Briefe 1901

Die untenstehende Briefliste ist mit Klick auf die jeweiligen Kategorien sortierbar. Absender und Empfänger werden nach Familiennamen sortiert.

Die mit * markierten Briefnummern entstammen der ersten Version dieser Edition, in welcher Briefe bis zum Jahre 1880 erschlossen wurden. Briefe ohne alte Numerierung und mit einer Datierung vor 1880 wurden nachträglich eingefügt.

KennungMarker KennungAbsenderMarker AbsenderEmpfängerMarker EmpfängerDatumMarker DatumOrtMarker Ort
L.2663P[aul] J[ulius] MöbiusAlexander Rollett1901 I 8Leipzig
L.2664Karl Schmid d.J.Alexander Rollett1901 I 22Bruck a.d. Mur
L.2665Sigmund ExnerAlexander Rollett1901 I 25Wien
L.2666Sigmund ExnerAlexander Rollett1901 II 2Wien
L.2667Sigmund ExnerAlexander Rollett1901 II 12Wien
L.2668Max Oker-BlomAlexander Rollett1901 II 14Willmanstrand
L.2669Carl von VoitAlexander Rollett1901 II 16München
L.2670Karl Schmid d.J.Alexander Rollett1901 III 7-13Bruck a.d. Mur
L.2671Viktor von LangAlexander Rollett1901 III 14Wien
L.2672Emil RollettAlexander Rollett1901 III 21Baden
L.2673Viktor von LangAlexander Rollett1901 III 24Wien
L.2674Viktor von LangAlexander Rollett1901 IV 4Wien
L.2675Eduard SuessAlexander Rollett1901 IV 11Wien
L.2676Alexander RollettEmil Rollett1901 IV 11Graz
L.2677Viktor von LangAlexander Rollett[1901] [IV] [12][Wien]
L.2678Étienne-Jules MareyAlexander Rollett1901 IV 23Paris
L.2679Viktor von EbnerAlexander Rollett[1901] [V] [?][Wien]
L.2680Emil RollettAlexander Rollett1901 V 2Baden
L.2681Theodore MarieAlexander Rollett1901 V 8Paris
L.2682Viktor von EbnerAlexander Rollett1901 VI 6Wien
L.2683Gustaf RetziusAlexander Rollett1901 VI 7Stockholm
L.2684Angelo MossoAlexander Rollett1901 VI 27Turin
L.2685Alexander RollettHermann Rollett1901 VII 8Graz
L.2686Max GruberAlexander Rollett1901 VII 12Wien
L.2687Angelo MossoAlexander Rollett1901 VII 12Turin
L.2688Emil RollettAlexander Rollett1901 VII 26Baden
L.2689Karl Schmid d.J.Alexander Rollett1901 IX 26Bruck a.d. Mur
L.2690Richard FleischerAlexander Rollett1901 X 23Wiesbaden
L.2691Carl von VoitAlexander Rollett1901 XI 29München
L.2692Richard FleischerAlexander Rollett1901 XII 8Wiesbaden
L.2693Gustav PommerAlexander Rollett1901 XII 8Innsbruck
L.2694Oskar ZothAlexander Rollett1901 XII 8Wildbach
L.2695Wilhelm SternbergAlexander Rollett1901 XII 14Berlin
L.2696Wilhelm SternbergAlexander Rollett1901 XII 18Berlin
L.2697Vittorio AduccoAlexander Rollett1901 XII 26Pisa

Hochgeehrter Herr!

Unsere alten Jahrbücher sind in einen anderen Verlag übergegangen, und nun soll neues Leben aus den Ruinen blühen. Insbesondere ist beabsichtigt, durch regelmäßig wiederkehrende Übersichten über die Ergebnisse des letzten oder der letzten Jahre aus der Feder von Autoritäten die Jahrbücher anziehend zu machen.

Ich weiß nun, dass Sie immer Teilnahme für die Jahrb[ücher] gezeigt haben, und möchte mir die Frage erlauben, ob Sie uns nicht von Zeit zu Zeit einen Bericht über die Fortschritte der Physiologie geben möchten. Der Arzt weiß sich der Physiologie gegenüber gar nicht zurecht zu finden und er hat keine Ahnung davon, welche von den Arbeiten für ihn Bedeutung haben. Die Aufgabe würde sein, es ihm zu sagen, und er würde sicher dankbar sein.

Der Vertrag würde die Seite mit 20 Mark honorieren. Überlegen Sie sich, bitte, mein Gesuch.

In vorzüglicher Hochachtung

P.J. Möbius
Schmidt’s Jahrbücher der gesamten Medizin

1901 I 22, Bruck a.d. Mur

Hoch geehrter Herr Hofrat!

Es wird mir schwer werden, die richtigen Worte zu finden, um Herrn Hofrat meine Freude über Ihr Schreiben und den Dank für die Unterstützungen, welche mir darin noch weiter verheißen wurden, auszudrücken. Wäre es nicht der Sache wegen, welcher ich doch eine große Wichtigkeit beilege, so würde ich mich nicht getrauen, Herrn Hofrat noch weiter zur Last zu werden. Aber ich hoffe doch, mich bereits soweit in diesen Gegenstand vertieft zu haben, dass es nicht ganz leeres und unnützes Getue ist, wozu ich Herrn Hofrats Unterstützungen erbitte.

Seit einigen Wochen habe ich angefangen, meine gewonnenen Anschauungen zu sammeln und zu schreiben und Auszüge aus den verschiedenen Schriften zu machen. Ich glaube, jetzt mit anderen Augen zu lesen als früher und bin immer schmerzlich enttäuscht, wenn ich über die grundlegenden Daten bei den verschiedenen Autoren so grundverschiedene Meinungen finde. Auch habe ich wieder manches entdeckt, was mir beim ersten Durchlesen entgangen, so eine für mich sehr wichtige Bemerkung Hürthles, welche lautet: „Nun weiß man aber aus Tierversuchen, dass die Entleerung bis zum Ende der Systole, das ist während der ganzen Dauer der Zusammenziehung des Kammermuskels, vor sich geht, und dass der Entleerung der Kammer die Erschlaffung des Muskels unmittelbar folgt.“ Hürthle verweist dabei auf die mir leider unbekannte siebente Abhandlung seiner „Beiträge zur Hämodynamik“.

Dagegen wieder Martius: „Die Verharrungszeit ist ein äußerst ingeniöser Kunstgriff der Natur, die Wiedervernichtung bereits geleisteter Arbeit zu verhindern“. Es braucht sie, um nach seiner Meinung den Ceradinischen Wirbeln Zeit zu ihrer Wirkung des Aneinanderlegens der Klappen zu geben. Also 11/100 – 13/100 Sekunden sollen diese Wirbeln brauchen, um ihre Arbeit zu leisten? – Ceradini selber sagt, dass die toten Punkte der Herzpumpe von unmessbarer Dauer seien.

Bewirkt denn nicht schon die Verkleinerung der Aortamündung am Ende der Systole durch das Vorspringen des Sphynkterringes eine bedeutende Annäherung der Klappensegel und müssen nicht diese Wirbel schon gegen Ende der Systole auftreten und wirken, wenn sich das arterielle Ostium vermengt, wie von Frey an seinen Präparaten zeigt und es ja auch plausibel scheint?

Und andererseits ist gerade Martius, der selber die Verharrungszeit so eifrig verteidigt, derjenige, welcher die Gründe, die Landois zur Aufstellung derselben brachten, als falsch nachweist, indem er, und gewiss mit Recht, leugnet, dass Aorta- und Pulmonalis-Klappenschluss circa 11/100 Sekunden auseinander liegen. Wie müsste bei einer Verharrungszeit von 11/100 – 13/100 Sekunden wohl Mareys Herzkammerkurven aussehen? Oder soll der Druck im Ventrikel, auch trotzdem er keine positive Arbeit mehr leisten soll, doch noch zunehmen??

Doch ich wollte ja nur Herrn Professor danken und meine Freude ausdrücken, auch künftig Ihrer Gewogenheit sicher zu sein.

Auf die vergleichenden Versuche mit dem Federsphygmographen bin ich schon sehr gespannt.

Englisch kann ich leider nicht. Auch meine früheren geringen Kenntnisse der französischen Sprache sind mir im Laufe der Zeit wieder gänzlich abhandengekommen.

Wenn es dem Schüler geziemend wäre, würde diese Zeilen nicht schließen können ohne des Ausdruckes der lebhaftesten und freudigsten Genugtuung über die Herrn Hofrat durch die Akademie in Stockholm gewordene Wertschätzung.

Ihr dankbar ergebener

Dr. [Karl] Schmidt d[er] J[üngere]

Hoch geehrter Herr Kollege!

Beiliegend erlaube ich mir, Ihnen eine Korrespondenz mit Kollegen Voit zuzusenden, mit der Bitte dieselbe durchzusehen. Auf den ersten Brief Voits habe ich ihm geantwortet, dass ich über die Mareysche Bewegungen ganz ähnlich denke wie er (Voit) und falls ich von der Akademie gefragt werden sollte, ich diese meine Anschauung zum Ausdrucke bringen werde.

Nun hat gestern unsere Klasse Kollegen von Ebner und mich beauftragt, einen Bericht in der Angelegenheit zu erstatten und dabei ist die selbstverständliche Bemerkung gefallen, dass wir uns mit Ihnen ins Einvernehmen setzen sollen.

