Briefe 1902

Die untenstehende Briefliste ist mit Klick auf die jeweiligen Kategorien sortierbar. Absender und Empfänger werden nach Familiennamen sortiert.

Die mit * markierten Briefnummern entstammen der ersten Version dieser Edition, in welcher Briefe bis zum Jahre 1880 erschlossen wurden. Briefe ohne alte Numerierung und mit einer Datierung vor 1880 wurden nachträglich eingefügt.

KennungMarker KennungAbsenderMarker AbsenderEmpfängerMarker EmpfängerDatumMarker DatumOrtMarker Ort
L.2698Leonard LandoisAlexander Rollett1902 I 12Greifswald
L.2699Étienne-Jules MareyAlexander Rollett1902 I 19[Paris]
L.2700Vittorio AduccoAlexander Rollett1902 I 23Pisa
L.2701Karl Schmid d.J.Alexander Rollett1902 II 2Bruck a.d. Mur
L.2702[Johannes] von KriesAlexander Rollett1902 II 3Freiburg
L.2703[NN] EscherAlexander Rollett1902 II 14Triest
L.2704Emil RollettAlexander Rollett1902 II 26Baden
L.2705Gustav PommerAlexander Rollett1902 III 14Innsbruck
L.2706Gustav PommerAlexander Rollett1902 III 15Innsbruck
L.2707Gustav PommerAlexander Rollett1902 III 16Innsbruck
L.2708Gustav PommerAlexander Rollett1902 III 20Innsbruck
L.2709Emil RollettAlexander Rollett1902 III 22Baden
L.2710E. MiglitsAlexander Rollett1902 IV 19Graz
L.2711Viktor von LangAlexander Rollett1902 V 2Wien
L.2712Carl SchmidAlexander Rollett1902 V 15[?]
L.2713Gustav PommerAlexander Rollett1902 V 27Innsbruck
L.2714Karl Schmid d. J.Alexander Rollett1902 VI 5Bruck a. d. Mur
L.2715Moritz LöwitAlexander Rollett1902 VI 7Innsbruck
L.2716Gustav PommerAlexander Rollett1902 VI 10Innsbruck
L.2717Ludwig StiedaAlexander Rollett1902 VI 24Königsberg
L.2718August TewesAlexander Rollett1902 VI 28[Graz]
L.2719Gustav PommerAlexander Rollett1902 VII 1[Innsbruck]
L.2720Karl HürthleAlexander Rollett1902 VII 16Breslau
L.2721Gustav PommerAlexander Rollett1902 VII 19[Innsbruck]
L.2722Alexander RollettEmil Rollett1902 VII 28Graz
L.2723Karl Schmid d.J.Alexander Rollett1902 VII 29Bruck a. d. Mur
L.2724Max GruberAlexander Rollett1902 VII 31Wien
L.2725Zdenko Hans SkraupAlexander Rollett1902 VII 31[?]
L.2726Oskar ZothAlexander Rollett1902 VIII 1Graz
L.2727Max GruberAlexander Rollett1902 VIII 4Wien
L.2728Oskar ZothAlexander Rollett1902 VIII 5Graz
L.2729Oskar ZothAlexander Rollett1902 VIII 16Graz
L.2730Alexander RollettEmil Rollett1902 IX 6Graz
L.2731William StirlingAlexander Rollett1902 IX 13Manchester
L.2732Paul von GrütznerAlexander Rollett1902 IX 17Tübingen
L.2733Heinrich Wilhelm WaldeyerAlexander Rollett1902 IX 22Berlin
L.2734Paul von GrütznerAlexander Rollett1902 IX 25Tübingen
L.2735Heinrich Wilhelm WaldeyerAlexander Rollett1902 IX 26Berlin
L.2736Oskar ZothAlexander Rollett1902 IX 28Innsbruck
L.2737Oskar ZothAlexander Rollett1902 X 11Innsbruck
L.2738Heinrich Wilhelm WaldeyerAlexander Rollett1902 X 27Berlin
L.2739Giovanni PaladinoAlexander Rollett1902 XI 3Neapel
L.2740Carl AlexanderAlexander Rollett1902 XI 13Breslau
L.2741Sigmund ExnerAlexander Rollett1902 XI 17Wien
L.2742Alexander RollettEmil Rollett1902 XI 17Graz
L.2743Viktor von EbnerAlexander Rollett1902 XI 17Wien
L.2744Viktor von LangAlexander Rollett1902 XI 18Wien
L.2745Karl Schmid d. J.Alexander Rollett1902 XI 20Bruck a. d. Mur
L.2746Viktor von EbnerAlexander Rollett1902 XII 5Wien
L.2747Hans KoeppeAlexander Rollett1902 XII 9Gießen
L.2748Hans KoeppeAlexander Rollett1902 XII 13Gießen
L.2749Viktor von EbnerAlexander Rollett1902 XII 13Wien
L.2750Carl AlexanderAlexander Rollett1902 XII 14Breslau
L.2751Karl Schmid d. J.Alexander Rollett1902 XII 14Bruck a. d. Mur
L.2752Richard FleischerAlexander Rollett1902 XII 15Wiesbaden
L.2753Oskar Zoth und Ernst SmrekerAlexander Rollett1902 XII 19Wien
L.2754Viktor von EbnerAlexander Rollett1902 XII 20Wien
L.2755N. MislawskyAlexander Rollett[1902] [XII] [31][Graz]

Sehr geehrter Herr Kollege!

(Streng vertraulich!)

(Eilt sehr!)

Bei der Wiederbesetzung der Professur für innere Medizin in unserer Fakultät, welche durch den Abgang unseres Kollegen Krehl nach Tübingen erledigt ist, wurde Ihr Herr Kollege F. Kraus namhaft gemacht.

Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie umgehend in aller Kürze mir folgende Fragen beantworten wollten.

Wie ist Herr F. Kraus als Lehrer, wie sein Vortrag?

Wie ist sein Verhältnis zu den Studierenden?

Wie ist er als Kollege?

Ist Kraus etwa Jude oder jüdischer Abstammung?

Indem ich Ihnen im Voraus meinen besten Dank sage, verbleibe hochachtungsvoll Ihr ergebenster

L. Landois z[ur Zeit] Dekan der medizinischen Fakultät

Cher et très honoré collègue,

J´ai été bien sensible au souriant [?] souvenir de sympathie que vous venez de me donner à l´occasion de mon […].

Je n´ai point oublié l´appui chaleureux que vous m´avez donné dans la seance [sic] de l´Association des Academies [sic].

De tels encouragements m´aident dans la tâche que je me prepare [sic] encore et qui est de créer une entente cordiale […] […] entre les physiologistes de tous pays.

Croyes cher collegue [sic] à mes sentiments effectivement dévoués Cher et très honoré collègue,

Marey

Tres-illustre Maître

Je viens de recevoir vos travaux et ceux de vos élèleves. Vous avez été bien amable à me complaire et je vous en serai toujours reconnaissant. Je vous en remercie de tout mon cœur et je vous prie de vouloir bien remercier à mon nom Messieurs des Dr. Zoth et Pregl. Je vous assure enfin que je serait heureux de pouvoir vous être utile en quelquel chose que ce soit. Veuillez agréer avec tous mes remerciements mes salutations les plus empressáls

Prof. V. Aducco

1902 II 2, Bruck a.d. Mur

Hochgeehrter Herr Hofrat!

Bei neuester Überlegung über den Vorgang bei Spannung der Vorhofklappen bin ich zu folgenden Schlüssen gelangt, welche ich hiemit der gütigen Überprüfung und Beurteilung Herrn Hofrates zu unterbreiten mir erlauben möchte:

  1. Dass die Vorhofklappen während jener Zeitdauer der Systole der Herzkammern, in welcher ein hoher Druck im Ventrikel herrscht, gegen den Vorhof vorgebaucht und in starker Spannung sind, glaube ich als sicher annehmen zu dürfen,
  2. Glaube ich als sicher annehmen zu dürfen, dass keine Einrichtung im Herzen existiert, welche diese Vorbauchung und Spannung der Vorhofklappen bewirken könnte, als eben nur die Vermehrung des Druckes des Ventrikelblutes.
  3. Es ist also einerseits ein hoher Blutdruck im Ventrikel ohne Spannung der Vorhofklappen undenkbar, andererseits eine Vorbauchung und Spannung der Vorhofklappen ohne hohem Blutdruck im Ventrikel unmöglich.
  4. Daraus folgt aber, dass Vorhofklappenspannungen und stärkere Druckvermehrung im Ventrikel nur gleichzeitig eintreten können, da sie in einem kausalen Verhältnis zueinander stehen.
  5. Diese Klappenspannung und Blutdruckzunahme erfolgt nicht allmählig, sondern plötzlich. Begründung:
    1. eine allfällige Spannung der Klappen würde keinen hörbaren Ton erzeugen;
    2. die mit guten Instrumenten gezeichneten kardiographische Ventrikelkurve von Marey und Chauvenu und für Hürthle zeigen einen sehr steilen systolischen Anstieg;
    3. die arterielle Blutdruckkurve zeigt einen steilen systolischen Anstieg;
    4. die arterielle Geschwindigkeitskurve zeigt einen sehr steilen systolischen Anstieg.
    5. die myographische Ventrikelkurve des Froschherzens zeigt nach Marey nach dem steilen systolischen Anstieg eine rasche geringe Einsenkung, um dann wieder zu steigen, und zwar nur bei offener Aorta, ein Befund, der sich wohl nur so ungezwungen deuten lässt, dass unmittelbar nach Beginn der Systole ein Teil des Ventrikelinhaltes rasch entleert wird, da die Muskelzuckung als solche keinerlei Unterbrechungen erleidet.
    6. Die Herzspitzenstoßkurve zeigt im ansteigenden systolischen Ast eine winkelige Knickung, welche nur durch ein in dem Momente erfolgendes stärkeres Andrängen der Herzspitze entstehen kann, dieses stärkere Andrängen aber lässt sich, da es nur an der Herzspitze erfolgt, wohl nur als Rückstoßerscheinung deuten, wirkt also auch auf ein anfängliches plötzliches Austreiben eines Teiles des Ventrikelinhaltes in entgegengesetzter Richtung hin, somit auch auf plötzliche Druckvermehrung im Ventrikel.
  6. Der Vorgang der Spannung der Vorhofklappen würde sich also nach dieser Vorstellung so abspielen: Im Beginn der Kammersystole kann das Ventrikelblut gegen die noch nicht gespannten Vorhofklappen zu ausweichen, aber nur so lange, bis diese vollkommen ausgebaucht und durch die Sehnenfäden am weiteren Zurückweichen verhindert sind; bis zu diesem Momente kann der Blutdruck nur wenig steigen, da die Klappe noch nicht prall gespannt ist. In dem Momente aber, wo die Klappe nicht weiter nachgeben kann, muss der Blutdruck plötzlich steigen und die Klappe plötzlich in starke Spannung versetzt werden, analog dem Vorgang im hydraulischen Widder. In diesem Moment aber, oder doch nur unmessbar kurze Zeit darauf, müssen die Aortaklappen aufgesprengt und ein Teil des Ventrikelblutes rasch ausgetrieben werden. Damit aber ist auch die Wirkung dieser Widderstoßwelle beendet, der Blutdruck im Ventrikel sinkt wieder etwas, um nun erst wieder anzusteigen, und zwar infolge der Muskelkontraktion als solcher. Die kardiografischen Kurven zeigen alle diesen Drucknachlass, ebenso die arteriellen Blutdruck- und Geschwindigkeitskurven.
  7. Die durch diesen Klappenmechanismus erzeugte zweizeitige Blutaustreibung, indem ein Teil des Blutes primär plötzlich, der andere Teil des Kammerblutes sekundär allmählich ausgetrieben wird, scheint mir am besten durch die Tatsache gezeigt zu werden, dass bei niedrigerem arteriellen Blutdruck die primäre Elevation der Pulskurven hoch, die erste sekundäre Elevation sehr niedrig wird, ja ganz verschwinden kann – umgekehrt bei hohem arteriellen Blutdruck, sei es durch erhöhten Tonus, wie bei der Kl[...]kolik, sei es infolge Starrheit der Gefäße bei Arteriosklerose, die erste sekundäre E[levation] besonders bei Vermeidung jeder Schleuderung des Schreibhebels, die primäre E[levation] an Höhe konstant überragt. Im ersteren Falle wird primär schon ein verhältnismäßig großer Teil des Kammerblutes entleert, im letzteren Fall infolge des hohen Gegendruckes in den Arterien nur ein kleiner Teil, die Hauptmasse des Blutes also erst sekundär.

Ich glaube sogar, dass bei abnorm beschleunigter Herztätigkeit, wie im Delirium cordis, überhaupt nur die primäre Austreibungsart des Blutes zustande kommt und daraus trotz der großen Zahl der Herzkontraktionen die Störung des Kreislaufes entsteht, gar die saugende Wirkung der Herzsystole, welche nur durch die sekundäre Entleerung bewirkt wird, dabei entfällt.

Indem ich nun zum Schlusse Herrn Hofrat nochmals bitte, diese meine Gründe für meine Deutung der Herztätigkeit und damit der Pulskurven einer gütigen Überlegung wert halten zu wollen, zeichne ich als Ihr dankschuldiger ergebener

Dr. Schmid d[er] J[üngere]

Hochgeehrter Herr Kollege,

Mein Schwiegersohn W. Nagel ist mit den Vorbereitungen für die Herausgabe eines Handbuches der Physiologie als Sammelwerk beschäftigt. Er hat daran gedacht, Ihren Assistenten Herrn Zoth für die Bearbeitung eines Teiles, etwa der Gesichtswahrnehmungen, zu gewinnen. Sie würden mich zu großem Dank verpflichten, wenn Sie mir auf Grund Ihrer persönlichen Kenntnis ganz aufrichtig mitteilen wollten, ob Sie Herrn Zoth für eine solche Aufgabe überhaupt und insbesondere für den genannten Abschnitt qualifiziert erachten. Nach seinen sehr hübschen literarischen Arbeiten möchte dies ja wohl zu bejahen sein, aber die persönliche Anschauung wird Ihnen ja ein sehr viel sichereres Urteil gestatten. Es versteht sich von selbst, dass wir über Ihre Mitteilungen strengste Diskretion bewahren würden, wie ich auch Sie bitte, diese Anfrage als eine vertrauliche zu betrachten.

Mit hochachtungsvollem Gruß bin ich Ihr aufrichtig ergebener

von Kries

Hochverehrter Herr Hofrat.

Ich komme heute zu Ihnen mit einer Bitte, deren Gewährung Ihnen hoffentlich leicht sein wird, umso leichter, als sie nicht mich betrifft, sondern meinen Freund Dr. Castiglioni, welcher durch eine Unvorsichtigkeit in eine sehr unangenehme Lage gekommen ist. Als leitender Präsident des Komitees des Triester Seehospizes hat er vorigen Juni eine Partie „vegetabilisches Rosshaar“, das aus den Bettmatratzen des Hospizes stammte, an einen hiesigen Tapezierer verkauft; daraus schlug ein hiesiges Revolverblatt Kapital und richtete gegen ihn so lange die heftigsten Angriffe, bis die Staatsanwaltschaft sich für die Sache interessierte und auf Grund der Erhebungen eine Verurteilung zu 300 Kronen Strafe wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch mit Tuberkelkeimen infiziertes Material herbeiführte. Castiglioni hat natürlich rekurriert, da die Annahme einer Infektion des Materiales eine ganz willkürliche ist; seither ist auch eine Tatsache festgestellt, auf welche wegen ungenügender Erhebungen unsererseits kein Gewicht gelegt werden konnte, nämlich, dass das inkriminierte Material zu einem Teile seit September 1900, zu einem Teile seit September 1899 unbenutzt auf dem Dachboden lag; im Minimum also etwa neun Monate, länger als nach Angabe der Autoren nötig ist, um auf ein spontanes Erlöschen der Virulenz der Tuberkulosebazillen rechnen zu können.

