Briefe 1877

Die untenstehende Briefliste ist mit Klick auf die jeweiligen Kategorien sortierbar. Absender und Empfänger werden nach Familiennamen sortiert.

Die mit * markierten Briefnummern entstammen der ersten Version dieser Edition, in welcher Briefe bis zum Jahre 1880 erschlossen wurden. Briefe ohne alte Numerierung und mit einer Datierung vor 1880 wurden nachträglich eingefügt.

KennungMarker KennungAbsenderMarker AbsenderEmpfängerMarker EmpfängerDatumMarker DatumOrtMarker Ort
L.922A. ChodinAlexander Rollett[v.1877] III 8Paris
L.923A. ChodinAlexander Rollett[v.1877] IV 9Graz
L.924A. ChodinAlexander Rollett[v.1877] IV 13[Graz]
L.925A. ChodinAlexander Rollett[1877-1878] X 28St. Petersburg
L.926 *R.774Emil RollettAlexander Rollett1877 I 15Wien
L.927 *R.775Wilhelm KühneAlexander Rollett1877 I 22Heidelberg
L.928 *R.776Karl TomaschekAlexander Rollett1877 I 26Wien
L.929 *R.777Viktor von LangAlexander Rollett1877 II 8Wien
L.930 *R.778Wilhelm KühneAlexander Rollett1877 II 15Heidelberg
L.931 *R.779Georg AppunAlexander Rollett1877 III 11Hanau
L.932 *R.780Alexander RollettEmil Rollett1877 III 15Graz
L.933 *R.781Emil RollettAlexander Rollett1877 III 16Wien
L.934 *R.782Alexander RollettEmil Rollett1877 III 21Graz
L.935 *R.783Leopold von PebalAlexander Rollett1877 III 26Graz
L.936 *R.784Emil RollettAlexander Rollett1877 III 27Genua
L.937 *R.785Alexander RollettEmil Rollett1877 III 29Wien
L.938 *R.786Oskar Emil MeyerAlexander Rollett1877 III 29Breslau
L.939 *R.787Leopold von PebalAlexander Rollett1877 III 31Graz
L.940 *R.788Alexander RollettEmil Rollett1877 IV 1Wien
L.941 *R.789Georg AppunAlexander Rollett1877 IV 3Hanau
L.942 *R.790Leopold von PebalAlexander Rollett1877 IV 4Graz
L.943 *R.791Rudolf KlemensiewiczAlexander Rollett1877 IV 8Graz
L.944 *R.792Viktor von LangAlexander Rollett1877 IV 11Wien
L.945 *R.793Rudolf KlemensiewiczAlexander Rollett1877 IV 15Triest
L.946 *R.794Alexander RollettEmil Rollett1877 IV 15Wien
L.947Alexander RollettAuguste von Denhardt1877 IV 18Graz
L.948 *R.795Rudolf KlemensiewiczAlexander Rollett1877 IV 20Triest
L.949 *R.796Wilhelm KühneAlexander Rollett1877 IV 20Heidelberg
L.950 *R.797August ArnsteinAlexander Rollett1877 IV 22Kasan
L.951 *R.798Emil RollettAlexander Rollett1877 IV 25Wien
L.952 *R.799Wilhelm KühneAlexander Rollett1877 V 2Heidelberg
L.953 *R.800Wilhelm KühneAlexander Rollett1877 V 3Heidelberg
L.954 *R.801Viktor von LangAlexander Rollett1877 V 16Wien
L.955Emil RollettAlexander Rollett1877 V 17Meran
L.956 *R.802Georg AppunAlexander Rollett1877 VI 1Hanau
L.957 *R.803Alexander RollettEmil Rollett1877 VI 14Graz
L.958 *R.804Viktor von LangAlexander Rollett1877 VI 20Wien
L.959 *R.805[Gustav] LottAlexander Rollett1877 VI 20Wien
L.960 *R.806Richard HeschlAlexander Rollett1877 VI 24Wien