Ich erlaube mir nun anzufragen, ob Sie, geehrter Herr Kollege, ähnlich denken wie Voit und ich, in welchem Falle mein Bericht (von Ebner meint, er wolle sich nicht einmischen) ähnlich ausfallen würde, wie der von Voit.

Ihr ganz ergebener

Sigmund Exner

Ich bitte um Rücksendung inliegender Schriftstücke.

Verehrtester Herr Kollege!

Besten Dank für Ihren ausführlichen Brief vom 27. v[origen] M[onats]. Ich ersehe aus demselben keinen wesentlichen Meinungsunterschied zwischen Ihnen und mir, wohl auch kaum zwischen Ihnen und Voit. Ich wenigstens bin genau so wie Sie überzeugt, dass es anstrebenswert sei: 1. Bei graphischen Apparaten seien die metrischen Maße in Bezug auf Vergrößerung usw. zu wählen. 2. Der Stift solle, wo er möglich ist, auf horizontalen Flächen schreiben etc. etc. etc.

Die Fragen aber, die uns im Moment beschäftigen, betreffen nur den Modus, in welchem dieses Ziel angestrebt werden solle, zunächst sollen wir sagen, ob wir die Gründung einer internationalen Kommission mit dem Sitze in Paris für ein geeignetes Mittel halten, das Ziel zu erreichen.

Ich stimme Ihnen, zugleich aber auch Voit, darin bei, dass unsere Akademie dieses Mittel für ein geeignetes erklären solle, das heißt, dass wir unsere moralische Unterstützung gewähren. Die weitere Frage, ob zu dieser moralischen Unterstützung eine materielle kommen solle, ist die, um deren Entscheidung es sich wesentlich handelt, und dass über deren Beantwortung von Seite unserer Akademie Voit unterrichtet sein wollte. Da bin ich nun mit Voit der Anschauung, dass man vorläufig keine bindende Zusage machen solle. Die Gründe für mich sind: Die Stadt Paris hat bereits einen Platz zur Verfügung gestellt für ein Institut, in welchem wesentlich Pariser Herren arbeiten werden und das bisweilen von einem Deutschen, Russen oder einem anderen Mitgliede der internationalen Überwachungs-Kommission besucht werden wird. Die Arbeiten werden also – was an sich nur erfreulich ist – unter der Leitung Mareys von Parisern ausgeführt werden, und eine materielle Unterstützung der fremden Akademien würde auf den Gang und Verlauf dieser Arbeiten keinen Einfluss üben. Da außerdem die Pariser reich und wir arm sind, so würde ich eine bestimmte Zusage, dem Unternehmen Geld zuzuwenden, derzeit nicht für zweckmäßig erachten. Ähnliches gilt betreffs der Arbeitskräfte. Nach dem Schlusse Ihres Briefes muss ich glauben, dass Sie nicht wesentlich anders denken; er lautet: „moralisch unterstützen müssen wir die Sache, wie ich glaube, sicher, ob auch materiell muss ich dahingestellt sein lassen“. Ich vermute also, Ihre Zustimmung zu erhalten, wenn mein Bericht an die Akademie diesem Ihrer Sätze entsprechend lauten wird.

Nun zu Ihrem werten Brief von gestern. Ich weiß seit acht Tagen von der Angelegenheit Festschrift Drasch und habe mich überzeugt, dass die Herren im Unterrichtsministerium sich die Köpfe zerbrechen, woher sie nun plötzlich 2000 fl nehmen sollen. Ich habe meine Überzeugung dahin ausgesprochen, dass die Arbeit Draschens gut sein wird, da, wenn er einmal mit etwas herausrückt, das gut zu sein pflegt. Mit dem Minister habe ich über die Angelegenheit nicht gesprochen. Ich werde der Sache nachgehen, mache aber schon jetzt darauf aufmerksam, dass diese Art Bewilligungen nicht schnell zu gehen pflegen, sondern sich durch Wochen hinziehen und häufig am Ende die Bewilligung nicht einmal erfolgt.

Indem ich mich Ihnen auf das Beste empfehle, bleibe ich Ihr ergebenster

Sigmund Exner

Hoch geehrter Herr Kollege!

Hätten Sie die Güte, die beiliegenden zwei Berichte durchzulesen und, falls Sie mit ihnen einverstanden sind, zu unterschreiben und mir zurückzuschicken.

Ganz ergebenst

Sigmund Exner

1901 II 14, Willmanstrand

Sehr geehrter Herr Professor

Mich interessieren ganz besonders Ihre in Pflügers Archiv neulich erschienenen Blutuntersuchungen. Wollen Sie vielleicht so freundlich sein, mir einen Separatabzug zuzusenden. Ich bitte sehr um Entschuldigung, dass ich Sie damit belästige und spreche Ihnen im Voraus meinen besten Dank aus.

Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebener

Max Oker-Blom Willmanstrand, Finnland

1901 II 16, München

Verehrtester Kollege und Freund

Ihre herzliche Teilnahme an dem so ungemein traurigen Abschluss des Lebens Pettenkofers, meines besten Freundes, haben mir in meinem Schmerze wohl getan. Ich kann es noch nicht fassen, dass der herrliche Mann in solcher Weise dahin scheiden musste und dass wir ihn nicht mehr unter uns sehen sollen, ihn, der ebenso durch die Größe seiner wissenschaftlichen Arbeit wie durch den Zauber seiner Persönlichkeit alle für sich einnahm. Ich habe lange Zeit das große Glück genossen, ihm besonders nahe zu stehen und ich kann sagen, der schönste Teil meines Lebens hängt mit ihm zusammen. Wenn einmal der Schrecken und die Trauer über die Art des Verlustes sich gelegt haben, wird die sonnige Erinnerung an ihn uns trösten. Solche für die Wissenschaft begeisterte, gute und edle Männer richten uns auf, wenn wir in unserer manchmal recht erbärmlichen Zeit an dem Fortschritt des Menschengeschlechtes fast verzweifeln möchten.

Mit freundlichen Grüßen Ihr ergebener

Carl Voit

1901 III 7-13, Bruck a.d. Mur

Hoch geehrter Herr Hofrat!

Nachdem ich nun auch mit dem mir gütigst überlassenen Federsphygmographen eine Anzahl von Kurven aufgenommen und gleichzeitig, beziehungsweise unmittelbar vorher oder nachher, auch mit dem bis jetzt von mir benützten Instrumente, kann ich berichten, dass ich mit beiden Instrumenten nahezu ganz gleiche Resultate erhalten habe und dass die Verschiebung der Höhepunkte der primären und der ersten sekundären Elevation bei sehr geringer oder verhältnismäßig hoher Belastung resp. Spannung der Aufnahmepelotte sich auf den mit dem Federsphygmographen aufgenommenen Kurven ebenso findet als auf meinen früheren. Es schleudert also dieser und jener Apparat, und zwar, wie ich jetzt herausgefunden, bei beiden Apparaten der Schreibhebel, welcher da und dort in ganz gleicher Weise mit der Aufnahmepelotte verbunden ist; wenn der Aufnahmearm eine irgend plötzliche Bewegung nach oben macht und dadurch das bisher gesperrte Gewicht am kurzen Schreibhebelarm befreit wird und nach abwärts fallend den Schreibhebel respektive den den schreibenden Stift bewegenden langen Arm des Schreibhebels zwingt, eine Bewegung zu machen, welche auf der Kurve als Aufwärtsbewegung erscheint. Diese Schleuderbewegung kann so groß werden, dass die schreibende Spitze sogar die geschwärzte Unterlage verlässt und in die Höhe springt, so dass der aufsteigende Kurvenast eine Unterbrechung erfährt. Vermieden kann dieses Schleudern aber werden, wenn man die Aufnahmepelotte nur so geringe Exkursionen machen lässt, dass das Gewicht am kurzen Arme des zweiarmigen Schreibhebels den langen Ast desselben nur eben um so viel hinüberdrehen kann, als es in jedem Augenblick der mit der Aufnahmepelotte verbundene sperrende Draht erlaubt, nicht aber ihm eine, ich möchte sagen, Eigengeschwindigkeit verleihen kann, welche mit der Bewegung der Aufnahmepelotte eigentlich in gar keinem ursächlichen Zusammenhange steht.

So haben also diese Versuche wieder dazu beigetragen, mich in meiner Deutung der Pulskurve zu bestärken, welche in Kürze zusammengefasst nun so lautet:

1. Die primäre und die 2te sekundäre Elevation der Pulskurve sind der Ausdruck von Drucksteigerungen im Arteriensystem, welche in Wellenform und mit Wellengeschwindigkeit zentrifugal fortschreiten und als Ursache nicht das systolische Eintreiben des Ventrikelblutes in die Aorta haben, sondern:

a) Die Ursache der primären Drucksteigerung ist die plötzliche Druckzunahme im Ventrikel, welche im Momente des Vorhofklappenschlusses entsteht und auf die Aortaklappen als der in diesem Momente nachgiebigste Teil der Wand des systolisch erhärteten Ventrikels ähnlich wirken muss wie eine Drucksteigerung in einem allseitig geschlossenen, mit Flüssigkeit erfüllten starren Gefäß auf einen in einer Wand dieses Gefäßes angebrachten beweglichen Kolben. Durch diesen plötzlichen Stoß, welcher die Aorten-Klappen und damit die arterielle Blutsäule trifft, wird diese gewissermaßen in toto plötzlich um ein Geringes peripher verschoben.

