Briefe 1890

Die untenstehende Briefliste ist mit Klick auf die jeweiligen Kategorien sortierbar. Absender und Empfänger werden nach Familiennamen sortiert.

Die mit * markierten Briefnummern entstammen der ersten Version dieser Edition, in welcher Briefe bis zum Jahre 1880 erschlossen wurden. Briefe ohne alte Numerierung und mit einer Datierung vor 1880 wurden nachträglich eingefügt.

KennungMarker KennungAbsenderMarker AbsenderEmpfängerMarker EmpfängerDatumMarker DatumOrtMarker Ort
L.1847 *R.1542Emil RollettAlexander Rollett1890 I 11Wien
L.1848 *R.1543Carl SchmidAlexander Rollett1890 I 13Bruck a. d. Mur
L.1849 *R.1544[August] TewesAlexander Rollett1890 I 19Graz
L.1850 *R.1545Viktor von EbnerAlexander Rollett1890 II 9Wien
L.1851 *R.1546Viktor von EbnerAlexander Rollett1890 II 11Wien
L.1852 *R.1547Viktor von EbnerAlexander Rollett1890 III 2Wien
L.1853 *R.1548G. von KoeplAlexander Rollett1890 III 6Brixen
L.1854 *R.1549Rudolf KlemensiewiczAlexander Rollett1890 III 8Graz
L.1855 *R.1551Viktor von LangAlexander Rollett1890 III 28Wien
L.1856 *R.1552F[ranz] MüllerAlexander Rollett1890 IV 10Athen
L.1857 *R.1553Alexander RollettEmil Rollett1890 IV 12Graz
L.1858 *R.1554Adolf SchauensteinAlexander Rollett1890 IV 13[Graz]
L.1859Ernst SmrekerAlexander Rollett[1890] [V][Klausenburg]
L.1860Karl und Maria PeckaryAlexander Rollett[1890] [V] [?][Graz]
L.1861 *R.1555Alexander RollettEmil Rollett1890 V 3Graz
L.1862 *R.1556Karl BlodigAlexander Rollett1890 V 7Römerbad
L.1863 *R.1557Carl LakerAlexander Rollett1890 V 7Graz
L.1864 *R.1558Emil RollettAlexander Rollett1890 V 11Wien
L.1865 *R.1559Alexander RollettEmil Rollett1890 V 12Graz
L.1866 *R.1560Emil RollettAlexander Rollett1890 V 13Wien
L.1867 *R.1561Alexander RollettEmil Rollett1890 V 18Graz
L.1868 *R.1562Viktor von EbnerAlexander Rollett1890 V 20[Wien]
L.1869 *R.1563Alexander RollettEmil Rollett1890 V 22Graz
L.1870 *R.1564Viktor von EbnerAlexander Rollett1890 V 27Rinnbach am Traunsee
L.1871 *R.1565[NN] SchlofferAlexander Rollett1890 V 28Graz
L.1872 *R.1566Carl von VoitAlexander Rollett1890 VI 8München
L.1873 *R.1567Viktor von EbnerAlexander Rollett1890 VI 13Wien
L.1874 *R.1568Nathan ZuntzAlexander Rollett1890 VI 15Berlin
L.1875 *R.1569Max GruberAlexander Rollett1890 VI 16Wien
L.1876 *R.1570Max GruberAlexander Rollett1890 VI 23Wien
L.1877Franz IlwofAlexander Rollett1890 VI 24Graz
L.1878 *R.1571Alexander RollettEmil Rollett1890 VII 13Graz
L.1879 *R.1572Emil RollettAlexander Rollett1890 VII 21Wien
L.1880 *R.1573Max GruberAlexander Rollett1890 VII 22Wien
L.1881 *R.1574Otto RemboldAlexander Rollett1890 VIII 2[Graz]
L.1882 *R.1575Carl LudwigAlexander Rollett1890 VIII 3Leipzig
L.1883 *R.1576Viktor von LangAlexander Rollett1890 VIII 10Grundlsee
L.1884 *R.1577Franz Krones von MarchlandAlexander Rollett1890 VIII 12Graz
L.1885 *R.1578Hermann Franz MüllerAlexander Rollett1890 IX 2Wien
L.1886 *R.1579Emil RollettAlexander Rollett1890 IX 10Wien
L.1887 *R.1580[Adolf] TobeitzAlexander Rollett1890 IX 16Graz
L.1888 *R.1581Gustav PommerAlexander Rollett1890 X 14Innsbruck
L.1889 *R.1582Alexander RollettEmil Rollett1890 X 18Graz
L.1890 *R.1583Emil RollettAlexander Rollett1890 X 20Wien
L.1891 *R.1584C. GrößbauerAlexander Rollett1890 XI 26Graz
L.1892Emil RollettAlexander Rollett1890 XII 17Wien
L.1893 *R.1585Gustav PommerAlexander Rollett1890 XII 30Innsbruck
L.1894 *R.1586Alexander RollettEmil Rollett1890 XII 30Graz

L.1847 *R.1542

1890 I 11, Wien

Lieber Bruder!

Durch die Güte des Dr. Müller bin ich über Deinen Krankheitszustand genau informiert worden. Soviel ich sehe, ist kein Zweifel, dass man es mit einer Nachkrankheit der Ende Dezember überstandenen Angina zu tun hat. Gleich wie nach Scharlachangina tritt auch nach gewöhnlicher Angina crouposa manchmal akute Nephritis auf. Zum Glück ist diese Form diejenige, welche die günstigste Prognose gestattet. Ich habe, wie Du weißt, auch eine akute Nephritis überstanden, und Auguste hat gleichfalls nach Scharlach eine sehr heftige Nephritis durchgemacht. Also hoffen wir zu Gott auf eine baldige Besserung, gänzliche Heilung des Übels. Die therapeutischen Maßnahmen des Dr. Müller sind ganz zweckmäßig. Das Wichtigste ist Bettruhe, ich gebe häufig am Morgen etwas Karlsbader Wasser.

Ich lege ein paar Worte des Dankes für Dr. Müller bei, mit der Bitte, mich auch ferner über den Gang der Krankheit zu informieren. An Rosa richte ich die Bitte, mir täglich ein paar Worte über Dein Befinden auf einer Korrespondenzkarte oder Kartenbrief mitzuteilen oder durch Richard mitteilen zu lassen. Uns geht es bis auf Husten wieder ziemlich wohl. Mit dem Wunsche einer recht baldigen Besserung und herzlichen Grüßen an alle, Dein

Emil

L.1848 *R.1543

1890 I 13, Bruck a. d. Mur

Hochverehrter Herr Professor!

In der Hoffnung, Ihr Interesse doch so weit zu gewinnen, dass Sie – der berufenste Fachmann – sich mir gegenüber zu einer Äußerung herbeilassen über meine Ansichten, ob bei- oder abfällig, erlaube ich mir beiliegende ausführende Fortsetzung meines Aufsatzes „Über Herzstoß- und Pulskurven“ einzusenden.

Bitte recht sehr um eine Antwort. Hochachtungsvollst

Dr. Schmid

L.1849 *R.1544

1890 I 19, Graz

Ich kann nicht umhin, es drängt mich, verehrter Kollege, Ihnen von Herzen meine Freude auszusprechen, über Ihre fortschreitende Besserung! Vale, fave! Ihrem

Tewes

L.1850 *R.1545

1890 II 9, Wien

Hochgeehrter Lehrer und Freund!

Gegenwärtig ist hier die Frage der Neubesetzung der Physiologie in Fluss, die Kommission bereits gewählt, deren Mitglied ich bin. Soweit ich die Strömungen bis jetzt übersehe, wird einerseits für Hering, andererseits für Exner gearbeitet. Für ersteren schon aus dem Grunde, weil er seinerzeit (1874) bereits als zweiter Professor der Physiologie ernannt war. Die damalige allerhöchste Entschließung wurde aber rückgängig gemacht. Es wird wahrscheinlich schon in wenigen Tagen dazu kommen, dass ich zu der Frage Stellung nehmen muss, dass Sie secundo loco in die Terna kommen. Ich habe mit Rücksicht auf ein Gespräch, das Sie einmal mit mir führten, und das Sie in gleicher Weise, wie mir Zuckerkandl bestätigt, auch mit diesem hatten, privatim schon entschieden erklärt, dass Sie sich schönstens dafür bedanken, II. loco genannt zu werden, und dass Sie wünschen, überhaupt nicht genannt zu werden, wenn dies nicht I. loco geschehen könne. Hinterher sind mir doch Skrupel gekommen, ob ich auch ein Recht habe, in der Kommission diesen Standpunkt energisch zu vertreten, da hier die Leute der Meinung sind, es wäre für Sie eine Kränkung, gar nicht genannt zu werden. Ich bitte, mir auf diese vertraulichen Mitteilungen eine kurze Direktive für mein Verhalten zu geben. Zu meinem großen Bedauern habe ich gehört, dass Sie krank waren; hoffe aber, dass Sie sich nun wieder vollkommen erholt haben. Mit den besten Grüßen Ihr ganz ergebener

V. Ebner
Wien I, Wipplingerstr. 38

L.1851 *R.1546

1890 II 11, Wien

Anmerkung Trauerpapier

Hochverehrter Freund!

Ihr Brief, den ich so ganz begreife, hat mich recht ergriffen. Wie gerne hätte ich Ihnen jede Aufregung erspart, die Ihnen nach so schwerer Krankheit doppelt deprimierend sein muss. Und doch konnte ich nicht anders und ich darf wohl die Hoffnung aussprechen, es ist ein glücklicher Zufall, dass Ihr Brief heute eingetroffen ist. Denn eben komme ich aus der Sitzung; im Komitee sind heute bereits Beschlüsse gefasst worden, die freilich bei den hiesigen Zuständen noch lange nicht für das Kollegium entscheidend sind, die aber doch unter Umständen für Sie verhängnisvoll hätten werden können. Ich kann Ihnen leider, ohne eine Indiskretion zu begehen – da wir uns das Versprechen geben, über die internen Vorgänge im Komitee zu schweigen – nicht über die unbegreiflichen Standpunkte berichten, die eingenommen wurden. Man kam zu keinem einhelligen Beschlusse. Die Majorität, der ich mich auch anschloss, 4 gegen 2, von welchen letzteren wieder jeder seine Extrameinung hatte, einigte sich für die Terna Hering, Rollett, Exner. Von einer Doppelbesetzung der Physiologie konnte ernstlich keine Rede sein, da der Erlass des Ministeriums dahin lautete, dass die durch den Abgang Brückes erledigte Lehrkanzel der Physiologie wieder zu besetzen sei, und dabei auch auf die Regelung des Verhältnisses der Lehrkanzel der Physiologie zu jener der Histologie Rücksicht zu nehmen sei. Ich habe hier tatsächlich bisher nichts zu tun; bei mir sind 5, sage 5 Hörer inskribiert, und manchen Tag bringe ich keine Vorlesung zustande. Sie können sich meine Situation denken! Ich musste natürlich für meine Lehrkanzel eintreten und ich hatte soweit Erfolg, dass beschlossen wurde, die Trennung der Histologie von der Physiologie zu beantragen. Trotz meiner schwierigen Lage glaube ich, Ihre Interessen nach bestem Wissen und Gewissen und im vollen Bewusstsein der Hochschätzung, die ich Ihnen als Gelehrten, und der aufrichtigen Sympathie und Freundschaft, die ich Ihnen als Mensch entgegenbringe, gewahrt zu haben. Es wäre mir unmöglich gewesen, Sie mit Majorität primo loco durchzubringen, aber andererseits könnte es für Sie gewiss gefährlich werden, wenn Sie nicht in der Terna wären, weil hier das Gerücht geht – ob dies nur von der Exnerpartei ausgesprengt ist, weiß ich nicht –, dass Hering nicht von Prag fortgehe. Ich habe eigentlich kein Recht, Ihnen auch nur das eben Mitgeteilte zu sagen, da man hier äußerst diffizil ist, in Wahrung von Komiteegeheimnissen, ehe sie vor das Kollegium kommen, da sonst sofort die Zeitungen sich der Sache bemächtigen. Aber ich weiß, dass es Ihnen eine gewisse Beruhigung geben muss zu hören, dass die Dinge doch anders liegen, als Sie denken, und dass nun wenigstens in der Kommission ein Majoritätsbeschluss vorliegt. Die Idee, Hering unico loco vorzuschlagen, wurde ventiliert, aber verworfen, weil vor nicht langer Zeit das Ministerium es dem Kollegium verwiesen hat, Solovorschläge zu machen.

