aufsatzes Lorenzo Lotto e il ritratto cittadino: Leonino e Lucina Brembate,in: Il ritratto e la memoria. Materiali I, a cura di A. Gentili, Roma 1989, 155–181. Ein wenig merkwürdig wirkt der ‚apokalyptische‘ Donnerschlag, durch den Gentili seinen Beitrag einleitet und uns um die Zukunft der von ihm vertretenen Wissenschaftsdisziplin zittern läßt: „In prossimità del terzo millennio la storia dell’arte decanta progressivamente, e coerentemente (!), una crisi di misura apocalittica“ [159]. Gegen diese Krise möchte der Referent eine Panazee aufbieten, die er „iconologia contestuale“ nennt: also den Versuch einer genaueren geschichtlichen Kontextualisierung der ikonologischen Forschungsrichtung à la Panofsky oder Wind, welche die „microstorie“, die sich hinter den Bildern verbergen, rekonstruieren soll, ohne deshalb in eine „deprecabilissima fanta-storia“ überzugehen, wie Gentili sie – angesichts der eigenen Verfahrensweisen ziemlich überraschend – Carlo Ginzburgs Indagini su Piero zum Vorwurf macht [cf. 159].
Restlos überzeugend finde ich das auf mitunter ingeniösen Konjekturen beruhende Beispielmaterial, das Gentili zur Illustration der von ihm empfohlenen methodologischen Panazee anführt, allerdings nicht. Vor allem hinterlassen manche seiner „microstorie“ den Eindruck, daß sie eher auf Projektionen eines modernen, bürgerlich-familialistischen Bewußtseins hinauslaufen als daß sie die spezifische Alterität der Lebensformen im Cinquecento erfassen: so etwa, wenn anläßlich von Lottos Porträt der Lucina Brembate die Ängste einer späten Schwangerschaft [cf. 170] oder anläßlich von Tizians ‚Venus von Urbino‘ die Sorge um das sexuelle Wohlverhalten einer frigiden Ehefrau [cf. 163] imaginiert werden. Indes liegen solche Projektionen die umstandslos die ‚Konkulturalität‘ der Renaissance gegenüber aktuell herrschenden Mentalitäten voraussetzen, anscheinend durchaus in der Absicht des Referenten; denn es geht ihm beim Blick auf die Kunst des Cinquecento, wie er einmal ausdrücklich postuliert, eben um die Überwindung dessen, was an ihr fremd und ‚unzeitgemäß‘ erscheinen mag, das heißt: um die emphatische Aneignung von Kunstwerken „non come generico ricordo di una cultura [...] inattuale, ma come memoria di un passato che ci appartiene“ [cf. 165]. Damit zeigt sich im Bereich der Kunstgeschichte – ungeachtet aller rhetorischen Appelle zu Kontextualisierung und Historisierung – eine epistemologische Position, welche der wesentlich durch Foucault geprägten diskursarchäologischen Orientierung vieler literaturwissenschaftlicher Beiträge geradezu idealtypisch entgegengesetzt ist. Thematisiert wird diese grundsätzliche Opposition, die sowohl Verfahrensweisen als auch – und insbesondere – Erkenntnisinteressen betrifft, jedoch leider an keiner Stelle der Kongreßakten.