L.961 *R.807Ludimar HermannAlexander Rollett1877 VI 25Unterstraß
L.962 *R.808Georg AppunAlexander Rollett1877 VI 27Hanau
L.963 *R.809Vitus GraberAlexander Rollett1877 VI 27Czernowitz
L.964 *R.810Alexander RollettEmil Rollett1877 VI 27Graz
L.965 *R.811Emil RollettAlexander Rollett1877 VI 29Wien
L.966 *R.812Max von VintschgauAlexander Rollett1877 VI 29Innsbruck
L.967 *R.813Gian Paolo VlacovichAlexander Rollett1877 VII 4Padua
L.968 *R.814Johann LatschenbergerAlexander Rollett1877 VII 6Freiburg
L.969 *R.815Gustav LottAlexander Rollett1877 VII 7Wien
L.970 *R.816Gustav LottAlexander Rollett1877 VII 10Wien
L.971 *R.817Viktor von LangAlexander Rollett1877 VII 26Wien
L.972 *R.818Alexander RollettEmil Rollett1877 VIII 4Baden
L.973 *R.819Emil RollettAlexander Rollett1877 VIII 23Hamburg
L.974 *R.820Rudolf KlemensiewiczAlexander Rollett1877 VIII 23Pörtschach
L.975 *R.821Alexander RollettEmil Rollett1877 VIII 25Baden
L.976 *R.822Leopold von PebalAlexander Rollett1877 VIII 27Bad Fusch
L.977 *R.823Emil RollettAlexander Rollett1877 VIII 28Kopenhagen
L.978 *R.824Otto DraschAlexander Rollett1877 VIII 29Aflenz
L.979 *R.825Alexander RollettEmil Rollett1877 VIII 30Wien
L.980 *R.826Emil RollettAlexander Rollett1877 IX 1Kopenhagen
L.981 *R.827Alexander RollettEmil Rollett1877 IX 4Baden
L.982 *R.828Otto DraschAlexander Rollett1877 IX 8Aflenz
L.983 *R.829Alexander RollettEmil Rollett1877 IX 9Baden
L.984 *R.830Ludimar HermannAlexander Rollett1877 IX 25Zürich
L.985 *R.831Alexander RollettEmil Rollett1877 X 8Graz
L.986 *R.833Emil RollettAlexander Rollett1877 X 16Wien
L.987 *R.834Viktor von LangAlexander Rollett1877 X 16Wien
L.988 *R.835Viktor von EbnerAlexander Rollett1877 X 17Tübingen
L.989 *R.836Alexander RollettEmil Rollett1877 X 21Graz
L.990 *R.837H. AdamsAlexander Rollett1877 X 24Niederdrees Rheinbach Bonn
L.991 *R.838Wilhelm KühneAlexander Rollett1877 XI 1Heidelberg
L.992Viktor von LangAlexander Rollett1877 XI 1Wien
L.993 *R.839Viktor von EbnerAlexander Rollett1877 XI 4Tübingen
L.994 *R.840Viktor von LangAlexander Rollett1877 XI 6Wien
L.995 *R.841Wilhelm KühneAlexander Rollett1877 XI 7Heidelberg
L.996 *R.842Viktor von LangAlexander Rollett1877 XI 13Wien
L.997 *R.843Viktor von LangAlexander Rollett1877 XI 15Wien
L.998 *R.844Viktor von EbnerAlexander Rollett1877 XI 19Tübingen
L.999 *R.845Alexander RollettEmil Rollett1877 XI 22Graz
L.1000 *R.846Emil RollettAlexander Rollett1877 XI 24Wien
L.1001 *R.847Wilhelm KühneAlexander Rollett1877 XII 3Heidelberg
L.1002 *R.848Alexander RollettEmil Rollett1877 XII 22Graz
L.1003Rudolf HeidenhainAlexander Rollett1877 XII 26Breslau
L.1004 *R.849Viktor von EbnerAlexander Rollett1877 XII 26Tübingen
L.1005 *R.850Vitus GraberAlexander Rollett1877 XII 30Czernowitz
L.1006Rudolf KlemensiewiczAlexander Rollett[1877] XII 31Wien