Begründung:

Die Spannung der Vorhofklappen, welche so kräftig erfolgt, dass sie einen hörbaren Laut erzeugt, kann nur durch das andrängende, also in der Richtung gegen die anfangs nachgebenden Vorhofklappen hin bewegte Blut erfolgen. Diese Bewegung muss das Blut machen, sobald der sich kontrahierende Herzmuskel den Ventrikelraum zu verkleinern beginnt, weil ja vor vollendeter Spannung der Vorhofklappen das Blut in dieser Richtung ausweichen kann. Während dieser Zeit, so lange das Blut noch gegen die noch nicht gespannten Vorhofklappen ausweichen kann, kann auch der im Ventrikel herrschende Blutdruck sich nicht wesentlich erhöhen. Erst mit dem Momente der Spannungen der Vorhofklappen hört diese Bewegung plötzlich auf und entsteht plötzlich eine bedeutende Erhöhung des Blutdrucks, wie im hydraulischen Widder oder auch wie in einem Wasserleitungsrohr, dessen weit offener Hahn plötzlich geschlossen wird, eine bedeutende Druckerhöhung eintritt. Mareys schöne kardiographischen Kurven zeigen deutlich nach einem minimalen Anfangsanstiege im Beginne der Systole (welcher wohl der geringen Drucksteigerung vor Spannung der Vorhofklappen entspricht) durch die nun senkrecht aufsteigende Kurve die Plötzlichkeit dieser Druckerhöhung.

Dass aber durch diese plötzliche Drucksteigerung die arterielle Blutsäule einen Stoß erleidet, wird außer der theoretischen einzigen Möglichkeit, dass eben gerade diese Stelle der Kamerrand in diesem Augenblicke ähnlich wie ein beweglicher Kolben nach außen gestoßen werden kann, noch bewiesen durch das Verhalten der dromografischen Kurve (Lortet) und der Herz-Spitzenstosskurve.

Lortets dromographische Kurve zeigt in diesem Momente eine plötzliche Aufwärtsbewegung, also ein plötzliches, ruckweises peripherwärts gerichtetes Geschobenwerden der arteriellen Blutmasse an, welches nur einen kurzen Moment andauert, da die Kurve, welche senkrecht angestiegen, sofort wieder, wenn auch nicht so plötzlich, absinkt.

Die Spitzenstoßkurve des Herzens aber zeigt im Momente der Spannung der Vorhofklappen einen Knick, von dem an die Kurve steiler ansteigt als vorher. Dass dieser Knick diesem Momente entspricht, hat Hürthles selbstregistrierender akustischer Markierapparat mit absoluter Sicherheit ergeben. Dieser Knick aber findet sich nur auf Spitzenstoßkurven, niemals auf Herzstoßkurven, welche von einem Wandteil des Ventrikels gewonnen werden, wie meine zahlreichen darauf gerichteten Versuche ergeben haben. Dadurch ist aber seine Deutung als Ausdruck des Rückstoßes (wie ein Gewehrsstoß nur nach rückwärts und nicht nach der Seite erfolgt) gesichert. Damit aber auch umgekehrt, dass das Gewehr losgegangen ist, in unserem Falle, dass Blutflüssigkeit in einer dem Spitzenstoß entgegengesetzten Richtung plötzlich sich in Bewegung gesetzt hat. Damit aber wäre für diesen Moment des Spitzenstoßes die alte Gutbrod-Skodasche Theorie wieder zu Ehren gebracht. Dass dieser Rückstoß so unmittelbar fast im Moment der Entstehung der plötzlichen Druckvermehrung durch die Vorhofklappenspannung erfolgt, wird erklärlich, wenn man erwägt, dass physikalische Versuche ergeben haben, dass derartige Druckänderungen in der geschlossenen Flüssigkeit sich mit der Geschwindigkeit fortpflanzen, mit der sich der Schall in Flüssigkeiten fortpflanzt, also mit mehr als 1000 m in der Sekunde. Da die Ventrikelwände allerdings, nicht auch im Zustand der Systole, ganz starr sind und diese größere oder geringere Nachgiebigkeit der Gefäßwandungen von Einfluss zu sein scheint auf die Geschwindigkeit, mit der sich Druckunterschiede darin fortpflanzen, so ist vielleicht nicht eine so große Fortpflanzungsgeschwindigkeit im Ventrikel anzunehmen, aber auch bei nur 100 oder gar 20 Meter Geschwindigkeit bräuchte so eine Druckwelle bei den geringen Größenverhältnissen keine praktisch messbare Zeit, um von der Basis zur Spitze oder umgekehrt zu gelangen.

Dass aber ein stoßweises Vorwärtsschieben der ganzen arteriellen Blutmasse im Momente der Vorhofklappenspannung und der dadurch gesetzten plötzlichen ventrikulären Druckerhöhung physikalisch nicht unmöglich und daher auch meine diesbezügliche Deutung der Lortetschen hämo-dromografischen Kurve erlaubt ist, geht hervor aus folgendem Satze in Eduard Rieckes Lehrbuch der Experimentalphysik, I. Band Seite 205: „Das ganze Verhalten der zähen Flüssigkeiten legt die Annahme nahe, dass sie einer plötzlich einwirkenden Kraft gegenüber sich im ersten Momente verhalten wie feste Körper.“

Dass nun aber dieser Stoß der arteriellen Blutsäule auch auf der plethysmographischen und auf der Druckpuls-Kurve, und auf dieser ganz besonders deutlich, zum Ausdruck kommen muss, ergibt sich aus der Natur der Sache.

b) Die zweite sekundäre Elevation, welche in manchen Fällen, zum Beispiel bei dicroten Fieberpulsen, der primären an Höhe nicht viel nachgibt, und welche an peripheren Arterien um ebenso viel später in der Pulskurve erscheint als an zentraler gelegenen, hat als Ursache ganz sicher eine zentrifugal fortschreitende Druckerhöhung, und zwar auch eine ziemlich plötzlich eintretende, stoßweise erfolgende Druckerhöhung, wie die ihr in der hämodromografischen Kurve Lortets entsprechende, auch steil ansteigende Erhebung beweist.

Als Veranlassung für diese neuerliche, stoßweise eintretende Druckerhöhung glaube ich folgende 2 Momente ansprechen zu müssen:

α) Von frey hat an seinen im Zustande maximalster Kontraktion fixierten, gehärteten Herzen gezeigt, dass im Momente dieser maximalen Kontraktion (und dieser Moment fällt offenbar an das Ende der Systole) die arteriellen Mündungen durch die wulstartig vorspringenden Sphinkteren zu engen Spalten zusammengezogen sind, da die Taschenklappen mit ihrem tiefsten Teile auf diesen Muskelwülsten aufsitzen. Dadurch muss aber der Rauminhalt des Anfangsteiles der Aorta verkleinert werden. Bei Eintritt der Erschlaffung der Ventrikel hört aber auch diese Verengerung der Aortaursprungs oder -anfangsteiles auf, dadurch wird der Rauminhalt gerade am Beginn der Aorta erhöht. Bei dem hohen, in diesem Augenblicke in der Aorta herrschenden Drucke muss nun das Blut sofort mit Nachlassen der Kontraktion, den Anfangsteil ausdehnend, eine rückläufige Bewegung machen, wie gerade Lortets hämodromographische Kurve wieder klar und überzeugend zeigt. Diese rückläufige Blutbewegung muss aber in dem Augenblicke ein plötzliches Ende erreichen, als nach Erreichung der maximalen zeitlichen Ausdehnung des Anfangsstückes der Aorta die nun entfalteten Klappen vollkommen gespannt sind.

Wir haben also auch hier wieder in Bewegung befindliche Flüssigkeit und plötzliche Hemmungen dieser Bewegung und dadurch plötzliche Drucksteigerung, welche sich in der Richtung des geringsten Widerstandes als Stoßwelle fortpflanzt.

β) Durch diese am Beginne der Diastole der Ventrikel auftretende Erweiterung des Anfangsteiles der Aorta muss der Blutdruck daselbst momentan, wenn auch nur um ein Geringes, sinken, dadurch aber muss die nicht nur der Quere, sondern auch der Länge nach systolisch ausgedehnte Aorta infolge ihrer Elastizität sich zusammenziehen, da ja dem geringeren Blutdruck gewiss auch ein geringerer Dehnungsgrad der Aorta entspricht.

Während aber durch die diastolische Erweiterung des Aortaursprungs eine Raumvermehrung am Anfangsteile der Aorta entstand, bewirkt die Kontraktion der gespannten Aortawandung eine Raumverminderung derselben, und zwar sowohl der Quere, als auch der Länge nach.

Jedenfalls ist es gewissermaßen die Resultierende aus diesen beiden Momenten, welche in der zweiten sekundäre Elevation zum Ausdruck kommt. Auch die größere oder geringere Plötzlichkeit, mit welcher die Diastole eintritt, dürfte von Einfluss sein.