Nun hat das Gericht beschlossen, wegen dieser Frage in Graz ein Fakultätsgutachten einzuholen, dessen Abfassung wohl Herrn Professor Prausnitz oder Klemensiewicz zufallen dürfte, und beruht die Hoffnung Castiglionis hauptsächlich darauf, dass nachgewiesen ist, dass der kürzeste Termin, binnen welchem das Material unbenützt auf dem Dachboden lag, 9 Monate beträgt (Mitte September 1900 bis Mitte Juni 1901), und dass mithin der für das Erlöschen der Virulenz angenommene Termin von 6 Monaten auf jeden Fall beträchtlich überschritten ist. Wenn das Gutachten diese Auffassung vertritt, dann kann von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit wohl keine Rede mehr sein; und müsste das erste Urteil aufgehoben werden.

Meine Bitte geht nun dahin, Sie möchten gütigst in der Ihnen geeignet erscheinenden Weise dieser Auffassung im Gutachten Geltung verschaffen und überhaupt sich Castiglionis annehmen, da seine Gesundheit durch diese Geschichte schwer gelitten hat. Vielleicht finden Sie Zeit, mir ad usum delphini mit einigen Zeilen die tröstliche Versicherung zukommen zu lassen, dass nach Ihrer Auffassung Castiglioni über den Ausgang ganz beruhigt sein könne. – Zur Vermeidung von Missverständnissen teile ich Ihnen noch mit, dass ich auch Herrn Sanitätsrat Professor Dr. Fossel bitten werde, sich für Castiglioni zu interessieren, und bin mit herzlichen Dank und Hochachtung Ihr

Dr. Escher

Lieber Bruder

Vorerst besten Dank für die Ansichtskarten aus Marburg und Cilli. Ich teile Dir mit, dass aus dem Verkauf unserer Realität wiederum nichts wird. Wir sind auf den Verkaufspreis von 35.000 Gulden übereingekommen. Der Käufer sagte, er werde nächster Tage kommen, um eine Angabe zu geben und einen Vorvertrag zu schließen. Anstatt dessen erfolgte aber eine Absage. Wie steht es mit Deinem projektierten Ankauf eines Hauses? Hast Du noch immer nichts Passendes gefunden? Auf meine Beihilfe kannst Du rechnen. Viele Grüße an alle

Emil

1902 III 14, Innsbruck

Hochverehrter Herr Hofrat!

Ihr gütiges Schreiben vom 12. dieses Monats kommt mir zu, da ich eben im Begriffe bin, Ihnen über den jetzigen Stand der Angelegenheit Bericht zu erstatten.

Es ist im Ministerial-Erlass vom 7. März ausdrücklich gefordert, dass das Professorenkollegium „ehestens“ die Beratungen in Betreff der Wiederbesetzung der Lehrkanzel aufnehmen und „sohin einen Ternavorschlag“ erstellen solle (Vintschgau ist mit Ende September in den Ruhestand versetzt).

Daher wurde in der gestrigen Sitzung die Wahl des Komitees vorgenommen und zugleich festgestellt, dass der Vorschlag bis Ende Mai bez[iehungsweise] Anfang Juni dem Kollegium vorzulegen sei.

Es gelang uns glücklicherweise, obwohl wir ja nicht die Majorität haben, wenigstens zwei sichere und feste Stützen unserer Überzeugung, die sich völlig mit der Ihrigen, hochverehrter Herr Hofrat, deckt, in das Komitee zu entsenden, nämlich Professor Kerschner und Nevinny. Das (6gliedrige) Komitee setzt sich im Übrigen zusammen aus Vintschgau, Löwit, Rokitansky und Hochstetter. Ersterer dürfte, da er sich lange gegen seine Wahl ins Komitee wehrte, in demselben nur eine beratende Rolle spielen und wahrscheinlich nicht mitstimmen. Das Referat wird wohl Löwit führen (das Komitee wird erst nächster Tage zusammentreten und seinen Obmann wählen – Vintschgau hat bereits entschieden abgelehnt).

Rokitansky war nicht in der Sitzung. Ich werde das jetzt etwas gebesserte Verhältnis mit ihm benutzen, um auf ihn möglichst einzuwirken.

Vintschgau sagte mir gestern auf meine Frage Beruhigendes hinsichtlich seiner Schätzung Zoths.

Auch Löwit und Hochstetter haben sich, wie ich schon seinerzeit berichtete, günstig über Zoth geäußert, und es fragt sich nur, inwieweit man sich hierauf verlassen darf. Denn es steht fest, dass Löwit gerne in die Akademie käme, dass er wohl deshalb für Hochstetter, besonders aber für Exner schwärmt, und dass diese beiden Innsbrucker zu Ostern am Gardasee mit Exner zusammen sein werden (Ehrendorfers Mitteilung).

Nächster Tage werde ich wegen der Rigorosenordnung nach Wien fahren müssen, wo am 24. im Ministerium eine Besprechung stattfindet. Ich will trachten, mit dem Minister über verschiedene Fakultätsangelegenheiten zu sprechen und dabei bereits der Notwendigkeit gedenken, die Lehrkanzel möglichst gut, das ist mit Zoth, zu besetzen.

Es wäre mir sehr lieb, wenn mir Herr Hofrat etwaige Ratschläge bezüglich meines Verhaltens geben wollten, insbesondere gegenüber Exner, dem ich mich natürlich vorstellen muss, ehe es noch zur Besprechung im Ministerium kommt, während ich den Minister hernach Audienz zu bitten beabsichtige.

Ipsen plant gleich wie Nevinny besondere stützende Gutachten für alle Fälle von vertrauenswürdiger Seite einzuholen. Möglich ist es ja, dass auch die anderen Herren tatsächlich günstig sich benehmen, aber gerüstet sein muss man doch für den Fall, als sie etwa neben Zoth ex aequo einen anderen stellen wollten.

Ob Herr Hofrat jetzt schon und überhaupt ungefragt Briefe schreiben sollten, halte ich für fraglich.

Am besten und am ehesten würde sich dies empfehlen gegenüber Vintschgau, dem sie ja gleichzeitig zum neuen Orden gratulieren könnten (Leopoldsorden). Auch Rokitansky wäre vielleicht in Erwägung zu ziehen, obwohl derselbe seit gewissen Schicksalen auf keinen Grazer gut zu sprechen sein dürfte.

Löwit bildet sich viel auf seine große Sachlichkeit und Objektivität ein. Wer weiß, ob es nicht besser wäre zu warten, bis er durch Komiteemitglieder veranlasst wird, an Herrn Hofrat selbst eine Anfrage zu richten.

Ich muss zu einer Prüfung und daher schließen.

Eine kleine Fortsetzung beabsichtige ich in einem Briefe an Zoth zu liefern; hoffentlich kann ich denselben noch heute abgehen lassen.

Mit Empfehlungen von mir und meiner Frau an Sie, hoch verehrter Herr Hofrat, und an Ihre Frau Gemahlin Ihr alter danktreu ergebener

Gustav Pommer

1902 III 15, Innsbruck

Hochverehrter Herr Hofrat!

Da heute das Komitee zusammen trat, so bin ich in der Lage meinen gestrigen Bericht zu ergänzen. Dass sich dies lieber Ihnen gegenüber als wie in einem Brief an Zoth tue, ist darin gelegen, dass ich gerne Ihren Rat zu Hilfe ziehen möchte, wie der unerwarteten Begeisterung, die im Komitee seitens Löwits für Verworn ausgesprochen wurde, am wirksamsten begegnet werden könnte.

Ich zog mich nach der Konstituierung des Komitees, der hiesigen Gepflogenheit gemäß, zurück. Die Nachricht habe ich von Nevinny (Kerschner war verhindert durch sein Augenleiden). Es wurden an Inländern in Betracht gezogen: Fuchs, Kreidl, Zoth, Pregl, Steinach, und wird an dieselben die Aufforderung zur Einsendung der Curricula vitae etc. abgehen. Zugleich soll sich aber Löwit, der das Referat führt (unter dem Vorsitze Vintschgaus!) bei Biedermann (Jena) vertraulich erkundigen, ob Verworn zu gewinnen wäre. Dieser Mann wurde bisher, das heißt früher, das stelle ich fest, von keinem der Komiteemitglieder genannt.

Die Absicht ist leicht zu erraten. Dass Verworn nach Innsbruck gehen würde, glaubt wohl keiner von den Herren – denke ich –; es dürfte ein Scheinvorschlag geplant sein, lediglich zu dem Zweck, um Zoth um die Primo-Stellung zu bringen. Man plant wohl Verworn I und dann ex aequo und II Zoth mit anderen zu stellen, wodurch es Exner erleichtert würde, einen seiner Schüler hierher zu schicken.

Das Manöver ist umso auffälliger, als die Herren Vintschgau, Löwit, Hochstetter und Rokitansky bei allen sonstigen Vorschlägen als echte Schwarz-gelbe stets sehr abgeneigt waren, ins „Ausland“ zu greifen.

Es wird, lässt sich voraussagen, zu heißen Kämpfen sowohl im Komitee als auch im Kollegium kommen. Wenn mich, bzw. Nevinny und Kerschner, Herr Hofrat in denselben durch kritische Bemerkungen und zitierbare (ohne Namensnennung) Ausstellungen an diesen oder jenen Arbeiten der Gegenkandidaten kräftigen und wappnen könnten und wollten, wären wir dafür sehr dankbar.

Übrigens ist Kerschner in der Literatur wohl belesen und sicherlich in dieser Beziehung Löwit und Vintschgau gewachsen. Hoffentlich bessert sich sein Augenleiden.

Meine neulich geäußerte Meinung scheint mir unter den gegebenen Verhältnissen noch gerechtfertigter als früher: Herr Hofrat sollten sich nicht, wenigstens vorläufig nicht, soweit wegwerfen, dass Sie an Rokitansky und Löwit schreiben. Selbst an Vintschgau nicht mehr als eine Gratulationskarte mit etwaigen kurzen empfehlenden Worten. Es wird durch Nevinny und Kerschner dafür gesorgt werden können, dass Sie in Betreff Zoths durch den Referenten Löwit befragt werden und auf diese Weise zum Wort gelangen, ohne dass Sie selbst sich anbieten.

Meine Ahnungen sind keineswegs unberechtigt gewesen, das sehen Sie, hochverehrter Herr Hofrat.

Meine Erfahrungen zwingen mich dazu, bei meinen Befürchtungen zu bleiben.

Rokitansky zum Beispiel schwieg mir gegenüber und lauerte, als ich davon sprach, dass wir nun unsere wichtigste Lehrkanzel zu besetzen haben und dabei alle Sorgfalt üben müssen. Keine Frage, wer in Betracht komme; er ließ das Gespräch fallen.

Vintschgaus Bemerkung, von der ich Ihnen gestern schrieb, enthielt kein Wort von Verworn und überhaupt vom „Ausland“.

Desgleichen sagten zum Beispiel Hochstetter und Löwit nichts anderes, als dass Zoth der wünschenswerte sei, das derselbe aber wohl für Graz voraus bestimmt sei, wie ich seinerzeit schon berichtet habe. Alles Lug und Trug und Heuchelei.

Ich kenne ja die Herren. Wollen Sie gütigst das etwa für die Ohren Zoths Brauchbare aus diesem Briefe Zoth mitteilen; sonst nur meine aufrichtigen Grüße.

Heute und vorderhand glaube ich, nichts Zoth direkt mitteilen zu sollen. Alles darf er ja doch nicht wissen, sonst verliert er seinen guten Mut und die Arbeitslust.

Und Einzelnes, Unvollständiges hat auch keinen Zweck.

Ich habe ja ohnehin schon früher durch meine ersten pessimistischen Äußerungen auf ihn ungünstig eingewirkt.

Wünschen Sie aber, dass ich Zoth das oder jenes besonders schreibe, so bitte ich um Nachricht hierüber.

Bezüglich meines Verhaltens gegenüber Exner ersuche ich nochmals um gütige Ratschläge.

Ich reise erst etwa am 21., 22. ab.

Mit meinen herzlichsten Empfehlungen Herrn Hofrates danktreu ergebener

Gustav Pommer

1902 III 16, Innsbruck

Hochverehrter Herr Hofrat!

Mein gestriger Brief, in aller Eile und Aufregung geschrieben, bedarf noch einiger Zusätze.

Vor allem möchte ich nicht die Verantwortung dafür übernehmen, ob nicht Ihr ursprünglicher Plan, an die Ihnen bekannten Herren zu schreiben, von Nutzen sein könnte. Meine Erbitterung gegen die mir so wohl bekannten Heuchler, die mir in Objektivität vorwarfen, selbst aber sich nur vom Interesse für ihre alten Wiener Kollegen bez[iehungsweise] für ihre eigene Einschmeichelung bei den Wiener Gewalthabern leiten lassen, stemmt sich gegen die Möglichkeit, dass sich Herr Hofrat etwa einer Demütigung ganz ohne Nutzen aussetzen könnten.

Nicht möchte ich natürlich dagegen mich gewendet haben, dass Herr Hofrat Männern wie Kerschner und Nevinny, die unsere Stütze sind, freundliche Briefe zukommen lassen; ich bin der Meinung, dass sich dieselben dadurch ebenso wohl geehrt als erfreut fühlen würden. Es ließe sich bei dieser Gelegenheit dann der eine oder der andere Rat einflechten, wie die Gegenkandidaten am besten bekämpft werden könnten.

Kerschner wird denselben denke ich, obwohl er sich – unter uns gesagt – sehr selbstbewusst über seine physiologischen Kenntnisse äußert, wenn die Form glücklich gewählt ist, sich artig verwerten (er ist ein gar empfindlicher, nervöser Mann, mit dem sich sehr schwer verkehren lässt). Nevinny, der viel liest und weiß, aber keine glückliche Gabe hat und sich durch hitzige, unbedachte Äußerungen leicht in ungünstige Lage versetzt, wird nicht so vorsichtig anzugreifen sein und gern, da er bescheiden ist, Ratschläge entgegen nehmen.

Die Hauptführung im wissenschaftlichen Kampfe im Komitee wird jedenfalls Kerschner zufallen.

Ich brauche nicht erst zu wiederholen dass beide gleich wie Ipsen, Loos und Rille völlig verlässlich sind. Ein Gespräch mit Ehrendorfer lässt mich annehmen, dass derselbe Löwit kaum willfährig sein wird, denn, wie ich Ihnen schrieb, durchschaut er denselben völlig. Auch hat er sich mit Rokitansky überworfen und wird daher mit uns stimmen. Auch Löwit liebt er nicht, er beneidet leicht [?].

Unbedingt gefügig stehen für Löwit und Hochstetter jedenfalls ein: Bernheimer, Mayer und Inffinger sowie Hacker. Diesen gegenüber ist alles Reden, glaube ich, ganz überflüssig und nutzlos.

Loebisch ist unzuverlässig und läuft wohl mit der Majorität, wahrscheinlich besonders gern, wenn es dadurch möglich wird, sich gewissen Mächtigen gefällig zu zeigen.

Rokitansky greifen wir möglichst zart an, obwohl sein ganzes Wesen den Widerspruch aller hervorruft. Trotzdem wird er kaum zu gewinnen sein, denn er hasst Graz und die Grazer aus bekannten und schon erwähnten Gründen. Vielleicht nützt etwas sein latentes Zerwürfnis mit Löwit und Hochstetter. Unbedingt dürfte er für seinen alten Kameraden Vintschgau zu haben sein.

Wer hat aber diesen? Ich fürchte die alte Freundschaft mit Löwit und Hochstetter wird für Vintschgau ausschlaggebend sein, obwohl ich ihm in letzter Zeit große Aufmerksamkeiten erwiesen habe und obwohl mein Referat alles tat, um seinen Ehrgeiz nochmals möglichst zu befriedigen.

Ich fürchte, es vergeblich getan zu haben.

Damit schließe ich und erwartete nun Ihre g[eschätzten] von mir erbetenen Ratschläge bezüglich meines Verhaltens gegenüber Exner et cetera.

Nochmals erlaube ich mir auch die Bitte, mich in anderer Beziehung zu beraten, sofern Sie es für angezeigt halten.