In der Hoffnung, dass Ihnen mein Brief keine unnötige Aufregung machen werde, und in der weiteren Hoffnung, Ihnen einmal mündlich vieles mitteilen zu können, was in diesen Tagen vorgefallen, bin ich mit den herzlichsten Grüßen und den besten Wünschen zu Ihrem Wohlergehen Ihr ganz ergebener

V. Ebner

L.1852 *R.1547

1890 III 2, Wien

Hochverehrter Freund!

(Vertraulich.)

Niemals bin ich in meinem Leben mit dem Gefühle tieferer Beschämung aus einer Fakultätssitzung gegangen als gestern. Es war der reine Narrenabend. Man debattierte, ob Vorschläge zur Besetzung von einer oder von zwei Lehrkanzel der Physiologie vorgenommen werden sollen. Die Doppelbesetzung wird mit 18 Stimmen gegen 8 angenommen. Es wird hierauf die Terna des Majoritätsantrages der Kommission Hering, Rollett, Exner mit 19 Stimmen gegen 7 verworfen. Hierauf wird die im Separatvotum von Brücke aufgestellte Terna Exner, Rollett, Hering ebenfalls, und zwar mit 22 Stimmen gegen 4 verworfen. Niemand wagte, eine neue Terna aufzustellen, und schließlich wurde der unsinnige Antrag gestellt, Exner solo vorzuschlagen. Dieser Antrag wurde mit 22 Stimmen gegen 4 angenommen! Exner ist also solo für zwei Lehrkanzeln der Physiologie vorgeschlagen. Ich kann es unter solchen Umständen nur als ein für mich glückliches Lotteriespiel betrachten, dass die diesen Abstimmungen vorausgehenden Anträge, es sei dem neu zu berufenden Physiologen nicht mehr der Lehrauftrag für Histologie zu erteilen, mit 18 Stimmen gegen 8, und der Antrag, es sei als wünschenswert auszusprechen, dass der Histologe prüfe, mit 14 Stimmen gegen 12 angenommen wurde. Ich bin noch zu erregt, um Ihnen Weiteres berichten zu können. Der Wahnsinn, der gemacht wurde, ist teilweise aus dem Umstande erklärlich, dass unser Sitzungssaal so schlecht akustisch ist, dass man sich auf 10 Schritt Distanz kaum mehr versteht.

In tiefer Beschämung, dass Ihr Name in diese abscheuliche Geschichte mit hineinverflochten wurde, Ihr aufrichtig ergebener

V. Ebner

Bitte um Nachricht, ob Sie diese Zeilen erhalten haben.

L.1853 *R.1548

1890 III 6, Brixen

Hochgeehrter Herr Professor!

Als ich Graz am 8. Februar l[aufenden] J[ahres] verließ, wusste ich, dass Sie wohler essen und Ihrer vollkommenen Genesung zu Ihrer, Ihrer Familie und aller Ihrer Verehrer und Anerkenner Freude wacker entgegen gingen. Gar mancher hat für Sie aufrichtig gezittert. Nun weiß ich seit meiner Abreise gar nichts mehr. Die „Tagespost“, die so viel dummes Zeug aus anderen Zeitungen mit der Schere ihren Lesern täglich auftischt, könnte doch auch eine selbst verfasste Nachricht über Ihr Befinden bringen, die vielen sehr willkommen wäre. Da ich diese Notiz vergebens in der Tagespost täglich suche, so bitte ich Sie recht inständig, mir selbst oder durch eines Ihrer Kinder oder Schüler recht bald zwei Worte schreiben zu wollen, wie Sie sich befinden. Ich wäre Ihnen, hochgeehrter Herr Professor, sehr dankbar.

Gratuliere zum Vorschlage an Brückes Stelle und bedaure, wenn Graz Sie verlieren würde.

In der Hoffnung, dass Sie wieder ganz wohl, munter und tätig sind, bleibe ich mit dem Ausdrucke wahrster Teilnahme und Verehrung Ihr alter

G. Koepl Brixen, Hotel Elefant

Verehrtester Herr Regierungsrat!

Ich erlaube mir beiliegend die Taxen für die während Ihrer Krankheit abgehaltenen Prüfungen aus Physiologie mit der ergebensten Bitte zu übersenden, dieselben anzunehmen und auf dem beigegebenen Bogen den Empfang zu bestätigen. Ich bedaure unendlich, durch Ihre Krankheit in die Lage versetzt gewesen zu sein, an Ihrer Stelle prüfen zu müssen, doch habe ich das als einen Dienst für Sie, mein hochverehrter Lehrer, sehr gerne getan und mich dabei überzeugt, dass trotz meiner Kenntnisse in der Physiologie dennnoch das Prüfen große Anforderungen an das Gedächtnis stellt. Ich habe die Überzeugung gewonnen, dass Ihre Schüler bei den theoretischen Prüfungen meist sehr gut beschlagen sind, bei den praktischen Prüfungen zeigt sich stets ein Mangel in anatomischen Kenntnissen, was ich dem Umstande zuschreibe, dass fast alle Kandidaten das pr[acticum] physiol[ogicum] vor dem pract[icum] anat[omicum] ablegen, was meiner Meinung nach ein Mangel der Rigorosenordnung ist. Dennoch war ich bisher nicht genötigt, den Calcul „ungenügend“ einzuschreiben, obgleich ich, wie ich mir selbst bestätigen muss, nicht nachsichtiger zu sein pflegte, als Sie es waren.

Ich hoffe, Sie werden mit mir zufrieden sein, wenn Sie einmal die Protokolle nachsehen werden.

Hoffentlich habe ich bald wieder Gelegenheit, Sie zu sprechen, was mir jetzt nur wegen der sich häufenden Rigorosen und wegen meines bakteriologischen Kurses sehr erschwert wird.

Wie ich vernahm, geht es mit Ihrer Genesung stetig, wenn auch langsam, vorwärts.

Mit den freundschaftlichsten Grüßen bin ich Ihr Ihnen aufrichtigst ergebener

Klemensiewicz

L.1855 *R.1551

1890 III 28, Wien

Lieber alter Freund!

Meine Frau und ich danken Dir wärmstens für Deine Teilnahme an dem betrübenden Ereignis in unserer Familie.

Von Deiner Krankheit habe ich durch Deinen Bruder erfahren, allerdings erst nachdem [das] Schlimmste überstanden war und ich habe Dich sehr bedauert. Vielleicht geht es jetzt doch etwas rascher vorwärts. Ich habe die Absicht, gelegentlich nach Graz zu fahren und hoffe, da Dich sicher schon ziemlich wohl zu finden. Ich möchte nämlich auch eine kleine Erholung haben, da ich seit 2 1/2 Jahren immer an der zweiten Auflage meiner Physik schreibe. Das Schreiben geht bei mir verteufelt langsam. 40 Bogen sind schon gedruckt, doch habe ich immerhin noch ein paar Bogen zu schreiben.

Bitte empfiehl mich bestens Deiner Frau und sei vielmals gegrüßt, Dein

Lang

L.1856 *R.1552

1890 IV 10, Athen

Hochgeehrter Herr Regierungsrat!

Im Angesichte der Akropolis unter Hella’s blauem Himmel bitte ich Sie, sehr geehrter Herr Professor, auf diesem Wege schriftlich – da durch Fortsetzung meiner bisher in jeder Hinsicht begünstigten und schönen Reise nach Smyrna und Ephesus sowie Konstantinopel meine Ankunft in Graz um ca 8 Tage sich verspäten wird – ja nicht in den Zimmern herumzugehen, es sei denn, dass das Albumin gänzlich geschwunden wäre.

Im anderen Falle bitte ich Ruhe, Ruhe und noch einmal Ruhe beobachten zu wollen, damit die letzte Spur der Krankheit rasch und definitiv getilgt werde und die Erinnyen hier am Nordrande des Ageios pagos ruhig bleiben.

Mit meinem Handkuss an die hochverehrte Frau Regierungsrätin und den besten Empfehlungen bin ich wie immer Ihr in tiefster Verehrung Herrn Regierungsrat ganz ergebener

Müller

L.1857 *R.1553

1890 IV 12, Graz

Lieber Bruder!

Wir danken Dir alle herzlichst für Deinen Besuch und die Nachricht, welche Du uns über Deine Ankunft in Wien gegeben hast.

Erich ist seit zwei Tagen fieberfrei, außer dem Bronchialkatarrh sind keine weiteren Affektionen aufgetreten.

Mir geht es so wie während der Ostern. Im Nachtharn ist das Eiweiß nur noch mit aller Mühe zu erkennen, im Tagharn eine noch geringere Menge, als Du sie gesehen hast.

Wir haben jetzt hier ein Hundewetter, ich spüre es auch bedeutend durch hexenschussartige Kreuzschmerzen. Ich bin darum sehr vorsichtig, glücklicherweise bin ich schon so fest, dass diese leichte rheumatische Affektion keinen Einfluss auf allgemeines Befinden, Appetit und Harnbeschaffenheit mehr ausübt.

Von Rosa und den Kindern die herzlichsten Grüße an Dich, Gusti und die Schurz’s und ebenso an alle, von Deinem

Alexander

Lang war bis heute nicht bei mir.

L.1858 *R.1554

1890 IV 13, [Graz]

Lieber Freund!

Im Laufe Februars wurde uns eine mikroskopische Untersuchung aufgetragen, die ich, weil Du damals noch recht unwohl warst, Dir gar nicht mitteilte, sondern gleich selbst übernahm und in den Tagen, die mir mein ewig schwankendes Befinden hiezu gönnt, nach und nach auch durchführte.

Der Tatbestand ist folgender: Rissner, der im Febr[uar] an den Folgen eines Selbstmordversuches schwer verletzt war, gestand, dass er im Oktober 1886 in Frasslau eine gewisse Juliane Imerecnik [?] durch Hiebe mit einer Hacke auf den Kopf getötet, die Hacke aber nach Absägung des Stils in den Abort geworfen habe. Dort wurde sie in der Tat im Jänner 1890 mit angetrocknetem Schmutz ganz inkrustiert gefunden und nach Graz geschickt. Auf die Frage, ob unter solchen Umständen noch ein Nachweis von Blut möglich sei, antwortete ich, dass allerdings die Aussichten auf ein positives Ergebnis sehr gering seien, dass ich es aber nicht für gerechtfertigt hielte, mit aller Bestimmtheit mich für die bare Unmöglichkeit auszusprechen, und verlangte dafür neue Weisung, ob wir die Untersuchung machen sollen oder nicht. Diese erhielt ich denn in bejahendem Sinne. Bei dem fast 1 Zentim[eter] dicken Roste auf dem Eisen war mir nach unseren vielen Erfahrungen das rein negative Ergebnis nicht befremdend – von Interesse war mir der Befund von Haaren in dem Dreckbelage, und ich wandte so manche Stunde auf das Aufsuchen und Reinigen und Mustern dieser Haarfragmente auf – zuletzt musste ich mir freilich sagen, dass auch mit dem Nachweis dieser Haare eigentlich nicht viel gewonnen sei und habe das auch am Schlusse des Gutachtens angedeutet.

Ich wollte Dir das Gutachten selbst überbringen, bin aber wieder diese Woche mit meinen Schmerzen und den noch viel scheußlicheren Blasenkrämpfen in die Stube gebannt.

Sei so gut und schicke mir Befund und Antrag unterfertigt zu, so dass ich denn die Geschichte, welche jetzt schon urgiert ist, ans Gericht schicken kann, und lasse mich wissen, wie es Dir geht und ob man Dich – wenn es mir wieder möglich ist – und zu welcher Stunde besuchen kann – um Dich nach Deiner, wie ich hoffe, jetzt schon vollständigen Genesung begüßen und Dir sagen zu können, mit welchem innigen Anteil ich Deine Erkrankung und den langwierigen Verlauf derselben verfolgte.

Mit besten Grüßen Dein

Schauenstein

Wenn Du irgendeine Änderung oder Zusatz zum Gutachten wünscht, so schreib ich dasselbe noch einmal.

[1890] [V], [Klausenburg]

Hochgeehrter Herr Professor!