Betrachtet man nun beide genannten Pulskurvenerhebungen im Zusammenhange, erwägt man, dass die Entstehungsmomente derselben (nach dieser Erklärung) durch die hörbaren Klappenschlüsse (Vorhof- beziehungsweise Aorten-Klappenschluss) ganz genau markiert sind, so muss, wenn diese Erklärung richtig sein soll, der Abstand zwischen den Anfangspunkten dieser beiden Erhebungen gleich sein dem Abstand zwischen den Markierungspunkten der Klappenschlüsse auf derselben Pulskurve oder auf einer anderen gleichzeitig geschriebenen (zum Beispiel Herzstoß-)Kurve, auf der eine Herzrevolution denselben Raum einnimmt wie auf der Pulskurve. Ist das aber der Fall, so glaube ich, diesem Umstande doch wohl eine gewisse Beweiskraft für die Richtigkeit meiner Deutung zumessen zu dürfen. Diesen Beweis aber hat Hürthle mit seinem genial erfundenen selbsthörenden und -schreibenden Markierungsapparat geliefert und selbst die Gleichheit dieser beiden Abstände betont. Den weiteren Beweis aber, dass diese Markierungspunkte, wenn auf der Pulskurve selbst angebracht, um so viel vor dem Anfangspunkt der zugehörigen Elevation zu liegen kommen, als der Zeit entspricht, welche die Pulswelle braucht, um vom Herzen zum Aufnahmepunkte der Pulskurve zu gelangen, glaube ich, wenigstens für die zweite sekundäre Elevation erbracht zu haben. Mit vollkommeneren Instrumenten wäre er wohl leicht und vollkommen exakt zu erbringen. Damit aber wäre, wie ich glaube, ziemlich unanfechtbar die Richtigkeit meiner Deutung dieser Elevationen erbracht.

2. Die erste sekundäre Elevation der Pulskurve ist der Ausdruck des systolischen Eintreibens des Blutes aus dem Ventrikel in die Aorta, und zwar nicht nur der aufsteigende Teil dieser Erhebung, sondern auch noch ein guter Teil des absteigenden Schenkels.

Begründung:

  1. Das Austreiben des Ventrikelblutes in die Aorta dauert bis oder doch nahezu bis zum Eintritte der Diastole. Eine so genannte „Verharrungszeit“ des Ventrikels gibt es nicht.

    Die von Landois mit Hilfe einer ganz willkürlichen Deutung der Herzstoßkurve „berechnete“ Verharrungszeit beruht auf ganz unrichtigen Prämissen, wie Martius überzeugend dargetan hat.

    Die theoretische Verteidigung der Verharrungszeit (welch letztere Martius seiner Deutung der Herzstoßkurve zu Liebe trotzdem festzuhalten zu müssen glaubt), und welche dahin geht, dass eben diese Verharrungszeit die „Stellung“ der Klappen ermöglichen soll, um dadurch wieder den sonst bei einfachen Pumpen eintretenden 15%igen Verlust infolge Rückströmens der Flüssigkeit unmöglich zu machen, kann einer eingehenderen Überlegung wohl auch nicht standhalten: Es wäre die bei jeder Systole zu befördernde Blutmenge = 100, die Kraft, welche der Ventrikel aufwenden muss, um diese 100 Teile Blut während der ganzen Zeit der Systole nach dem Vorhofklappenschluss, also während circa 20/100 Sekunden in die Aorta auszutreiben = K. Wenn wirklich 15% des ausgetriebenen Blutes wieder zurückfließen würden bei Eintritt der Diastole, so müssten also 118 Teile Blut ausgetrieben werden, um tatsächlich 100 Teile weiterzubefördern. Es wäre also eine Kraft dazu nötig von circa 1,18 K. Soll aber nach Martius das Blut schon in 10/100 Sekunden ausgetrieben werden, so muss das Herz schon in dieser ersten Hälfte der oben besprochenen Systolenzeit die doppelte Kraft aufwenden, da es ja dieselbe Arbeit in der halben Zeit leisten müsste, also in den ersten 10/100 Sekunden 2 K, in den weiteren 10/100 Sekunden, während welcher das Herz ja noch kontrahiert bleibt und den ganzen Aortendruck auszuhalten hätte, da die Klappen ja noch nicht gespannt sind, würde es mindestens eine Kraft = ½ K aufwenden müssen, zusammen also 2,5 K; und das sollte auch gegenüber 1,18 K ein „ingeniöser Kunstgriff der Natur“ sein? Dieser hypothetische Verlust von 15% tritt ja aber tatsächlich gar nicht ein, da ja die einzelnen Klappenteile am Ende der Systole einander so sehr genähert sind (von Freys gehärtete Herzen), dass höchstens ein paar Tropfen Blut zwischen ihnen zurückfließen können, niemals aber 15% des vorher ausgetriebenen Blutes!

    Ferner hat Hürthle durch Tierversuche festgestellt, dass die Austreibungszeit des Blutes bis zur Diastole andauert.

    Damit ist aber gesagt, dass diese Austreibungszeit viel größer ist als etwa die Zeitdauer, welche die primäre Elevation zu ihrer Verzeichnung beansprucht, welche bisher als Ausdruck des systolischen Austreibens des Blutes gehalten wurde. Da übrigens für die primäre Elevation eine andere, wie ich glaube, gut begründete Erklärung sich aufzwingt, andererseits die Verzeichnung der ersten sekundären Elevation in die Zeit zwischen Vorhofklappenschluss und des Aortaklappenschlusses fällt, wie sich durch Markierungen der Herztöne auf der Pulskurve leicht beweisen lässt, also in die Zeit des Austreibens des Blutes in die Aorta, so ergibt sich dadurch wohl von selbst auch eine ursächliche Beziehung zu diesem Vorgange, besonders, da noch folgende unbestreitbare Tatsachen vorliegen:

    1. von Frey hat durch Versuche folgenden Satz aufzustellen sich genötigt gesehen: „Die Amplitude der 1. sekundären Elevation wächst mit der Pulsgröße. Die Erscheinung weist darauf hin, in der 1. sekundären Elevation gewissermaßen ein Abbild der systolischen Welle zu erblicken.“ Soll wohl heißen: ein Abbild der systolischen Inhaltszunahme der Aorta, respektive des Arteriensystems überhaupt. Aber das weist auch nicht darauf hin, ein Abbild dieser Blutzunahme darin zu erblicken, sondern sagt ganz trocken, dass die 1. sekundäre Elevation eben durch diese systolische Inhaltsvermehrung der Arterien erzeugt wird, da ja sonst die Pulsgröße darauf keinen Einfluss hätte.
    2. von Frey sagt weiter: „die 1. sekundäre Elevation wird bei genügend hohem Blutdruck stets höher als der systolische Gipfel“ – soll heißen: primäre Gipfel.
    3. Die normale Aortakurve ist anacrot.
    4. Auch die normale Pulskurve ist bei gutem arteriellem Blutdrucke, wenn man jede Schleuderung des Sphygmographen vermeidet, an vom Herzen nicht zu sehr entfernten Arterien anacrot.
    5. Auch die normale plethysmographische Kurve ist anacrot.)

    und eine andere veranlassende Ursache für die Verzeichnung der 1. sekundären Elevation schlechterdings nicht zu finden ist. [sic]

So haben also alle meine diesbezüglichen Versuche und Studien immer wieder zu dem Ende geführt, dass primäre und 2. sekundäre Elevation durch Stoßwellen, die 1. sekundäre Elevation durch das systolische Eintreiben des Ventrikelblutes in die Aorta entstehen, und ich glaube, alle wichtigeren mir zugänglich gewordenen Daten verwendet und meine Schlussfolgerungen erst nach reiflicher Überlegung gezogen zu haben.

Sollten mir aber dennoch Tatsachen entgangen sein, welche gegen meine Auffassung sprechen, oder logische Schnitzer passiert sein, so bitte ich Herrn Hofrat, mich gütigst darauf aufmerksam machen zu wollen.

Einige mit dem Federsphygmographen gewonnene Kurven erlaube ich mir beizulegen.

Und nun schließt endlich mit der Bitte um Herrn Hofrats weitere gütige Unterstützung hochachtungsvoll ergebener

Dr. Schmid d[er] J[üngere]

Geschlossen 13.3.1901

Anmerkung Die erwähnte Kurve liegt nicht bei.

Lieber Freund

die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat heute beschlossen, Dich einzuladen, als ihr Vertreter am 15. April in Paris bei der Internationalen Vereinigung der Akademien zu fungieren. Es gehen von der anderen Klasse Gomperz, Karabacek, Jirecek, von uns bis jetzt Tschermak, Lang. In Paris wünscht man, dass möglichst viele kommen. Was Dich interessierende Verhandlungsgegenstände betrifft: Ein Antrag Marey wegen Egalisierung der physiologischen Registrierapparate, ein Antrag von His wegen Bearbeitung der Gehirnschnitte etc. Die betreffende Drucksache werde ich Dir morgen senden.

Du würdest mich sehr verpflichten, wenn Du mich telegrafisch kurz verständigen wolltest, da ich die Namen der Vertreter dem Ministerium des Äußeren anzeigen soll.

Mit besten Grüßen

V. Lang Universitätsplatz 2

Lieber Bruder!