Augenblicklich wichtiger ist‘s, dass Nevinny und Kerschner wohl orientiert seien. Der Kampf im Kollegium beginnt ja kaum vor Ende Mai oder Anfang Juni.

Mit herzlichen hochachtungsvollen Empfehlungen Herrn Hofrat danktreuer alter

G. Pommer

Dass die Mitteilungen Nevinnys, von denen ich gestern berichtete, geheim zu halten sind, brauche ich wohl nicht zu betonen. Die Komitee-Mitglieder verpflichteten sich hiezu.

Ebenso ist alles andere selbstverständlich nur für Herrn Hofrat bestimmt und vielleicht nur weniges für Zoth geeignet, der dasselbe aber ebenfalls für sich behalten muss.

1902 III 20, Innsbruck

Hochverehrter Herr Hofrat!

Vor allem sage ich Ihnen aufrichtigen Dank für die weisen Ratschläge, die Sie mir in Ihrem gütigen Schreiben vom 17. dieses Monats erteilen.

Ich will trachten, dem alten Spruche gemäß die Schweigsamkeit an richtiger Stelle höher zu schätzen als unbedachte gefährliche Redseligkeit.

Hoffentlich werde ich heute mit meinen Aufgaben fertig, so dass ich bereits am Samstag in Wien sein und meine Wege beginnen kann. Ich plane, verschiedene Fakultätsanliegen und ein eigenes Gesuch wegen eines erkrankten Assistenten als Anlass zu nehmen, und hoffe, dass ich das Gespräch in der angeratenen Weise auf die Physiologenfrage hinlenken und weiterführen kann. Von Wien aus schreibe ich wieder.

Heute nur noch in Kürze, dass ich Kerschner in der Frage Verworn-Zoth für völlig zuverlässig halte, dass ich aber gleichwohl Ihrem Rat gemäß sehr vorsichtig heute sprechen werde, wenn ich ihm meinen Abschiedsbesuch mache.

Auch Nevinny ist ganz sicher.

Ich wiederhole meine Ansicht, dass Herr Hofrat beiden aufgrund meiner Mitteilung, dass dieselben im Komitee sind, schreiben sollten. Vielleicht richten Sie an dieselben bei dieser Gelegenheit die Frage, ob ein Brief an andere Komiteemitglieder geraten sei oder dergleichen.

Ich denke, dass beide Ihnen gern ihre Ansichten über Dieses oder Jenes schreiben würden, und dazu möchte ich auf diese oder auf eine andere Art Gelegenheit zu geben anraten.

Ich werde heute in aller gebotenen Vorsicht beiden gegenüber über Verworn sprechen, so dass Herr Hofrat vielleicht über diesen Punkt weniger eingehend zu schreiben brauchen.

Von Wien aus komme ich nach Graz und hoffe, Herrn Hofrat und Ihre verehrte Frau wohl anzutreffen. Ich bitte, meine Handküsse zu entrichten und von meiner Frau herzliche Empfehlungen entgegenzunehmen und zu melden.

Zoth schreibe ich gleichzeitig.

Mit verehrungsvollen Grüße Herrn Hofrates danktreu ergebener

G. Pommer

Lieber Bruder!

Heute bekam ich einen Brief und Dein Parte aus Graz, das den Tod des Professor Jarisch anzeigt. Ich bin auch tief ergriffen über das Unglück, das die Familie betroffen. Jedenfalls muss eine schwere Infektionskrankheit das jähe Ende herbeigeführt haben, ehe noch eine klinische Diagnose möglich war. Ob aber Typhus, es kommt so etwas beispielsweise vor bei herrschenden Blattern oder Scharlachepidemien, Tod noch vor Ausbruch des Exantems. Vielleicht auch bei Influenza vor ausgesprochener Lokalisation.

Einen Besuch bei Euch zu Ostern, wozu Du mich freundschaftlich einladest, möchte ich doch lieber auf eine vorgeschrittenere Jahreszeit verschieben. Heute ist das Barometer stark gefallen, und wer weiß, ob die Ostertage nicht wieder nasskalt und unfreundlich sein werden. Vorgestern war es wunderschön und sonnig. Ich machte einen kleinen Spaziergang, wurde von einer kühlen Brise angeweht, und das Resultat war Kopfschmerz, Nasenkratzen und Kitzeln im Hals und Reizhusten. Ich komme mir vor wie eine Treibhauspflanze. Heute geht es wieder ziemlich gut.

Du fragst, ob ich eine Protektion wüsste zur Erwirkung einer allerhöchsten Signatur. Ich habe seit ein paar Jahren allen Verkehr mit höheren Kreisen aufgegeben, ja selbst die früher gepflogenen, nunmehr unerträglich gewordenen Gratulationsaufschreibungen in Kammern und Portierlogen bei Geburts- und Namenstagen, Neujahr und dergleichen gänzlich eingestellt. Ich bin also ganz außer jedem Verkehr mit Kreisen, die bei einer solchen Protektion in Betracht kämen. Wenn Du Deinen Plan ausführst, wird hoffentlich die Erinnerung an Deine Person und Deine Rede bei Gelegenheit des Kaiserbesuches in Graz die beste Protektion sein.

Es war wieder eine Anfrage wegen Verkaufes der Griesen. Der Herr wurde von Berta im Hause unten empfangen und ihm der Preis von 45.000 Gulden genannt. Er hat sich nicht wieder sehen lassen.

Nun lebe wohl. Ich wünsche Dir und den Deinen recht fröhliche Ostern und freue mich auf ein baldiges Wiedersehen etwa zu Pfingsten. Viele Grüße an alle

Emil

Euer Hochwohlgeboren
Hochgeehrter Herr Hofrat

Ihrem Wunsche folgend, beeile ich mich mitzuteilen, dass ich mir die Ehre geben werde, Herrn Hofrat zwischen 5 und 6 Uhr abends im physiologischen Institute aufzusuchen.

Herrn Hofrat ergebenster

Dr. E. Miglits

L[ieber] F[reund]

Chemical News sind hier an der Univ[ersitäts]-Bibl[iothek] und auch am Polytechnicum. Willst Du sie direkt durch Eure Univ[ersitäts]-Bibl[iothek] beziehen oder soll ich sie etwa ausleihen?

Auf baldiges Wiedersehen Dein

V. Lang

Hochverehrter Herr Präsident!

Aus 6jähriger Mitarbeit kenne ich die große undankbare Arbeitslast, die Sie als Präsident unserer Ärztekammer opferwillig auf sich genommen, und versichere, dass gehässige Angriffe nur die Verehrung der Ärzte für Sie und Ihr Wirken steigern können.

Hochachtungsvollst

Dr. Carl Schmid Kaiserlicher Rat
Ritter des Franz Josef-Ordens

1902 V 27, Innsbruck

Hochverehrter Herr Hofrat!

Das Komitee hielt heute abends seine erste Sitzung, welcher nach acht Tagen behufs endgültiger Redaktion des Wortlautes noch eine Sitzung (vielleicht noch eine weitere) folgen soll.

So viel mir meine Vertrauensmänner erzählten – es war der eine von beiden (K) etwas zugeknöpft und pedantisch gebunden an das vereinbarte Geheimnis (!), der andere (N) ganz mitteilsam, aber in die Einzelheiten sichtlich weniger eingedrungen – ist volle Sicherheit vorhanden, dass unser Zoth I loco allein gestellt wird und zwar unter so anerkennenden Äußerungen, dass ihm gegenüber die zwei anderen ganz in den Hintergrund treten. II loco wird Steinach, III loco Kreidl gestellt werden. Fuchs soll im Referat in sehr einschneidender Weise außer Betracht gebracht sein. Von Pregl wird das Beste erwartet auf dem Gebiet der physiologischen Chemie. Was auch in einer allgemeinen Betrachtung des jungen Physiologen-Nachwuchses über Durig gesagt werden wird, wusste mir keiner zu sagen, aber voraussichtlich wird ein solches Pflaster angebracht werden.

Der eine Gewährsmann sagte, er hätte selbst das Referat nicht besser und günstiger gestalten können und deutete an, es bestehe die Absicht, den Vorschlag mit der direkten Bitte enden zu lassen, es sei Zoth der Fakultät zu geben. Es soll auch davon die Rede sein, den Dekan mit dieser Bitte nach Wien zu senden.

Demnach dürfen wir wohl hoffen, dass unser Wunsch nach einem sehr günstigen Komitee-Vorschlag in Erfüllung geht.

Ich werde nach den nächsten Berichten, die mir zukommen, wieder schreiben.

Die betreffende Kollegiumssitzung wird voraussichtlich zu Mitte Juni, beiläufig, stattfinden. Das Ergebnis derselben teile ich sofort mit.

Wie sich nur Exner Ihnen gegenüber benehmen wird? Ich glaube, dass er wohl schon weiß, in welcher Weise hier referiert wird, und dass er gute Miene dazu machen wird, da er ja auf die Zukunft rechnet.

Von meiner Frau habe ich viele Empfehlungen zu entrichten. Mögen Herr Hofrat recht gesund und mit guten Eindrücken heimkehren. Das wünscht von Herzen Ihr danktreu ergebener

G. Pommer

1902 VI 5, Bruck a. d. Mur

Hochgeehrter Herr Hofrat!

Nachdem ich Dienstag, den 3. dieses Monats, meine Abhandlung an Herrn Geheimrat Professor Dr. Pflüger abgesendet, habe ich noch einmal die mir so gütig und so lange Zeit überlassenen Bücher und Abhandlungen noch einmal [sic] überflogen und beeile mich nun, dieselben Herrn Hofrat wieder zurückzustellen, in dem ich nochmals den ergebensten Dank für die Förderung, welche mir Herr Hofrat bei meiner Arbeit zuteil werden ließen, zum Ausdruck bringe und gleichzeitig die Bitte ausspreche, mir auch in Zukunft Ihr Wohlwollen und Ihre Unterstützung angedeihen zu lassen.

Hochachtend ergebener

Dr. Schmid d. J.

Von meinem Vater soll ich die besten Empfehlungen entrichten.

1902 VI 7, Innsbruck

Sehr geehrter Herr Hofrat,

Nachdem der Vorschlag des Komitees, dessen Referent ich war, für die Wiederbesetzung der Physiologie in Innsbruck, gestern vom Kollegium einstimmig angenommen worden ist, halte ich mich verpflichtet, Ihnen als dem Chef von Zoth davon umgehend Mitteilung zu machen. Der Vorschlag lautet: I loco Zoth wobei das Ministerium ersucht wird, diese Ernennung als die beste und einzige erstrebenswerte Lösung dieser Frage vollziehen zu wollen. Dieser Passus ist im Referat begründet und ist auch im Sitzungsprotokoll über meinen Vorschlag enthalten. II loco Steinach, III loco Kreidl.

Ich halte mich verpflichtet, Ihnen diesen Vorschlag mitzuteilen, damit Sie wegen einer eventuellen Nachfolge für Zoth sich rechtzeitig umsehen können und damit Sie und Zoth rechtzeitig alles in Ihrer Macht Stehende veranlassen können, dass Zoth auch wirklich ernannt wird. Wir haben jedenfalls das unsrige getan, um zu zeigen, dass Zoth unter den vorhandenen Kandidaten die beste Kraft für Innsbruck ist, und es wäre nun sehr notwendig, dass auch andere Hebel in Bewegung gesetzt werden, damit die Ernennung Zoths wirklich zu Stande kommt.

Es ist auch erwogen worden, ob der Vorschlag nicht durch eine persönliche Unterstützung seitens der Fakultät beim Ministerium gefördert werden solle, eine Entscheidung darüber ist noch nicht erfolgt, und ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir Ihre Anschauung über einen solchen Schritt umgehend mitteilen wollten. Ich für meinen Teil halte einen solchen Schritt im Interesse der Sache für nicht unbedenklich, weil ich mir vorstelle, dass es dabei notwendigerweise zu Auseinandersetzungen zwischen Exner und dem Referenten kommen könnte, welche dann durch kaum vermeidliche persönliche Verstimmungen der Sache mehr schaden als nützen könnten.

Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass der Inhalt dieses Briefes streng vertraulich und nur für Sie und Zoth bestimmt ist.

Ihr hochachtungsvoll ergebener

Löwit

1902 VI 10, Innsbruck

Hochverehrter Herr Hofrat!

In der heutigen Fortsetzung der Kollegiumssitzung teilte Löwit mit, dass Sie in einem Briefe an denselben die Bedenken geteilt haben, welche Löwit selbst gegen die Teilnahme seiner Person bez[iehungsweise] eines Fachmannes aus dem Komitee an der geplanten Deputation in seinem Briefe an Sie aussprach. Ich schwieg natürlich davon, dass mir eine ähnliche Äußerung von Ihrer Seite zugekommen ist. Die Mitteilung Löwits machte Eindruck.

Da diese Bedenken aber keineswegs ausdrücklich gegen die Absendung einer Deputation überhaupt, sondern nur gegen die Teilnahme eines Fachmannes an derselben geäußert wurden – wie Löwit auf Befragung hin zugab – so hoben wir unseren neulich gefassten Beschluss nicht auf, sondern vertagten die nähere Entschließung darüber, ob derselbe etwa aufzuheben wäre, und darüber welche Personen im anderen Falle die Deputation bilden sollten, auf unsere im Juli abzuhalten Sitzung. Natürlich steht von alledem kein Wort im Protokoll; wohl aber ist dasselbe durch einen Zusatz zu Gunsten Zoths wesentlich verstärkt worden, der auch in das Referat selbst eingefügt wurde.

Es heißt jetzt nach dem mitgeteilten Ersuchen im Betreff Zoths Ernennung: „Um dem Auftrage des K.K. Ministeriums auf Erstattung eines Ternavorschlages zu entsprechen, werden genannt Secundo loco … Tertio loco …“.

Dieser (von Vintschgau dem Sinne nach) beantragte Zusatz macht tatsächlich den Vorschlag zu einem Unico-Vorschlag.

In dem wir die Beschlussfassung im Betreff der Deputation auf etwa vier Wochen verschieben, beabsichtigen wir Zeit zur Überlegung zu gewinnen bez[iehungsweise] zur Erlangung von Nachrichten über die Stimmung, welche im Ministerium besteht. Die Abschrift des Referates wird samt dem Vorlagebericht und Sitzungsprotokoll bis Ende dieser Woche oder längstens zu Beginn der kommenden in Wien sein.

Ich möchte sehr bitten, nach Tunlichkeit Erkundigungen einzuziehen, wie die Aussichten im Ministerium sich stellen; wir verlassen uns hinsichtlich der endlichen Beschlussfassung auf Ihre Nachrichten und Ratschläge und ersuchen dringend, uns innerhalb der gegebenen Zeit von etwa vier Wochen darüber zu unterrichten, ob es notwendig oder wenigstens ob es nützlich und ungefährlich ist, eine Deputation, die wahrscheinlich aus mir und Ehrendorfer oder Hochstetter bestehen würde, nach Wien zum Minister zu entsenden bez[iehungsweise] zu den in Betracht kommenden Beamten desselben.

Mit herzlichen Empfehlungen an Sie und Ihre verehrte Frau Gemahlin von mir und meiner Frau Herrn Hofrates danktreu ergebener

G. Pommer

1902 VI 24, Königsberg

Sehr geehrter Herr Kollege!

Ich hoffe, dass Sie sich meiner erinnern, wenngleich wir uns sehr lange nicht gesehen haben. Gestatten Sie, dass ich in folgender Angelegenheit mich an Sie wende:

Ihr Kollege Richter, der Geograph, geht als Nachfolger Tomascheks nach Wien – Richters Lehrstuhl in Graz wird frei. Oder ist bereits ein Ersatz für Richter da?

Ist Richters Stelle bereits besetzt, so ist mein Schreiben überflüssig. Ist der Lehrstuhl noch vakant, so bitte ich um Auskunft.