Da ich nunmehr vernehme, daß Herr Professor sich wieder wohlauf befinden, nach so langer boshafter Krankheit, säume ich nicht mehr mit meinen Glückwünschen zu nun andauernder Gesundheit. Ich zögerte so lange mit meinem Schreiben, weil ich immer jene Geschichte mit den Darmzotten fertig zu bringen gedachte; ich sehe aber, daß vor August, in welchem Monat Herr Dr. Klug zu Land zieht, die Sache nicht wird in Angriff genommen werden können – dann hoffe ich mehr Zeit zu haben. In der Zahnheilkunde habe ich mich ganz zurechtgefunden; es gibt hier genug zu tun, wenn man sich bestrebt, literarisch mitzukommen. Es kostete aber mich viele Mühe, meinem Chef gegenüber meine jetzige Stellung zu erringen. Junge Leute, die eben von der Universität kommen, vertragen sich meist schlecht mit alten eingefleischten Praktikern unseres Faches, weil letztere in Folge ihrer konservativen Richtung, den Neuerungen ziemlich abhold sind. Jetzt aber, nachdem man mir zugestand, die Praxis auszuüben, ich möchte sagen, wie ich will, vertragen wir uns wieder gut, sodaß ich zufrieden bin, wenngleich ich noch manchmal an das freie Leben im physiologischen Institute mit Behagen zurückdenke – materiell ist meine Stellung nicht schlecht; ich erhalte 120 Gulden pro Monat und hoffe im Kurzen eine Erhöhung meines Gehaltes zu erzielen. Das Atelier steht in gutem Rufe und ist, populär ausgedrückt, eine Goldgrube. Vielleicht habe ich das Glück, Herrn Professor zu Pfingsten einige Minuten zu sehen; ich werde dann auch die entlehnten Bücher zurückstellen. Mit dem Ausdrucke der Hochachtung Ihr dankschuldiger

Dr. Smreker

Anmerkung Zur Datierung: Smreker bezieht sich wohl auf Erkrankung bzw. Genesung Rolletts im Frühjahr 1890; vgl. Alexanders Brief an Emil vom 3. 5. 1890.

Hochverehrter Herr Professor!

Gestatten Sie zweien Menschen, die Ihrem und Ihrer hochverehrten Familie Wohlergehen (vielleicht einigermaßen unberufen) stets das uneigennützigste und lebhafteste Interesse entgegenzubringen sich erlaubten, den Ausdruck der aufrichtigsten Freude anläßlich Ihrer lang ersehnten und endlich erfolgten Genesung übermitteln, und Sie mit hochwerter Familie aus diesem gewiß freudigen Anlasse auf das herzlichste beglückwünschen zu dürfen. Mit dem Ausdrucke ganz besonderer Hochachtung zeichnen ergebenst

Maria und Karl Peckary

Anmerkung Zur Datierung: Die Wünsche beziehen sich wohl auf die Wiedergenesung Rolletts im Frühjahr 1890; vgl. Alexanders Brief an Emil vom 3. 5. 1890.

L.1861 *R.1555

1890 V 3, Graz

Lieber Bruder!

Ich habe am 30. April meine Vorlesungen wieder aufgenommen und am 30. selbst und am 2. Mai wie gewöhnlich gelesen. Bisher hat sich keine üble Folge in Bezug auf den Ablauf meiner Rekonvaleszenz gezeigt. Ich fühle mich wohl, esse sehr viel, schlafe gut. Im Nachtharn ist seit 2 Tagen bei der Salpetersäureprobe nur der Nitratring zu sehen. Im Tagharn ist der Albuminring etwa so, wie Du ihn zu Ostern im Nachtharn gesehen hast, also nur einer Spur entsprechend. Ich bin schon oft ausgefahren oder im Garten oder Stadtpark gesessen und habe die große Empfindlichkeit gegen Temperaturwechsel verloren.

Das Regime ist noch dasselbe wie zu Ostern: 1 Liter saure Milch tagsüber, mittags reichliche Nahrung, Suppe, Fleisch und Gemüse, Mehlspeise. Abends ein Schinkenbrötchen. Zu allem nur Wasser, keinen Wein, keinen Kaffee, keine Zigarre. Ich schone mich, soviel ich kann.

Bei meinem ersten Wiederauftreten haben mich die Studenten sehr herzlich empfangen. Die Tagespost bringt den folgenden ganz wahren Bericht darüber: „Als Prof. R. dieser Tage sein erstes Kollegium nach seiner Genesung hielt, wurden ihm stürmische Ovationen gebracht. Der Hörsaal war mit Medizinern aller Jahrgänge dicht gefüllt, auf der Lehrkanzel stand ein Korb mit Blumen und als der (zu starke Eloge) eintrat, brachen die Hörer in laute Prositrufe aus. Herr Prof. R. dankte in herzlichen Worten und sagte, dass ihm neben den Qualen der Krankheit das Gefühl das Peinlichste war, dass er seinen lehramtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen konnte und dass ihn nur das Bewusstsein getröstet habe, in dem Herrn Assistenten Dr. Zoth einen so tüchtigen Vertreter zu haben.“

Ich schließe diesen Bericht mit meinen und unser aller besten Grüßen an Dich, Auguste und die Familie Schurz, Dein

Alexander

L.1862 *R.1556

1890 V 7, Römerbad

Mein lieber alter verehrter Freund!

Mit freudigem Ausrufe erblickte ich gestern Abend die Adresse seitens meines verehrten, so schwer heimgesuchten Freundes und verehrten Kollegen! Dem Herrn sei Dank, dass die schwere Zeit vorüber ist und die Aussicht auf eine freundliche Zukunft winkt! Möge Dir bald die völlige Genesung werden, damit Deine liebe Familie den Gatten und Vater wieder freudig umringe, Deine zahllosen Freunde und Verehrer die ungezählten Beweise Ihrer Hochachtung und Verehrung Dir darbringen können.

Meinen innigen Dank für Deine liebe Erinnerung an den Siebzigjährigen. Gott bewahre mich vor der turpis senectus! Auf das und vorerst auf Dein dauernd Wohl wollen wir data occasione den guten Tropfen weihen! Ich hoffe von Römerbad das Beste gegen meinen unleidlich gewordenen Rheumatismus.

Also gut Heil für Gegenwart und Zukunft. Mit den herzlichsten Grüßen und Segenswünschen in gewohnter Treue und Freundschaft Dein

Blodig

L.1863 *R.1557

1890 V 7, Graz

Hochverehrter Herr Professor!

Ich erlaube mir in Eile mitzuteilen, dass ich gestern ein Gesuch um ein Reisestipendium zum Besuche auswärtiger laryng[ologischer] und otiatr[ischer] Kliniken während der Ferienmonate eingereicht habe; es war mir nicht möglich, am vergangenen Sonntag gelegentlich meines Besuches davon zu sprechen, weil ich erst gestern erfuhr, dass heute eine Sitzung ist, in Eile das Gesuch machte und überreichte.

Hochachtungsvoll

Dr. Laker

L.1864 *R.1558

1890 V 11, Wien

Lieber Bruder!

Ich bin sehr erfreut über die Nachrichten Deines letzten Briefes. Die freudigen Ereignisse bei Deinem Wiedererscheinen im Hörsaale nach langer Krankheit mögen Dir wohl einige Entschädigung für die ausgestandenen Qualen gewesen sein. Hoffentlich erlaubt es Dein Befinden doch, demnächst zu den Akademiesitzungen nach Wien zu kommen. Du könntest ja auch in Wien Dein Verhalten mit aller Vorsicht und Schonung einrichten und alles vermeiden, was Dir nicht geheuer scheint.

Die Eisenbahnfahrt dürfte wohl auch jetzt in der günstigen Jahreszeit kein wesentliches Bedenken hervorrufen. Du könntest, wie ich mir vorstelle, auch in Wien so leben, wie Du es dermalen in Graz für gut findest und in aller Ruhe, gleichsam als Spaziergänge, nur die allernotwendigsten Gänge machen. Wir alle würden uns unendlich freuen, wenn unsere Hoffnung, Dich demnächst in Wien zu sehen, zur Verwirklichung käme.

Uns geht es ziemlich gut. Ich habe seit mehreren Wochen einen hartnäckigen Rheumatismus im rechten Arm, besonders im Ellbogen, der mir zuweilen starke Schmerzen verursacht. Ich schließe mit herzlichen Küssen und Grüßen an Dich, Rosa und die Kinder, Dein

Emil

L.1865 *R.1559

1890 V 12, Graz

Lieber Bruder!

Ich danke Dir für Deinen lieben Brief, der die Aufmunterung enthielt, nach Wien zu kommen. Ich habe mir das alles, was Du vorbringst, auch gesagt und glaube, dass auch Müller nichts gegen eine solche Reise nach Wien hätte.

Du hast aber eines vergessen, und das macht mich noch sehr unentschieden, ob ich gehen soll oder nicht, und das ist die bekannte Geschichte, die sich an Brückes Abgang knüpft.

Mir liegt die Sache nämlich so: Hering und ich sind brutal beiseite gesetzt worden, und zwar unter Führung zweier akademischer Kollegen (Brücke und Billroth). Eine Berührung mit diesen Herren würde sich für mich doch sehr aufregend gestalten und ich kann nicht gutstehen, ob ich den Herren Hofräten nicht etwas unsanft begegnen würde.

Ferner bin ich nicht gewillt, die Vorgänge in Wien so ganz wie ein Schaf hinzunehmen. Im Gegenteile, ich werde seinerzeit im Ministerium die schärfste Kritik daran üben. Aber jetzt bin ich noch kampfunfähig. Leider hat mich das Unglück, schwer zu erkranken, gerade getroffen, als ich in Wien hätte für mich kämpfen sollen. Nun könnte man freilich sagen, nun ist es zu spät, die Sache ist verloren, und glücklich ist, wer vergisst, was nicht zu ändern ist.

Allein, so ist die Sache auch wieder nicht. Das Wiener Professoren-Kollegium hat Anträge gestellt, die ganz pyramidal sind und auf uns in Graz zurückwirken werden.

So z.B., dass das praktische Rigorosum aus der Physiologie in Zukunft von dem Histologen abgehalten werden soll. Diese Maßregel ist nur ausgesonnen, um dem Freunde des Herrn Enzenberg, dem Herrn Prof. von Ebner, Zuhörer zu verschaffen.

Hier können sie so was nicht einführen, wir müssen früher darum gefragt werden und da werde ich natürlich sofort ohne Rücksicht auf Drasch wieder den ordentlichen Professor der Physiologie und Histologie ausspielen und nicht dulden, dass Leute außerhalb des Faches über den Lehrbegriff der Physiologie entscheiden.

Du siehst, eine Schweinerei nach der andern, und in dieser gespannten Zeit soll ich als kampfunfähiger Spaziergänger in Wien auftreten, werde ich mich da nicht blamieren. Wenn ich nach Wien gehe, scheint es mir ganz notwendig, mit Gautsch, David, Kleemann im Ministerium zu reden, und solcher Aufregung fühle ich mich gegenwärtig wieder noch nicht gewachsen.

Schreibe mir Deine Ansicht darüber. Wenn ich nicht nach Wien gehe, werde ich an Arneth einen gepfefferten Absagebrief schreiben.

Also gehen oder nicht gehen, ist für mich immer noch die Frage.

Rosa und die Kinder schicken gleich mir viele Küsse und Grüße an Dich, Gusti und die Familie Schurz, Dein

Alexander

L.1866 *R.1560

1890 V 13, Wien

Lieber Bruder!

Die Bedenken, welche Du in Deinem Briefe gegen eine Reise nach Wien zu den Akademiesitzungen anführst, sind freilich triftiger Art. Starken Aufregungen durch Zusammentreffen mit den bewussten Leuten sollst Du Dich gewiss nicht aussetzen. Aber ließe sich denn ein solches Zusammentreffen nicht vermeiden? Könntest Du den Leuten nicht absichtlich ausweichen? Wäre es dagegen nicht zweckmäßig, im Ministerium vorzusprechen und dort in aller Ruhe Deinen Standpunkt klarzumachen. Das Letztere könntest Du ja Gautsch etc. gegenüber so tun, wie Du es Deinen Freunden gegenüber tust, d.h. mit Ruhe ohne allzu aufwallende Leidenschaft.

Ich begreife jedoch vollkommen Dein Zögern, aus Rücksicht auf Dein körperliches Befinden, und muss selbst sagen, „salus patris familias suprema lex esto“. Also überlege Dir die Sache wohl, frage vielleicht auch noch Prof. Müller um Rat und folge Deinem Gefühle.

Viele herzliche Grüße und Küsse an Dich, Rosa und die Kinder, Dein

Emil

L.1867 *R.1561

1890 V 18, Graz

Lieber Bruder!

Die klerikale Verkehrsstörung, genannt Sonntagsruhe, setzt mich jetzt um 13:30 Uhr, wo endlich mein Entschluss feststeht, morgen nach Wien zu reisen, in eine eigentümliche Lage. Die Telegraphenämter sind gesperrt, sie werden nur um 16:00 Uhr für kurze Zeit aufgemacht. Ich kann also jetzt nicht telegraphieren. Telegraphier ich aber um 16:00 Uhr, so setze ich Dich der Gefahr aus, dass Du in der Nacht durch die Ankunft des Telegrammes gestört wirst. Ergo telegraphiere ich nicht, sondern schreibe diesen Brief.

