Urkundenbuch des Herzogtums Steiermark

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Unecht.

Markgraf Ernst von Österreich schenkt mit Zustimmung seiner Gemahlin Schwanhild und seines Sohnes Leopold [II.] dem Kloster Melk das Gut Weikendorf innerhalb ge­nannter Begrenzung für ihr und aller ihnen Verpflichteten Seelenheil.

– – – , – .

Angebl. Or. Melk StiftsA: AUR (A).

Schramb, Chronicon Mellicense (1702) 41f. zu c. 1073. — Hueber, Austria ex archivis Mellic. illustrata 1 (1722) 1 Nr. 1 zu 1056-1075 = Pez, SS. rer. Austr. 1 (1721 !) Praef. XXXV = Calles, Annales Austriae 1 (1751) 378-380 = Schrötter, Versuch e. Österr. Staats-Gesch. (1771) 209-213. — Sickel, Mon. graph. Texte Lief. 5 (1863) 74 Nr. 3. — Keiblinger, Gesch. Melk 2/2 (1869) 241 Nr. 1 zu Juni-August 1074. — BUB 1 (1950) 1 Nr. 1 zu <vor 1075>. — NÖUB 1 (2008) 416 Nr. 34 zu (vor 1071 Juli).

Ausz.: Strnadt in BllVLKNÖ NF 31 (1897) 462.

Reg.: Frölich, Specimen 2 (1758) 182f. — Hormayr, Archiv 3 (1812) 218 zu 1072 = Hormayr, Taschenbuch 3 (1813) 285 = Hormayr, Archiv 6 (1815) 466 zu 1072 = Hormayr, Beytr. 2 (1819) 110 zu 1072. — Meiller, Reg. Babenberg (1850) 9 Nr. 11 zu c. 1074 und 284 Anm. 70-72. — Wendrinsky in BllVLKNÖ NF 13 (1879) 122 Nr. 12 zu c. 1074.

Abb.: Sickel, Mon. graph. Fasc. 5 (1863) Tafel 3.

Diese einst als älteste Urkunde der Babenberger erachtete Seelgerätstiftung wurde bis weit herauf in das 19. Jahrhundert als echt bewertet, selbst Theodor Sickel erwählte sie für sein heute bedauerlicherweise kaum noch benützbares paläographi­sches Tafelwerk als Beispiel für die Urkundenschrift des 11. Jahrhunderts. Erst 1897 erkannte Strnadt a. a. O. 461-479 aufgrund inhaltlicher Auffälligkeiten und Widersprüchen zu den tatsächlichen Gegebenheiten der Zeit des Markgrafen Ernst die Fälschung. Bedenken hinsichtlich der Echtheit äußerte zur gleichen Zeit auch Krones in AÖG 84 (1898) 207f. Nach der Anzeige bzw. Kritik der Abhandlung von Strnadt durch Hermann Bloch in NA 24 (1899) 390 Nr. 101 begründete Strnadt in AÖG 94 (1907) 515-568 nochmals eingehend sein negatives Urteil. Zum gleichen Ergebnis kam auf anderem Wege auch Mitis, Studien (1908) 215-218 Nr. 45, wobei er als Vorlage für die Fälschung eine echte Traditionsnotiz annahm, deren Zeugenreihe “nicht völlig aus der Luft gegriffen war", sicherlich aber keine Zunamen bot. Diese fügte man erst im Sinne der Zeit als für ein Rechtsmittel unerläßlich bei der Anfertigung der in mehrfacher Hinsicht bedeutsamen Fälschung — Gründung des Klosters durch den österreichischen Markgrafen, Verbindung des aufblühenden Koloman-Kultes mit dem Kloster Melk — um die Mitte des 12. Jahrhunderts unter Abt Erchenfried (1121 - 1153) hinzu. Gleicher Ansicht war dann auch Lechner in JbLKNÖ NF 29 (1948) 54ff. und abermals in JbLKNÖ NF 36/1 (1964) 122f., der bei den Zeugen zwei Gruppen feststellte, nämlich eine ältere dem 11. Jahrhundert zugehörende und eine jüngere im 2. Viertel des 12. Jahrhunderts. Wohl wegen der erst am 13. Oktober 1113 anläßlich der Weihe der neuen Klostergebäude in Melk erfolgten Übertragung der Pfarrgerechtigkeiten in Weikendorf (s. Melker Annalen; MGH SS 9, 501) mit der angeblich von Bischof Ulrich I. von Passau besiegelten Aufzeichnung (BUB 4/1, 47 Nr. 613; Boshof, RBP 1, 148 Nr. 490; vgl. dazu Steiner, Bischofssiegel 1, 70f. Nr. 5) sprach sich Fichtenau, Urkundenwesen (1972) 135 Anm. 4 entgegen der Meinung in BUB 1 a. a. O. gegen die Annahme einer Traditionsnotiz als echten Kern der Fälschung aus. Dem entgegen kann aber gestützt auf die Zeugen doch eine in die Regierungszeit des Markgrafen Ernst (1056 Mai 26 bis 1075 Juni 9) gehörende Notiz vorausgesetzt werden: Der mit dem Kurznamen Oezo genannte steirische Markgraf ist einwandfrei mit dem seit 1056 Februar 20 urkundlich bezeugten Markgrafen Otakar I. (s. Nr. Br 1) gleichzusetzen, der 1075 in Rom verstarb; vgl. dazu bereits Uhlirz in Göttingische gelehrte Anzeigen 171 (1909) 720f., Pirchegger in Dungern, Genealog. Handbuch (1931) 63 Nr. 1 und Ders., Gesch. d. Stmk. 12 (1936) 490f., zuletzt Dopsch in Werden d. Stmk. (1980) 110. Graf Ekbert I. von Vornbach ist mit der Urkunde König Heinrichs IV. von März 1067 erstmals faßbar (MGH DD 6, 245 Nr. 189) und verschied 1109 (Rei­chersberger Annalen; MGH SS 17, 451 Z. 20). Graf Friedrich I. von Tengling wird erstmals erwähnt in der Urkunde Kaiser Heinrichs III. von 1049 April 9 (MGH DD 5, 283 Nr. 213) und starb am 17. Juli 1071 (Nekrolog Seeon; MGH Necrol. 2, 228). Seine Söhne sind seit 1072 Juli 17 bezeugt (SUB 1, 771ff.); Sieghard wurde 1104 am 6. Februar getötet (Melker Annalen; MGH SS 9, 500 bzw. Nekrolog Michaelbeuern; MGH Necrol. 2, 213); Friedrich starb um 1120 am 23. Juli (Nekrolog Salzburg-Dom; MGH Necrol. 2, 153). Zu allen Vorgenannten vgl. auch Tyroller in Wegener, Genealog. Tafeln (1964) 141 Nr. 30 sowie 93f. Nr. 20, 95f. Nr. 29 und 96 Nr. 32. Damit ist die Einordnung der vermuteten Traditions­notiz in den Zeitraum von März 1067 bis Juli 1071 möglich, über deren Wortlaut im einzelnen jedoch nichts ausgesagt werden kann.