Das Ausbleiben epistemologischer und methodologischer Diskussionen beziehungsweise Kontroversen zwischen den Disziplinen dürfte sich unter anderem durch den Umstand erklären, daß die Kunsthistoriker das literaturwissenschaftlich initiierte (und dominierte) Kolloquium offenbar lediglich als einen – mehr oder weniger irrelevanten – Nebenspielplatz ihrer Aktivitäten betrachtet haben. Dagegen wurden von den Literaturwissenschaftlern, die in dem Kolloquium gewissermaßen den ‚Center Court‘ ihrer Studien erblicken konnten, ungleich größere Anstrengungen unternommen, um die im Vorwort versprochene „Neubestimmung des Renaissancebegriffs anzugehen“. Freilich gibt es auch unter ihren Beiträgen eine kuriose Ausnahme, die Giorgio Patrizi, Poetica e retorica nell’interpretazione del Rinascimento [125–132] geliefert hat. Er verweist zu Recht auf die Bedeutung der Epistula (nicht „Epistola“ [128]) ad Pisones des Horaz [4] und handelt – ebenfalls zu Recht – von jener epochentypischen ‚Rhetorisierung der Poetik‘, wie sie nicht zuletzt in der Bemühung um ein hierarchisch geordnetes System von Gattungen und Stilen zum Ausdruck kommt. Allerdings werden diese – an sich triftigen (und weithin bekannten) – Argumente in einer inkohärent assoziativen Schreibweise von derart bizarrer Syntax angesprochen, daß auch der aufmerksamste Leser hier an seinen Lektürekompetenzen zu verzweifeln droht [5] . Überdies ist Patrizis Vortrag (als ‚Aufsatz‘ mag man ihn angesichts seines essentiell oralen Stilduktus kaum bezeichnen) in der schriftlichen Fassung von zahllosen Druckfehlern durchzogen. Sie unterminieren von Anfang an jegliches Lesevertrauen; denn bereits der zweite Satz präsentiert sich in diesem (Anti)Text folgendermaßen: „Il problema storiografio (sic) che emerge dalla contrapposizione e dalla permanenza contemporanea (?), dall’intreccio dialettico delle culture – problema storicamente legate (sic) al nome di Battisti – è dalla (sic) base di qualsiasi riflessione e tentativo di storicizzazione del Rinascimento negli ultimi trenta anni“[125] [6] .
Eine wahre Erholung ist demgegenüber der Aufsatz von Cesare Vasoli, L’ordine del mondo nella ‚Nova de universis philosophia‘ di Francesco Patrizi [147–157], mit dem ich bei jenen Beiträgen des Sammelbands angelangt bin, über die sich eigentlich nur Gutes sagen läßt. Sein zentrales Verdienst besteht darin, daß er auf sehr klare Weise einen sehr dunklen Autor erläutert, dessen Kosmologie dank kühner spekulativer Kombinatorik eine – in neun Stufen artikulierte – universale „trama di corrispondenze“ [cf. 156] entfaltet. Obwohl Vasoli das nicht eigens erwähnt, kann dies ‚Geflecht von Korrespondenzen‘ wohl fast modellhaft für die Episteme der Ähnlichkeit reklamiert werden, in der Michel Foucault bekanntlich das Distinktiv der vorklassischen, alteuropäischen Wissensordnung bestimmt hat. Dabei wäre nach den Differenzierungen und Ergänzungen, welche Joachim Küpper – Foucault mit Blumenberg kombinierend – für die Geschichtskonstruktion von Les mots et les choses vorschlägt [7] , zu fragen, ob Patrizis Kosmologie eher eine (dann überraschend konservative) Bewahrung der ‚Ordnungsstufe‘ des mittelalterlichen Analogismus bedeutet, ob sie bereits an dem gegenreformatorischen Projekt einer bewußten Erneuerung und Systematisierung mittelalterlicher Denkordnungen, wie es exemplarisch den spanischen Barock prägt, teilhat oder ob sie in ihrem Neoplatonismus – wie ich vermute – noch etwas ganz anderes, letztlich mit keiner Orthodoxie Identisches darstellt. Vasoli läßt Patrizis ‚Synkretismus‘ [cf. 153] jedenfalls einerseits auf Traditionen zurückgehen, die Marsilio Ficino, Nikolaus von Kues, aber auch das Corpus Hermeticum umfassen, und unterstreicht andererseits die „immaginazione prebarocca“ eines Kosmos, welcher als „gigantesca architettura, retta dal principio dell’assoluta corrispondenza di tutti gli elementi e le forme“ konfiguriert wird [cf. 157].