Dein gestriges Schreiben hat mir sehr merkwürdige und überraschende Mitteilungen gebracht. Ich freue mich, dass Du endlich auf so angenehme und ehrenvolle Weise dazu kommst, Paris kennen zu lernen, das ich einmal auf eigene Veranlassung und zweimal mit Erzherzog Ferdinand auf der Hin- und Rückreise in die Normandie zu besuchen Gelegenheit hatte. Wie schwer es ist, das gehörte Französisch gegenüber dem gelesenen zu verstehen, das habe ich auch erfahren. Selbst im Theatre francais, wo gewiss am deutlichsten und besten gesprochen wird. Aber das Ohr lernt ziemlich schnell, so dass es bald leidlich gut geht. Auf Deine freundliche Einladung zu einem Osterbesuch in Graz muss ich erwidern, dass auch heuer ein späterer, etwa ein Pfingstbesuch daraus werden wird. Ich fürchte die frühe Zeit, da ich den ganzen Winter zu kämpfen hatte und oft wochenlang ans Zimmer gebunden war. Influenza, Nasen-, Rachen-, Kehlkopf-, Luftröhrenkatarrh in beständiger Abwechslung konnte ich nicht loswerden. Gerade heute habe ich wieder Schnupfen. Nur die gichtischen Beschwerden und die Uratbildungen sind seit Monaten ganz verschwunden. Ich trinke weder Wein noch Bier. Die Reise nach Paris geht ja offenbar mit der Westbahn von Wien ab. Kommst du vielleicht bei dieser Gelegenheit auch nach Baden? Das wäre sehr schön. Humbert gratuliere ich zu dem I. theoretischen [Rigorosum] mit Auszeichnung. Herzliche Grüße an alle Lieben, Dein

Emil

Ich habe Dir einige Drucksachen auf Paris bezüglich geschickt, leider habe ich sonst nichts und weiß auch nicht viel mehr als dass die Zusammenkunft am 16. April in Paris sein wird.

Von uns gehen:

Gomperz Tschermak
Karabacek Rollett
Jirecek Lang

Die Namen werden durch das Ministerium des Äußeren der Botschaft in Paris mitgeteilt, so dass man auf einige Schwindel gefasst sein muss.

Die Akademie zahlt Fahrt I. Klasse, natürlich Gepäck und Wagen, dann per Tag 10 fl, was nicht sehr viel ist.

Weitere Nachrichten mir vorbehaltend bin ich mit besten Grüßen Dein ergebener

Lang

Assemblée générale qui doit se réunir à Paris de l’institut le mardi 16 Avril 1901 a neuf heures ou matin.

Nachricht erst gestern Abend eingelangt.

B[este] G[rüße]

Lang

Anmerkung Telegramm

zusammenkunft der wiener delegierten Montag, den 15. april 7 uhr abends an der table d’hotel du Louvre glueckliche reise!

suess

Lieber Bruder!

Ich reise am Samstag, 13. dieses Monats, mit dem Zuge um 7 Uhr früh von hier ab und komme um 12 Uhr 37 M[inuten] nach Baden.

Am Sonntag, 14. April, 8 Uhr 25 M[inuten] geht von Wien der Orientexpresszug ab, für welchen ich mir von Cook und Son in Wien eine Hin- und Zurückkarte I. Klasse mit Benützung des direkten Wagens (Schlafwagen) Wien-Paris hierher schicken ließ.

Der Zug kommt am 15. April um 7 Uhr 25 M[inuten] in Paris an. Es handelt sich also für mich nur um die Frage, wie ich von Baden am 14. rechtzeitig nach Wien komme.

Ich finde aber in der Lokalfahrordnung, dass der erste Lokalzug von Baden schon um 6 Uhr früh nach Wien geht. Wenn ich Euch nur in der Frühe keine zu große Störung bereite.

Über das Pariser Programm, welches großartig ist, mündlich Näheres.

In Paris dauert die Geschichte bis 21. April.

Mit vielen Grüßen an alle und auf baldiges Wiedersehen Dein

Alexander

[1901] [IV] [12], [Wien]

Lieber Freund!

Dass die Ite Sitzung Dienstag 16., 9h früh im Palais de l’institut vis a vis vom Louvre ist, wirst Du zur Genüge gehört haben.

Karabacek und Jirecek werden Hotel de Malte rue Richelieu, Tschermak und Tochter! Hotel du Louvre wohnen. Ich wahrscheinlich mit Gomperz Hotel Continental, dessen Preise etwas höher sind und tue ich es auch nur Gomperz wegen.

Es wurde beschlossen, um sich in Paris zu treffen, Montag abends 7h im Hotel du Louvre (rue Rivoli) das Diner einzunehmen, was übrigens auch 7 francs kosten dürfte. Die anderen Tage ist übrigens durch die Vergnügungsliste ziemlich für unser Mittagsmahl gesorgt.

Diese ziemlich wertlosen Mitteilungen sind durch Suess veranlasst, welcher mich bat, die Resultate ! unserer heutigen Zusammenkunft Dir mitzuteilen. Es waren nämlich da: Suess, ich, Tschermak, Karabacek und Jirecek, letztere zwei reisen schon morgen Früh. Ich werde wahrscheinlich Samstagabend via Schweiz oder Sonntag früh per Orientexpress abreisen.

Mit besten Grüßen auf frohes Wiedersehen in Paris

Lang

Dienstag

Cher Collegue [sic]

L’annonce de Votre départ me chagrine car j´aurais voulu les fêtes finies, profiter un peu de Votre séjour à Paris et Vous remercier du chaleureux accueil que Vous avez fait à ma proposition.

J’espère Vous retrouver a [sic] Turin en Septembre et vous prie de croire à mon vif désir de continuer avec vous des relations personnelles dont je suis très honoré Cordialement à vous

Marey

[1901] [V] [?], [Wien]

Hochverehrter Lehrer und Kollege!

Ihrem Wunsche gemäß habe ich gerne den Vorschlag für Klemensiewicz unterschrieben, ebenso auch Exner. Ob auch Erfolg in Aussicht ist, weiß ich freilich nicht. Ich lege Ihnen die Liste der Vorschläge bei, wie sie Suess gestern verlesen hat. Ich werde leider bei der Klassenwahl nicht anwesend sein, da ich zum Anatomenkongress nach Bonn gehe und vor Donnerstag Abend von dort nicht zurück sein kann.

Ich bitte um Ihre stilles Beileid, da ich jetzt das Kapitel „Blut“ für Kölliker arbeite. Sie wissen, was das sagen will. Es ist mir noch kein Kapitel so zuwider gewesen, wegen des wahnsinnigen Umfanges einer Literatur, die noch dazu meist so subjektiver Art ist, dass eine Kontinuität der Wissenschaft vollständig fehlt und selbst sonst gescheite Leute wie Arnold und Ehrlich Dinge zusammenschreiben, die mir ganz unbegreiflich sind. In diesem Kapitel habe ich das Gefühl, dass ich es nicht bewältigen kann und dass es schlecht wird, weil ich nicht mehr im Stande bin, mich zum Herrn des Stoffes zu machen. Ihre Arbeiten sind mir ein Trost und ich danke noch insbesondere für die letzte über elektrische und thermische Einwirkungen.

Ihr ganz ergebener

V. Ebner

Anmerkung Zur Datierung: Der Bonner Anatomenkongress fand um die Monatswende Mai/Juni 1901 statt, s. den Brief von Retzius vom 7. 6. 1901. Das Vorhaben bezüglich Klemensiewicz schlug fehl, er wurde erst 1906 zum korrespondierenden Mitglied der Akademie gewählt.

Ich habe heute Deine Karte und die interessante Pariser Photographie erhalten und sage dafür meinen besten Dank. Schade, dass ich nur von einem Teile der Persönlichkeiten die Namen zu nennen weiß.

Herzliche Grüße an alle

Emil

Monsieur le professeur Alexandre Rollett
de l’Université de Graz (Styrie)

J’ai l’honneur des Vous soumettre ci-inclus, le manuscrit de la notice que nous allons publier d’après les documents que Vous avez bien voulu me faire parvenir.

Permettez-moi de vous exposer à cette occasion un mode de propagande hautement apprécié des personnalités dont s’occupe notre Revue et qui nous demandent, en effet, le plus souvent par milliers et à prix réduits, des exemplaires du numéro qui les intéresse, pour les distribues dans toutes les directions où elles le jugent utile.

Savants et littérateurs trouvent ainsi un moyen d’encourager notre œuvre de vulgarisation en s´y associant par une souscription gracieuse à un tirage d’une certaine importance. Et c’est dans ca cas que nous nous trouvons en mesure de publier leur portrait en gravure en regard de l’article qui les concerne d’après la photographie qu’ils nous envoient. Nous avons bien reçu la vôtre.

Pour vous renseigner sur tous les points, l’Encyclopedie se compose de huit pages grand format et se vend, l’exemplaire 0f 50c au détail. Mais ce prix est réduit, en faveur de

nos sousripteurs, de 20 à 30 pour cent suivant quantité demandée entre mille et plusieurs mille.

Veuillez donc, je vous prie, Monsieur le Professeur, me renvoyere le manuscrit avec vos corrections par le plus proche courrier et me faire connaître la quantité d’exemplaires que nous aurons à vous réserver.

Dans l’espoir que vous encouragerez ainsi notre œuvre de vulgarisation qui a déjà réuni parmi les savants tant d’honorables et de précieuses sympathies, je vous prie d’agréer, Monsieur le Professeur, l’assurance de mes sentiments les plus distingués

Le Directeur Marie
Quinzième Année
L’encyclopédie contemporaine illustrée
[…] Paris Directeur:Théodore Marie

Hochverehrter Freund und Lehrer!

Herzlichsten Dank für die gütige Übersendung der 7 Abhandlungen, von welchen ich nur Nummer 1 und 2 kannte. Ich habe mich sofort über die Arbeit von O. Schumann und E. Rosenquist „Über die Natur der Blutveränderungen im Höhenklima“ gemacht und glaube, dass man nach dieser sorgfältigen Untersuchung nicht mehr zweifeln darf, dass in der Tat eine absolute Vermehrung der Blutkörperchen unter dem verminderten Luftdrucke stattfindet. Die schwedische Abhandlung von Rosenquist werde ich nicht im Stande sein zu lesen, doch wird sie wohl wesentlich dasselbe enthalten, wie die deutsche. Ganz besonders danke ich für die Abhandlungen von Wooldridge. Ich hoffe, dass ich Ihnen bald die Abhandlungen zurücksenden kann und lege vorläufig das Recepisse diesem Briefe bei.