Ein Münchener Gelehrter, Dr. Ludwig Bürchner, Gymnasial-Professor in München, würde sich auf Grund seiner wissenschaftlichen Arbeiten um die Stelle eines Professors der Geographie bewerben. Was für Schritte hat der Betreffende zu tun? An wen hat er sich zu wenden? An wen soll er seine Papiere – Vita, Schriften usw. – einsenden?

Ich kenne den pp Bürchner schon seit Jahren und stehe mit ihm in Verbindung: es ist die Anthropologie, die uns zusammengeführt hat. Er ist ein strebsamer, fleißiger Mann, der schon viel geschrieben hat.

Indem ich Sie bitte, mir bald eine Antwort zu geben, sende ich Ihnen in Erinnerung an alte Zeiten (1862!) einen herzlichen Gruß, Ihr alter

Ludwig Stieda

Gaudeo, laetor, gratulor Carolae Franciscae atque meo nomine!

Vale, fave – Semper idem

Gratiarum in urbe

1902 VII 1, [Innsbruck]

Hochverehrter Herr Hofrat!

Nehmen Sie vor allem meine aufrichtigen Glückwünsche und den Ausdruck meiner innigen Freude anlässlich Ihrer viertmaligen Erwählung zum Rektor entgegen.

Noch erinnere ich mich, mit welcher Freude ich die Feier begrüßte, die Ihnen bei Ihrer Erwählung in einem der ersten 80er Jahre veranstaltet wurde. Ich arbeitete damals in Ihrem Institut, als sich der Fackelzug zu ihrer Wohnung entwickelte beziehungsweise ich war kurz vorher von der Arbeit weggegangen. Auch heute freue ich mich wieder über diese Vertrauenskundgebung mit Ihnen und mit Ihren verehrten Angehörigen recht von Herzen.

Herzlich freuen mich auch die günstigen Nachrichten, die ich sowohl Zoths Briefe als Ihrem eigenen entnehme. Zoth schreibt, dass nicht einmal notwendig sei, dass er sich im Ministerium vorstelle. Ich dächte aber, dass diese Aufmerksamkeit doch zu erweisen wäre, sobald nur Hartel und sein Stab in Wien anwesend sind.

Von eben demselben Umstande müsste natürlich die Reise abhängen, die ich etwa doch unternehmen müsste, soferne die Nachrichten der nächsten Zeit dazu Veranlassung geben oder eine Beschleunigung notwendig sein sollte.

Ich werde Löwit (durch Nevinny) veranlassen, dass er nochmals um Ihre Entscheidung Ihnen, hochverehrter Herr Hofrat, schreibe. Mittlerweile wird wohl Zoth weitere Nachrichten erhalten und wird auch die Rückkunft des Ministers bekannt sein. Wenn aber die Entscheidung wirklich noch innerhalb des Juli fallen soll, so könnte eine lang hinausgezögerte Reise endlich ganz überflüssig sein; vor dem Ende der Prüfungen (also beiläufig vor 21., 22.) könnte ich überhaupt nicht fort.

Sehr angenehm berührt mich die Vermutung Ihres Briefes, dass E[Exners] Ansehen bei den Beamten des Ministeriums doch gelitten habe. Damit fällt die Nötigung zu Besorgnissen immer mehr weg.

Meine Frau schließt sich meinen Glückwünschen an. Wir beide bitten, Ihrer verehrten Frau unsere ergebenen Empfehlungen zu entrichten.

Mit dem Ausdruck danktreuer Hochachtung Herrn Hofrat aufrichtig ergebener

G. Pommer

1902 VII 16, Breslau

Hochgeehrter Herr Hofrat!

Schon gestern hatte ich von gut unterrichteter Seite zu erfahren Gelegenheit, dass Herr Karl Alexander, den ich selbst nicht kenne, für einen im Kurpfuscherwesen außerordentlich beschlagenen, zuverlässigen und durchaus anständigen Manne gelte; ich glaube daher, dass Sie sich wohl an ihn wenden können.

Noch immer sind mir Ihre schönen Demonstrationen in dankbarer Erinnerung und ich möchte an eine derselben noch eine Frage knüpfen. Wie ich Ihnen schon vor drei Jahren mitteilte, bin ich mit der Fotografie der Hydrophilusfasern während der Kontraktion beschäftigt und habe auch einige befriedigende Ergebnisse erhalten (s. d. beiliegende Kurve). In diesem Sommer wollen sich aber, wie schon öfter, die Fasern überhaupt nicht kontrahieren, und ich möchte fragen, ob Sie vielleicht inzwischen ein zuverlässiges Verfahren ausfindig gemacht haben, die Fasern zur Kontraktion (Ablauf von Wellen) zu veranlassen. Zerdrücken im eigenen Saft unter dem Deckglas nach Ihrer Vorschrift hat mich auch im Stich gelassen.

Mit höflichen Grüßen Ihr hochachtungsvoll ergebener

K. Hürthle

Anmerkung Die als beiliegnd erwähnte Kurve fehlt, wohl aber liegen dem Brief die nachfolgenden, bereits stark verblaßten Fotografien bei:

Marker Lebende Faser in polarisiertem LichtLebende Faser in polarisiertem Licht Marker RuheRuhe

Marker Lebende Faser in natürlichem LichtLebende Faser in natürlichem Licht Marker RuheRuhe

1902 VII 19, [Innsbruck]

Hochverehrter Herr Hofrat!

Herzlichsten Dank für Ihre so freundliche Beglückwünschung [zur Wahl zum Rektor für das Studienjahr 190203].

Dass ich gemeinsam mit Ihnen in diese mir ganz neue Wirksamkeit eintrete, gibt mir einen Ansporn in jeder Beziehung. Am Willen fehlt es mir nicht, Ihrem leuchtenden Beispiel zu entsprechen. Aber wo bleiben die Kräfte?

Tag für Tag erwarte ich, nach den Mitteilungen Zoths, dass die freudige Nachricht eintrifft.

Eben diese Mitteilungen, die Zoth auch Löwit gab, veranlassten das Kollegium, von dem Plan abzustehen; dass ich jedoch, obwohl die letzte Sitzung in ihrem Protokoll über die Angelegenheit schweigt, im Falle der Gefahr das Recht hätte, namens der Fakultät in Wien zu erscheinen und zu sprechen, steht wohl fest. Daher habe ich auch Professor Zoth gebeten, mich davon zu unterrichten, wenn etwa ungünstige Nachrichten aus Wien zu ihm dringen sollten. Ich würde mich dann sofort aufmachen und versuchen zu retten, was rettbar ist, um mein Gewissen zu beruhigen. Hoffentlich erwarte ich aber mit Recht gute Zeitungen.

Am Dienstag übernehme ich von v[on] V[Vintschgau] das Institut.

Was wird Zoth für Augen machen, wenn ich ihn einführe? Herr Hofrat kennen vielleicht auch diese Antiquität nicht. Wie wäre es, wenn Sie uns die Freude bereiteten, jetzt einmal in Innsbruck zu bleiben, wenn Sie etwa wieder eine Reise durch’s Land Tirol führt!! Wir hätten eine innige Freude darüber, das brauche ich Sie wohl nicht erst zu versichern.

Ihrer verehrten gnädigen Frau bitte ich von meiner Frau und mir selbst ergebene Empfehlungen zu entrichten und eben solche entgegenzunehmen.

In herzlicher Danktreue Herrn Hofrat‘s ergebener

G. Pommer

Lieber Bruder!

Ich hätte Dir gerne schon früher geschrieben, allein ich wartete immer, weil ich glaubte, Dir über mein rechtes Auge einmal bessere Nachrichten geben zu können. Leider ist das aber nicht so möglich, wie ich gerne gewünscht hätte.

Mich hat am 14. Juni nachmittags ganz plötzlich und ohne, dass ich irgendwelche vorausgehende Erscheinungen wahrgenommen hätte, ein großes Unglück getroffen.

Ohne dass ich besonders anstrengend gearbeitet oder etwa mikroskopiert hätte oder kleinen Druck viel gelesen hätte, kurz ohne alle nähere bestimmbare Veranlassung, bemerkte ich plötzlich, dass mir die gewöhnlichen Arbeiten in Laboratorium schwierig wurden, weil mich etwas blendete. Ich schloss nun abwechselnd das eine, dann das andere Auge und sah zu meinem Entsetzen, dass ich mit dem Zentrum des rechten Auges gar nichts sehe. Ein subjektives stark gefärbtes Bild wie ein Geduldspielstein belästigte mich von da an sehr.

Marker

Ich ließ mich durch Birnbacher spiegeln, der mir sagte „Objektiv nichts nachzuweisen“, nur leichte venöse Hyperämie. Schonen, solche Sachen (Scotome) dauern wochenlang.

Ich war nun verurteilt, nichts zu tun und das dauert nun schon in die 7bente Woche hinein. Abends lese ich nichts, bei Tag besorge ich mit dem linken Auge dürftig Lesen und Schreiben und zwar nur das unumgänglich Notwendige.

Jetzt kann konstatiert werden, dass ich großen Druck lesen kann ohne Verzerrung der Buchstaben zu bemerken, weder in der Fläche noch Tiefe, also die mussirische [?] Schichte der Netzhaut und die Choroidea sind in Ordnung.

Blicke ich bei geschlossenem linken Auge in die Welt, so ist alles sichtbar, aber teilweise mit Nebelschleier überzogen. Schaue ich auf den Boden, so sieht derselbe auf beschränkten Flecken wie mit Schnupftabak bestreut aus und diese Bestreuung zeigt helle Löcher, in welchen die Gegenstände ganz scharf gesehen werden. Alle Farben werden dort normal empfunden.

Zu lesen bin ich gewöhnlichen Druck nicht im Stande. Die Zeilen erscheinen aber jetzt schon getrennt, und in den genannten Löchern erscheinen, wie ich es gezeichnet, 3–4 Buchstaben scharf, die anderen sind wolkige Nebelstreifen. Mit einer sehr starken Konvexlinse (Loupe) kann ich gewöhnlichen Druck mühsam entziffern.

Marker

Etwas hat sich die Sache während der bangen 7 Wochen, in welchen Verzweiflung und Hoffnung mich beherrschten, doch gebessert, aber viel fehlt noch.

Glücklicherweise ist das linke Auge ganz intakt. Das ist aber auch sehr merkwürdig, dass eben nur das rechte Auge so affiziert ist, und spricht gegen jedes Verschulden meinerseits.

Jetzt fasse ich mich, indem ich viel spazieren gehe und immer denke, dass man nicht das Böseste voraussetzen soll. Es ist genug, wenn es einmal kommt. Die Bulbi sind weich, die Iris normal ohne Erweiterung der Pupillen. Netzhaut-Ablösung, Glaucom vorläufig ausgeschlossen. Birnbacher und Dimmer sagen[:] nur Geduld, das dauert lange, aber vergeht wieder. Nun, ich werde ja sehen, wie es wird, peinlich ist der Zustand und, dass man da manchmal melancholisch wird, kann einem niemand verübeln.

Den Leuten gegenüber sage ich nicht viel über mein Leiden. So viele Freunde ich hier auch habe, wie meine Wahl zum Rektor ein 4. Mal beweist, so gibt es doch auch einige erbitterte Feinde, die jubeln würden, wenn ich zugrunde ginge.

Oskar und Richard (Haupttratscher) wissen sehr wenig über meinen Zustand. So viel wie die meisten Leute: ich trage schwarze Gläser, weil ich etwas gereizte Augen habe. Ich bitte dich, auch den Schwestern nicht viel mehr zu sagen, denn es wird immer zwischen Graz und Baden hin und her getratscht.

Mein übriges Befinden ist gut. Ich habe Appetit und schlafe gut, wenn ich viel in der Luft herumgehe.

Am 31. Juli gehen wir von hier nach Hallein, dort kommen wir um 5 Uhr 18 M[inuten] abends desselben Tages an. Wir leben in einer Pension: Carl Poller Hotel Stern.

Ich traf diese Wahl, nachdem der Gynäkologe Fürst erklärt hatte, dass für Mama Solbäder angezeigt wären, weil Hallein noch das billigste war und weil ich nicht Zeit und nicht Lust hatte, viel zu suchen. Es war zur Zeit, wo mein Auge am schlechtesten war.

Die Kinder freuen sich, Neues zu sehen, nun, die vier Wochen, welche wir dort zubringen wollen, werden zu ertragen sein.

Sollte Dich eine Ferienreise nach Hallein führen, dann wirst Du uns alle sehr erfreuen.

Ich glaube, dass in der Gefäßschichte der Netzhaut ein umschriebenes Exsudat liegt, welches zugleich reizt und sehr langsam resorbiert wird, wenn?

Ich bitte Dich, alle zu grüßen und grüße Dich herzlichst Dein

Alexander

1902 VII 29, Bruck a. d. Mur

Hochgeehrter Herr Hofrat!

Wegen der verzögerten Rücksendung des Werkes von Henke aus der Institutsbibliothek bitte ich, mich zu entschuldigen, da ich dasselbe noch brauchte, weil ich mich an den anderen Teil meiner Herzarbeit machen möchte. Ich habe mir einstweilen das, was Henke über die Bewegung der Herzbasis meint, abgeschrieben und danke somit nochmals ergebenst für die große Güte und Freundlichkeit, mit der Herr Hofrat mich in meinen Bestrebungen unterstützt haben, die Bitte gleichzeitig wiederholend, Herr Hofrat möchten mir Ihre Unterstützung in derartigen Fragen auch künftig hin zuteil werden lassen.

Bezüglich der Vorstellung Henkes über die Wanderung der Herzbasis und über die Ursache dieser Erscheinung sind mir allerdings Bedenken aufgestiegen: einmal der Umstand, dass die Basis des Kammerherzens nicht von dem Ursprungsteil der großen Arterien allein gebildet wird, sondern, und vielleicht zum größeren Teile, von der Scheidewand, welche die Kammern von den Vorhöfen trennt. Und auf diese Scheidewand kann die systolische Verlängerung der großen Arterien wohl kaum einen Einfluss haben, wenn auch systolisch eine Verkürzung des Conus arteriosus beider Kammern eintritt. Dann scheinen auch die Untersuchungen Krehls, Hesses, Brauns gegen eine systolische Verkürzung der Wand der Herzkammern zu sprechen, mit Ausnahme jenes Teiles der eben im Conus arteriosus beiderseits angehört.

Dagegen glaube ich einer anderen Einrichtung in den Kammern die Funktion zuschreiben zu müssen, ein systolisches Herabrücken der Atrioventrikularscheidewand, das ist der Vorhofklappen, zu bewirken, und zwar den so kräftigen Papillarmuskeln. Dass dieselben sich systolisch kontrahieren, dürfte wohl keinem Zweifel unterliegen; da sie aber dabei kürzer werden, müssen sie, da sie sich mit ihren Sehnen an den ganzen Flächen der Vorhofklappen ansetzen, diese selbst systolisch herabziehen und dadurch eine bedeutende Saugwirkung auf das Venenblut ausüben, da ja dadurch die untere Fläche der Vorhöfe wie der Stempel einer Saugpumpe herab gezogen wird. Dadurch muss während der Kammersystole ein negativer Druck in den Vorhöfen entstehen, der sich in die Venen als negative Welle fortpflanzt und das wichtigste Moment für die normale Zirkulation in den Venen bildet. Bewirken doch Störungen dieses Mechanismus, wie Insuffizienz der Vorhofklappen oder unzulängliche Kontraktion der Papillarmuskeln bei Degenerationszuständen des Herzens, schwere Störungen der Blutbewegung in den Venen, die sich durch Ödeme etc. manifestieren. Auch die Wirkung des negativen Druckes im Thoraxraum verschwindet daneben an Bedeutung, da doch bei eröffnetem Brustkasten die Zirkulation ungestört ihren Fortgang nimmt, da auch physiologisch zu einer Zeit, wo es noch keine Lungenatmung, also auch keinen negativen Druck im Brustraum, gibt, das Venenblut in das Herz gesaugt und nicht gedrückt wird; im letztgenannten Falle scheint mir die geringe Verlängerung der Systole, welche sich aus dem pendelartigen Rhythmus der fötalen Herztöne erschließen lässt, das zu ersetzen, was im extrauterinen Leben durch die Lungentätigkeit für die Zirkulation in den Venen mitgeholfen wird.