Wie produktiv Foucaults Begriff einer Episteme der Ähnlichkeit und das aus ihm abgeleitete Konzept des Analogismus zumindest als heuristische Prinzipien wirken können, zeigt Gerhard Regn, Mimesis und Episteme der Ähnlichkeit in der Poetik der italienischen Spätrenaissance [133–145]. Für Regn sind diese epistemologischen Modelle bei seiner so konzentrierten wie eindringlichen Beschreibung der poetologischen Position Torquato Tassos hilfreich gewesen. Sie demonstriert mit aufschlußreichen Beispielen, daß Tassos aus der Poetik des Aristoteles übernommene Mimesis-Vorstellung stets an ein ‚analogistisches‘ Apriori gebunden bleibt, weshalb die neuformulierte Darstellungsfunktion des Dichtens die herkömmlichen Funktionen von Wirklichkeitsinterpretation und -allegorie hier keineswegs verdrängt. Dabei ist natürlich in Rechnung zu stellen, daß literarische Diskurse im Verhältnis zu wissenschaftlichen Spezialdiskursen aufgrund ihrer metaphorischen Prägnanz immer schon per se eine stärker ausgebildete ‚analogistische‘ Komponente besitzen, die nicht unbedingt (oder wenigstens nicht ausschließlich) von der Tradition eines epistemologisch fundierten Analogismus abhängig sein muß: So werden ja auch späterhin Autoren wie La Fontaine oder Racine – wenn man so will – „prämimetische“ [142] Tendenzen der ‚energeia‘ und der ‚similitudo‘ kontinuieren, welche mit dem nach Foucault für Episteme des ‚âge classique‘ zuständigen Transparenzideal der Logik und Grammatik von Port-Royal gewiß nicht ohne weiteres auf den gleichen Nenner zu bringen sind [8] .
Ebenfalls – obwohl weniger intensiv – von Foucaults Diskursarchäologie beeinflußt ist der Beitrag von Franz Penzenstadler, Die Parodie des humanistischen Diskurses in Teofilo Folengos ‚Maccheronee‘ [95–124]. Er umreißt zunächst mit vorzüglicher Akkuratesse, was innerhalb der Renaissanceliteratur als ein spezifischer, an den Kriterien von ‚latinitas‘, ‚perspicuitas‘, ‚ornatus‘ und ‚aptum‘ orientierter Diskurs des Humanismus angesehen werden kann. Darauf zeichnet er durch glücklich ausgewählte und treffend erläuterte Textstellen nach, wie Teofilo Folengo diesen Diskurs im Baldus, in der Moschaea und in der Zanitonella mittels sprachlicher Diskrepanzen, die hier zum „Strukturprinzip“ [108] erhoben werden, parodistisch kontestiert. Besonders interessant erscheinen mir dabei Penzenstadlers Bemerkungen zur Verspottung mancher „Hypertrophie-Tendenzen“ [119], welche der humanistischen „Kommentar-Praxis“ zu eigen waren. Sie provozieren indes die meines Erachtens naheliegende Frage, ob solche Parodien tatsächlich jenes Maß an Kontestationswillen enthalten, das Penzenstadler ihnen zuschreibt, wenn er in ihrem Witz „ein gefährliches Rütteln an den Fundamenten der Episteme“ [124] wahrzunehmen meint. Wo ein parodistisches Spiel sich derart ausbreitet und Dauer gewinnt wie in Folengos Baldus, geht es schwerlich allein um Kontestation, sondern mindestens untergründig auch um Lust, welche im Akt des Parodierens den Gegenstand der Parodie sowohl benötigt wie in gewissem Sinne zelebriert [9] : Mit dem seit langem verbrauchten Bachtinschen Begriff von ‚Karnevalisierung‘, den auch Penzenstadler flüchtig erwähnt [cf. 124], ist dieses Phänomen der ambivalenten Faszination eines parodierenden Textes durch die von ihm parodierten Diskurse wohl kaum adäquat zu erfassen.