[v.1877] III 8, Paris

Geehrtester Herr Professor!

Ich erlaube mir, mich an Ihnen anzuwenden mit einer ergebenster Bitte. Die Sache ist die: ich will einige Zeit (vom Ende März bis Juni) mich mit der Physiologie des Auges beschäftigen und daher bitte ich Sie, Herr Professor, mir mitzuteilen, ob ich bei Ihnen mich während dieser Zeit beschäftigen kann. Ich ersuche Sie, Herr Professor, mir schnell als möglich zu schreiben, da ich beabsichtige, sehr bald Paris zu verlassen. Ich hoffe, dass Sie meine Bitte nicht zurückweisen werden, womit Sie sehr verbinden werden Ihren hochachtungsvollen und ergebensten

Dr. A. Chodin aus Russland
Adresse: Paris, Rue Champollion 15
Dr. A. Hodine

Anmerkung Zur Datierung: 1877 ist eine auf Rolletts Veranlassung gearbeitete wissenschaftliche Arbeit Chodins erschienen.

[v.1877] IV 9, Graz

Hochgeehrtester Herr Professor!

Jetzt befinde ich mich in Graz und erlaube ich mir, Sie zu fragen – wann Sie nach Graz zurückkommen können, ich bitte Sie, Herr Professor, mir zu antworten, womit Sie mich sehr verbinden werden.

Ihr hochachtungsvoll und ergebenster

Dr. A. Chodin III. Elisabethstrasse 39ª

Anmerkung Zur Datierung: 1877 ist eine auf Rolletts Veranlassung gearbeitete wissenschaftliche Arbeit Chodins erschienen.

[v.1877] IV 13, [Graz]

Geehrtester Herr Professor!

Ich danke Ihnen sehr für Ihren Brief und eile mich, Ihnen mitzuteilen, dass ich die bestimmte Thema eigentlich nicht habe und wünschte, dass Sie mir irgend welche vorgeschlagen haben, am besten experimentale, nur wenig oder gar nicht mikroskopische und auch nicht über die Farbenphysiologie, da ich mit ihr schon beschäftigt habe. Ich bitte Sie, Herr Professor, wenn es möglich ist, mir einige Themas mitzuteilen, welche Sie für interessant und die Auflösung fördernder halten, ich würde aus ihnen irgend eine wählen. Vielleicht werden Sie so gut sein, mir noch darüber zu schreiben; übrigens verlasse ich auf Ihren Wahl.

In Erwartung Ihrer gütigen Antwort Ihr hochachtungsvoll

Dr. A. Chodin
Elisabethstrasse 39a

Anmerkung Zur Datierung: 1877 ist eine auf Rolletts Veranlassung gearbeitete wissenschaftliche Arbeit Chodins erschienen.

[1877-1878] X 28, St. Petersburg

Geehrtester Herr Professor!

Vorgestern habe ich die Separatabdrücke bekommen (zu viele!), wofür ich Ihnen meinen besten Dank bringe und auch für die Mühe, welche Sie sich gegeben haben bei der Umarbeitung meiner Arbeit.

Ihr hochachtungsvoll und ergebenster

Dr. A. Chodin

Anmerkung Zur Datierung: 1877 ist eine auf Rolletts Veranlassung gearbeitete wissenschaftliche Arbeit Chodins erschienen; um deren Separata könnte es sich hier handeln.

L.926 *R.774

1877 I 15, Wien

Lieber Bruder!

Gestern war ich bei Lang zum Diner geladen. Es wurde der neue Hofrat Tomaschek gefeiert. Außer dem Gefeierten war noch Schenkl, Hartel, Lieben und Hofsekretär Wolf [?] zugegen. Tomaschek scheint der neue Titel sehr große Freude zu machen. Er äußerte mir gegenüber sein Befremden, dass er von Dir als von seinem Freunde gar keine, wenn auch nur scherzhafte Äußerung, aus Anlass seiner Würdenverleihung erhalten habe. Überhaupt habe er schon sehr lange nichts von Dir gehört und sei auch sein letzter Brief an Dich noch unerwidert. Über Deine Heirat äußerte er sich sehr erfreut und zustimmend. Das wollte ich Dir mitteilen zur etwaigen Berücksichtigung.

Unlängst bat mich Doz[ent] Dr. Fleischmann, seinen Namen bei Dir zu empfehlen, da er wegen Besetzung der Pädiatrischen Klinik in Konkurrenz treten will.

Dem Richard übersende ich durch Ernst die versprochene Summe. Gebe der Himmel, dass es ihm gelingt, sich eine glückliche Existenz zu gründen.

Wie geht es Dir und Rosa? Wir befinden uns ziemlich wohl, auch Hermine, die noch immer bei mir verweilt, hat ihren Husten ziemlich verloren und sieht ziemlich gut aus. Meine herzlichen Grüße an Dich und Rosa Dein Dich liebender Bruder

Emil

Anmerkung Auf der Rückseite mit Bleistift von unbekannter Hand:

Planer ist Kandidat, wieder eine Jesuiterei.