Dieser Brief wird aber, da der Kurierzug um 9:50 Uhr in Wien eintrifft, kaum etwas früher eintreffen als ich selbst komme.

Er soll nur heute schon als Entschuldigung meines unangemeldeten Eintreffens geschrieben sein und könnte, wenn es gut geht, doch mich noch avisieren.

Ich bitte Dich und Auguste, Euch durch Einlangen dieses Briefes nicht beunruhigen zu lassen, falls ich nicht gleich da bin, komme ich bald nach.

Ich werde mir sofort mit meinem kleinen Handgepäck ein Gefährt aufnehmen und nach der Stadt fahren. Viele Grüße und auf Wiedersehen, Dein

Alexander

L.1868 *R.1562

1890 V 20, [Wien]

Anmerkung Trauerkärtchen

Hochverehrter Herr Professor!

Wir würden uns sehr herzlich freuen, wenn Sie morgen abends, Mittwoch, den 21.[Mai], 8:00 Uhr, zu uns kommen möchten.

Sie treffen noch Mach, Pfaundler, Barth und Hof[rat] Hörmann.

Hoffentlich auf frohes Wiedersehen nach so langer Zeit! Ihr ergebener

Herr und Frau Victor Ebner Ritter von Rofenstein

L.1869 *R.1563

1890 V 22, Graz

Lieber Bruder!

Ich bin nach normaler Fahrt glücklich in Graz angelangt. Rosa und die Kinder, die alle wohl sind, erwarteten mich am Bahnhofe. Sie grüßen und küssen Dich und alle herzlichst. Ich danke Dir und Gusti für alles. Eine jetzt nach dem Essen vorgenommene Harnprobe ergab, dass der Alb[umin]gehalt in Wien im Tagharn sicher nicht zugenommen, sondern eher abgenommen hat. Aber Spuren noch immer. Dein

Alexander

L.1870 *R.1564

1890 V 27, Rinnbach am Traunsee

Hochverehrter Freund!

Meine Hoffnung, Sie anlässlich der feierlichen Akademiesitzung zu sehen, hat sich leider nicht erfüllt und so will ich einen regnerischen Nachmittag auf einem Pfingstausfluge benützen, um wenigstens einen Punkt schriftlich in Anregung zu bringen. von dem Mancherlei, was ich gerne besprochen hätte. Es ist die Prüfungsfrage der Histologie. Es ist für Wien eine absolute Notwendigkeit im Interesse des Unterrichtes in der Histologie, dass der Histologe sein Fach prüft, weil sonst die Studenten die Histologie nur in einer verschwindenden Minorität hören werden, und damit der ganze histologische Unterricht zur reinen Nebensache werden wird. Das sehen in Wien alle Leute ein. Billroth und seine Anhänger wollen aber, dass die Histologie ein Dekorationsgegenstand sei und dass nach wie vor der Physiologe die Histologie in seine Vorlesungen miteinbeziehe und prüfe. Dieser Standpunkt wurde von B[illroth] in der Fakultät vertreten, und mit knapper Majorität sprach die Fakultät aus, es sei wünschenswert, dass der Histologe prüfe. Meine Position ist daher keine sehr starke, auf Grund deren ich etwas durchsetzten könnte.

Meine Hoffnung, eine Einrichtung durchzusetzen, die die eigentlich sachgemäße wäre, und die auch für die Kollegen der anderen Universitäten brauchbar wäre, nämlich die Berufung des Histologen zum 5. Prüfer beim I. Rigorosum, ist sozusagen gleich Null. Bei wiederholten Besprechungen im Ministerium mit Ministerialrat D[avid] erhielt ich immer wieder die Antwort, dass gegenwärtig keinerlei Einrichtung getroffen werden könne, welche eine Änderung der bestehenden Rigorosenordnung involviere. Derartige prinzipielle Änderungen könnten nur im Zusammenhange mit einer durchgreifenden Gesamtänderung der bestehenden Studienordnung stattfinden. Unter solchen Umständen bleibt mir zur Wahrung der Interessen meines Faches leider nichts übrig, als in irgendeiner Weise ein alternierendes Prüfen mit dem oder den Physiologen anzustreben; sei es, dass ich die praktische Prüfung aus der Physiologie ganz, sei es teilweise, mit den Physiologen alternierend, übernehme. Die Bestellung eines alternierenden Prüfers ist natürlich innerhalb des Rahmens der Rigorosenordnung möglich. Es scheint mir aber auch hier wieder nicht möglich, eine eigentlich sachgemäße Lösung zu finden, da eine praktische Prüfung aus der Physiologie mit zwei Prüfern, von welchen der eine Histologie, der andere das Übrige prüft, nach der Rigorosenordnung wiederum unmöglich ist. So befinde ich mich in einer sehr unangenehmen Lage, in der Lage nämlich, etwas anstreben zu müssen, was nicht vollkommen sachgemäß ist, was in gewissem Sinne ein Eindringen in die Rechte des Professors der Physiologie und zudem nur für die speziellen Wiener Verhältnisse anwendbar ist. Ich habe schon den Gedanken überlegt, ob ich unter solchen Umständen nicht überhaupt jede Aktion unterlassen soll; ich finde aber immer wieder, dass ich es dem Fache, das ich zu vertreten habe, schuldig bin, es wenigstens zu einiger Stellung im Rahmen des Unterrichtes zu bringen. Zu warten, bis es zu einer Änderung der Rigorosenordung im größeren Stile kommt, wäre zu gefährlich. Ich könnte unterdessen leicht vom Schauplatze verschwunden sein, ehe auch nur eine greifbare Aussicht auf eine wirkliche Reform vorhanden ist. – So liegen die Dinge. Wer Brückes Nachfolger sein wird oder sein werden, weiß ich nicht; es ist alles so zugeknöpft, dass ich gar nichts Bestimmtes erfahren konnte. – Es würde mich sehr freuen, Ihre Ansicht über die erörterte Frage zu hören. Zu meinem aufrichtigen Bedauern habe ich gehört, dass Sie noch immer von den Folgen Ihrer Erkrankung nicht ganz befreit sind. Hoffentlich wird der Sommer Sie vollkommen gesund machen. – Die Grazer Verhältnisse sind, nach dem, was mir Dr. Laker erzählte, nicht sehr schön und die Zwiespältigkeit in der Fakultät tritt wieder, wie es scheint, zutage. Die Geschichte mit der Ohrenheilkunde ist eine rechte Seeschlange; ich habe mich bei Sektionsrat von Kleemann erkundigt. Die Verhandlungen sind noch immer nicht zu Ende, die Idee, Habermann zu ernennen, ist noch nicht aufgegeben; aber das hängt noch immer an finanziellen Schwierigkeiten, vor allem an der Einrichtung der klinischen Zimmer, für welche das Unterrichtsbudget in Anspruch genommen werden soll. Dr. Lakers Gesuch um Erweiterung der Venia legendi ist durch einen Zufall, wegen reiner Formalitäten – der eigentliche Referent war in Urlaub – seinerzeit nicht günstig erledigt worden. Wenn neuerdings eine Erweiterung der Venia docendi von der Fakultät beantragt würde, so würde die Bewilligung keinen Anstand haben: Motu proprio ist vom Ministerium umso weniger zu erwarten, als die Habermann-Frage durchaus noch nicht definitiv abgetan ist. – Dass mich die Wahl zum wirklichen Mitglied der Akademie höchlich überrascht hat, darf ich Ihnen wohl nicht sagen; ich dachte gar nicht daran, dass ich irgendwelche Chancen habe. Umso größer war natürlich meine Freude. Nun hat der schöne Schnürlregen, der draußen herunter geht, schon den dritten Briefbogen verbrochen. Nun ist es aber genug. Mit den herzlichsten Grüßen in treuer Freundschaft Ihr ergebener

Viktor Ebner

L.1871 *R.1565

1890 V 28, Graz

Einladung zu einer Sitzung unseres Komitees für Donnerstag, den 29. d[es] M[onats], 19:00 Uhr, in meiner Kanzlei.

Dr. Schloffer

L.1872 *R.1566

1890 VI 8, München

Verehrter und lieber Kollege!

Sie hatten die Güte, mir schon in den Monaten Oktober und Dezember des vorigen Jahres Mitteilungen über die Besetzung der erledigten Lehrkanzel für Kinderheilkunde an der Universität Graz zu machen. Ich habe Ihnen bis jetzt noch nicht dafür gedankt; die vielen Nebengeschäfte an einer großen Fakultät, namentlich die unleidlichen, die wissenschaftliche Arbeit so sehr hemmenden Prüfungen, sowie die Sorge um ein seit fast einem Jahr schwer erkranktes Kind, ließen mich nicht dazu kommen, Briefe zu beantworten. So konnte es geschehen, dass ich heute beim Aufräumen meines Schreibtisches Ihre beiden Briefe vorfand. Ich sage Ihnen eben noch nachträglich meinen besten Dank dafür und hoffe, dass Sie mit der Wahl Escherichs zufrieden sein werden.

Mit freundlichem Gruße Ihr ergebener

C. Voit

L.1873 *R.1567

1890 VI 13, Wien

Hochverehrter Freund!

Besten Dank für Ihren ausführlichen Brief. Ich freue mich zu hören, dass es Ihnen endlich entschieden besser geht, dank der Übersiedlung auf den Rosenberg. – Die prinzipiellen Erörterungen über die meine Lehrkanzel anbetreffenden Fragen, haben mich wehmütig gestimmt. Sie haben ja im Prinzipe recht, aber das ist eben das Traurige, dass ich in einem Dilemma stecke, aus welchem ich nicht herauskomme, ohne die Interessenssphäre der Lehrkanzel der Physiologie zu stören.

Den Gedanken, die obligaten Vorlesungen der Lehrer auch für die Studenten obligat zu machen, habe ich seit meinem Hiersein verfolgt. Bald nach meinem ersten Besuche bei Stricker habe ich einmal mit ihm die Frage des histologischen Unterrichtes eingehend erörtert. Er sprach sich dagegen aus, dass der Histologe prüfe, weil dies im Rahmen der bestehenden Rigorosenordnung unmöglich sei, meinte aber, es wäre möglich durchzusetzen, dass wenigsten die histologischen Übungen, ähnlich wie der Seziersaal, für die Studenten obligat gemacht würden. Allein daran will man im Ministerium jetzt nicht gehen. Jede prinzipielle Änderung der bestehenden Studienordnung wird perhorresziert bis zu dem Zeitpunkte, wo überhaupt eine durchgreifende Änderung der ganzen Studien- und Prüfungsordnung durchgeführt werden soll. Daran sei aber vorläufig nicht zu denken. Immer und immer bekomme ich zu hören, dass eine Verbesserung der Stellung bzw. eine Einreihung der histologischen Lehrkanzel in eine gleiche Linie mit den anderen theoretischen Kanzeln nur durch Maßregeln angestrebt werden könne, welche keine prinzipielle Abänderung irgendeines Punktes der Rigorosenordnung bzw. Studienordnung seien. Eine derartige Maßregel wäre, wenn der Histologe zum Prüfer bestellt würde und dies könne, ohne irgend ein Prinzip zu verletzen, geschehen, da die Bestellung bestimmter Personen zu Prüfern keine prinzipielle Frage sei. Das war nun freilich nahezu das Problem: „Wasch mir den Pelz, aber mach ihn nicht nass“. Das erste Rigorosum umfasst nur eine Prüfung aus Physik, Chemie, Anatomie und Physiologie, von der Histologie ist speziell keine Rede; der Histologe sitzt also tatsächlich zwischen zwei Stühlen; er ist weder Anatom noch Physiologe. Soll er prüfen, so muss man ihn als das eine oder das andere betrachten. Eine Analogie mit dem Falle, der die Histologie betrifft, liegt in der medizinischen Chemie vor. Ludwig, obwohl nicht Professor der allgemeinen Chemie, prüft alternierend mit dem Professor der allgemeinen Chemie. Ich wurde also – will ich meine Lehrkanzel nicht an die Wand drücken lassen – auf einen Weg gedrängt, der eine allseitig befriedigende Lösung einer an sich unabweisbaren Frage nicht erhoffen ließ. Unter solchen Umständen müsste ich mir folgende Fragen vorlegen: 1. Sollst du anstreben, mit den Anatomen zu alternieren. Nein, denn du lehrst keine Anatomie. 2. Sollst du anstreben, mit den Physiologen zu alternieren, nein, denn du lehrst keine Physiologie. Was dann? Da schien mir der einzig mögliche Ausweg das physiologische Praktikum. Der Fall liegt hier nach meiner Ansicht so: Im physiologischen Praktikum wird faktisch stets auch Histologie geprüft. Es hätte daher in Zukunft im physiologischen Praktikum der Physiologe hier etwas zu prüfen, was er faktisch nicht lehrt; umgekehrt allerdings auch der Histologe etwas, was er nicht lehrt. Es scheint mir aber unter solchen Umständen der relativ einzig mögliche Ausweg, der ohne eine wesentliche Schädigung des physiologischen Unterrichtes gefunden werden kann, wenn der Histologe das Praktikum, der Physiologe das Theoretikum übernimmt. Eventuell dass noch innerhalb des Praktikums zwischen beiden alterniert wird. Es scheint mir ferner, dass das Interesse des Unterrichtes hier in Wien viel schwerer geschädigt wäre, wenn der Histologe gar nicht; der Physiologe aber in zwei Prüfungsakten prüfte, als wenn dem Histologen das Praktikum überlassen würde. Ich muss im jetzigen Momente auf eine Lösung drängen. Ist der Physiologe angestellt unter den alten Bedingungen – ob der Physiologe auch den Titel „höherer Anatom“ führt, ist natürlich ganz gleichgültig –, so ist es für meine Lehrkanzel aus bzw. es ist derselbe Stand wie unter Wedl. Auf eine Reform der Studienordnung zu warten, dazu habe ich zu wenig Vertrauen auf meine Langlebigkeit; ich glaube überhaupt, mich auf den Standpunkt stellen zu müssen, dass ich hier die Verpflichtung habe, alles daran zu setzen, damit die Histologie als selbstständiges Fach einen wesentlichen Teil des theoretisch-medizinischen Unterrichtes bilde. Es ist nicht meine Schuld, dass ich den angegebenen Weg betreten musste, der in vieler Beziehung unbefriedigend ist und insbesondere eine Extrawurst für Wien bedeutet. Es fällt mir gar nicht ein, an dem Lehrbegriff der Physiologie herumzudeuteln. Aber gerade so, wie es eine unglückselige Idee war, Ordinariate für medizinische Chemie zu errichten, ohne dafür zu sorgen, dass dieselben einen entsprechenden Wirkungskreis erhalten, ist es ein unmöglicher Zustand, in welchem sich die Histologie befindet, der um jeden Preis geändert werden muss. In Graz und Prag ist und war der Zustand durch die persönlichen Beziehungen und durch die, seit 1872 an traditionelle Erziehung der Studenten erträglich – in Innsbruck macht es Vintschgau gerade so, wie es Brücke hier machte. Ungesetzliches ist hier nicht geschehen. Die vorgeschriebenen Vorlesungen und Übungen sind ja alle gehalten worden. Wedl las ja Histologie; nach ihm Schenk etc. alle geforderten Vorlesungen. Br[ücke] würde ruhig sagen, es ist ja nicht meine Schuld, dass „die Extrakollegien und Übungen“ über Histologie etc. nicht besucht werden.