Seinen Höhepunkt erreicht der Sammelband – wider alle Kompositionsregeln – zweifellos gleich zu Beginn in den beiden Aufsätzen, die sich am engagiertesten und auch am ausführlichsten auf das Thema des Kolloquiums (sowie auf den imposanten Buchtitel) eingelassen haben. Joachim Küpper, Affichierte ‚Exemplarität‘, tatsächliche A-Systematik. Boccaccios ‚Decameron‘ und die Episteme der Renaissance [47–93] setzt mit einer weit ausholenden Boccaccio-Interpretation die Reihe seiner Studien zur „Neubestimmung des Renaissancebegriffs“ durch den spätmittelalterlichen Nominalismus fort. Im philosophisch-theologischen Gehalt von Blumenberg und Gilson inspiriert, verfolgen diese Studien das Ziel einer präzisierenden Erweiterung der Foucaultschen Episteme der Ähnlichkeit. Sie führt zu einer so originellen wie gründlich durchdachten und belegten Alternative (Korrektur?) herkömmlicher Renaissance-Mittelalter-Distinktionen, welche die beiden Epochen nun als ‚Ordnungsstufe‘ (Mittelalter) und als ‚Partialisierungsstufe‘ (Renaissance) [10] eines epistemologischen Analogismus im Sinne Foucaults definiert. Diese Kontrastierung, die – in größeren Zeiteinheiten gesehen – zugleich eine Approximation impliziert, ist hier im Falle Boccaccios weithin sehr überzeugend ausgefallen [11] . Mit reich perspektivierten, aber stets knapp formulierten Textanalysen und -hinweisen, die sich einerseits – manchmal etwas forciert – von H.-J. Neuschäfers Boccaccio und der Beginn der Novelle, das heißt: der ‚Renaissance-Zuschreibung‘, andererseits – entschiedener und plausibler – von Vittore Brancas Boccaccio medievale, das heißt: der ‚Mittelalter-Zuschreibung‘, distanzieren, entwickelt Küpper als seine Hauptthese den Interpretationsbefund, daß Boccaccios Decameron wohl im einzelnen noch an die Schemata mittelalterlicher Exemplarität appelliert, dies jedoch allein mit der Absicht tut, die aufgerufene Exemplarität im ganzen nominalistisch („rinascimental“) zu „unterminieren“ [cf. 68s. und passim]. Besonders frappant erscheint ein solcher Interpretationsbefund in Küppers Deutung der vieldiskutierten Griselda-Novelle. Indem er die Schlußnovelle des Decameron als eine Anspielung auf das „religiöse Schema“ der Hiob-Geschichte liest, macht er zum einen jenes Verhältnis von Mensch und Gott transparent, das schon Petrarca in der Beziehung zwischen Griselda und Gualtieri allegorisch angedeutet sah [12] ,und appliziert dann zum anderen Dioneos Urteil über Gualtieris „matta bestialità“ – als Ausdruck eben renaissancehafter Kritik – auf „die orthodoxe Auffassung des christlichen Gottes und die sich daran knüpfende Theorie des irdischen Übels als geduldig zu ertragender Prüfung“ [53] [13] .