Mit den besten Grüßen Ihr dankbarer

V. Ebner

Hochverehrter und lieber Herr Kollege!

Als ich gestern von der Reise nach dem Bonner Anatomenkongresse zurückkam, fand ich auf meinem Tische Ihren liebenswürdigen Brief vom 3. Juni mit der Meldung, dass ich zum korrespondierenden Mitgliede Ihrer hochillustren Akademie der Wissenschaften erwählt worden bin. Ich wurde in der Tat hiervon in hohem Grade überrascht und erfreut und ich beeile mich, Ihnen für die Nachricht sowohl als für Ihre gütige Mitwirkung bei der Erwählung meinen innigsten Dank auszusprechen. Eine solche große Ehre wird gerade dadurch in hohem Maße erhöht, dass Männer Ihres hohen Ranges in der Wissenschaft dabei mitgewirkt haben. Ich wünsche nur, dass ich dieser Ehre würdig sei oder sonst würdig werden könnte!

Ich benütze nun die Gelegenheit, Ihnen auch für das so sehr angenehme Zusammentreffen bei der Konferenz der Delegierten der assoziierten Akademien in Paris herzlich zu danken. Es war mir eine ganz besondere Freude, mit einem Forscher, den ich seit so langer Zeit so hoch verehre, endlich einmal auch die persönliche Bekanntschaft zu machen. Ich hoffe nur, dass es mir noch ferner vergönnt sein möchte, mit Ihnen zusammentreffen zu können. In dieser Hinsicht sind die Kongresse von wirklicher Bedeutung. Ich kann aber noch hinzufügen, dass es auch Kongresse gibt, die außerdem auch belehrend und nützlich sind. Ich kehre also von dem Bonner Anatomenkongresse mit wahrer Befriedigung zurück und habe davon viel Anregung zu fortgesetzter Arbeit erfahren. Auch war es eine große Freude, mit den lieben Freunden von Kölliker, von Ebner, Golgi, Romiti und vielen anderen zusammenzutreffen.

Nun, lieber Kollege, noch einmal ein tief gefühlter Dank für alle Ihre Güte und Liebenswürdigkeit gegen mich! Ihr ganz ergebenster

Gustaf Retzius

Hochgeehrter Herr Kollege!

Heute habe ich Ihnen das Zirkular für den fünften internationalen Kongress geschickt.

Es würde für uns eine große Ehre und Freude sein, wenn wir Sie in unserer Mitte begrüßen könnten.

Als Präsident des Kongresses erlaube ich mir, Ihnen im Namen der Kollegen unseren hochachtungsvollsten Gruß zu senden.

Ergebenst Ihr

Mosso V Congresso Internazionale die Fisiologi
Torino, 17–21 Settembre 1901

Anmerkung Foto Alexander Rolletts links, rechts der Text, als Postkarte

Lieber Onkel Hermann!

Ich danke herzlich für die übersendete Karte mit der Sage vom eisernen Manne. Mögen die Geißelhiebe in der Sage wohl bekommen und eine bessere Zeit einpeitschen

Alexander

Es schreibt sich verzweifelt schlecht auf dem Papier – A.R.

Anmerkung Dieses Stück erliegt im Stadtarchiv Baden im Nachlass Alexander Rollett.

Verehrter Herr Hofrat

Besten Dank für Ihre freundliche Mitteilung. Ich bin gar nicht bös darüber. Ihnen recht angenehme Ferien wünschend Ihr aufrichtig ergebener

M. Gruber

Lieber Freund

Ich freue mich sehr, dass wir wieder einmal Gelegenheit haben werden, uns zu sehen; denn ich hoffe bestimmt darauf, dass Sie im September zum Physiologenkongress hierher nach Turin kommen werden.

Hoffentlich haben Sie die Zirkuläre erhalten und gesehen, dass [Sie] eine Ermäßigung der Preisen für die Reise auf den italienischen Eisenbahnen erhalten.

Schreiben Sie mir gefälligst, in welcher Station Sie in Italien eintreten wollen.

Es wird alles getan werden, um Ihnen den Aufenthalt unserer Stadt angenehm zu machen.

Schreiben Sie mir daher baldmöglichst Ihre Zustimmung, ich werde Ihnen sehr dankbar sein und die Kollegen werden sich gewiss ebenso freuen, Sie zu sehen.

Mit besten Grüße allezeit Ihr

Mosso

Lieber Bruder!

Ich habe eine vierwöchentliche Kur (bei Santin) vollendet. Nasendusche mit Haller Jodwasser und Inhalation zerstäubter Sole. Husten ist momentan sehr wenig. Nasen- und Rachenkatarrh noch immer zugegen, obwohl viel besser. Es sind offenbar vasomotorische Vorgänge, welche eine oft plötzlich eintretende Schwellung und ebenso rasche Besserung in den oberen Luftwegen herbeiführen. Auch bei Priskas Zustand spielen gewiss solche Vorgänge mit. In meiner Nase soll auch eine kleine Deviation und Exostose vorhanden sein. Anfangs August gehe ich nach zweijähriger Pause wieder nach Naßwald, werde mich aber nur auf kleine Spaziergänge beschränken, mehr getraue ich mich diesmal nicht zu unternehmen und bedaure sehr, Deiner verlockenden Einladung, Euch in der herrlichen Gegend in Krain zu besuchen, nicht folgen zu können. Umso mehr freue ich mich auf Ulamas und der Buben Besuch im September in Baden. Hoffentlich wird sich Priska bald wieder erholen.

Mit vielen Grüßen an alle Dein

Emil

1901 IX 26, Bruck a.d. Mur

Hochgeehrter Herr Hofrat!

Nachdem ich nun meine Arbeit über die Pulskurve ziemlich fertig gestellt zu haben glaube (die Versuche mit dem Mareyschen Sphygmographen haben auch entsprechende Resultate ergeben), möchte ich die ergebene Bitte an Herrn Hofrat richten, ob es möglich wäre, mir eine Stunde zu gewähren, damit ich Herrn Hofrat das, was ich bis jetzt zusammengeschrieben, vorlesen und um Ihr Urteil bitten könnte, ob es so, wie es geschrieben, auch verständlich ist. Wenn es bei dieser Gelegenheit möglich wäre, dass mir Herr Hofrat die versprochene Demonstration des freiliegenden Herzens ermöglichten, wäre ich doppelt dankbar, weil ich von der großen Wichtigkeit des Hinab- und Hinaufrückens der Atrioventrikulargrenze für den Blutkreislauf im Herzen selbst überzeugt bin, ja dem systolischen Herabrücken sogar die wichtigste Rolle zuerkenne, dass das venöse Blut aus den großen Venen, in denen es unter negativem Druck steht, überhaupt in den Vorhof hinein gelangen kann, besonders bei eröffnetem Herzbeutel. Ist doch die der Atrioventrikulargrenze entgegengesetzte Wand des Vorhofes an den großen Venen befestigt, so dass systolisch eine bedeutende Saugwirkung zustande kommen muss. Wird dann durch die diastolische Verkürzung der großen Arterien die Atrioventrikulargrenze wieder emporgezogen, so kommt ein großer Teil des Vorhofblutes infolge dieses Vorganges von selbst in die Kammer zu liegen, und dürfte wohl dieser Umstand das Mitemporziehen der Herzspitze verhindern.

Mit der endlichen Bitte, mir Ihre gütige Unterstützung auch fernerhin gewähren zu wollen, zeichne ich als Herrn Hofrates dankbar ergebener

Dr. Schmid d[er] J[üngere]

Hochgeehrter Herr

Nachdem Bergmann (Berlin), Esmarch, Czerny, Gerhardt u.a. an der Deutschen Revue mitgearbeitet haben, würde es mich sehr freuen, wenn es Ihnen möglich wäre, mir bis Anfang Februar oder früher oder später einen Beitrag von allgemeinem Interesse zuzusenden.

Verehrungsvoll Ihr

Richard Fleischer Chefredakteur der Deutschen Revue
in Wiesbaden Villa Riviera

1901 XI 29, München

Lieber Kollege und Freund

Sie hatten die Güte, mir zu meinem 70. Geburtstage in herzlichen Worten Ihre Glückwünsche darzubringen. Sie haben es dabei beklagt, dass weder Sie noch Ihre Fakultät eine Einladung zu dem Feste erhalten haben. Der 70. Geburtstag ist kein Verdienst; ja er rückt einem zuerst den Gedanken nahe, dass man bald am Ende seiner Tätigkeit angelangt ist; und so pflegen wir hier diesen Tag offiziell nicht zu begehen, weshalb auch keine Einladung dazu erfolgt ist: Sie wären gewiss nicht vergessen worden, wenn überhaupt Einladungen ergangen wären. Ich habe keine feierliche Deputation von seiten der Universität, der Fakultät, der Akademie empfangen; allerdings sind als Freunde, einzeln viele der Kollegen gekommen, wie Sie auch. Nur meine alten Schüler haben es sich nicht nehmen lassen, mich zu feiern und zu beschenken in einer Weise, die mich auf das tiefste rührte. Die Bewegung ging noch im Januar dieses Jahres von meinem getreuen Pettenkofer aus, der als mein Schüler mittun wollte und den ich schmerzlichst in diesen Tagen vermisste. Aber Ihr und so manches Physiologen Gedenken hat mich nicht minder erfreut und erquickt, denn die Fachgenossen sind doch die Beurteiler dessen, was man in redlicher Arbeit erstrebt und erreicht hat. Und dass gerade Sie, einer der ältesten und verdientesten Physiologen, so wohlwollend über meine Tätigkeit urteilen, das hat mich am Abend meines Lebens recht beglückt. Möge es uns vergönnt sein, bis an das Ende unserer Tage Freude an der wissenschaftlichen Arbeit zu finden.