Ich habe Ihnen nun mein Herz ausgeschüttet. Urteilen Sie selbst, ob ich anders handeln kann. Im kritischen Momente, bevor ich die Fragen in der Kommission erörtern müsste, konnte ich Ihnen nicht schreiben, da Sie krank waren. Ich habe aus Ihrem Briefe die Überzeugung gewonnen, dass Sie ebenfalls keinen durchführbaren Rat wissen, um meiner Lehrkanzel zu helfen, und der von mir eingeschlagene Weg daher der einzig mögliche ist. In Bezug auf das Praktikum stellte sich Br[ücke] in der Kommission auf denselben Standpunkt, den Sie vertreten; er wollte mich einfach auf eine Reform der Studienordnung vertrösten, weil eine Beteiligung am Praktikum von Seite der Histologen unmöglich sei. – Nun aber genug. – Mein Brief aus Rindbach und der Ihre an meine Frau haben sich gekreuzt. Wir fanden den Letzteren bei unserer Rückkehr. Ich danke Ihnen noch herzlich für die Glückwünsche zur Wahl zum w[irklichen] M[itglied] d[er] k[aiserlichen] Akademie.

Mit den herzlichsten Grüßen von meiner Frau und mir, Ihr treu ergebener, aufrichtiger

V. Ebner

L.1874 *R.1568

1890 VI 15, Berlin

Hochverehrter Herr Kollege!

Bei der Zusammenstellung der Anmeldungen zur Ausstellung des internationalen medizinischen Kongresses wird Ihr Name mit Bedauern vermisst. Würden Sie sich nicht vielleicht jetzt noch entschließen können, einige Apparate, sei es direkt aus Ihrem Laboratorium, sei es durch Ihren Mechaniker, einzusenden? Es ist zu hoffen, dass wir einen leidlichen Überblick von neueren Konstruktionen der physiologischen Laboratorien gewinnen werden. Eine umgehende vorl[äufige] Mitteilung Ihres Entschlusses wäre der Raumverteilung wegen hoch erwünscht.

Genehmigen Sie meinen ergebensten Gruß!

N. ZuntzN.W. Lessingstraße 55 II

L.1875 *R.1569

1890 VI 16, Wien

Verehrter Herr Regierungsrat!

Sie wissen, wie herzlichen Anteil ich an allen Ihren Geschicken nehme und wie sehr es mich freut, dass Ihre Erholung nun entschieden vorwärts geht!

Heute schreibe ich Ihnen wieder wegen unseres Unglücks – Lakers. Ebner oder ich wollen beim Ministerium wieder zu seinen Gunsten sprechen. Leider ist nach den Mitteilungen Ebners nicht zu hoffen, dass das Ministerium L[aker] aus eigener Initiative einen Lehrauftrag oder das Ambulatorium für Ohrenkranke zuweisen werde. Das Min[isterium] hält sich für gebunden durch seine letzte Erledigung des Antrages des Grazer Professorenkollegiums. Vielleicht wäre aber zu erreichen, dass das Ministerium die Fakultät auffordert, einen Antrag zu stellen, wem provisorisch bis zur Errichtung der Professur für Ohrenheilkunde die Leitung eines Ambulatoriums und die Erteilung des Unterrichtes zu übertragen wäre.

Es würde dann alles auf den Vorschlag des Kollegiums ankommen. Bevor wir daher beim Ministerium das Vorstehende anregen, müssen wir sicher sein, ob für Laker eine Majorität, wenn auch nur von einer Stimme, zu haben wäre. Nach einem Überschlag, den wir heute gemacht haben, halten wir das nicht für unmöglich. Wir bitten Sie aber, uns darüber Gewissheit zu geben, und zwar wenn möglich umgehend, da Ebner in eigenen Angelegenheiten Ende dieser Woche zu David gehen wird.

Mit besten Empfehlungen Ihr treu ergebener

M. Gruber

L.1876 *R.1570

1890 VI 23, Wien

Verehrter Herr Regierungsrat!

Wärmsten Dank für Ihr freundliches Schreiben vom 20. Ich freue mich, die guten Nachrichten über das Fortschreiten Ihrer Wiederherstellung aus Ihrem Munde bestätigt zu hören. Langweilen Sie sich nur, wenn Sie sich dabei nur sonnen, lüften und nähren! Nun aber zu einer ganz offenen Mitteilung betreffs Laker. Ich habe mich entschlossen, vorläufig jede Tätigkeit zur Förderung seiner akademischen Stellung in Graz aufzugeben, so leid es mir tut, denken zu müssen, dass ein Mensch von so ganz hervorragender Intelligenz und Tatkraft unserem österreichischen Universitätswesen verloren gehen soll. Nur eine Widerlegung der gegen Laker erhobenen Anschuldigung könnte mich bewegen, für seine Stellung in Graz wieder etwas zu versuchen.

Ebner war am Samstag bei David. Im Vorzimmer traf er mit Wölfler zusammen und verlangte von diesem Aufklärung über sein und seiner Freunde Verhalten gegen Laker. Wölfler teilte ihm nun Folgendes mit: L[aker] sei bei der Exstirpation einer Kehlkopfgeschwulst in der Klinik W[ölfler]s anwesend gewesen; habe unmittelbar nach der Operation den Studenten heimlich auseinandergesetzt, dass die Operation eigentlich anders wäre zu machen gewesen; sei dann aber abends zu ihm gekommen, habe ihn förmlich zur Rede gestellt und zur Verantwortung gezogen, dass er einen solchen Kunstfehler begangen habe; habe ihm gedroht, er werde die Sache schon publik machen; dann aber angeboten zu schweigen, wenn W[ölfler] verspräche, von nun an L[aker] keine Schwierigkeiten weiter zu machen und ihn vielmehr bei der Erlangung seiner akademischen Wünsche zu unterstützen!

Ich habe keinen Grund zu glauben, dass W[ölfler] der Niederträchtigkeit fähig sei, derartige Dinge zu lügen. Wenn aber seine Angabe wahr ist, dann ist doch die Überlegung am Platze, ob ein Mensch, der solcher Handlungen fähig ist, wie die von L[aker] berichteten, trotz seiner intellektuellen Vorzüge tauglich sei, einmal eine akademische Stellung einzunehmen. Darüber, dass L[aker] ein furchtbar böses Maul hat, dass er keiner Subordination fähig ist, dass er keine Kollegialität kennt, über seinen Hochmut könnte man sich allenfalls hinwegsetzen, in Anbetracht seiner seltenen Befähigung (ich selbst habe ja natürlich nie unter obigen Eigenschaften zu leiden gehabt, weil mich L[aker] brauchen kann), obwohl man sich fragen müsste, ob denn nach all dem schon früher Vorgefallenen ein erträgliches Verhältnis zwischen ihm und dem Grazer Kollegium in der Zukunft möglich sein werde. Aber wenn man auch auf dem Standpunkte steht, dass bei einem akademischen Lehrer Geist, Wissen und Können die Hauptsache sei und ihm viel verziehen werden könne und müsse, so hat das doch seine Grenzen, und eine dieser Grenzen wäre meines Erachtens eine Handlung wie der von L[aker] unternommene Einschüchterungsversuch.

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir Ihre Anschauung über die ganze Sache mitteilen würden, wenn es Sie nicht zu sehr anstrengt oder aufregt! Vielleicht sieht sie von einer anderen Seite betrachtet doch anders aus. Wölflers Vorgehen mit vertraulichen Mitteilungen an Sie, Rembold, Schnabel usw. hinter dem Rücken L[aker]s hat mir bisher einen ungünstigen Eindruck gemacht und will mir auch jetzt nicht recht behagen, obwohl ich heute die Schwierigkeit, in der sich W[ölfler] befunden hat, einsehe.

Mit besten Empfehlungen, Ihr treu ergebener

M. Gruber

Sehr geehrter Herr Professor und Collega!

Indem ich Ihnen meine herzlichsten Glückwünsche zur Genesung von schwerem Leiden ausspreche, teile ich mit, dass ich während Ihrer Krankheit mehrere Sitzungen der Gruppe V der Landesausstellung abhielt, um die laufenden Geschäfte abzuwickeln.

Ich glaube, dass aber in nächster Zeit wieder eine solche Sitzung erforderlich sein wird, um über die Verteilung der angemeldeten Ausstellungs-Objekte im Schulpavillon wenigstens im Großen und Ganzen schlüssig zu werden, ein Komitee zur weiteren Durchführung dieser Angelegenheit zu wählen und allenfalls auch Installateure für die Aufstellung der Objekte zu bestimmen. Ich bitte Sie daher, eine solche Sitzung baldigst einzuberufen.

Mit ausgezeichneter Hochachtung ergebenst

Dr. Franz Ilwof Regierungsrat

L.1878 *R.1571

1890 VII 13, Graz

Lieber Bruder!

Seit Anfang Juni befinden wir uns in unserem Tusculum auf dem Kuhberge [Rosenberg]. Ich bin sehr zufrieden. Es hat mir, Edwin und allen andern bisher der stete Aufenthalt in der frischen Luft sehr gut getan.

Meine Vorlesungen, zu welchen ich alle Tage hinabgefahren bin, habe ich am vorigen Freitag geschlossen. Sie haben mir wenige Beschwerden gemacht.

Ich lebe noch immer so, wie Dir bekannt ist. Im Nachtharn ist absolut keine Spur von Eiweiß vorhanden, auch in den meisten Portionen des Tagharnes. Nur in dem Harn, der in den Stunden nach dem Aufstehen gelassen wird, sind noch kenntliche Spuren von Albumin enthalten. Es ist ganz merkwürdig, wie langsam und zähe dieser letzte Rest sich verliert. Appetit und Aussehen, ebenso der Schlaf sehr gut.