Nicht weniger substantiell ist der Beitrag, mit dem Klaus W Hempfer, Probleme traditioneller Bestimmungen des Renaissancebegriffs und die epistemologische ‚Wende‘ [9–45] als Herausgeber die Selbstverpflichtung zur „Neubestimmung“ der Epochenschwelle zwischen Mittelalter und Renaissance erfüllt hat. Da Hempfer gerade in Fragen methodologischer Prozeduren so stringent zu argumentieren versteht wie kaum ein anderer Vertreter unserer Wissenschaft, sind in seinem Aufsatz vor allem die einleitenden Thesen zu grundsätzlichen Problemen literarhistorischer Periodisierung beachtens- und bedenkenswert: insbesondere die – von Claudio Guillén übernommene [14] – Mahnung, „Epochenbegriffe als Konstrukte [...] nicht mit realen Zeiträumen“ zu identifizieren [cf. 19s. und 23] sowie das Postulat einer Unterscheidung zwischen einzelnen sozio-kulturellen Teilsystemen, die vor jedem synthetisierenden Relationierungsversuch zunächst einmal nach jeweils spezifischen Periodisierungen verlangen [cf. 20ss.]. Obwohl von anderen, das heißt: nicht Foucaultschen, Prämissen ausgehend, kommen Hempfers konkrete Vorschläge zur „Neubestimmung des Renaissancebegriffs“ den Küpperschen dann erstaunlich nahe. Sie laufen auf die Beschreibung einer für die Renaissance als eigentümlich erachteten epistemologischen Heterogenität hinaus, welche Hempfer anderenorts schon sehr eindringlich an Castigliones Cortegiano wie überhaupt an der „Kontextualisierung“ und „Pluralisierung“ von Wahrheit im Gattungsmedium des Dialogs illustriert hat [15] . Eine wenigstens partiell ungelöste Frage bleibt für mich dabei das Problem, die „Pluralisierung von Autoritäten“ [38], wie sie in typischen Renaissance-Texten zu beobachten ist, distinkt von jener Pluralität ideologischer Instanzen abzuheben, welche ebenso offenkundig diverse mittelalterliche Texte – sagen wir: Chrétiens Chevalier de la charrette, Gottfrieds Tristan, Andreas’ Traktat De Amore, den Roman de la rose des Jean de Meung oder erst recht das Libro de buen amor und Villons ‚Testamente‘ – kennzeichnet [16] .
Ansätze zu einer Lösung dieses Problems bietet wiederum Küpper, indem er am Schluß seiner Ausführungen die Heterogenität von Renaissance-Texten in der Tiefendimension ihres Weltbilds situiert, während er die Heterogenität mittelalterlicher Texte auf eine bloße „superfizielle Dimension“ beschränkt sehen will [cf. 88ss.]. Als heuristisches Modell ist das sicherlich ein erwägenswerter Vorschlag; doch dürften die Schwierigkeiten, die er mit sich bringt, in dem Moment offenbar werden, in dem man versucht, ein Modell epistemologischer Hierarchisierung zu entwerfen, das – als notwendigermaßen transepochales ‚tertium comparationis‘ zwischen Mittelalter und Renaissance fungierend – allgemeingültig über Tiefe und Oberfläche, Relevanz und Irrelevanz entscheiden kann. Der mittelalterliche Analogismus hat eine solche Hierarchie von Ebenen des Wissens wohl ebenso dezidiert vorausgesetzt wie später – mit ganz andersartiger Ausgestaltung des hierarchischen Aufbaus – der dialektische bzw historische Materialismus [17] . Dagegen ist die rezenteste Epistemologie, welche statt auf vertikale Fundierbarkeit nur noch auf horizontale Anschließbarkeit von Wissensphänomenen vertraut, angesichts aller Tiefen-Oberflächen-Distinktionen skeptisch geworden, und auch dem Rezensenten fehlt hier der rechte Glaube, um die verlangte Unterscheidung zwischen ‚eigentlicher‘ Heterogenitätsstruktur und ‚uneigentlicher‘ Heterogenitätsrhetorik [cf 90] umstandslos nachzuvollziehen. Indes ist solche Skepsis nicht einmal für die Autoren der exzellent gehaltvollen „Neubestimmungen“ ein Schaden; denn schließlich soll die Diskussion über den „Renaissancebegriff“ auch nach – und dank – Küppers wie Hempfers Anregungen möglichst engagiert weitergehen.
1 Cf. W. Liebenwein, Studiolo. Storia e tipologia di uno spazio culturale,a cura di C. Cieri Via, Modena 1988.
2 Die von Simonetta Zabel angefertigte Übersetzung ist vor allem deshalb schwer zu lesen, weil sie den deutschen Satzbau ihrer Vorlage offensichtlich nicht frei und energisch genug italianisiert hat. Manches wirkt auch schlicht unverständlich wie beispielsweise der Satz: „Già del tempo si presume che, sia il carattere scenico delle architetture dipinte, che lo stile declamatorio delle figure nelle opere tarde di Raffaello, siano da collegare con la prassi teatrale della Roma leonina“ [202]. Könnte sein dunkler Anfang vielleicht dadurch erhellt werden, daß man „Già del tempo“ durch ‚Già da tempo‘ ersetzt (etwa im Sinne von: „Die Forschung nimmt schon seit geraumer Zeit an“)?