L.927 *R.775

1877 I 22, Heidelberg

Lieber Freund!

Wenn ich mich recht erinnere habe ich mal gehört, daß Sie vor langer Zeit die Beobachtung machten, eine belichtete (oder gereizte? oder absterbende?) Retina reagiere sauer, während eine ruhende alkalisch reagiere. Gelesen habe ich darüber einmal etwas und ich halte es auch für recht gut möglich, dass Sie von Ihren vielen feinen Beobachtungen auch diese noch im Kasten liegen haben. Wenn mich die Erinnerung nicht täuscht, haben Sie wohl die Freundlichkeit, mir mit einigen Zeilen zu sagen, was an der Sache ist oder war, eventuell mir einige publikationsfähigen Zeilen zu geben, im Falle Sie selbst nicht Gelegenheit haben, Ihren Fund auf den Markt zu bringen.

Da ich Sie für einen Leser des Zentralblattes halte, erzähle ich Ihnen nur kurz, dass ich vollkommen detaillierte Bilder im Sehpurpur auf der Netzhaut erhalten habe, die vom Auge selbst entworfen waren. – Heute bin ich schon so weit, dass ich alle Vorbereitungen getroffen habe, um mich an die Aufnahme eines natürlich mit der Lupe zu betrachtenden Portraits [?]zu machen – wer hätte vor Bolls Entdeckung daran denken können?

Mit freundschaftlichem Gruße Ihr treu ergebener

W. Kühne

L.928 *R.776

1877 I 26, Wien

Herzlichen Dank, lieber Freund, für Deine Gratulation und die wohltuenden guten Worte, die Du damit verbindest. Aufrichtig gestanden, obwohl ich nicht zweifelte, dass soweit die Sache erfreulich ist, mir Deine Sympathie nicht fehlen kann, so dachte ich doch wiederholt beim Glückwunschschreiben manches Freundes, wenn ich doch auch von Dir aus diesem Anlass einen Brief bekäme und als neulich Schenkl mich darüber befragte, war es mir ganz unbehaglich, ‚nein’ sagen zu müssen. Doppelt freue ich mich nun über Deine lieben Zeilen.

Die Titelverleihung kam mir wenigstens gegenwärtig ganz überraschend. Vor mehreren Jahren bereits, so wusste ich wohl, war von einer Auszeichnung für mich bei Gelegenheit von Arbeiten, die ich als Gymnasialreferent betreffend übernehmen sollte, die Rede; aber meine Arbeiten blieben ohne Erfolg und ich hatte guten Grund anzunehmen, der Antrag auf eine Auszeichnung sei ad kalendas graecas verschoben. Da wurde die Sache, ohne dass ich selbst die Veranlassung bisher näher erfahren hätte, auf einmal flott. So ließ ich mirs denn gefallen und machte dabei die Erfahrung, wie sehr sich bei mir Ehrgeiz und Eitelkeit, von denen ich früher keineswegs frei gewesen, abgestumpft haben, da mir die Sache imm[ens] gleichgültig, ja fast wertlos erscheint, und uns die Freude an dem Anteil zurückgeblieben ist, der mir bei dieser Gelegenheit von mancher lieben Seite ausgedrückt ward.

Mit innigem Vergnügen las ich in Deinem Briefe die Worte über Dein häusliches Glück und Deine Zufriedenheit. Neidlos, aber nicht ohne trübe Reflexionen über mich selbst, versetzte ich mich oft schon in Deine neue Lage, Deine mahnenden Worte bei unserer Begegnung in den Ferien fielen mir wiederholt ein – aber mit mir bleibt es schon beim alten. Ein Surrogat für das Glück ehelichen Hausstandes werde ich mir jetzt dadurch verschaffen, dass ich meine neue Wohnung (auf demselben Flur wie jene Schenkls), die ich im nächsten April beziehe, nett und behaglich ein- und herrichten lasse und auch sonst für Bequemlichkeit z.B. durch konstante Bedienung sorgen werde. Sorge und Plage wird mich die Sache vorher freilich kosten.

Zu Schenkls komme ich regelmäßig einen Abend die Woche und da wird dann in gemütlichem Geplauder häufig Deiner und der lieben Grazer gedacht. Neulich traf ich bei Langs Deinen so lieben und werten Bruder Emil, was mir die dort zugebrachten angenehmen Stunden umso freudiger machte.