Von den anderen genannten Zeugen sind einige, wie dies bereits Strnadt und Lechner vermochten, im 11. oder erst im 12. Jahrhundert urkundlich nachweisbar; dies hier im einzelnen anzuführen, würde zu weit gehen und an der Einordnung nichts ändern.

Zur Problematik der nur hier als Gemahlin des Markgrafen genannten Schwanhild vgl. zuletzt Hausmann in JbLKNÖ NF 43 (1977) 139f. und der Urkunde im allgemeinen s. Weltin in NÖUB 1 (2008) 419-422.

Cuius delegationis testes facti sunt hii nominetenus adnotari: Oezo marchio de Stîre, Ekkebertus comes de Formbahc, Fridericus comes de Tengelingen et filii eius Sigehardus et Fridericus, Oͮlrihc de Gosheime, Roͮdolf et filius eius Walchoͮn de Perge, Albreht de Chiuliube et filius eius Rapot, Aͤribo de Treisem, Otto Mosehengist, Pernhart de Rvͥrippe, Marchward de Slvͥnz; et ministeriales marchiȩ: Azzo de Gopatspurch et filii eius Anshalm et Nizo, Poppo de Rôr, Oͮlrihc de Chadouwe, Alber de Zebingen, Adelold Chreuzzære; et alii ministeriales autem ecclesiȩ: Roͮezil et filii eius et Roͮdolf de Medelieche, Roͮdbertus et Heimo et Gundachar de Hezingin cum aliis multis.

Siegel aus naturfarbenem Wachs mittels Kreuzschnitt durchgedrückt, rund, Markgraf in Rüstung mit Fahnenlanze zu Pferd, nach rechts reitend; abgefallen, nur noch lose beiliegende Reste; Abbildung nach altem Abguß: BUB 3 (1954) 2 Nr. 1; Fälschung Mitte 12. Jahrhundert.

Metadaten

Aussteller Markgraf Ernst von Österreich
EmpfängerMelk
RegestMarkgraf Ernst von Österreich schenkt dem Kloster Melk das Gut Weikendorf
Datum (ISO 8601)unbekannt
Ortunbekannt
SpracheLatein
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MetadatenTEI anzeigen TEI
LizenzCreative Commons BY-NC-SA
Permalink/Handlehttps://gams.uni-graz.at/o:stub.95, hdl.handle.net/11471/505.10.160
ZitiervorschlagUrkundenbuch des Herzogtums Steiermark I,1, bearb. v. Friedrich Hausmann, ME 1, digitale Fassung: hdl.handle.net/11471/505.10.160, Graz: Historische Landeskommission für Steiermark, 2007 (29.03.2024)