3 Überdies ist zu berücksichtigen, daß die „figura sofferente del giovane ossesso ed epilettico“, die Preimesberger ins Zentrum seiner dramatischen „Istoria“ rückt, gerade nach klassisch-aristotelischen Vorstellungen nicht für eine Tragödie, sondern allenfalls für ein mittelalterliches Mirakelspiel geeignet wäre. Daher wird der Interpret auch gezwungen, die „tragische[n] Motive“ sogleich um das „decorum sociale“ der Komödie, „le manifestazioni eccessive di atteggiamenti, mimica e gesti tipiche del ‚vulgus‘“ zu ergänzen [cf. 202].
4 Kann man über „la fortuna, la interpretazione e la riformulazione di quella teoria del linguaggio letterario che è anche una rivisitazione della retorica alla luce delle urgenze dell’espressività letteraria, rappresentata dalla poetica oraziana“ aber wirklich behaupten, sie sei „non sempre seguita adeguatamente dagli studiosi del periodo“ [cf. 127]? Immerhin ist Bernhard Weinbergs monumentale History of Literary Criticism in the Italian Renaissance (Chicago 1961) doch auf der Figur einer Duplizität beziehungsweise Konkurrenz zweier Traditionslinien von Horaz- und Aristoteles-Rezeption aufgebaut.
5 Nicht selten geraten Patrizis Sätze völlig aus der syntaktischen Kontrolle und streifen den Bereich des A-Grammatischen. Dafür nur ein – wegen seiner relativen Kürze zitierbares – Beispiel, bei dem mir der Anschluß des Infinitivsatzes „piuttosto per riaccostarsi“ auch nach längerem Nachdenken rätselhaft geblieben ist: „Se è vero che alcuni, come Kristeller, tendono a scorgere una profonda continuità tra gli umanisti e i dictatores medievali, avendo in comune l’esercizio delle tecniche argomentative, ciò che viene definitivamente meno nei primi è l’astratta maestria esibita nel gioco sillogistico e dimostrativo, piuttosto per riaccostarsi constantemente, nella riflessione sui modi della retorica, ad un’ideale (sic) di vita attiva, proiettata sui problemi della comunità“ [126].
6 Weitere erwähnenswerte Errata enthält das Personenverzeichnis. In ihm hat man dem Kongreßteilnehmer Giorgio Patrizi eine Zitation des auf dem Kongreß behandelten Cinquecentisten Francesco Patrizi angerechnet [cf. 135 Anm. 8 und 214], während der Romanist Rainer Stillers in „Stiller“, den Protagonisten eines Romans von Max Frisch, verwandelt wurde [cf. 116 Anm. 54 und 215].
7 Cf. J. Küpper, Diskurs-Renovatio bei Lope de Vega und Calderón, Tübingen 1990, 230–304 und passim. Küppers Vorschläge zur Distinktion eines mittelalterlichen und eines „rinascimentalen“ Analogismus erscheinen im übrigen um so mehr angebracht, als das Kapitel La prose du monde,das die vorklassische Episteme der Ähnlichkeit skizziert, in der Argumentationsdramaturgie von Les mots et les choses ja lediglich die Rolle einer Ouvertüre spielt. Worauf es Foucault vorrangig ankommt, ist die – wohl mit der subversiven Absicht einer Depotenzierung der ‚Aufklärung‘ als vermeintlichem Zentrum europäischer ‚Fortschrittsgeschichte‘ vorgenommene – idealtypische Konfrontation der epistemologischen Prinzipien, welche das ‚âge classique‘ bestimmen, und jener, auf welche sich die ‚sciences humaines‘ des 19. Jahrhunderts gründen, nicht aber eine Beschreibung des Wissenssystems der Renaissance. Auch deshalb sollte man sich hüten, das Konstrukt einer Renaissance-Episteme der Ähnlichkeit, deren historiographische Brauchbarkeit eben an ihren Konstrukt-Charakter gebunden ist, allzu begriffsrealistisch zu dogmatisieren.