So glaube ich die Wirkung der Digitalis oder anderer Herztonika bei Stauungsödemen durchaus nicht darin suchen zu müssen, dass dadurch der arterielle Druck gesteigert wird, sondern darin, dass dadurch eine länger dauernde und ausgiebigere Systole der Kammern, damit aber eine bessere systolische Saugwirkung auf das Venenblut ausgeübt wird. Der erhöhte Arteriendruck allein könnte das Übel doch nur verschlimmern, die Ödeme müssten dadurch allein eher zu- als abnehmen, da doch dem Gewebedruck nun ein noch höherer Gefäßdruck gegenüberstehen würde. Wird aber das Venenblut mit mehr Kraft angesaugt, der Druck in den Venen dadurch erniedrigt, so muss Aufsaugung der Ödemflüssigkeit notwendig eintreten und lebhafte, rasche Blutzirkulation überhaupt, da der Druckunterschied zwischen Arterien und Venen zugenommen. Aus dieser Auffassung heraus glaube ich aber auch wichtige Schlüsse auf andere pathologische Erscheinungen ziehen zu dürfen, zum Beispiel das akute Lungenödem. Hier muss wohl verminderte Saugwirkung des linken Ventrikels die Hauptrolle spielen.

So klar mir aber zu sein scheint, dass die systolische Verkürzung der Papillarmuskeln das systolische Herabrücken der Vorhofklappen, id est der Atrioventrikularscheidewand erzeugt, so bitte ich Herrn Hofrat ergebenst, mir, wenn möglich, Ihre Ansicht über diese Annahme bekannt zu geben, vielleicht auch die Daten, wie viel die systolische Verkürzung der Kapillarenmuskeln betragen kann!

Indem ich zum Schlusse noch meiner ergebensten Gratulation zur einstimmigen Wahl zum Rektor der Universität Ausdruck gebe, welche Ehrung wohl von Allen, welche das Wirken Herrn Hofrates für die medizinische Wissenschaft und ihre Jünger kennen, mit größter Freude und Genugtuung aufgenommen wurde, zeichne ich als Ihr dankbar ergebenster

Dr. Schmid d[er] J[üngere]

Hochverehrter Freund

Dank für Ihren lieben Brief. Sie glauben kaum, in welcher Aufregung ich mich befinde! Was soll ich tun?

Vor 14 Tagen war ich in München. Das Ministerium war mir in so großmütiger Weise entgegengekommen, dass ich sah, dass ich auch keine materiellen Opfer würde bringen müssen, wenn ich Wien mit München vertauschen würde. Unmittelbar vor meiner Abreise verzehrte ich am Fenster einer Restauration am Bahnhofplatz mein Mittagessen. Da kam mit klingendem Spiel ein Bataillon vorbei. Da überfiel‘s mich plötzlich, und heiße Tränen der Rührung und des Glückes liefen mir nur so aus den Augen: Das wird künftig dein Militär sein! Deutsche wie du, hinauf bis zum höchsten Offizier und nicht mehr Polacken und Krawaten und Bosniaken unter den Befehlen von anationalen Gigerlbuben, denen deutsches Volkstum und deutsche Kultur Hekuba ist!

Du sollst in Zukunft befreit sein von dem nagenden Gram, einem Staate dienen zu müssen, der nicht leben und nicht sterben kann; den du gar nicht stark wünschen darfst, da er seine Kraft sofort gegen dein Volk, deine Kultur wenden würde!

Wenn deine Söhne in‘s Feld müssen und fallen, dann wissen sie wenigstens, dass sie für ihr Volk sterben und nicht für einen Franz Ferdinand oder den Papst!

Ich dachte, es ist etwas so Ungeheueres für den Mann, ein Vaterland zu haben, dass nichts in der Welt mich davon abwendig machen könne, dieses unverhoffte Glück zu ergreifen.

Und jetzt habe ich Gewissensskrupel! Hartel will mich durchaus nicht fortlassen (weil er die Angriffe im Parlament fürchtet) und es ist möglich, dass man mir alle meine, nach österreichischen Begriffen exorbitanten Forderungen bewilligen würde: Sofortiger Neubau des Institutes mit bakteriologischer und chemischer Abteilung und einem Museum; 60.000 Kronen für die erste Einrichtung mit Instrumenten, Apparaten, Modellen, Tafeln usw. 10.000 Kronen Jahresdotation, 2 Adjunkten, 2 Assistenten, 4 Diener. Wird dies wirklich bewilligt und bliebe ich, dann hätte dies die größte Bedeutung nicht allein für die hygienische Lehrkanzel, sondern für alle theoretischen Lehrkanzeln an den medizinischen Fakultäten und die naturwissenschaftlichen Institute der philosophischen Fakultäten dazu. Denn damit wäre in das bisherige Knausersystem gründlich Bresche gelegt; alle Institutsvorstände würden mit Recht rebellisch werden und das Ministerium müsste sich dazu verstehen, alle Dotationen nach und nach auf‘s 3- und 4- und 5-fache zu erhöhen. Wenn ich nun durch mein Bleiben den deutsch-österreichischen Universitäten einen solchen Dienst leisten könnte, bin ich dann nicht verpflichtet, dieses Opfer zu bringen???

Diese Frage ist es, die mich quält. Hoffentlich sagt der Finanzminister, der die Folgen einer Nachgiebigkeit gegen mich sehr wohl kennt, noch Nein und enthebt mich so der schwierigen Entscheidung. Sie brächte mich auch in eine Pflichtenkollision gegenüber der Münchener Fakultät. Schon die Andeutung, dass ich doch noch ablehnen könnte, obwohl das bayrische Ministerium alle meine Wünsche zu erfüllen versprochen hat, hat Voit sehr aufgebracht. Die Fakultät würde es als einen Wortbruch betrachten und dadurch in große Verlegenheit kommen, weil sie ihren ganzen Vorschlag auf die sichere Aussicht meines Kommens aufgebaut hat.

Was meinen Sie dazu? Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir ein paar Zeilen darüber schrieben, denn ich wüsste nicht, auf wessen Urteil ich mehr Vertrauen setzen würde.

Herzliche Glückwünsche zum Gelingen des Sängerfestes. Ich verstehe Ihre Gefühle: Armes Deutschösterreich, musst du wirklich mit und in dem Kadaver des Reiches weiterfaulen?

Alles, was scharf macht und scharf hält, ist für unser Volk gut. Daher ist es mir ganz recht, dass der Korpskommandant das Verhältnis der Staatsmacht zu unserm Volkstum so deutlich markierte.

Mit besten Wünschen für die Ferien Ihr stets treu ergebener

M. Gruber

Besten Dank für Ihre freundlichen Zeilen. Gruber [?] bzw. der Wiener Ausschuss hat vor mindestens 10 Tagen eine zusagende Antwort schon bekommen. Ich erwidere Ihre Wünsche für die beginnenden Ferien auf das herzlichste und bin mit den schönsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr ergebener

Zd. H. Skraup

Hochverehrter Herr Professor!

Unter einem geht die Postanweisung ab, die wahrscheinlich erst einen Tag nach Eintreffen dieser Karte zu beheben sein wird.

Von Wendl erhielt ich laut BüchelK863.97
Die Anweisung lautet aufK862.97
PortoK1.00
ZusammenK863.97

Der Spiritusbogen wurde heute abgeholt. Sonst nichts Neues, auch von Wien und Innsbruck nicht.

Fröhliche Ferien und recht, recht gute Erholung wünscht Ihnen Ihr dankbar ergebener

O. Zoth

Verehrtester Herrn Hofrat

1000 Dank für Ihren lieben Brief, der mir höchst wertvoll ist. Ich habe zwar viele liebe Freunde und Verwandte in Wien, habe aber das geschlechtslose, verjudete Wien als Ganzes immer gehasst. Der Abschied wird mir daher nicht schwer. – Vielleicht finde ich Zeit, Sie von See am Mondsee aus zu besuchen, wohin ich morgen reise. Oder kommen nicht Sie einmal auf den Schafberg?!

In treuer Ergebenheit Ihr

M. Gruber

Hochverehrter Herr Professor!

Soeben erhalte ich von meinem Gewährsmann im Ministerium, der erst vor wenigen Tagen vom Urlaube heimkam, folgende Nachricht:

„Der Antrag des Ministers ging erst am 27. 7.‚ hinauf‘. Die – im Übrigen gewiss zweifellose – Ernennung dürfte daher spätestens in einigen Tagen herabkommen.“

Ich erhalte und gebe dann sogleich Nachricht.

Mit vorzüglicher Hochachtung und ergebensten Handküssen an die Damen Ihr dankbar ergebener

O. Zoth

1902 VIII 16, Graz

Hochverehrter Herr Professor!

Die Separata des Vortrages „Entwicklungslehre und spezifische Sinnesenergie“ sind ins Institut geliefert worden. Soll ich sie nachsenden? Ein Stück geht unter einem als Drucksache ab. Die Bücher vom Buchbinder sind ebenfalls gekommen. Der Kasten wird sehr bald wieder zu klein. Die Ernennung, von der ich privat erfahren und Herrn Professor gestern telegrafisch Nachricht gegeben habe, wird wohl in den nächsten Tagen veröffentlicht werden, worauf ich sogleich, um wo möglich Pommer noch dort zu treffen, nach Innsbruck und von da nach Hallein fahre, um dort meinem verehrten väterlichen Freunde persönlich für alles das viele Gute zu danken, das Er mir seit nunmehr 16 Jahren erwiesen und dem Er durch die überaus selbstlose Förderung der Innsbrucker Berufung die Krone aufgesetzt hat.

Ich werde von Innsbruck aus, wo ja jetzt ohnehin nicht viel zu machen sein wird, schreiben, wann ich komme, bitte aber schon heute, dadurch keine Störung in allfällig früher gefassten Ausflugs- oder Reiseplänen eintreten zu lassen. Die schöne Zeit ist heuer gar rar!

Mit vorzüglicher Hochachtung in treuer Verehrung Ihr dankbar ergebener

Oskar Zoth

Ergebene Handküsse den Damen.

Lieber Bruder!

Wenn es mir möglich sein wird, werde ich für den Herrn Maresch mich verwenden. Wenn er ein Stipendium haben will, so muss er sich vor allem darum kümmern, ob und welche Stipendien in diesem Jahre ausgeschrieben sind. Die Stipendien werden von der Statthalterei ausgeschrieben und verliehen. Früher wird unser Stipendienreferent (Prof. Klemensiewicz) um seine Meinung gefragt. Wenn Maresch sich einmal hat inskribieren lassen, soll er zu mir kommen. Die jungen Leute müssen informiert werden über die Wege, welche sie einschlagen sollen. Das werde ich und der Stipendienreferent, zu welchem ich Maresch schicken werde, tun. Wir beide kennen auch den Hofrat König bei der Statthalterei, der endgültig entscheidet. Vielleicht schicken wir den jungen Mann auch zu König. Die Verleihung der Stipendien findet erst um Neujahr statt.

Wir haben in Hallein wirklich noch vieles gesehen und sind trotz Wetter ziemlich gut durchgekommen. Mein Zustand ist, wie ich glaube, etwas besser, nicht viel. Es ist erbärmlich, wenn man seine Zeit mit Nichtstun hinbringen muss und so viel zu tun hätte.

Aber noch muss ich ausharren und einen weiteren Fortschritt zu gewinnen suchen, wenn es nur nicht gar so langsam ginge.

Dintschis Brief wird heute beantwortet, sie wird Dir ja davon erzählen.

Ihr Bruder Karl ist schon einige Tage hier, vorgestern waren wir mit ihm auf der Platte und dann in Maria-Trost.

Grüße alle von uns allen Dein

Alexander

1902 IX 13, Manchester

Besten Dank für Ihre neue Arbeit über Entwicklungs-Lehre und Sinnesenergie

William Stirling Physiological Laboratory Owens College, Manchester

Anmerkung (Ansichtskarte des Physiologischen Instituts Tübingen:)

Hochgeehrter Herr Kollege

Marker Ansichtskarte des Physiologischen Instituts Tübingen
                        Ansichtskarte des Physiologischen Instituts Tübingen

Von meiner Reise zurückgekehrt, finde ich Ihre Zusendungen, für die ich Ihnen sogleich danke. Auch Budge hat Hämoglobin in Blutegeln nachgewiesen. Ich habe darüber nichts gefunden und die von mir befragten Zoologen wussten auch nichts. – Besten Gruß an Sie und Ihr Institut. Ihr getreuer [?]

P[aul] Grützner

Hochgeehrter Herr Kollege!

Vielen Dank für Ihren Brief vom 20. dieses Monats! Insbesondere danke ich Ihnen für die warm empfundenen Worte, welche Sie unserem großen Toten, Rudolf Virchow, widmen. Virchow stand mir seit 36 Jahren sehr nahe und mit keinem in unserer Fakultät verkehrte ich so intim wie mit ihm, und das galt auch für unsere Familien. Es ist wie eine Leere über mich gekommen, seit ich ihn nicht mehr unter den Lebenden weiß.

Zu Ihrem bevorstehenden vierten Rektorate wünsche ich, dass die hohe Würde nicht mit zu viel Bürde verbunden sein möge, und drücke Ihnen zugleich meine hohe Befriedigung und Freude darüber aus, Sie von Ihrer Universität so geehrt zu sehen! Da Sie aber das zeitraubende Amt noch nicht angetreten haben, fasse ich den Mut, Sie noch um einen Dienst im Interesse unserer Universität und medizinischen Fakultät, deren derzeitiger Dekan ich bin, vertraulich zu bitten. Wir haben u[nter] A[nderen] als Nachfolger unseres verstorbenen Klinikers Gerhardt Ihren Kollegen Kraus in Aussicht genommen, und es ist sehr möglich, dass unser Ministerium sich zunächst an ihn wenden wird. Von wissenschaftlicher Seite steht ihm ja unbestritten der beste Ruf zu; Sie werden es aber natürlich finden, wenn ich als Dekan und, leider, persönlich mit Kollegen Kraus nicht bekannt, auch über denselben als Mitglied der Universität und Fakultät sowie als Menschen etwas wissen möchte. Es ist zwar ein eigentümliches Ansinnen an den zukünftigen Rektor einer Universität, dass er gleichsam mitwirken solle, ein hervorragendes Mitglied des Lehrkörpers zum Weggange zu bringen, allein ich vermute, dass Sie, wie ich, eine Solidarität zwischen den österreichischen und deutschen Universitäten anerkennen und der Ansicht sind, dass eine der anderen helfen müsse. Das kann dem Ganzen doch nur zum Vorteil gereichen. Mit freundschaftlichem Gruß Ihr

Waldeyer

Die Nagelschen Schriftstücke stehen Ihnen beliebig lange zu Gebote.

Hochgeehrter Herr Kollege,

Ich komme erst heute dazu, Ihnen herzlich für Ihren liebenswürdigen Brief vom 19. dieses Monats zu danken. Es scheint also da schon Mancherlei auf diesem Gebiete bearbeitet zu sein. Mir war die Sache neu. Jedenfalls scheint man bei Zecken noch nichts Derartiges beobachtet zu haben.

Dann meine herzlichsten Glückwünsche zu der hohen Ehre, die Ihnen widerfahren ist. Das ist ja eine ganz besondere Auszeichnung.

Mit hochachtungsvollem Gruß Ihr ergebenster

P. Grützner

Beste Glückwünsche und Grüße auch an Zoth.

Hochverehrter Herr Kollege!