Ich halte nun schon wieder einen Puff aus. Heute vor 14 Tagen bekam ich einen kolossalen, absteigenden Katarrh; alles in der Stadt laborierte zur selben Zeit daran. Mein Zustand war sehr unbehaglich. Es hatte aber dieser Insult doch nur einen sehr geringen Einfluss auf den Harn.

Zweimal war ich schon beim Stoffbauer, ohne sehr zu ermüden, während ich, als wir heraufzogen, noch sehr müd wurde, schon nach wenigen Schritten. Meist wandle ich in unserem Walde, der sehr ausgedehnt ist und dessen Bestand von tausendjährigen Kastanien, Eichen, Linden und Föhren gebildet wird. Die Kastanien (essbare) sind namentlich mächtige Stämme, einer von mir, Mama und den großen Kindern gerade zu umspannen. Sie gedeihen vortrefflich und blühten gerade heuer in üppigster Weise.

Mir war dieser Wald anfangs ganz unbegreiflich, bis mir die Eigentümerin, Baronin Wüllerstorf, sagte, dass der Kuhberg eine Parzelle der einstigen Universtitätsdomäne Rosenhain ist. Die Jesuiten haben also vor 300 Jahren unseren schönen Wald gepflanzt. Darauf weisen auch die Exoten in unserem Parke hin, unmittelbar vor unseren Fenstern steht eine mächtige mehrhundertjährige Paulownia und nicht weit davon ein ebensolcher Tulpenbaum, der heuer, dicht mit seinen glänzenden Blüten besetzt, einen prächtigen Anblick geboten hat.

Am 2. August wird der Kaiser unsere Ausstellung eröffnen, und ich hoffe, dass ich ihn als Obmann der Gruppe V im Schulpavillon ohne Beschwerden werde führen können. Merkwürdig! Ich war so lange krank und habe doch diese ganze Ausstellung fast allein arrangiert. Bis ich erkrankte, waren schon alle wesentlichen Arbeiten gemacht, während ich erkrankt war, hat der Obmannstellvertreter zwei nichtssagende Sitzungen gehalten. Seit Anfang Juli habe ich wieder energisch eingegriffen und ich glaube, wir werden nicht unehrenvoll bestehen.

Mama und Kinder schicken Dir viele Küsse und Grüße. Edwin hat noch immer an den Folgen der überstandenen Krankheit zu leiden. Er neigt sehr zu Abführen und wir müssen mit der Diät peinlich achtgeben. Er ist aber lustig und guter Dinge und ein herziger, gemütlicher und unfreiwillig komischer kleiner Kerl. Manche Witze gelingen ihm aber auch in überlegter Weise.

Wir würden uns alle sehr freuen, wenn Du uns während der Ferien einmal besuchen würdest. Schau Dir den Kuhberg und die Ausstellung an. Platz ist in unserer Villa genug, auch wenn Du Dich länger aufhalten wolltest als gewöhnlich und wenn auch die Mutter, die wir einladen wollen, und noch jemand zugleich kommen würden, würde uns das gar nicht genieren.

Schön ist es hier, und Euch müsste es noch besser gefallen als uns, da Euch auch Graz schon etwas Fremdes ist, während wir auf die bekannte uns zu Füßen liegende Stadt hinabschauen.

Es ist heute ein regnerischer Sonntag und den Morgen desselben habe ich benützt, um Dir diesen Brief zu schreiben. Morgen geht noch eine heiße Woche an. Rigorosen auf Rigorosen. Humbert hat morgen auch eines; nämlich die mündliche Aufnahmsprüfung ins Gymnasium, die schriftliche hatte er schon Samstag von 15:00-17:00 Uhr.

Was nun die tief dunkle Wiener Besetzungs-Affäre machen mag? Ein Brief Ebners, den ich unlängst erhielt, lautete an einer Stelle, ob ich nicht wisse, wer Brückes Nachfolger wird? Er wisse nicht, wer Brückes Nachfolger werde! Oder werden! Im Ministerium sei man zugeknöpft bis über die Ohren und niemand vermag darüber etwas zu erfahren. Weißt Du etwas?

Mit vielen herzlichen Grüßen von mir und allen, an Dich und alle, Dein

Alexander

L.1879 *R.1572

1890 VII 21, Wien

Lieber Bruder!

Ich bin sehr erfreut, dass Du mit Eurer Sommer Villegatur eine so glückliche Wahl getroffen hast und dass Ihr Euch alle recht wohl befindet. Eine reizvolle Landschaft mit herrlicher Fernsicht, Waldesgrün in unmittelbarer Nähe, gute Luft und eine bequeme und behagliche Unterkunft ist ja alles, was man verlangen kann. Durch Schurz habe ich heute erfahren, dass die Mutter in Begleitung Richards nach Graz reist, um Euch zu besuchen. Es wird ihr gewiss in Eurem Tusculum auf dem Kuhberge sehr gut gefallen.

Du schreibst mir, dass Du nun schon wieder einen Puffer aushalten kannst. Ich glaube das wohl und der durchgemachte Katarrh beweist es auch. Allein die Gelegenheit oder Möglichkeit, einen Katarrh zu aquirieren, solltest Du doch mit aller Vorsicht zu vermeiden trachten. Es ist das freilich schwer bei dem heuer besonders unsicheren Wetter und dem raschen Springen der Temperatur. Aber eine außergewöhnliche Vorsicht, glaube ich, ist für Dich immer noch geboten. Anfangs August trete ich meinen Urlaub an und gehe zunächst nach Oberösterreich, nach Klaus-Steyerling. Ob es mir mit der Zeit ausgehen wird, auch nach Graz zu kommen, weiß ich noch nicht sicher. Ich hoffe aber, dass ich vielleicht doch Deiner verlockenden Einladung werde folgen können.

Von der Wiener Besetzungsangelegenheit kann ich absolut nichts erfahren und wundere mich nur, dass bis in die Ferialzeit hinein keine Entscheidung getroffen wurde. Das ist ja eigentlich noch nicht dagewesen.

Mit vielen herzlichen Küssen und Grüßen an Dich und alle, auch einen Handkuss an die Mutter nicht zu vergessen, Dein

Emil

L.1880 *R.1573

1890 VII 22, Wien

Verehrter Herr Regierungsrat!

Wenn ich fast einen Monat verstreichen ließ, ohne Ihr freundliches Schreiben zu beantworten, so geschah es nicht allein, weil ich in der Tat die ganze Zeit mit Geschäften überlastet war und bin, sondern auch weil ich keinen rechten Entschluss wegen Laker fassen konnte.

Dass ich die Mitteilung Wölflers bzw. Ebners nicht einfach ignorieren kann, ist klar. Solange diese Anklage besteht, kann ich L[aker] der Fakultät nicht oktroyieren wollen. Andererseits geht es mir ganz und gar wider den Strich, dass dem Angeklagten der Inhalt der Anklage nicht mitgeteilt wird, und das Verhalten der beteiligten Herren – wie Sie es mir schilderten – erscheint auch mir höchst seltsam. Wenn ich so etwas mit L[aker] erlebt hätte wie Wölfler, dann würde ich die Verleihung eines Reisestipendiums nicht befürworten, sondern alles tun, um eine derartige Persönlichkeit aus den akademischen Kreisen zu entfernen!

Ich hatte also eine Zeitlang größte Lust, dem L[aker] einfach zu schreiben, so und so, W[ölfler] behauptet, dass Sie gewissermaßen an ihm einen Erpressungsversuch gemacht haben usw. Wenn ich es doch nicht getan habe, so ist es zum geringsten darin begründet, dass ich kein Vergnügen daran habe, in diese Händel gezogen zu werden. Ich muss mir aber sagen, was kann dabei viel anderes herauskommen als ein Fakultätsskandal ersten Ranges. W[ölfler] wird natürlich bei seiner Behauptung bleiben, L[aker] bei seinem Widerspruch. Kein Zeuge kann sagen, wer die Wahrheit sagt. Dagegen würde eine Unsumme von Schmutz aufgerührt werden; ein Schauspiel, das man vermeiden muss, wenn nicht damit eine Reinigung erreicht werden kann. Zum Vorteil würde es für Laker keinesfalls werden (der Machtverhältnisse halber). Falls L[aker] ein Reisestipendium bekommt, wäre es ja das allerbeste. Darüber kann die Sache einschlafen. Lässt sie W[ölfler] und Konsorten auch später eingeschlafen, dann wird man sich ja dabei das seinige denken und für die Zukunft notieren können.

Kriege ich Wölfler zu sehen, so werde ich ihn jedenfalls noch selbst zur Rede stellen und eventuell mit meiner Meinung nicht zurückhalten. Ich sehe Ihren Namen unter den Komiteemitgliedern für Beschickung des Berliner Kongresses. Sollten Sie dort zu sehen sein?! Das würde mich ungeheuer freuen. Jedenfalls hoffe ich, dass Ihre Genesung nun bald vollkommen sein werde. In Treuen, Ihr ergebener

M. Gruber

L.1881 *R.1574

1890 VIII 2, [Graz]

Danke bestens für Deine Grüße. Ich weiß nicht, welche Verwurstelung in Wien geherrscht hat, dass man über mich plötzlich einen solchen Gnadenbecher ausleerte. Mihi potius placuisset, si non fuisset.

Mit Gruß Dein

O. Rembold

L.1882 *R.1575

1890 VIII 3, Leipzig

Lieber und verehrter Freund!

Professor Drasch hat mich stets mit den Wechselfällen Ihres Leidens unterrichtet und namentlich von dem schweren Rückfall, der die fast vollkommene Heilung wieder in Frage stellte. Nach überwundenen Schmerzen und Ängsten sehen wir froh in die Zukunft, und wer der Physiologie hold ist, wünscht Ihnen noch langes und tatkräftiges Leben.

Nun hat sich Boltzmann doch zum Scheiden von Graz entschlossen. Scheint ihm München um soviel heimlicher als Berlin?

Meinen Einfluss überschätzen Sie – zudem würde ich niemandem raten, nach Chile zu gehen. Wer neuerlichst den Lockungen gefolgt ist, bereut es bitter – und Tokio steht auf eignen Füßen. An der Universität sind mit ganz wenigen Ausnahmen nur Japaner, und zwar energisch und tüchtig tätig.

Wie war es mit Wien? Man hört wohl vom Abgang Brückes, aber gar nichts von der Nachfolge.

Mir geht es in Anbetracht meiner 74 Jahre noch nicht schlecht, noch immer kann ich, das was mir am meisten Freude macht – physiologische Arbeit – genießen. Was ich nicht selbst hole, sehe ich neben mir entstehen. So u. a. die Abspaltung von einem Kreatin ähnlichen Molekül nur vom Harnstoff aus dem Eiweiß, nicht durch Oxydation, sondern durch Spaltung. Dieser neue Fund ist meinem hochverdienten Assistenten Drechsel gelungen. Was [für] ein Zustand, dass ein Mann von solcher Bedeutung immer noch Assistent ist.

Grüßen Sie Drasch, hoffentlich ist das Spital, in welches vor kurzem sein Familienhaus verwandelt war, wieder aufgelöst und er erfreut sich in Cilli fröhlicher Ferien.

Leben Sie wohl und bewahren Sie mir ein treues Angedenken. In alter Treue Ihr

C. Ludwig Liebigstraße 16

L.1883 *R.1576

1890 VIII 10, Grundlsee

L[ieber] F[reund]

Könntest Du mir für mein Buch Deine Arbeit aus dem Jahre 1877 über die Newtonschen Farben zitieren? Aber nur, wenn es leicht geht. Die Korrektur meines Buches bringt mich hier in einige Verlegenheit. – Was machst Du, wie geht’s Dir und Deiner Familie? Hoffentlich wohl. – Wir sind seit 5. August am Grundlsee.

Mit besten Grüßen, Dein

V. Lang

Geehrter Herr Kollege!

Entschuldigen Sie, wenn ich Ihre karge Muse mit nachstehendem Ersuchen behellige.

Um den 20./21. Juli erhielt ich vom Gen[eral-]Com[itee] der L[andes]A[usstellung] die Einladung, dem Preisgerichte für Wiss[enschaft] beizutreten. Angesichts einer Reise in meine Heimat und des Vorhabens, von derselben heimkehrend die Sommerfrische mit meiner Familie zu teilen, war ich genötigt, diese ehrende Einladung schriftlich abzulehnen. Vorgestern in Graz wieder eingetroffen, dem ich morgen den Rücken kehre und dann für längere Zeit fernbleiben will, las ich in der heutigen Tagespost zu meinem Befremden auch meinen Namen unter den Juroren der bezeichneten Gruppe. Diese gedruckte Tatsache lässt nur zwei Voraussetzungen zu: Entweder verfehlte meine Absage die richtige Adresse oder es beruht die Angabe in der Tagespost auf einem Versehen des Berichterstatters.