8 Cf. dazu etwa die entschieden antiklassisch pointierte Racine-Interpretation von G. Schröder (Logos und List. Zur Entwicklung der Ästhetik in der frühen Neuzeit, Königstein/Ts. 1985, 282–303), die an den Texten des größten Tragikers des ‚âge classique‘ vor allem die Züge einer „Unverfügbarkeit des Ich“ und einer ‚Derationalisierung‘ des „Bereichs der Affekte“ herausstellt: „Sie führen gegen den Begriff des Subjekts an, was bei seiner Konstitution ausgeschlossen wurde“ [ib. 301]. Eine solche Interpretation mag überpointiert erscheinen, kann aber – zumal nach Roland Barthes’ berühmtem Essay Sur Racine (Paris 1963) – auf keinen Fall mehr als schlicht abwegig gelten.
9 Besonders deutlich wird das bei dem Spiel, das sich im burlesken Genus der ‚poesia bernesca‘ um den Usus bizarr hypertropher Kommentare entwickelt hat. Charakteristische Beispiele dafür sind unter anderem Francesco Bernis unter dem Pseudonym „Pietropaulo da San Chirico“ veröffentlichter Selbstkommentar zum Capitolo della primiera – bezeichnenderweise einer der wenigen von Berni zu Lebzeiten publizierten Texte – oder Annibal Caros (das heißt: Ser Agrestos da Ficaruolo) Kommentar zu Francesco Maria Molzas Capitolo de’ Fichi. In beiden Texten werden gerade die „Hypertrophie-Tendenzen“ humanistischer Kommentare nicht eigentlich kritisch auf Distanz gebracht, sondern als Rahmen einer Serie komisch-obszöner Pointen gewissermaßen instrumentalisiert.
10 Den Begriff ‚Partialisierungsstufe‘ übernehme ich in Küppers Interesse (leicht variierend) von einem in diesem Sammelband geäußerten terminologischen Verbesserungsvorschlag Gerhard Regns [cf. 138 Anm. 20]. Er ersetzt vorteilhaft Küppers ursprüngliche, in Diskurs-Renovatio bei Lope de Vega und Calderón verwendete Termini einer „Verfallsstufe“ oder „Chaotisierungsstufe“, die – wahrscheinlich unbeabsichtigt – eher dubiose organologische („Verfall“) oder integralistische („Chaotisierung“) Normvorstellungen beschwören (cf. dazu meine Rezension von Diskurs-Renovatio in RJb 42 (1991), 376–384, bes. 383s.). Außerdem erlaubt der Begriff ‚Partialisierungsstufe‘, den Küpperschen Periodisierungsentwurf opportun an die Differenzierungskonzepte der neueren Wissenssoziologie anzuschließen, wie sie etwa in Niklas Luhmanns ertragreichen Aufsatzbänden Gesellschaftsstruktur und Semantik (Frankfurt a. M. 1980, 1981 und 1989) entwickelt werden.
11 Sie erscheint mir insgesamt auch überzeugender als die analoge Demonstration, die Küpper in einem früheren Aufsatz am Beispiel Petrarcas durchgeführt hat; cf. J. Küpper, Das Schweigen der Veritas. Zur Kontingenz von Pluralisierungsprozessen in der Frührenaissance (Francesco Petrarca, Secretum),Poetica 23 (1991), 425–475. Zwar wirkt der Petrarca-Aufsatz formal vielleicht noch ingeniöser und brillanter als Küppers Boccaccio-Lektüre; doch irritiert an seiner zentralen Hypothese die meines Erachtens allzu glatte Argumentationsgeometrie einer Umkehrung, welche dem autoritativen Augustinus des Secretum thomistisch-aristotelische Positionen zuschreibt, während sie den „widerspenstigen“ [ib. 462] Franciscus zum Sprecher der „Gnadenlehre des authentischen Augustinus“ macht [cf. ib. 455].