Für die gütige Auskunft muss ich Ihnen doch sofort danken und zwar recht herzlich und recht aufrichtig! Denn dieselbe ist eine so sachgemäße und auf alles das eingehende, was man gern aus lauterer Quelle erfahren möchte, dass ich sie mir nicht besser denken konnte. Nicht zum mindesten dankbar bin ich Ihnen für die über die „Abstammung“ gegebene Nachricht. Ich stehe ganz auf demselben Standpunkte wie Sie. Für uns ist aber insbesondere in der medizinischen Fakultät die semitische Frage eine nicht unwichtige. Bald werden, wenn die Sache so weitergeht, 3/4 der Berliner Ärzte Juden sein. Unter unseren 15 Ordinarien ist nur 1 Jude, O. Liebreich, aber unter unseren 9 Ordinarii honorarii sind schon 5, unter den 37 Ordinarien 16, unter 100 Privatdozenten 49 und unter den sich neu meldenden Habilitanden überwiegen sie in den letzten Jahren erheblich. Bei aller Anerkennung der Tüchtigkeit der Rasse scheint mir doch die Verschiebung des Schwerpunktes nach der Seite eines Volksstammes, welcher zwar das „Ferment“ der Völker, aber auch den „Parasiten“ derselben darstellt, nicht wünschenswert. Indem wir unsere jüdischen Mitbürger schon in einer prozentisch überhohen Zahl in unseren ärztlichen und Universitätslehrstand aufgenommen haben und auch weiter aufnehmen wollen, dürfen wir doch auch nicht zu weit gehen. Die Folgen würden für die Juden selbst nicht die Besten sein; das haben mir einsichtsvolle Juden selbst zugegeben. So ist es mir angenehm gewesen zu erfahren, dass Kollege Kraus die Zahl der Juden in Berlin nicht vermehren würde.

Ihr Schreiben werde ich selbstverständlich streng vertraulich behandeln, was aber an mir liegt tun, um unser Ministerium zu raschem und entschiedenem Vorgehen zu bestimmen.

Mit hochachtungsvollem Gruß Ihr dankbar ergebener

Waldeyer

1902 IX 28, Innsbruck

Hochverehrter Herr Hofrat!

Endlich komme ich dazu, Ihnen etwas ausführlicher zu schreiben, was ich hier treibe, und mich zugleich um Ihr und Ihrer geschätzten Familie Befinden sowie ein bisserl um das Institut zu erkundigen, namentlich ob schon ein Assistent gefunden ist.

Was meine „dieswöchentliche Tätigkeit“ betrifft, so bestand sie in Putzen, Herrichten und Einkaufen. Das Institut ist nämlich an und für sich groß und schön, aber es war gräßlich schmutzig: und das kann ich, wie Herr Professor wissen, nicht anschauen. Jetzt sind die Haupträume wenigstens einigermaßen anzusehen. Zweitens war „gar nichts da“; das heißt, das „tägliche Brot eines Institutes“ fehlte ganz: kein einziger Kork! Kein Nagel! Kein Werkzeug! Keine Eprouvetten! Kein Papier! Kein Pappendeckel! Nichts. Dafür freilich viele schöne und fast neue Apparate, bei denen man mangels „täglichen Brotes“ hätte verhungern können.

Jetzt ist um ein paar lumpige Gulden das Notdürftigste angeschafft. Werkzeug kaufe ich am Ende des Jahres vom Dotationsreste.

In den „praktischen Übungen“ nach der neuen Studienordnung haben die Studenten fast gar nichts selber gemacht, dafür ist ihnen eine Masse gezeigt worden, nämlich: alle Experimente zu den Vorlesungen!; nur etwa 10 Apparate haben sie in die Hand bekommen, sonst nichts. Was soll ich da prüfen? Nach der alten Ordnung haben sie wenigstens noch einige (circa 12) chemische Reaktionen gelernt, jetzt auch das nicht mehr!

Die Bibliothek hat fünf schöne Zeitschriften (Pflüger, Schultze, Zeitschrift für Mikroskopie, Zentralblatt und Zeitschrift für physiologische Chemie), sonst nur alte Sachen. Die vielen schönen und wertvollen Handbücher von Graz werden mir sehr abgehen!

Alles in allem bin ich aber recht zufrieden: Ich hoffe, dass sich alles gut machen wird. Dienstag ist das erste Theoreticum, ich übe mich schon im Finger spreizen.

Morgen beginnt für mich eine traurige Zeit, die Besuchs-Zeit. Wär‘ sie doch nur schon vorüber! Bis jetzt lernte ich nur wirts- und kaffeehausweise Rille und Meyer kennen. Mit Loos, Nevinny und Pommer sind wir öfter zusammen. Pommer sendet durch mich die besten Empfehlungen.

Und nun, mein verehrter Lehrer, leben Sie wohl und nehmen Sie die herzlichsten Grüße und Handküsse an die Damen entgegen von Ihrem treu ergebenen

O. Zoth

1902 X 11, Innsbruck

Hochverehrter Herr Professor!

Ich benütze den letzten freien Samstag, den ich habe, um Ihnen auf Ihr liebes Schreiben vom 9. dieses [Monats] zu antworten. Auch hier geht alles noch so ziemlich flau; von dem angekündigten Italienerrummel, vor dem sich alle –- vom Staatsoberhauptstellvertreter bis zu den Dekanen und Professoren herüber – grässlich fürchteten, ist bis zum Schlusse des Inskriptionstermines, besonders an unserer Fakultät, nichts zu bemerken gewesen. Vielleicht kommen sie erst jetzt hinterdrein? Prüfung war erst eine hier, ein Theoreticum alten Stiles; ich ließ den alten Knaben durch, nachdem er ein bisschen wusste – und ohnehin schon aus allen drei anderen Gegenständen gefallen war; es war besonders feierlich dadurch, dass es Czermaks erster und Sennhofers letzter „Wurf“ war.

Schade, dass nicht Pregl Fräulein Octavie prüft! Klemensiewicz wird ihr gewiss wieder zu „leicht“ prüfen und am Ende – – – –!

Mit den Assistenten hier ist es ein allgemeines G‘frett, sie sind lauter „Studenten“, weiter nichts. Ich lasse meine halt ruhig studieren und mache alles selber. Der alte Institutsdiener ist besser als sein Ruf, willig und aufmerksam, freilich etwas blind und taub, und was das Beste an ihm ist: er geht im Sommersemester in Pension.

Dass Kraus nach Berlin geht, ist also entschieden? Es mag ein Schaden für die Universität sein, aber ich glaube, dass es dem Kollegium ein großer Nutzen sein wird; vielleicht gelegentlich Pregl auch. Es dürfte, wenn auch Pregl fortgeht, wieder angenehmer werden, als es jetzt war.

Hier hat man mich überall sehr freundlich aufgenommen; ich habe jetzt 50 Besuche hinter mir, eine schauderhafte Leistung, dabei sind die meisten Weiber durchgefallen; kann ihnen nicht helfen, jetzt ist Schluss. Das einzige, aber dafür gehörig zuwidere hier ist das Pfaffentum und sein enormer Einfluss! Man muss sich grässlich in Acht nehmen!

Nun leben Sie wohl, mein hochverehrter väterlicher Freund, HEIL Ihnen und ergebenen Handkuss den Damen von Ihrem treu ergebenen

Oskar Zoth Prof. Oskar Zoth
Physiologisches Institut der Universität Innsbruck

Anmerkung Auf eigenem beiliegenden Blatt

Enzyklopädie der mikroskopischen Technik, mit besonderer Berücksichtigung der Färbelehre, herausgegeben von Ehrlich, Krause, Mosse, Rosin und Weigert. Urban und Schwarzenberg, Berlin und Wien 1902/3. Erschienen die 1. und 2. Abteilung zu je 10 M[ark]. Die dritte (Schluss-)Abteilung soll noch im Laufe dieses Jahres erscheinen.

Sonderabdruck „Mikrospektroskopie“ geht unter einem als Drucksache (ein Stück für Pregl) an Herrn Professors Adresse ab.

Z[oth]

Hochgeehrter Herr Kollege!

Herzlichen Dank für Ihre freundliche Benachrichtigung! Mögen nunmehr die Götter meinem jungen Freunde gnädig sein!

Mich hat das Jahr 1902, abgesehen von seinem Mangel an Wärme und Licht, eben so wie Sie es klagend erwähnen, durch seine reiche Totenliste aus dem Kreise lieber Verwandter, Freunde und Kollegen melancholisch gestimmt. Unter den Freunden und Kollegen nenne ich nur Fr. Goltz, mit dem eine 40jährige treue Freundschaft mich verband, dann Adolf Kussmaul, der Trefflichsten einer, die diese Erde je getragen hat, Richard Förster, meinen ehemaligen hochverehrten Breslauer Kollegen, und dann Karl Gerhardt und Rudolf Virchow! Es ist wahrhaftig genug für ein Jahr! Man muss es sich jetzt mit der treuen Erinnerung genügen lassen; aber ich bin doch ganz erschüttert.

Auch aus den ferner stehenden Kreisen verlor ich liebe langjährige Kollegen von unserer Akademie: den Sanskritischen[sic] Albrecht Weber, den Historiker Paul Scheffer-Boichhorst, meinen westfälischen Landsmann und ehemaligen Straßburger Kollegen, endlich den treuen Ferdinand Dümmler, Direktor der Monumenta Germaniae. – Für den schweren Verlust, den Sie durch den Heimgang Ihres Kollegen Franz von Krones erlitten haben, werden Sie nicht so leicht Ersatz finden; ich spreche Ihnen als derzeitigem Rektor mein aufrichtiges Beileid aus.

Wir hoffen in den nächsten Tagen Fr[iedrich] Kraus den Unseren nennen zu dürfen; gestern teilte mir Ministerialdirektor Althoff dies mit.

Mit wiederholtem besten Dank Ihr in freundschaftlicher Hochachtung ergebener

Waldeyer

Illustrissimo Prof[essore] Rollett

Mi pregio inviarle copia del I vol. della 3° edizione della mia Istituzione di Fisiologia.

Richiamo la sua speciale attenzione sull'ordinamente generale del libro, e gradirei vivamente il suo autorevolissimo giudizio.

Non ho mancato al debito di ricordare occorevolmente [sic] i suoi notevoli ed importantissimi lavori, e spero di non averne dimenticati [sic] almeno i principali.

Aggredisca i miei sentiti omaggi e mi creda Il Devotissimo Collega

G. Paladino R[eale] Università di Napoli
Istituto d'Istologia e Fisologia generale

Hochgeehrtester Herr Hofrat und Professor!

Mit vielem Dank bestätige ich Ihnen den Empfang Ihrer liebenswürdigen Zeilen vom 10. November nebst zurückgehender Einlagen. – Ich bin über Ihre gütige Zusage, mir Ihre Rede im Druck einzusenden, hoch erfreut und stehe natürlich gern zu Diensten mit meiner Ansicht über die zweckmäßige Zusendung derselben an bestimmte Stellen in Deutschland.

Ich benütze gern die Gelegenheit, anläßlich der Übernahme des Rektorates Eurer Magnifizenz nachträglich die ergebensten Glückwünsche auszusprechen.

Mit vorzüglichster Hochachtung Ihr ganz ergebener

Carl Alexander Dr. med. Carl Alexander
Breslau I, Ring 28

Hochgeehrter Herr Hofrat!

Seien Sie, verehrter Herr Kollege, versichert, dass ich mein Möglichstes tun werde, Ihrem Wunsche in der Akademie Ausdruck zu geben und ihn meinerseits zu unterstützen. Ich setze voraus, dass ich den Inhalt Ihres Briefes den Kommissionsmitgliedern mitteilen darf. Da ich Dimmers Photographien teilweise kenne und hochschätze, somit auf Grund eigener Erfahrungen Ihre Meinung teile, hoffe ich auf einen günstigen Verlauf der Angelegenheit und, dass eine Summe für 1903 bewilligt werden wird. Für 1902 dürfte kaum mehr Geld zur Verfügung stehen.

Mit dem Ausdrucke besonderer Hochachtung Ihr ergebenster

Sigm[und] Exner

Lieber Bruder!

Ich danke Dir für Deine Nachricht bezüglich der Griesen und bin froh darüber.

Ich habe bewegte Tage hinter mir. Am 4. Inauguration, am 15. Rektorsbankett. Vor- und nachher und dazwischen Carolinenskandal, Italienerskandal etc. Meine Rede, von welcher ich hoffte, dass der I. Teil: Darstellung der Entwicklung und des Wesens der wissenschaftlichen Medizin eindrucksvoller wirken werde als der II. Teil [–] die an sich ganz belanglose Opposition gegen die wissenschaftliche Medizin von Seiten der Naturheilärzte hat gerade im 2. Teil eindrucksvoller gewirkt. Von den Naturheilern bin ich furchtbar und wutschnaubend angegriffen worden. Mir liegt nichts daran, wenn man von dem Verteidiger der morschen Kathedermedizin gesprochen hat, und von den Blättern, die meine Rede zustimmend erwähnten, sagt, dass sie vor der Wissenschaft das Weihrauchfass schwenken und vor ihr auf dem Bauche kriechen, dann trifft das nicht mich, sondern die deutsche Wissenschaft.

Übrigens, meine Rede wird erst gedruckt, und ich glaube, dass sie dann den Naturheilern noch unangenehmer sein wird als jetzt, wo sie nur gesprochen wurde. Ein philosophischer Professor, der Schwiegersohn eines sehr reichen Naturheilphantasten, kam vor einigen Tagen zum philosophischen Dekan, um zu erwirken, dass der akademische Senat beschließen soll, dass meine Rede nicht gedruckt werden dürfe. Natürlich wurde er ausgelacht.

Unlängst starb in Graz der Millionär Weitzer. Er hatte einen Schweizer Naturarzt bei sich, der täglich 40 Kronen bekam und für sich und seine Frau freie Station im Hallerschloss hatte. Es war diesem Gast, der dem an Medullarsarcom erkrankten Millionär täglich ein Felkesches Dreckbad gab, nicht beizukommen. Mich reut es nicht im geringsten, dass ich dieser Bande zu Leibe gegangen bin.

Mit meinem rechten Auge ist mir noch immer ein großes Martyrium auferlegt. Abends gehe ich in der Finsternis spazieren oder lasse mir vorlesen. Etwas besser, heißt eigentlich nicht schlechter, wenn es so vorwärts geht, dann wird die Sache noch lange dauern.

Heute hat es hier zum ersten Male in diesem Winter geschneit.

Viele Grüße an Dich und alle von uns allen Dein

Alexander

Hochverehrter Lehrer und Freund!

Von Dimmer habe ich schon lange eine hohe Meinung, seit seinen Untersuchungen über die Fovea am Lebenden unter Kontrolle der Befunde an fixierten Augen. Ich werde das Meinige tun, um die gewünschte Subvention zu erwirken, und hoffe, dass wir dieselbe aus der Wedl-Stiftung bekommen. Über Ihre Rektoratsrede, zu der ich Ihnen von Herzen Glück wünsche, freue ich mich sehr und bin ich sehr begierig, diesselbe in extenso zu lesen. Das war ein aktuelles Thema – das, wie man sieht, weitgehendes Interesse und bei den Getroffenen natürlich einen Wutschrei erweckt. Hätte doch unser Rektor Gussenbauer statt des wirklich langweiligen, für nicht Eingeweihte völlig unverständlichen Geredes über Gehirnfunktion, das Niemanden erwärmte, ebenfalls etwas, was dem ärztlichen Leben angehört, gewählt! Ihm als Kliniker hätte ich wirklich nicht zugetraut, dass er über eine so abstrakte Sache die Menschen langweilt, wo für ihn ringsum grüne Weide!