Sie begreifen jedoch, geehrter Herr Kollege, dass meine Anführung als Juror in einem für mein gutes Gewissen und für die Kenntnis vom Sachverhalte in Bekanntenkreisen sehr bedenklichem Widerspruche steht, und ich bitte daher, dieses quid pro quo – nach Ihrem Gutdünken aus der Welt zu schaffen, da ich begreiflicherweise eine Berichtigung in der Tagespost auf eigene Faust scheue, um nicht ein Missverständnis heraufzubeschwören.

Mit achtungsvollem Gruße, Ihr ergebenster Kollege

Dr. F. v. Krones

Hochgeehrter Herr Professor!

Ich habe während meines letzten Besuches vergessen, Herrn Professor an das gütige Versprechen, mir die Schrift: Sul midollo delle ossa von Bizzozero leihen zu wollen, zu erinneren. Ich möchte deshalb bitten, wenn Herr Professor das nächste Mal etwas von der Universitätsbibliothek brauchen, diese Schrift dorthin zu schicken, worauf mein Vater dieselbe mir schicken wird.

Indem ich Herrn Professor im Vorhinein für die freundliche Gewährung dieser Bitte meinen besten Dank ausspreche, bleibe ich Ihr dankbarer Schüler

Dr. Hermann Müller

L.1886 *R.1579

1890 IX 10, Wien

Lieber Bruder!

Ich hatte die erste Septemberwoche zu einem Besuche in Graz in Aussicht genommen. Allein es sollte anders kommen. Gerade in dieser Woche trat jenes scheußlich kalte Regenwetter ein, das zu den massenhaften Überschwemmungen führte und zudem hatte ich mit einer Indisposition, bestehend in einem leichten Darmkatarrh, zu kämpfen. Nun ist mein Urlaub abgelaufen und meine Absicht, Euch zu besuchen, ist buchstäblich zu Wasser geworden.

Von der Mutter wurde mir Euer Sommeraufenthalt in der reizendsten Weise geschildert. Umso mehr beklage ich das heillose Hagelunwetter, das Eure Freude so wesentlich gestört hat und das die Ausstellung, von der man soviel Rühmenswertes zu hören und zu lesen bekam, in so grausamer Weise verwüstet hat. Ich war im August längere Zeit in Windischgarsten und St. Gallen und habe von dort aus mehrere schöne Ausflüge und kleinere Bergpartien gemacht. Klaus-Steyerling, Vorder- und Hinterstoder mit der Priel-Gruppe, die Grünau am Fuß des Pyhrgas, der Hengst, die Lanssa [?], die Steinwand und viele andere Punkte, die ich besuchte, gehören zu den herrlichsten Gebirgslandschaften.

Es scheint richtig, dass man sich im nächsten Wintersemester an der physiologischen Lehrkanzel mit einem Provisorium Exner begnügen will. Bestimmtes weiß ich jedoch nicht.

Hoffentlich geht es Dir und den Deinen wohl. Von der Mutter erfuhr ich, dass Du etwas an Katarrh leidest, umso mehr die Aufforderung, bei der herannahenden kalten Jahreszeit ja wohl recht vorsichtig und schonend vorzugehen und sich sehr ungünstigen Witterungsverhältnissen lieber gar nicht auszusetzen.

Mit vielen herzlichen Küssen und Grüßen an Dich, Rosa und die Kinder, Dein

Emil

L.1887 *R.1580

1890 IX 16, Graz

Hochgeehrter Herr Regierungsrat!

Genehmigen Sie und die hochgeehrte Frau Gemahlin hiemit den Ausdruck meines besten herzlichsten Dankes für das mir übersandte Honorar und das mir entgegengebrachte so ehrende Vertrauen.

Ihr dankschuldig ergebenster

Dr. Tobeitz

L.1888 *R.1581

1890 X 14, Innsbruck

Hochverehrter Herr Regierungsrat!

Mein Freund Borysiekiewicz kam gestern aus Wien hieher zurück und erzählte mir einiges in Betreff der Wiener Physiologie-Frage, welches ich, mit Benützung Ihrer freundlichen Erlaubnis, in möglichst getreuer Wiedergabe mitteilen möchte. Borysiekiewicz erkundigte sich bei Hofr[at] Albert und bei einem Hofrat, welcher im Ministerium Vertrauen und Einfluss besitzt, jedoch nicht genannt sein will (Herr Regierungsrat kennen den Namen aus einem seinerzeit seitens Langers an Sie gerichteten Schreiben), über den Stand der Angelegenheit.

Ersterer meinte: Exners Ernennung sei wohl sicher zu gewärtigen; auf die Frage, ob das Projekt, zwei Lehrkanzeln zu errichten, aufgegeben sei, sagte Albert, wenn eine zweite Lehrkanzel gegründet werde, so könne es nur für Sie geschehen, gegen die Ernennung Herings sich zu wehren, darin seien die Fakultätsmitglieder einig.

Der bewusste Hofrat sagte, es sei nicht ausgemacht, dass Exner, oder Exner allein, ernannt werde, vielmehr Ihre Ernennung in ernster Erwägung. Der Name Hering fiel bei dieser Besprechung überhaupt nicht. Borysiekiewicz sprach sich dahin aus, dass er nicht begreife, dass Sie nicht unico loco vorgeschlagen werden, nachdem kein Physiologe in Österreich gleich wie im Auslande, in Russland vor allem, soviel Schule gemacht habe als Sie, hochverehrter Herr Regierungsrat, von Brücke nicht ausgenommen.

Hofr[at] Rittner konnte Borysiekiewicz dieses Mal nicht treffen; er denkt, ihn gelegentlich brieflich zu befragen, da ich darum bat. – Zu Ihrer Beruhigung erlaube ich mir zu bemerken, dass Borysiekiewicz meine Eingebungen und Bitten nicht auffällig findet, da er meine Verehrung und mein Interesse für Sie, meinen gütigen Lehrer, längst kennt.

Noch hätte ich pflichtgetreu zu berichten, dass Exner selbst sich zuversichtlich gab und äußerte, als er mit Borysiekiewicz gelegentlich in Wien zusammentraf.

Genehmigen Sie, hochverehrter Herr Regierungsrat, am Schlusse die Bitte, Ihrer verehrten gnädigen Frau Gemahlin meine ergebenen Handküsse entrichten zu wollen. Mit dem herzlichen Wunsche, dass Sie sich recht wohl befinden, verbinde ich die Hoffnung, dass sich alle Ihre Wünsche erfüllen mögen, zur aufrichtigsten Freude Ihres in getreuer Dankbarkeit und Verehrung ganz ergebenen

Dr. G. Pommer

L.1889 *R.1582

1890 X 18, Graz

Lieber Bruder!

Schon seit längerer Zeit wollte ich Dir schreiben, aber Kundschafter, die ich in Bezug auf die Wiener Physiologie-Frage ausgeschickt, haben mir erst seit 2 Tagen geantwortet. Ich wollte aber gerne über diese Sache mit Dir sprechen. Ich werde aber weiter ausholen.

Ich glaube, dass es nicht ganz richtig war, dass wir uns im Mai dahin einigten, dass Du nicht mit dem Erzherzog reden sollst. Wir hätten vielmehr sogar sollen, wenn sich eine Gelegenheit dazu willig darbieten sollte, dann sollst Du nicht zagen, Deine Meinung auszusprechen. Suchen mit aller Gewalt, das würde bei der geistigen und gemütlichen Konstitution des Erzherzogs nichts nützen. So glaube ich, meinten wir es. Aber vielleicht hast Du unsere damalige Unterredung auch so verstanden. Das habe ich an die Spitze gestellt, weil ich Dir deutlich machen wollte, dass ich glaube, dass Herr von Gautsch gemahnt sein will. Wenn ich nur irgendeinen hochgestellten Mahner auftreiben könnte. Es braucht ja nicht gerade der Erzherzog zu sein. Vielleicht hast Du irgendeine andere Konnexion in Wien, welche Du mir zuliebe ausnützen könntest. Schicke nur irgendeinen Grafen oder Prälaten oder sonst irgendeine Excellenz oder Durchlaucht sich Nennenden zu Gautsch, mit der ganz rüden Forderung, dass ich für Wien ernannt werden soll; man darf in der Wahl solcher Mittel und Persönlichkeiten nicht zaghaft sein.

Warum ich Dir heute so schreibe, wirst Du gleich begreifen. Es folgen nun zuerst alle Chancen, welche mir günstig sind, dann die ungünstigen. Erstens, ich habe bei Gelegenheit der Eröffnung der Landesausstellung hier den Kaiser in der Gruppe V geführt. Der Kaiser war entzückt und in hohem Grade befriedigt. Ich hatte eine eigene Studie vorher für die Führung gemacht und sprach zwar sehr kurz, aber möglichst demonstrativ und vielseitig.

Minister Gautsch und der Statthalter flüsterten mir zu: Sie machen das ja ausgezeichnet, sehr gut, sehr gut. Gautsch reichte mir in einer Pause, während der Kaiser mit einem vorgestellten Aussteller sprach, die Hand und sagte: Hat mich sehr gefreut, Sie wiederzusehen.

Der Kaiser wendete sich, als ich ihm beim Austritte aus dem Unterrichtspavillon sagte: Wir sprechen Eurer Majestät unseren ehrfurchtsvollsten Dank für den Besuch aus, zu mir um und hielt eine kurze Ansprache, worin er Dank und Befriedigung über das Gesehene aussprach. Zuletzt sagte er zu mir und dem hinter mir stehenden Gautsch gewendet: Es ist kolossal, was im Unterricht geleistet wird. Gautsch flüsterte mir darauf zu: Nun, Sie können stolz und zufrieden sein, das hat Seine Majestät nirgends geäußert.

Am nächsten Tage ließ mir der Statthalter sagen, dass ihm der Kaiser gesagt hätte, dass er sehr bedaure, nicht zuallererst in den Unterrichtspavillon gegangen zu sein und dass ich das allen Ausstellern mitteilen und auch in den Tagesblättern veröffentlichen lassen könne. Der Grazer Lehrerverein hat mich in seiner vor 8 Tagen abgehaltenen Plenarversammlung für die durch die ausgezeichnete Führung des Kaisers im Unterrichtspavillon den steiermärkischen Lehrern gewordene Anerkennung zu seinem Ehrenmitgliede ernannt.

Während Gautsch in Graz war, ließ ich durch den mir sehr befreundeten Schulinspektor Rošeck zu meinen Gunsten auf ihn wirken.

Mein Kundschafter schreibt mir nun de dato 14. Oktober 1890 folgendes: Ein Hofrat, welcher im Ministerium Vertrauen und Einfluss besitze, äußerte sich ihm gegenüber: Es sei nicht ausgemacht, dass Exner oder Exner allein, ernannt werde, vielmehr sei Rolletts Ernennung in ernster Erwägung, der Name Herings sei aber im Ministerium nicht genannt worden.

Ich ließ auch auf Hofrat Rittner (Pole), der nächstens im Unterrichtsministerium zum Sektionschef befördert werden soll und der ein Antipode des Grafen Enzenberg ist, einwirken. Über diesen Versuch fehlt mir noch jede Nachricht.

Jetzt noch eine mir auch von meinem Kundschafter mitgeteilte Äußerung des Hofrats Albert. Der Letztere glaubt, dass Exner sicher ernannt werden wird. Wenn eine 2. Lehrkanzel errrichtet würde, so könne das nur für Rollett sein, denn gegen Hering sich zu wehren, seien die Fakultätsmitglieder einig.

Und nun die schlechten Chancen. Hering hat viele Leute in Wien, die für ihn arbeiten. Dahin gehören: Toldt, Kahler und der undankbare und mir gegenüber wegen seines Taxenschachers ein schlechtes Gewissen besitzende Ebner und dessen niederträchtige Frau, die von Enzenberg unterstützt werden.

Diese Bande und natürlich Exner mit seinem Anhange, arbeiten fortwährend gegen mich. Dagegen brauchte ich das, worum ich Dich eingangs gebeten habe. Lang hat mich besucht. Er sagte, man solle doch etwas tun. Es würden gewiss 2 Lehrkanzeln errichtet. Der Physiologe hätte 900 Rigorosen gehabt, das sei für einen doch zuviel. Ich schwieg zu allem, ich bin von Misstrauen erfüllt, sage nur meinen Vertrauten etwas. Lang machte mir den Eindruck, als ob er herausbringen wollte, ob ich agitiere. Ich kann mir nicht in die Karten sehen lassen.

Lebe wohl, schreibe mir bald, ob Du etwas tun kannst, jetzt wäre Zeit, Dein

Alexander

L.1890 *R.1583

1890 X 20, Wien

Lieber Bruder!