Mit freundlichem Gruße Ihr getreu ergebener

Voit

Hochgeehrter Herr

Sehr lieb wäre mir von Ihnen ein allgemein interessierender Artikel über die […] der Physiologie für die Heilkunde [?] oder über ein anderes besonders interessantes Thema. Vielleicht für Anfang Februar oder März?

Verehrungsvoll Ihr

Richard Fleischer
Chefredakteur der Deutschen Revue in Wiesbaden Villa Riviera

1901 XII 8, Innsbruck

Hochverehrter Herr Hofrat!

Ihr so gütiges Schreiben vom 6. d[ieses] M[onats] verpflichtet mich zu großem Dank. Es stärkt mich der Gedanke, dass ich und meine Gesinnungsgenossen Ihrer Hilfe sicher sind.

Gewiss haben Herr Hofrat völlig recht, dass es die höchste Wichtigkeit hat, Z[Zoth] an die erste Stelle zu rücken, welche ihm übrigens auch schon von mancher Seite, von der ich es gar nicht vermutet hätte, zuerkannt worden ist. Freilich bin ich ängstlich, wenn gewisse Herren so freimütig sich äußern, denen es im Falle Birnbacher Bedürfnis war, sich ohne viel Bedenklichkeit tunlichst feindselig zu geben.

Ich hielt es für das klügste, in der Causa Vintschgau die wohlwollenste Objektivität zu bekunden und andererseits vorläufig über die Frage seines Nachfolgers so wenig als nur möglich zu sprechen.

Es scheint mir am besten, wenn auch Herr Hofrat vorläufig keine Schritte unternehmen, insbesondere in Innsbruck. Ob eine sich etwa bietende Gelegenheit, in Wien einzuwirken, unbenützt vorübergehen sollte, will ich damit nicht gesagt haben.

Wenn einmal die Fakultät vor der Wahl des Komitees steht, werde ich mir erlauben, über die Lage Bericht zu erstatten.

Vielleicht hat sich bis dahin die ablehnende, schmollende Stellung, welche Rokitansky seit drei Jahren einnimmt, etwas geändert, so dass von ihm irgendetwas zu erwarten nicht von vorneherein ausgeschlossen ist. Freilich wird sein Groll, dass er von der Grazer Fakultät s[einer]z[eit] abgelehnt wurde, überhaupt nicht viel Gutes erwarten lassen. Und dass er sich von seinem alten blaublütigen Duzbruder Vintschgau jedenfalls gerne beeinflussen wird lassen, steht fest. Seine volle Unverläßlichkeit habe ich s[einer]z[eit] an mir selbst erlebt.

Auch von Hacker und von Mayer erwarte ich wenig an Selbstständigkeit gegenüber etwaigen Behauptungen und Abschätzungen, die solche Respektspersonen wie Vintschgau, Löwit, Hochstetter abgeben würden. Die Letzteren beiden haben zwar, wie ich eingangs andeutete, gelegentlich Z[Zoth] ganz besonders gelobt, zugleich jedoch von der Macht Exners mit aller Verzagtheit nichts Gutes für Z[Zoth] vermutet. Ein nicht im Kollegium sitzender Extraordinarius (Lode) scheint überdies auf Löwit und Mayer großen Einfluss zu besitzen und wird seinem Meister E[Exner] gewiss nicht Hindernisse schaffen.

Hoffentlich gelingt es, das Komitee wenigstens soweit günstig zusammenzusetzen, wie ich dies neulich Z[Zoth] gegenüber angedeutet habe.

Indem ich zu der früheren Äußerung, dass jetzt vorläufig wenig zu machen sei, zurückkehre, bitte ich, hievon Kollegen Z[Zoth] insoweit zu überzeugen, dass derselbe vorläufig auch Niemanden sonst etwa veranlasst, in Innsbruck einzugreifen.

Auch will ich noch beifügen, dass seinerzeit Herr Hofrat vielleicht doch gut daran tun würden, den Theoretikern gegenüber ebenfalls brieflich für Z[Zoth] einzutreten. Löwit und Hochstetter könnten es besonders schief aufnehmen, wenn Herr Hofrat sie übergehen würden, während Sie an andere Kollegen sich gewendet hätten. Freilich hängt viel davon ab, ob Ihnen die Genannten persönlich bekannt sind oder nicht. Was Vintschgau gegenüber am klügsten ist, lässt sich vielleicht nicht einmal dann empfinden, wenn die Ereignisse bereits weiter vorgerückt sind. Es wird sich ja zeigen, welche Wege er einschlägt. Wird er Exner zu Dank verpflichtet sein, wenn er etwa Baron wird oder den Leopoldsorden bekommt?

Sehr viele Hoffnungen knüpfe ich an die bevorstehenden Ereignisse in Betreff der Rigorosenordnung. Vielleicht erschüttern dieselben E[Exner]s Stellung genügend.

Indem ich von meiner Frau herzliche Empfehlungen entgegenzunehmen und von Innsbruck solche Ihrer verehrten Frau Gemahlin zu entrichten bitte, bin ich wie immer Herrn Hofrates in aufrichtiger Verehrung dankbar ergebener

G. Pommer

Anmerkung Im Zusammenhang mit der Besetzung der Innsbrucker Physiologie nach Vintschgau sind auch einige Briefe, die Zoth von Nevinny und Pommer erhalten und an Rollett weitergereicht hat, in der Korrespondenz Rolletts erhalten; sie seien zur Abrundung des Bildes hier in chronologischer Reihenfolge eingefügt, zumal sie ja – obgleich nicht an ihn adressiert – letztlich auch bei Rollett eingelaufen sind:

Sehr geehrter Herr Collega!

Herzlichen Dank für Ihre Zeilen und die freundliche Nachfrage. Mir geht´s Gott sei Dank, besser.

Freund Pommer hat Ihnen mitgeteilt, warum ich Ihnen nicht geschrieben habe – ich wartete, um Ihnen Tatsachen berichten zu können. Unterdessen wurden Sie instruiert. Sobald irgendetwas, das für Sie von Interesse oder Nutzen wäre, vorfallen wird, werden wir – Pommer oder ich – sofort Nachricht senden.

Vintschgau beharrrt noch immer bei seinem Entschluss, das Ehrenjahr abzulehnen, soll aber schon in Befürchtung geäußert haben, dass er unter solchen Umständen keine Auszeichnung, die ihm ungeheuer angenehm wäre, erhalten werde. Vielleicht wird er im letzten Momente denn doch seinen „unerschütterlichen“ (?) Entschluss aufgeben.

Wie mir aus Wien ganz privatim mitgeteilt wurde, ist unser famoser Personalreferent im Unterrichtsministerium, der k.k. Physiologe Exner für Sie nicht besonders eingenommen. Es scheint da nur ein persönliches Moment im Spiele zu sein, welches aber – das kann ich nicht bestimmt herauskriegen, sehe aber von der Absicht, seine eigenen Leute hieher unterzubringen, vollkommen ab. Man schickt sich angeblich an, Ihnen, da es unmöglich ist, Sie vom wissenschaftlichen Standpunkte aus anzugreifen, auf eine andere Weise beizukommen und zu schaden. Dies muss Sie aber ganz kalt lassen. – Lichtscheue Intriganten verachtet man.

Die Situation hier ist unverändert, ändern könnte sie sich jedoch sofort, wenn wir weniger Schlappschwänze und eitle Toren hätten. Hoffentlich nimmt sie jemand uns bald ab.

Empfangen Sie herzliche Grüße von Ihrem

Nevinny

Sehr geehrter Herr Kollege!

(Vertraulich)

Ihren 1. Brief vom 27. XI. beantworte ich erst heute, weil ich vorher bei der Statthalterei in Betreff des voraussichtlichen Schicksales des Aktes Nachfrage halten wollte. Das ist mir gestern bei einer sich bequem bietenden unauffälligen Gelegenheit geschehen [sic], und es steht jetzt fest, dass, wie ich ja voraus annahm, die Behörde mit der Pensionierung [Vintschgaus] einverstanden ist. Es wurde mir rühmend gesagt, V.[Vintschgau] nehme in anerkennenswerter Weise Rücksicht auf seinen Nachfolger, dem er die volle Einwirkung auf die Ausführung des Institutsbaus somit sichere.

Das Pensionsgesuch wird in den nächsten Tagen nach Wien abgehen.

Dass man dort bereits vorher von der Sachlage Kenntnis wird erhalten haben, steht umso mehr fest, als heute Prof. Lode nach Wien fährt, um in Angelegenheit der zu errichtenden Lebensmittel-Untersuchungs-Anstalt beim Ministerium des Inneren (und wo[h]l auch des Unterrichts) Schritte zu unternehmen. L.[Lode] wird jedenfalls seinen Lehrer Exner heimsuchen. Was dabei zu Gunsten dieses oder jenes Exnerianers ausgebraut [?] wird, wissen wir natürlich nicht.