Ich habe die Hände voll Arbeit und Beschäftigung, doch bin ich sehr emsig, vielleicht mit größerer Anstrengung, als ich meiner Gesundheit wegen sollte; aber man hat mir so viele […]tarische Pflichten aufgebürdet, dass ich nur mit Mühe mir die Augenblicke absparen kann, die ich meinen eigenen literarischen Arbeiten widme, welche unter diesen Umständen leider einen langsamen Fortgang nehmen; und doch würden mir diese allein volle Befriedigung gewähren.

Die Mißstände an Eurer Fakultät, von denen Du Erwähnung tust, waren auch mir peinlich. Da möchte man doch gleich zu den maßgebenden Leuten laufen, um sie von ihrer Blindheit zu kurieren! Aber ich fürchte, es würde wenig nützen, habe ich doch die Erfahrung, mich an so manchen faulen Seiten unseres Unterrichtswesens, namentlich hinsichtlich der Gymnasialzustände, abgearbeitet zu haben und abzuarbeiten, ohne das Bessere an die Stelle bringen zu können!

Viele freundliche Empfehlungen an Deine Gemahlin! Mit herzlichen Grüßen, Dein treuer

Karl Tomaschek

L.929 *R.777

1877 II 8, Wien

Anmerkung Telegramm

Meine neueren Mitteilungen beruhen auf einem Irrtum. Die alten Differenzen sind schon gut.

Lang

L.930 *R.778

1877 II 15, Heidelberg

Lieber Freund!

Wenn es Ihnen angenehm ist, mache ich von Ihren Angaben über die Reaktion des Opticus und der Retina Gebrauch, falls ich dieselben bestätigen kann. Sie wundern sich vielleicht, daß ich die einfachen Versuche, die Sie angeben, noch nicht wiederholte. Aber mein Material ging immer zu anderen Versuchen hin. Sollte es sich als konstant herausstellen, daß Belichtung die Netzhaut sauer macht, so wäre das doch eine kapitale Tatsache. Falls Sie übrigens Lust haben, dieselbe weiter zu verfolgen, bitte ich es mir mit einigen Zeilen zu sagen. Dann stehe ich davon ab.

Mit der herzlichsten Freude höre ich, daß Sie verheiratet sind. Nehmen Sie meine besten Glückwünsche dazu entgegen. Sie kommen von einem, der es weiß, daß des Lebens Frieden und das echte Glück nirgends als in der Ehe zu finden sind.

Möchten Ihnen nur angenehme lokale Verhältnisse in Graz erblühen. Ich habe bereits nach Kräften dafür gesorgt, daß man "im Reiche" wisse, Sie würden keine Schmerzen empfinden, wenn man Sie von dem jetztige Aufenthalte fortlocke.

Für heute noch eine Frage: Können Sie mir sagen, wie es sich an der zoologischen Station in Triest arbeitet? Ich weiß gar nicht, ob ich jemals die Zeit finde, dort zu arbeiten, aber ich möchte sehr gerne einmal die motorische Platte von Torpedomuskel untersuchen. In Neapel soll das Arbeiten auf der Station nicht sehr angenehm sein, und da ich außerdem nur ohne Frau und Kind reise, so scheint mir Triest überdies geeigneter. Einige Notizen über Triest, ob teuer, ob gesund, welche Monate die gesündesten und für das Material die geeignetsten sind, würden mich zu lebhaftem Danke verbinden.

Sollten indes Sie, der Sie ja doch vorhaben, die Muskelnerven in Angriff zu nehmen, nicht in Graz die Torpedomuskeln bearbeiten können? Dann würde ich mich der Sache für überhoben ansehen.

Ich meine, es wäre besonders der von Trinchese entdeckten Scheide der Platte (mit Kernen), ferner die angeblichen Bollschen Stiftchen (nach B[oll] identisch mit den Granulis der „Plattensohle“) und das Vorkommen geschlossener Netze (wobei ja nicht zwei Primitivnervenfasern zusammen zu fließen brauchen) zu beachten, Da Sie dieser Frage unbefangener als ich gegenüberstehen, könnte ich mich nur freuen, wenn Sie dieselben bearbeiteten.

Herzlichst wie immer, Ihr

W. Kühne

L.931 *R.779

1877 III 11, Hanau

Hochgeehrter Herr!