Aus Deinem Briefe habe ich den Eindruck bekommen, dass doch die günstigen Chancen für die Wiener Ernennung überwiegen. Ich werde bei nächster Gelegenheit den Erzherzog direkt um die Gnade bitten, in Deiner Angelegenheit mit Gautsch zu sprechen. Der Erzherzog verweilt dermalen noch in Reichenau und wird wohl noch mehrere Wochen dort bleiben. Er kommt aber ab und zu für ein paar Tage nach Wien. Da ich schon ziemlich lange nicht gerufen wurde, so hoffe ich, dass dies bald wieder einmal geschehen dürfte.

Ich gratuliere Dir zu dem glänzenden Erfolg der Unterrichtsausstellung. Die Rolle, die Du da spieltest, und der Verkehr mit dem Kaiser und dem Unterrichtsminister sind gewiss für Deine Wiener Aspirationen von hohem Wert.

Du sagst gar nichts über Dein körperliches Befinden! Ich hoffe, dass es wieder ganz befriedigend ist und dass der heftige Bronchialkatarrh sich wieder gelegt hat. Uns geht’s Gott sei Dank auch leidlich gut. Mit herzlichen Küssen und Grüßen an Dich, Rosa und die Kinder, Dein

Emil

L.1891 *R.1584

1890 XI 26, Graz

Euer Hochwohlgeboren!

Antwortlich auf das sehr Geschätzte vorvorigen Monats begrüße ich auf das Wärmste das so schätzenswerte Beginnen, den für unser Land, für unsere Landwirte so wichtigen Obstbau mit fördern zu wollen.

Unbestreitbar als das beste Mittel, dem Obstbau die verdiente Würdigung zu verschaffen, gilt das praktische Beispiel, die praktische Demonstration. Da nun dies im besagten Falle aber nicht ausführbar, unterschreibe [ich] daher sehr und ganz die Publikation gut und praktisch geschriebener Artikel. Als wirklich vorzüglich redigierte Fachzeitschriften, aus welchen Abhandlungen mit Vorteil entnommen werden könnten, erlaube [ich] mir folgende zu empfehlen:

  1. Der praktische Obstbaumzüchter, A. Jungs Verlag, Stuttgart, Hauptstädterstraße 76
  2. Der praktische Obstzüchter, Organ des Landesobstbauvereines für Niederösterreich, Wien I, Herrengasse 13
  3. Die Weinlaube, Administration in Klosterneuburg bei Wien und endlich
  4. Die Tiroler landwirtschaftlichen Blätter, St. Michele a. d. Etsch, sowie die heimischen
  5. Landwirtschaftlichen Mitteilungen, Organ der k .k. Steiermärkischen Landwirtschaftsgesellschaft, Graz, Stempfergasse 3.

Sollte Auswahl passender Artikel von Fall zu Fall nötig sein, so stelle [ich] mich mit Freuden zur Verfügung.

Was endlich meinerseitige Leistung betrifft, wie gewünscht, so fühle [ich] mich sehr geehrt und hiezu verpflichtet. Erlaube mir aber gleichwohl in ergebener Weise einstweilen auf meine Aufsätze in den Landwirtschaftlichen Mitteilungen heurigen Jahres aufmerksam zu machen, die enger gruppiert (welche Änderung ich sehr gerne vornehmen werde) sich samt Zeichnungen zum Abdrucke empfehlen dürfte. Für weiterhin bin ich mit Vergnügen bereit, mich jeder gewünschten Aufgabe zu unterziehen.

Für das mich sehr ehrende Vertrauen sage besten Dank und bitte schließlich noch um einige aufklärende Zeilen.

Genehmigen gütigst die Versicherung vollkommenster Hochachtung, Euer Hochwohlgeboren ergebenster

C. Größbauer [...]
Grottenhof-Graz.

Die so späte Erwiderung Ihrer gesch[ätzten] Zuschrift resultiert aus längerer Abwesenheit von Grottenhof.

Lieber Bruder!

Gestern endlich, nach einem bisher noch nicht dagewesenen Intervall von ein paar Monaten, bin ich wieder zum Erzherzog gekommen. Ich habe die Gelegenheit benützt, um in Deiner Angelegenheit meine Bitte vorzubringen. Der Erzherzog hörte mich gnädig an und versprach, baldigst mit dem Unterrichtsminister zu sprechen. Er ging zum Schreibtisch und machte sich eine Notiz, um, wie er sagte, ja nicht zu vergessen. Er sagte auch: „Ich kenne ja Ihren Bruder von Graz her. Der […] ist zu ängstlich, er will nach keiner Seite anstoßen und so geht nichts vorwärts.“ Ferner bemerkte der Erzherzog: Der Unterrichtsminister ist gesetzlich verpflichtet, das Professorenkollegium zu fragen, er kann aber doch tun, was er will. Man weiß ja, welches Cliquenwesen im Professorenkollegium herrscht etc. Er fand es auch gerechtfertigt, dass die jüngeren Kräfte erst in die Provinzstädte gehen und ältere Leute, die sich bewährt haben, in die Hauptstadt zurückkehren. Ich habe dem Erzherzog auch Mitteilung gemacht über Deinen Verkehr mit dem Kaiser bei Gelegenheit der Ausstellung. Dies wollte ich Dir baldigst über meinen Schritt beim Erzherzog zu wissen machen. Bei Lang war ich unlängst zu Tisch geladen. Es wurde aber von der bewussten Angelegenheit kein Wort gesprochen. Auch sonst erfuhr ich gar nichts.

Nun wünsche ich Dir und den Deinen recht fröhliche und vergnügte Weihnachten und grüße und küsse Dich, Rosa und die Kinder auf das herzlichste, Dein

Emil

L.1893 *R.1585

1890 XII 30, Innsbruck

Hochverehrter Herr Professor!

Nehmen Sie, bitte ich, meine herzlichen und ergebenen Wünsche für Ihr und Ihres ganzen Hauses Wohl im neuen Jahre gütig an.

Vor allem wünsche ich, dass Ihre rüstige Natur, hochverehrter Herr Regierungsrat, nachdem die schwere Krankheit überstanden ist, auch alle anderen Anfechtungen glücklich überwinden möge.

Mit Freude denke ich an die Stunden zurück, die ich im September bei Ihnen zubringen durfte. Seitdem ist die dort berührte Angelegenheit insoferne weitergerückt als mein Kollege Borysiekiewicz seinen Freund Madeyski[-Poray], der überhaupt einflussreich sein soll, zur Beeinflussung des Hofrates Rittner heranzog. Sobald mir über das Ergebnis der Aktion etwas bekannt wird, werde ich mir erlauben, darüber Bericht zu erstatten.

Meine damalige Nachricht über Albert habe ich insoferne richtigzustellen, als derselbe von der Einmütigkeit seiner Partei, das ist der Majorität des Kollegiums, sprach.

Gestatten Sie, hochverehrter Herr Professor, zum Schlusse die Bitte, Ihrer verehrten Frau Gemahlin meine ergebenen Handküsse und meine herzlichen Glückwünsche entrichten zu wollen.

Mit dem Ausdrucke verehrungsvoller Hochachtung, Herrn Professor in Dankbarkeit treu ergebener

Dr. G. Pommer

L.1894 *R.1586

1890 XII 30, Graz

Lieber Bruder!

Vor allem meinen herzlichsten Glückwunsch zum neuen Jahre. Und gleich dazu meinen herzlichsten Dank für Deine Schritte beim Erzherzoge – wenn es nur nützen wird. Diese Wiener Frage ist ja entsetzlich. Durch 3 Jahre lebe ich nun schon wie auf die Folter gespannt und ich bin manchmal sehr melancholisch. Warum ist alles gegen mich: Lehrer, Schüler und ehemalige Kollegen, ich weiß es nicht! Brücke hat sich infam benommen, Ebner noch infamer, infam auch Krafft und Zuckerkandl. Infam auch Billroth, der sein wohlbeleibtes Urgermanentum in der Gesellschaft jüdischer Mäzene selbst belächelt und nachgerade zur Wiener Modezelebrität wird, auf welche man überall tritt, wie auf den Maulwurf im Hamlet.

Stünden mir nicht hundertfältige Anerkennungen zur Verfügung, ich müsste an mir selber verzweifeln. Das Letztere tue ich nicht. Ich habe der Akademie im November den 3. Teil meiner großen Muskel-Arbeit eingesendet: „Über Kontraktion und Doppelbrechung der quergestreiften Muskelfaser“ und glaube, dass die Leute daraus Dinge erfahren werden, welche gewiss Beachtung finden werden. Außerdem habe ich eine Arbeit des Assistenten Dr. Zoth: „Über Beugungsspektren der Muskel“ übersendet.

Heute oder morgen sende ich an Pflügers Archiv eine Abhandlung über „Subjektive Farben“. Du siehst, dass ich jetzt, wo ich arbeitsfähig bin, auch wieder fleißig arbeite.

Seit Oktober bis kurz vor Weihnachten wurde mir eine große Freude zuteil. Prof. Setschenow war während dieser Zeit in meinem Laboratorium. Er sieht prächtig aus, fast gar nicht gealtert. Er ist pensioniert, weil er 25 Jahre Professor ist nach russischem Gesetze; er lehrt aber als Professor Emeritus an der Universität Moskau, wieder nach russischem Gesetze. Er hat geheiratet. Seine Frau hat ein Gut an der Wolga, dort lebt sie jetzt auch während seiner Abwesenheit im Auslande. Die Ehe ist kinderlos aber sehr glücklich, wie er mit sagte. Setschenow ist sehr liebenswürdig, er war oft bei uns, erkundigte sich auch viel nach Dir und erzählte mir gar vieles von Botkin, Beckers, Golubew etc. etc.

Im Laboratorium beschäftigte er sich mit den Strommessschwankungen im verlängerten Mark mittels des Kapillarelektrometers. Er beteiligte sich lebhaft an meinen Versuchen über subjektive Farben. Kurz vor Weihnachten ging er über München nach Paris und von da kehrt er über Bonn, Berlin und Königsberg nach Russland zurück. Er will im Auslande sehen und lernen. Von meinem Laboratorium war er sehr befriedigt. Vor seiner Abreise verehrte er Rosa die große teure Goethe-Ausgabe von Düntzer mit den prachtvollen Illustrationen.

Ich habe also eine angenehme Zeit seit dem Herbst verbracht, nur mit den verdammten Katarrhen bin ich immer geplagt. Ich kämpfe noch den Kampf ums Gleichgewicht. Jetzt ist mir wieder ganz wohl und alles gratuliert mir zu meinem guten Aussehen. Ich fühle mich nun auch wirklich wieder nach und nach als der alte Mensch. Hat lange genug gedauert.

Um wieder auf Wien zurückzukommen. Dort hat doch eine verruchte Fälscherbande ihren Sitz. Früher einmal hörte ich, dass ich in Graz versumpft sei. Jetzt höre ich, dass im Krankenhause und beim Riedhof über mich unter den jungen Ärzten die Parole ausgegeben sei, dass ich in Graz verbauert wäre, darum könnte ich nicht nach Wien berufen werden, denn dort müsste sich ein Professor der Physiologie auch in anständiger Gesellschaft bewegen können.

Das ist doch arg! Ich pflege mich in Graz in sehr anständiger Gesellschaft zu bewegen und bin noch nicht in Konflikt mit dem Knigge gekommen.

Graf Meran, Feldzeugmeister Kuhn, der Landeshauptmann Graf Wurmbrand, der Oberlandesgerichtspräsident von Waser, die mir alle ganz außergewöhnlich freundlich gesinnt sind, würden mich nicht bei jeder Gelegenheit ganz auszeichnend behandeln, wenn ich verbauert wäre, wie ein alter Landpfarrer.

Es ist doch ein Jammer! Mir scheint aber immer, die Herren in Wien verleumden mich, weil sie die Witterung haben, dass ich, wenn ich nach Wien käme, wahrscheinlich dort auch in der Gesellschaft bald ein Ansehen gewinnen würde, welches von vielen mit Eifersucht angesehen würde.

Vielleicht bilde ich mir damit etwas zu viel ein. Mag sein, mag aber auch nicht sein. Wenn ich die Kränkung, welche mir die Wiener zugedacht haben, einstecken muss, werde ich fortfahren, in Graz ersprießlich zu wirken und mein Schicksal hinnehmen, aber das Bitterste an der Sache wird für mich immer der Triumph der Lügner sein.

Nun habe ich viel mit Dir geplaudert, wenn ich nur einmal in die Lage käme, mich zu verteidigen, aber das ist das Fatale, dass ich hier und die andern in Wien sitzen. Dein

Alexander