Mitgeteilt habe ich Ihnen schon eimal, dass L.[Lode] sehr für Durig schwärmt. Ich bringe die Sorge nicht los, dass dieser vorerst als Supplent hierher geschickt werden könnte, wenn nicht etwa Fuchs oder andere sich darum bemühen, hieher zu kommen.

Diejenigen, deren Wunsch durch die Erklärung V.s [Vintschgaus] vereitelt ist, sah ich jetzt manchmal die Köpfe zusammenstecken.

Ich bin begierig, wann wir den Auftrag zum Vorschlag für die Neubesetzung bekommen werden.

Hinsichtlich der Wahl des Komitees habe ich bereits mit einigen Gesinnungsgenossen Beratung gepflogen und ich hoffe, dass es gelingen wird, ein paar sichere Stimmen in demselben zu erreichen; ob die Majorität, ist wohl fraglich, denn unter den Klinikern wäre uns ja nur Loos sicher, ob dieser aber, selbst für den Fall als Rokitansky, wie in letzter Zeit immer, den Eintritt in das Komitee ablehnen sollte, als Intenist den Vorzug erlangen würde gegenüber Bernheimer, bezweifle ich sehr.

Im günstigsten Fall würde das Komitee bestehen aus: V.[Vintschgau], Löwit, Loos, Kerschner und Ipsen, den ich statt meiner vorschlagen könnte und möchte, da mein erklärtes Eintreten für Sie Ihnen gewiss mehr schaden als nützen würde, wie der Fall Birnbacher nicht bezweifeln läßt. Hoffentlich gelingt es wenigstens, die Herren Mayer und Hochstetter vom Komitee fernzuhalten, sonst –

Sobald die Ereignisse in Fluss geraten, schreibe ich Ihnen wieder.

Herrn Hofrat Rollett, dem ich meine ergeb[ensten] Empfehlungen zu entrichten bitte, bitte ich auch zu erwägen, wann sein Eingreifen in Wien am zweckmäßigsten ist.

Ich schließe hiemit und grüße Sie herzlich als Ihr alter Freund

G. Pommer

Sehr geehrter Herr Kollege!

(Vertraulich)

Im Nachtrage zu meinem Briefe möchte ich Sie noch ersuchen, mir bei Gelegenheit und in Kürze etwas Kenntnis zu verschaffen von den bedeutendsten der bisherigen Leistungen der Professoren Fuchs, Kreidl und Steinach. Ich möchte, da von denselben jetzt bald da und dort die Rede sein dürfte, ein wenig unterrichtet sein und habe dermalen nicht die nötige Zeit, um mich in der Literatur umzusehen. Der heute abgereiste Herr [Lode] hat übrigens heute selbst, als ich auf den Busch klopfte, eingestanden, dass der von ihm anderen gegenüber so gerühmte Kandidat D.[Durig] wegen großer Jugend nicht in Beetracht komme. Mit dem Reifwerden ist jetzt wohl auch nichts mehr. Und gegen zwei der anderen spricht ein anderer Umstand, meinte er. Der Ordinarius F.[Fuchs] scheint also besonders ernst zu werden [sic] – wenn er Wien verlassen will; letzteres soll nicht ausgeschlossen sein, meint L.[Lode]. Lassen Sie uns trotzdem die Hoffnung nicht aufgeben.

Herzlichst Ihr alter Freund

G. P[ommer]

Sehr geehrter Herr Kollege!

(Vertraulich)

Für Ihre beiden heute zugleich eingelangten wer[ten] Briefe sage ich Ihnen meinen besten Dank. Ich bin jetzt einigermaßen, oberflächlich wenigstens, unterrichtet und weiß nun ohne Zeitverlust mir das Weitere über die Leistungen Ihrer Mitbewerber zu etwas Einblick zu verhelfen [sic], was geschehen wird und soll, ehe noch die betreffenden Schritte seitens des Komitees gemacht werden, in betreff der Anfragen an die Kandidaten und bezüglich der Aufforderung zur Einlieferung der Arbeiten derselben etc. Davon sind wir jetzt noch entfernt.

Zuerst muss das Kollegium, unter Pensionierung V.s[Vintschgaus] aufgefordert werden, einen Besetzungsvorschlag zu erstatten. Dann wird das Komitee zu diesem Behufe gewählt und dieses läßt die Aufforderung an die betreffenden Herren ergehen.

Da die Sache nicht die gewünschte und geplante Verzögerung findet, wird auch die Besorgnis, dass mittlerweile D[Durig] „reifer“ werden könnte, eine geringere. Wie ich Ihnen schrieb, ist selbst D.s [Durigs] besonderer Protektor Lode (scheinbar wenigstens) davon abgekommen. Wenn Sie sich von Prof. Kratter, den ich freundlich zu grüßen bitte, Hilfe erwarten, so möchte ich nicht hinderlich sein, denselben jetzt schon zu informieren. Jedenfalls sollte, glaube ich, ehe nicht die Komitee-Verhandlungen begonnen haben, von Einwirkungen auf diese oder jene hiesige Kolleg-Mitglieder Abstand genommen werden.

Es wird dadurch gewiß nichts versäumt.

Wichtiger ist es, dass Sie, von Ihren Arbeiten soviel als tunlich ist, zu raschem Abschluss in die Öffentlichkeit bringen, weil ja die Mitbewerber darin mit ihrem Beispiel vorangehen dürften.

Ferner wäre es wichtig zu ermitteln, wer den Einfluss E.s[Exners] in Wien zu paralysieren imstande wäre. Nevinny deutete mir an, es sei ihm aus Wien geschrieben worden, E. [Exner] agitiere gegen Sie und zwar aus persönlichen Gründen. Nach Nevinnys dunkel gehaltenen Andeutungen soll Ihre nationale Gesinnung dabei im Spiele sein. N. [Nevinny] wird Ihnen darüber Näheres geschrieben haben.

Vielleicht könnte E.s [Exners] Einfluss einen Stoß erhalten, wenn das Beispiel der Prager Studenten Nachahmung finden würde. Es wurde mir heute von Hochstetter erzählt, dass die Prager Mediziner sich an das Ministerium wenden um Abänderung der Rigor[osen]-Ordnung (hinsichtlich der für die Ablegung der Prüfungen festgesetzten Termine). Auch die hiesigen Mediziner wollen deshalb eine Versammlung halten und sich den Pragern anschließen. Geschieht in Graz desgleichen und vielleicht in Wien selbst, so würde das „Meisterwerk“ E.s [Exners] einen belangreichen Stoß erleiden und E. [Exner] selbst damit auch. Was die Kritik der Professoren-Kollegien nicht bewirkte, könnten vielleicht die Studenten erreichen. Das Ansehen E.s [Exners] würde dadurch nicht gewinnen.

Mit herzlichen Grüßen Ihr alter Freund

G. Pommer

1901 XII 8, Wildbach

Anmerkung Ansichtskarte Schloss Wildbach bei Deutschlandsberg

Marker Ansichtskarte Schloss Wildbach bei Deutschlandsberg
                        Ansichtskarte Schloss Wildbach bei Deutschlandsberg

Herzliche volkstümliche Grüße von mir und meinen lieben Gastfreunden

Dr. Oskar Zoth – G. Wagner – M. Wagner

Hochverehrter Herr Professor!

Da ich mich sehr gerne in den Besitz Ihrer hochinteressanten „Beiträge zur Physiologie des Geruches, des Geschmackes, der Hautsinne und der Sinne im allgemeinen“ (Pflügers Archiv 1899 pag. 383–466) setzen möchte, erlaube ich mir die ergebene Anfrage, ob ich Sie um einen Abdruck bitten dürfte oder ob ein solcher käuflich im Verlage zu erstehen ist.

Mit einer Benachrichtigung würden Sie, hochverehrter Herr Professor, mich zu großem Danke verbinden

Mit vorzüglicher Hochachtung stets ergebenst

Wilhelm Sternberg Spezialarzt für Zuckerkranke und Fettsüchtige
Berlin N. 24, Krausnick-Strasse 17

Hochverehrter Herr Professor!

Für Ihre liebenswürdige Übersendung und die überaus freundlichen Zeilen sage ich Ihnen meinen herzlichen Dank. Sie haben mir damit eine große Weihnachtsfreude bereitet.

In der nächsten Zeit hoffe ich meine Arbeit so weit zu beenden, dass ich bald in der Lage sein werde, Ihnen einen Separat-Abdruck zu übersenden.

Mit nochmaligem Dank Ihr sehr ergebener

Wilhelm Sternberg

e suis en train de faire des adjenctions et des notes à l’edition italienne du Traié de Physiologie de Mr. Le Professeur Beaunis.

Bien seuvent je recontre des difficultés sérieuses, quelquefois même insurmontables, dans la recherche des travaux que je devrais lire afin que la compilation des adjointes et des notes susdites soit possiblement complete.

J’attends de votre amabilité un aide puissant, que je vous prie de m’accorder en m’envoyant tous vor travaux et ceux de vos élèves. Ma gratitude sera sens borne et je vous assûre que jamais n’oublierai cette grande faveur.

Veuillez, tres-illustre Collègue, agréer mes vifs remerciements et mes salutations les plus dévouées.

Prof. Aducco