12 Cf. K. Schöpflin, Boccaccios Griselda und Hiob,RJb 42 (1991), 136–149, hier 146s.
13 Diese so suggestive wie problematische Deutung, die Küpper im übrigen lediglich im Status des Potentialis vorschlägt [cf. 52], ausführlicher zu diskutieren, ist hier nicht der Ort. Ihre wesentliche ‚crux‘ scheint mir darin zu liegen, daß sie über die Figuration der Hiob-Geschichte Gott selbst mit dem Vorwurf der „matta bestialità“ konfrontieren muß: eine unerhörte Blasphemie, die man Boccaccio trotz aller Neigung zu nominalistischem Kontingenzdenken um so weniger zutrauen mag, als der moraltheologische Begriff „matta bestialità“ bzw. „matta bestialitade“ seit Dantes Inferno (XI, 82s.) ja geradezu terminologisch als Äquivalent für die äußerste Verworfenheit der ‚feritas‘ besetzt ist. Daß die Griselda-Novelle ohne Forcierung auch ganz anders – nämlich als märchenhafte Darstellung eines utopischen Bildungsprozesses, an dessen Ende sich Natur und Kultur versöhnen – gelesen werden kann, zeigt mit guten Gründen Winfried Wehle, Der Tod, das Leben und die Kunst. Boccaccios ‚Decameron‘ oder der Triumph der Sprache,in: Tod im Mittelalter,Konstanz 1993, 221–260, hier 238ss. Überhaupt nimmt Wehles Decameron-Lektüre,die von einem pronociert positiven Begriff des Renaissance-Humanismus ausgeht, zu jener Küppers in mancher Hinsicht die direkte Gegenposition ein, da sie, was für Küpper „Absenz von Kohärenz“ [88] bedeutet, nachdrücklich in die Vision einer neuen, nunmehr „frühhumanistischen“ Kohärenz überführt: ein „Modell der Heilung menschlicher Unvollkommenheit“ durch „das menschenmögliche Reich der Kultur“ [cf. ib. 251 und bes. 237].
14 Cf. C. Guillén, Second Thoughts on Literary Periods,in: id., Literature as System. Essays toward the Theory of Literary History, Princeton (UP) 1971, 420–469.
15 Cf. K. W. Hempfer, Rhetorik als Gesellschaftstheorie: Castigliones ‚Il libro del Cortegiano‘,in: A. Kablitz/U. Schulz-Buschhaus (edd.), Literarhistorische Begegnungen. FS Bernhard König, Tübingen 1993, 103–121. Zum „Polytheismus“ als „Horizont“ der Dialogform, „die nicht nur Form ist“, cf. die treffenden Hinweise von J. Küpper, Das Schweigen der Veritas (zit. Anm. 11), 471.
16 Zu neueren Interpretationen, die auch solche mittelalterlichen Texte emphatisch in den Bereich unaufhebbarer ideologischer Pluralität, ja Widersprüchlichkeit versetzen, cf. – als wenige Beispiele unter vielen – etwa D. Hult, La double autorité du Chevalier de la charrete,in: Théories et pratiques de l’écriture au moyen âge. Actes du Colloque Palais du Luxembourg-Sénat, Paris 1988, 41–56; K. Brownlee, The Problem of Faux Semblant: Language, History, and Truth in the ‚Roman de la Rose‘,in: M. S. Brownlee/K. Brownlee/S. G. Nichols (edd.), The New Medievalism,Baltimore/London 1991, 253–271; U. Liebertz-Grün, Klassisches im Mittelalter. Pluralität in der volkssprachigen höfischen Literatur,in: W. Voßkamp (ed.), Klassik im Vergleich. Normativität und Historizität europäischer Klassiken, Stuttgart/Weimar 1993, 101–120.
17 Zur Kritik an dessen bekanntlich besonders autoritär formulierten Postulaten epistemologischer Hierarchisierung cf. die exemplarisch scharfsichtige Analyse von A. Hahn, Basis und Überbau und das Problem der begrenzten Eigenständigkeit der Ideen,Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 31 (1979), 485–505.
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