Dass ich endlich nach 6jähriger entsagungsvoller Arbeit mit dem III. Band Kölliker fertig geworden, fühle ich als ein Glück. Oft wollte ich über der Aufgabe verzweifeln, denn um mit einer solchen Sache in absehbarer Zeit fertig zu werden, muss man viele Hemmungsvorstellungen, die einem immer in Form des Unzulänglichen vor Augen stehen, gewaltsam niederkämpfen. Eines der schlimmsten Kapitel war das Blut und gerade da habe ich so recht das Gefühl, dass es mir nicht gelungen ist, des Stoffes Herr zu werden. Umso mehr freut es mich, wenn Sie finden, dass ich mit kurzen Worten das Wesentlichste Ihrer wichtigen Arbeit richtig widergegeben habe. – Mein einstiger Assistent Dr. Merk scheint einige Hoffnung zu haben, dass er der Nachfolger Jarischs wird, nachdem das Ministerium die Berufung Jadassohns nicht zu Stande bringt. Doch wird, wie ich sehe, hier stark gegen Merk gearbeitet und Kreibich von den Klinikern protegiert. Mir schiene es sehr ungerecht, wenn Merk gegen Kreibich unterliegen müsste. Vielleicht haben Sie Gelegenheit, für Merk ein gutes Wort einzulegen, da ich überzeugt bin, dass er ein eminentes Lehrtalent und ein Mensch von Ideen ist, der wirklich auf einer Lehrkanzel am rechten Platze wäre. Mit den besten Grüßen Ihr aufrichtig ergebener

V[iktor] Ebner

Lieber Freund!

Es hat mich sehr gefreut, etwas von Dir zu hören. Ich nehme an, dass Du und die Damen sich wohl befinden.

Was Dimmer betrifft, so will ich mein Möglichstes tun, was aber nicht viel bedeutet. Für physiologische Zwecke und dergleichen wird gewöhnlich die Wedl-Stiftung herangezogen, die nächstes Jahr etwa 6000 Kronen zur Verfügung hat. Nun liegen aber folgende Ansuchen vor

(Griff 1600 schon bewilligt)

Kaspar 800 Kronen Bau und Entwicklung der ersten Halswirbel bei den Amphibien

Arlt (ohne Summe) Heilung des Trachoms

Exner und Holzknecht 2000 Kronen biologisch Wirkung der Radiumstrahlen

Lendenfeld (ohne Summe) Insektenflügel

Fränkel 2000 Kronen Hametophorphirin [sic]

Dimmer 2000 Kronen.

Das wird einige Schwierigkeiten machen.

Wir hätten genug Geld, wenn nicht der Treitlfond bloß für Naturgeschichte ausgegeben würde. Um doch etwas diese Richtung zu mäßigen, wären gelegentliche Bemerkungen darüber am Platz. – Suess hat leider nur Interesse für Sachen, mit denen man in der Öffentlichkeit renommieren kann. Vielleicht könntest Du Dich äußern, in welcher Ordnung die früher angegebenen Gesuche nach Deiner Meinung zu berücksichtigen wären. Bei einigen wissen wir nicht recht, was anfangen, z.B. Arlt, Lendenfeld.

Ich bitte Dich, mich Deiner Frau Gemahlin bestens zu empfehlen. Meine Frau läßt Dich vielmals grüßen. Lebe recht wohl. Dein alter Freund

Lang

1902 XI 20, Bruck a. d. Mur

Hochgeehrter Herr Hofrat!

Das Lokal, in welchem die Vorträge abgehalten werden, befindet sich im Hotel Bauer; dieses ist vom Bahnhofe etwa 5 Gehminuten entfernt.

Die gewünschten Utensilien werde ich von einer der hiesigen Schulen zu beschaffen trachten.

Wenn es mir beruflich irgend möglich ist, werde ich mir die Ehre geben, Herrn Hofrat am Bahnhofe zu erwarten, um bei den Vorbereitungen behilflich sein zu können.

Bezüglich der Tätigkeit des Herzens als Saugpumpe komme ich immer mehr und mehr zur Überzeugung, dass die Verkürzung des Papillarmuskeln während der Systole der Kammern die Ursache der Saugwirkung ist, indem dadurch die untere Wand der Vorhöfe, die von den Atrioventrikularklappen gebildet wird, von der gegenüberliegenden an den großen Venen befestigten Vorhofwand entfernt wird, hierdurch aber muss eine beträchtliche Saugwirkung entstehen. Jede Störung dieses Mechanismus, sei es durch Insuffizienz einer Vorhofklappe, sei es durch schlechte Kontraktion bei Herzmuskeldegeneration, führt zu bedeutenden Kreislaufstörungen, insbesondere zu Stauungen im betreffenden Venengebiet. Durch Ausfall der Saugwirkung entsteht nach meiner Meinung die Schwellung und Starrheit der Lungen bei Insuff[icientia] valv[ae] bicusp[idalis], ebenso durch Ausfall oder durch Beeinträchtigung der Saugwirkung das allgemeine Stauungsödem bei chronischer Myocarditis. Und die Wirkung der Digitalis glaube ich in solchen Fällen auf gar keine andere Weise erklären zu können, als dass dadurch die systolische Saugwirkung wieder gebessert wird. Die gleichzeitige Steigerung des arteriellen Druckes wurde an sich die Ödeme nur noch mehr verschlechtern, da noch mehr Blutflüssigkeit in die Gewebe austreten müsste und die Rückaufnahme von Gewebeflüssigkeit noch mehr erschwert würde.

Die durch den negativen Druck im Brustraum bewirkte Ansaugung halte ich für unbedeutend, da der Kreislauf im Fötus ohne sie sehr gut vor sich geht.

Ich wäre sehr glücklich, mit Herrn Hofrat über diese Dinge vor oder nach dem Vortrag sprechen zu können.

Mit dem Ausdrucke der innigsten Verehrung und Hochachtung zeichnet dankbar ergeben

Dr. Schmid d[er] J[üngere]

Hochverehrter Lehrer und Freund!

Mit Entsetzen hörten wir gestern von dem plötzlichen Tode Nicoladonis und beklagen mit der Grazer Fakultät diesen schweren Verlust. Ihr Professorenkollegium hat nun binnen Jahresfrist fast alle Kliniker verloren, gerade in einer Zeit, wo der Niedergang des ärztlichen Standes die Aufgaben eines Professorenkollegiums nach der praktischen Seite besonders wichtig erscheinen lässt!

Gestern war Sitzung der Wedl-Kommission in Subventionsangelegenheiten. Es lagen nicht weniger als 5 Gesuche vor mit einer Gesamtanforderung von circa 7000 Kronen. Nun beträgt aber der disponible Rest der Wedl-Stiftung für 1902 nur mehr 600 Kronen und für 1903 nur 4600, welcher letztere erst im Laufe des Jahres allmählich flüssig werden. Die Kommission beschloss, zwei von den vorliegenden Gesuchen ganz abzuweisen und von den drei übrigen, welche je 2000 Kronen beanspruchten, je die Hälfte zu streichen. Darunter auch das Gesuch Dimmers. Mehr als 1000 Kronen konnte ich für Dimmer nicht herausschlagen; ich hatte ohnehin einen schweren Stand, da die anderen Kommissionsmitglieder sich auf den Standpunkt stellten, dass die Akademie nicht dazu berufen sei, Unterstützungen zur Vervollkommnung eines bereits publizierten technischen Verfahrens zu bewilligen, sondern nur zur Unterstützung rein wissenschaftlicher Untersuchungen. Exner war in der Sitzung nicht anwesend; hatte nur Ihren Brief geschickt; Lang ist nicht Mitglied der Kommission. Mir hat die von Dimmer beigelegte Photographie sehr imponiert, da sie die Richtigkeit der seinerzeit von Dimmer gegebenen Beschreibung der Fovea in vivo objektiv zeigt. Hoffentlich wird Dimmer nicht gekränkt, wenn er nur 1000 Kronen bekommt; aber es ging wirklich nicht anders; der eigentliche Subventionsfond der Akademie schiebt möglichst alles auf den Wedlfond, vom Treitlfond ist nichts zu bekommen, da er zur Subvention der großen Unternehmungen aufgezehrt wird und es doch auch nicht angeht, den ganzen disponiblen Betrag für 1903 schon vor Beginn des Jahres aus dem Wedlfonde auszugeben.

Mit vielen Grüßen Ihr ergebener

V. Ebner

1902 XII 9, Gießen

Hochgeehrter Herr Professor!

Gestatten Sie mir die Bitte um einen Sonderabdruck Ihrer Arbeit über die elektrische Einwirkung auf das Blut aus dem Archiv für die gesamte Physiologie 1900, auch wenn ich diese Bitte nur mit meinem besonderen Interesse für diesen Gegenstand motivieren kann.

In der Hoffnung keine Fehlbitte zu tun, bin ich mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ganz ergebener

Hans Koeppe

1902 XII 13, Gießen

Hochgeehrter Herr Professor!

Für die freundliche Erfüllung meiner Bitte durch die Übersendung des Sonderabdrucks sage ich Ihnen meinen verbindlichsten Dank.

Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebener

H. Koeppe

Hochverehrter Freund und Lehrer!

Anlässlich des Widerspruches, den M. Heidenhain gegen meine mutmaßliche Deutung der Z[?]ittlinien in den Herzmuskelfasern als Schrumpfkontraktionen erhoben hatte, habe ich unter altem Insektenmaterial darnach gesucht, ob man nicht einzelne Kontraktionsscheiben im Alkoholmaterial finden kann. Ich erinnere mich, wie mir einst das mir von Ihnen demonstrierte Schauspiel an lebenden Fliegenmuskelfasern imponierte, an welchen ich einen Streifen in der Gegend Z sich festlegen sah, der nicht mehr erschlaffte, während der Rest der Faser noch die schönsten Wellen zeigte. Es scheint aber, dass dieses Stadium in Alkohol nie zur Fixierung kommt, sondern immer nur Knoten, die aus einer Summe sekundär sich anschließender solcher Dauerkontraktionsstreifen in den primären entstehen [sic]. Ich suchte wenigstens vergeblich. – Dagegen stieß ich zufällig auf ein merkwürdiges Alkoholzersetzungsbild. In einem Glase hatte ich neben ein paar Ateuches (Scarabaeus) zwei Pimelien und ein paar Asseln. Wahrscheinlich habe ich diese Kerfe in Korsika oder an der Riviera gesammelt. Die Etikette war verloren, doch liegen die Tiere mindestens acht Jahre in Alkohol, der ganz braun war. Die Scarabaeen zeigten vortrefflich erhaltene Muskeln. Dagegen waren bei Pimelia – ich habe nur das eine Exemplar untersucht – die Muskeln größtenteils in Scheibenzerfall und hatten ihre Doppelbrechung fast vollständig eingebüßt, obwohl die 9-Streifen gut erhalten sind. In den Muskeln des Femur des II und III Beines war der Scheibenzerfall besonders schön und fast überall konnte man in den Scheiben in der Profilstellung den Streifen h‘und k‘ als +doppelbrechende Linie deutlich erkennen, während der Rest von 9 ganz oder fast ganz isotrop erscheint. Nie habe ich was Ähnliches gesehen und ich möchte wissen, ob Ihnen bei Ihrer viel reicheren Erfahrung so etwas untergekommen ist. Merkwürdigerweise fand ich dieses rätselhafte Bild nur am 2. und 3. Beinpaar; es fehlte in den Beinen des Prothorax, an den Muskeln des Kopfes und des Thorax und des Abdomen überall. Ich werde Ihnen ein Lackpräparat, wenn es erst ordentlich trocken, senden. Ich untersuchte mit Auerlicht mit eingelegter Gipsplatte Roth I und mit System 9 Reichert.

Sie werden vielleicht durch Ihre Rektoratsgeschäfte nicht leicht dazu kommen, sich mit dieser Angelegenheit zu beschäftigen, aber die Weihnachtstage, zu welchen ich Ihnen und den Ihren alles Gute wünsche, lassen vielleicht doch ein Stündchen frei.

Ihr aufrichtig ergebener

V. Ebner

Eure Magnifizenz!
Hochgeehrter Herr Hofrat und Professor!

Empfangen Sie innigen Dank für die Übersendung der Inaugurationsrede. Es bedarf keiner Versicherung, dass ich dieselbe nicht nur mit Interesse, sondern mit noch größerer Freude gelesen, und ich kann wohl sagen: verschlungen habe. Die deutschen Verhältnisse gleichen ja den österreichischen in der von Ihnen berührten Frage sehr; und so dürfen Sie, hochgeehrtester Herr Hofrat, als schönste Befriedigung das Bewusstsein in sich tragen, dass Sie Tausenden aus der Seele gesprochen haben! Die gesamte Ärzteschaft Österreichs und Deutschlands muss Ihnen dankbar sein, dass Sie aus der stillen Forscherstube hinausgetreten sind und an solcher Stelle aus in flammenden Worten in einer, vom heiligen Ernste durchwehten Sprache einen solchen Weckruf haben ertönen lassen.

Noch besonderen persönlichen Dank bin ich Ihnen schuldig, dass Sie in dieser Rede sogar auch meiner so freundlich gedacht und mich gar als „Vorkämpfer“ bezeichnet haben. Ich glaube, Sie haben meine Leistungen durch ein starkes Vergrößerungsglas betrachtet, und ich möchte mit den Worten des Hans Sachs aus Wagners „Meistersingern“ ausrufen: „Euch macht Ihr‘s leicht – mir macht Ihr‘s schwer, gebt Ihr mir Armen zu viel Ehr!“ Also vielen Dank für Ihre Anerkennung, sie wiegt reichlich die Schmähungen auf, denen man ja von anderer Seite in solchem Kampfe ausgesetzt ist.

Einen Punkt möchte ich noch berühren: Sie stellen an mich in Ihrem letzten Schreiben die Frage, an wen wohl am zweckmäßigsten Ihre Rede in Druck zu verschicken sei. Nun, zunächst wohl an diejenigen Organe, welche ärztliche Standesinteressen vertreten, und an die Redaktionen der großen medizinischen Zeitschriften. Die österreichischen Adressen hierbei sind mir wenig bekannt. Wenn Sie Sich hierüber mit der K.K. Gesellschaft der Ärzte in Wien in Verbindung setzen wollten, wäre das vielleicht am einfachsten.

Bitte berücksichtigen Sie unter anderem aber auch die Redaktion

des „Gesundheitslehrer“s (Redaktion Dr. H. Kantor) (Weernsdorf in Böhmen), da diese volkstümliche Monatsschrift sehr eifrig gegen Naturheilkünstler etc. kämpft.

Von deutschen Adressen nenne ich:

Redaktion des ärztlichen Vereinsblattes (Organ sämtlicher deutscher Ärzte Vereine) zu Handen des Herrn Sanitätsrats Dr. Heinze, Berlin W. 30, Augsburgerstrasse 28/29

Deutsche medizinische Wochenschrift (Geheimer Medizinal-Rat Prof. Dr. A. Eulenburg, Berlin W, Lichtensteinallee 3)

Berliner Klinische Wochenschrift (zu Handen von Herrn Prof. Dr. Posner, Berlin)

Münchener medizinische Wochenschrift

Kurpf[uscher] Bek[ämpfungs]-Kommission der Berlin-Brandenburgischen Ärztekammer zu Handen von Herrn Prof. Kossmann, Berlin, An der Stadtbahn

Hygienisches Volksblatt (Organ zur Bekämpfung der Kurpf[uscherei]) zu Handen von Dr. G. Flattau, Berlin W, Nettelbeckstrasse 18/19

Geheimer Sanitätsrat Dr. med. Becker ([…] Vorstand des Deutschen Ärzte-Vereins-Bundes) Berlin

Redaktion des Ärztlichen Central-Anzeigers (Dr. Wolter, Hamburg)

Dr. med. C. Reissig (Hamburg) Referent in der Kurpf[uscher]-Frage auf dem Deutschen Ärztetage.

Vielleicht empfiehlt sich auch eine Zusendung an die Redaktionen der großen österreichischen und deutschen Tageszeitungen. Von letzteren möchte ich auf das „Berliner Tageblatt“, die „Vossische Zeitung“, die „Kölnische Zeitung“ (Redaktion in Berlin!), die „Nation“, die „Woche“ (sämtliche Berlin), die „Münchener neuesten Nachrichten“, die „Schlesische Zeitung“ (Breslau, Herrenstrasse 20) nennen; es sind das, soweit mir bekannt, Blätter, die eine große Verbreitung haben und gelegentlich gern Artikel über die in Rede stehende Frage bringen, besonders, wenn es sich um eine solche Arbeit, die von solcher Stelle ausgeht, handelt. Ich persönlich meine, dass zwar die Besprechung in Tagesblättern eine weit größere Bedeutung haben dürfte als eine solche in den Fachzeitschriften der Ärzte, die ja im Allgemeinen über die wissenschaftliche Medizin und ihre kritischen und alle hier in Betracht kommenden Fragen schließlich schon orientiert sind. Hoffentlich verhallen Ihre Worte in den maßgebenden Regierungskreisen nicht ungehört, denn ohne Gesetze und energisches Eingreifen der Behörden dürfte ein Erfolg hinsichtlich der Eindämmung der kurpfuscherischen Bewegung nur schwer zu erreichen sein. Bei uns im Deutschen Reiche liegen die Verhältnisse ähnlich. Glücklicherweise beginnt man in den leitenden Kreisen die Gefahr zu verstehen und über die Mittel zu ihrer Bekämpfung nachzudenken. Bei uns ist das Haupt-Hindernis für ein Kurpfuscherei-Verbot der Reichstag mit seiner jetzigen Zusammensetzung, die dem Zentrum eine dominierende Stellung bietet, welches mit Rücksicht auf Kneipp bzw. dessen Nachfolger und zahlreiche Gefolgschaft ein Kurpfuscherei-Verbot nicht zugeben will. Immerhin werden wir durch viele kleine Mittel wie z.B. das Verbot marktschreierischer Annoncen u. dgl. allmählich etwas erreichen, und dies umso mehr, wenn in Österreich und Deutschland, Ihrem schönen Beispiele folgend, mehr als bisher die Lehrer an den medizinischen Fakultäten, die Führer in der Wissenschaft, ihre Stimmen gegen die Naturheilbewegung und andere Kurpfuschermethoden erheben und „in dunkle Irrgänge, in welche diese Bewegung das Volk hineinzulotsen sucht, hineinleuchten“.

Zum Schlusse noch etwas Anderes:

Nachdem Sie, hochgeehrter Herr Hofrat, mir die Ehre erwiesen haben, mit Ihnen in Briefwechsel auf dem vorstehend erörterten Gebiet treten zu dürfen, darf ich mir wohl auch erlauben, ein Wort an Sie als Forscher in Ihrem ureigensten Fache zu richten und beigefügte Arbeit aus meiner Feder Ihnen zuzustellen, welche nicht bloß als Dissertation gedient, sondern auch in Zieglers „Beiträgen“ schon 1891 erschienen ist. Aus den Arbeiten der letzten Jahre entnehme ich, dass ihr Inhalt offenbar nicht genügend bekannt geworden ist, da der von mir gelieferte Nachweis, dass die Nebennieren ein Lecithin bildendes Organ sind und somit wesentlichen Einfluss auf den intermediären Stoffwechsel haben, zur Erklärung mancher neuerdings besprochenen Erscheinungen Anhaltspunkte bietet. Die Arbeit hat vielleicht auch persönliches Interesse für Sie, da Sie meinen Onkel, Professor Sigmund Mayer in Prag – den Sie ja kennen –, gewidmet war.

Mit vorzüglicher Hochachtung verbleibe ich Euer Magnifizenz ganz ergebener

Carl Alexander

1902 XII 14, Bruck a. d. Mur

Hochgeehrter Herr Hofrat!

Besten Dank für die freundlichen Behelfe zur Inhaltsangabe des Vortrages! Wenn ich nicht wüsste, wie vielfach in Anspruch genommen Herr Hofrat sind, besonders jetzt durch die Rektoratsobliegenheiten, so hätte ich Herrn Hofrat gebeten, die Inhaltsskizze über Ihren Vortrag vorher zu begutachten, ehe ich sie der Druckerei übergab; so aber habe ich sie sofort dem Schriftleiter des Brucker Lokalblattes übergeben und mir erlaubt, Herrn Hofrat sowie der Leitung des „Steiermärkischen Volksbildungsvereines“, von welcher der Wunsch betreffs der Zeitungsnotiz ergangen, je ein Exemplar der Zeitungsnummer einzusenden. Leider scheint nun das Referat etwas kurz geraten, nachdem ich es gedruckt vor mir sehe, von mir aus waren es sechs ziemlich eng beschriebene Quartseiten.

Sollten Herr Hofrat eine Ergänzung wünschen, so bitte ich, es mir gütigst bekannt geben zu wollen.

Bei meiner Herzarbeit komme ich immer wieder auf neue Dinge. Nicht nur, dass ich jetzt die systolische Ansaugung durch die Herzkammersystole für die Blutbewegung in den Venen als das wichtigste treibende Element (wenigstens bei körperlicher Ruhe) betrachte, und zwar nicht nur in den Körpervenen, sondern auch in den Lungenvenen, sondern ich glaube, daraus auch eine von der herrschenden etwas abweichende Anschauung über die Art und Weise des Vorganges sowohl bei der inneren, als auch bei der äußeren Atmung ableiten zu sollen. – Wenn man in „Eulenburg“ oder „Gad“ die Artikel über Resorption liest, so würde sich daraus die Vorstellung ergeben, dass in den Kapillaren aus dem Blut eine gewisse Menge Flüssigkeit transudiert, die Gewebe bespült und dann durch die Lymphbahnen wieder dem Blutkreislauf einverleibt wird. Auch Flüssigkeiten, welche unter die Haut eingespritzt werden, sollen nach J. Merk [?], welcher die betreffenden Artikel in beiden Sammelwerken geschrieben, ausschließlich durch die Lymphbahnen zur Aufsaugung gelangen. Wenn sich das so verhielte, so wäre es schwer einzusehen, wie das venöse Blut an Kohlensäure reicher werden soll als das arterielle. Denn bei der doch verhältnismäßig raschen Beförderung des Blutes durch die Kapillaren kann doch eine der Richtung des Flüssigkeitsaustrittes entgegengesetzte Diffusion von Kohlensäure in das Blut kaum angenommen werden, weil solche Diffusionsvorgänge im allgemeinen doch eine ziemliche Zeit für sich beanspruchen. Viel leichter verständlich ist mir die Sache, wenn ich sie mir folgendermaßen vorstelle:

Aus den arteriellen Kapillaren (bis zu den engsten, in welchen Druck noch ziemlich bedeutend sein muss wegen der großen Reibungswiderstände) tritt mit Sauerstoff (und wohl auch Nährstoffen) beladene Blutflüssigkeit aus und in die Maschen des Gewebes ein, da der Druck in diesen Kapillaren normalerweise größer ist als in den umgebenden Geweben, in welchen er allerdings auch eine positive Größe haben muss. Die Mengen der austretenden Blutflüssigkeit wird abhängig sein müssen innerhalb gewisser Grenzen von der Druckdifferenz zwischen Kapillaren und Gewebe. Wenn die Kapillaren sich wieder zu vereinigen und infolgedessen zu erweitern beginnen, wird der Druck in ihnen ziemlich rasch absinken müssen, da ja die engsten, also den meisten Widerstand leistenden Stellen bereits überwunden sind. Normalerweise ist dieser Druck bald unter den Gewebedruck gesunken, durch die Art der Befestigung der Gefäße in den Geweben wird ein Zusammendrücken derselben verhindert, es bleibt also das Lumen offen; da aber außen ein größerer Druck herrscht als innen, so muss Gewebsflüssigkeit aus den Geweben in die venösen Kapillaren hineintranssudieren, diese Flüssigkeit aber hat Sauerstoff und Nährsubstanzen bereits ganz oder auch nur teilweise an das Gewebe abgegeben und dafür Kohlensäure aufgenommen. Es tritt also O-arme, aber CO2 reiche Flüssigkeit in das Blut ein, welches dadurch soviel Kohlensäuregehalt erhält, dass die darin schwimmenden roten Blutkörperchen etwas Kohlensäure absorbieren und ihre Farbe verändern.

In den Lungen geschieht dann das Umgekehrte. Aus den arteriellen Kapillaren wird mit CO2 beladene Flüssigkeit ausgeschieden an die Oberfläche der Lungenbläschen, die CO2 muss in Folge des minimalen Partiärdruckes der CO2 in der Luft aus der ausgeschiedenen Flüssigkeit in die Lungenluft übergehen (wenigstens zum größten Teile), gleichzeitig wird ein Teil des Wassers verdampft (wie die Sättigung der Lungenluft mit Wasser beweist).

Die Lungenluft kommt also sicher mit dieser natürlich außerordentlich dünnen Flüssigkeitsschicht in direkte, innige Verbindung. Und diese Flüssigkeitsschichte ist es nun nach meiner Meinung, welche zu allererst O aus der Lungenluft absorbiert (beim Verdampfen eines Teiles des Wassers muss sie etwas abkühlen und dadurch noch aufnahmefähiger werden für die Absorption von Gasen) und welche dann in die venösen Lungenkapillaren wieder resorbiert und so in das Blut der Lungenvenen gebracht wird, dasselben mit O versorgen und arterialisieren. Dass Flüssigkeit aus den arteriellen Lungenkapillaren ausgeschieden wird, dürfte wohl unwiderleglich sein, die Sättigung der Exspirationsluft mit H2O beweist das wohl zur Genüge. Dass aber die nicht verdampfte Flüssigkeit wieder zur Aufsaugung kommen muss, geht daraus mit Sicherheit hervor, dass die Innenwände der Lungenbläschen sich nicht mit Salzen und anderen Stoffen beschlagen und inkrustieren, welche sich dort sehr bald ansetzen müssten, wenn die konzentrierteren Lösungen nicht immer wieder abgeführt würden.

Nun könnte mir ein scheinbar sehr einfacher Einwand gemacht werden: Diese Flüssigkeit wird eben durch die Lymphbahnen zurückgeführt. Dagegen glaube ich wieder anführen zu dürfen, dass schon das Blut der Lungenvenen arteriell ist, dass also der in der Lunge aufgenommene O in das Lungenvenenblut und nicht etwa erst durch Vermittlung von Lymphgefäßen ins Blut gebracht wird.

Dass aber der O der Lungen der Luft direkt durch diese erwähnte Flüssigkeitsschichten hindurch, dann durch das exspiratorische Epithel hindurch, dann durch das Endothel der Kapillaren hindurch, dann durch die flüssige Randschicht der Kapillaren hindurch sich mit den roten Blutkörperchen lieber verbinden soll als einfach absorbiert werden von der direkt mit der Alveolarluft in Berührung stehenden transsudierten Flüssigkeit, das kann ich nicht glauben, zumal ja auch hier die Zeit für eine so weitläufige Diffusion mir nicht gegeben scheint, weil das Blut in den Lungenkapillaren ja auch recht rasch zirkuliert. Bei körperlicher Anstrengung, wo der Puls auf das Doppelte steigen kann und dabei guter Blutdruck herrscht, muss die Blutbewegung wohl noch bedeutend schneller werden, also die Diffusion noch bedeutend erschwert werden, hingegen nach meiner Auffassung mehr arteriell ausgeschieden, mehr venös resorbiert werden und dadurch auch die Lüftung des Blutes ganz bedeutend gehoben werden.

Aber noch etwas bestärkt mich in dieser Anschauung. Es ist der Gasaustausch, die Atmung des Fötus. Auch diese Atmung kann ich mir nur dadurch erklären, dass mit CO2 (und anderen Abfallstoffen) beladenes venöses Blutserum aus den kindlichen arteriellen Kapillaren der Plazenta ausgeschieden und dafür von der Mutter stammendes, mit O und Nahrungssubstanzen versehenes Serum aufgenommen wird in die venösen kindlichen Plazentakapillaren. Hier gibt es keine Lymphgefäße, die Nabelschnur enthält ja deren keine. Es müssen also die kindlichen Abfallstoffe, CO2 etc., durch die arteriellen Nabelkapillaren des Kindes abgeschieden werden und dafür mit O und Nährstoffen beladene Flüssigkeit aufgenommen werden, was wohl nur in die venösen Kapillaren möglich ist, und zwar muss noch mehr Flüssigkeit aufgenommen werden, als abgeschieden würde, weil der Fötus dabei wachsen muss.

Dass dies möglich ist, stelle ich mir so vor, dass die mütterlichen Gefäße von Zahl und Ausdehnung bedeutend überwiegen, infolge dessen auch das von den mütterlichen arteriellen Kapillaren ausgeschiedene Serum das kindliche an Masse überwiegt, so dass bei Mischung beider und Aufnahme von Flüssigkeit aus dem Gemische der Fötus sehr gut zum Teil und auf seine Kosten kommt. [sic]

Wenn natürlich auch die mütterlichen venösen Kapillarenflüssigkeit von dieser guten Mischung resorbieren müssen, so kommt das wieder der Mutter zugute.

Ob ich mich richtig ausgedrückt habe und meine Ansichten nicht in ein zu verworrenes sprachliches Gewand gehüllt, vermag ich selbst schwer zu beurteilen; es bleibt mir nur übrig, Herrn Hofrat zu bitten, mir die Güte zu erweisen, meine eben entwickelten Anschauungen zu prüfen und mir Herrn Hofrats Meinung darüber mitzuteilen.

Praktisch glaube ich die Richtigkeit meiner Ansicht bei Bronchitiden erprobt zu haben, indem ich bei diesen Zuständen, wie ganz besonders auch bei Bronchitis capillaris kleiner Kinder, mit Erfolg Digitalis gegeben habe, in der Absicht, durch Besserung der Herzkontraktionen, vermehrte systolische Ansaugung zu erzielen und dadurch Verminderung der Transsudatflüssigkeit.

Heute wird es mir leider kaum möglich sein, zur Ärztevereinsversammlung zu kommen. Vielleicht haben Herr Hofrat die Güte, mir während der Weihnachtsferien einmal ein paar Worte zu widmen über diese Dinge oder mir einige darauf bezügliche medizinische Schriften zu leihen.

Für diese neue Belästigung um Entschuldigung bittend, da ich ja für derartige Studien ohne die gütige Unterstützung Herrn Hofrates so ziemlich hilflos wäre, bezeichne ich mich mit größter Hochachtung und Verehrung als Ihr dankschuldiger

Dr. Schmid d[er] J[üngere]

Von meinem Vater viele Empfehlungen.

Hochgeehrter Herr

Von Professor Hofmann erscheint ein sehr interessanter Beitrag im nächsten Hefte der Revue.

Sehr freuen würde es mich, von Ihnen vielleicht bis Anfang Februar oder März auch einen allgemein interessierenden Artikel über die menschliche Kraft oder über ein anderes interessantes Thema zu erhalten.

Verehrungsvoll Ihr

Richard Fleischer Chef-Redakteur der Deutschen Revue in Wiesbaden Villa Riviera

Anmerkung Ansichtskarte: Parlamentsbrunnen mit Pallas Athene in Wien

Marker Parlamentsbrunnen mit Pallas Athene in Wien
                        Parlamentsbrunnen mit Pallas Athene in Wien

Wir schwelgen in alten Erinnerungen und senden unserem hochverehrten Lehrer unsere besten Grüße aus Wien

Dr. Zoth Dr. Smreker

Hochverehrter Freund und Lehrer!

Verbindlichsten Dank für die gütige Übersendung Ihrer Rektoratsrede, die ich mit größtem Interesse sofort gelesen habe. Ich begreife, dass diese Rede Aufsehen machte. Voll anregender Gedanken, getragen von warmer, ernster, männlicher Überzeugung behandelt sie für weite Kreise verständlich ein wirklich aktuelles Thema. In einer Zeit, in welcher die klerikale Strömung den rückschrittlichen Bestrebungen der Naturheilkünstler so günstig ist, tut solch männliches Wort von so autoritativer Stelle doppelt wohl. Bewundert habe ich die Kunst, in so knapper Darstellung ein verständliches Bild der Entwicklung der wissenschaftlichen Medizin zu geben. Dies vermag nur souveräne Beherrschung des Stoffes gepaart mit weisester Ökonomie. Mit den besten Grüßen Ihr ergebener

V. Ebner

Hoffentlich haben Sie meinen Brief und Präparate erhalten. Sonst bitte ich um Nachricht.

[1902] [XII] [31], [Graz]

Beste Glückwünsche pro 1903

Prof. Dr. N. Mislawsky