Sie erhalten jedenfalls mit diesem Schreiben zugleich die gewünschten Apparate, die mit großer Sorgfalt ausgeführt sind und sich Ihres ganzen Beifalls erfreuen werden. Ebenso erhalten Sie eine kleine Abhandlung, die ich vor Jahren geschrieben, in welcher der Obertöneapparat nebst einigen anderen von mir konstruierten Apparaten beschrieben sind, und will hier nur einiges dazu noch bemerken.

Läßt man auf dem Obertöneapparat die Nummern 4 und 6 (4. und 6. Oberton des Grundklangs C~=32 Schwingungen) zusammen erklingen, so hört man den Differenzton 6–4=2 sehr deutlich mitklingen, insbesondere, wenn man das Ohr auf die Oberplatte des Apparates (Regulator) gelinde drückend auflegt. Aber man hört noch einen mitklingenden höheren Ton, und zwar einen Ton, welcher weder Oberton vom ersten noch vom zweiten Primärton sein kann. Es ist dies der Ton Nr. 10. (Hierbei darf man das Ohr nicht auf die Oberplatte legen.)

Nach einiger Übung im Beobachten hört man diesen sogenannten Helmholtzschen Summationston 10 (4+6=10) ganz deutlich auch ohne Anwendung des Resonators 10, und merkwürdigerweise klingt dieser sogenannte Summationston entgegen des Helmholtzschen Ausspruchs bedeutend stärker als der Differenzton =2. Wie ist nun die physikalische Entstehung dieser sogenannten Summation zu erklären? Ganz einfach so: Diese Zungentöne (Klänge) sind mit zahlreichen Obertönen begleitet, insbesondere der erste, zweite und dritte Oberton ganz besonders stark hörbar. Es bildet der Differenzton 6–4=2 wieder einen Differenzton mit dem ersten Oberton des zweiten Primärtons (=6). Der erste Oberton desselben ist der Ton 12. Dieses Verhältnis 2:2 gibt den Differenzton höherer Ordnung 12–2=10. Hieraus ergibt sich, dass der Ausdruck „Summationston“ ein unrichtiger sein muss. Es sind diese Helmholtzschen Summationstöne nichts anders als Differenztöne höherer Ordnung.

Über eine neue Art Kombinationstöne erlaube ich mir, Ihnen in Bälde Mitteilung in einer Druckschrift zu machen. Ich erlaube mir, Sie noch darauf aufmerksam zu machen, daß Ihrem Obertöneapparat noch ein Ton (E), das erste Ventil (Knöpfchen) hinzugefügt ist, der aber nicht zu den Obertönen dieses Apparates gehört, sondern den Zweck hat, als Terz zu C (Nr. 2 des Apparates) bei Kombination von Durakkorden in verschiedener Tonlage bezüglich des verschiedenen Grades des Wohlklangs, gebraucht werden zu können; z. B.

Die Namen der Töne des Apparates heißen:

Marker

Es ist dies der C-Durakkord (10stimmig). Nun vergleiche man den verschiedenen Grad des Wohlklangs, wenn z.B. der Durakkord

Marker

in der eingestrichenen = in der kleinen = in der großen Oktave erklingt. Sie werden die Erklärung hierüber selbst finden. (Auch hierüber wird mein künftiges Schriftchen Vollständigeres enthalten, sowie über das Zusammenschmelzen der Schwebungen zu Differenztönen, und will einstweilen folgendes mitteilen. Die beiden großen Gedackpfeifen werden, jede erst einzeln in den Ton 2 des Obertöneapparates gestimmt, dies gibt den Ton C = 64 Schwingungen. Sind beide Pfeifen genau unisono gestimmt und man läßt beide zu gleicher Zeit ertönen, so erhält man vortreffliche Interferenz. Bei dieser Stimmung stehen die Spunde nahezu an dem oberen Ende der Pfeifen. Schiebt man nun einen der Spunde der einen Pfeife nach und nach in die Pfeife, so hört man gewaltige Stöße (Schwebungen) und nachdem dieser Spund etwa um den dritten Teil der Pfeifenlänge eingeschoben wurde, sodaß diese Pfeife dann genau mit dem Ton G Nr. 3 des Obertöneapparates übereinstimmt, so hören auf einmal diese Schwebungen auf und es erscheint ein sehr tiefer und ganz schön klingender Differenzton 3-2=1, nämlich C-2 = 32 Schwingungen, Nr. 1 des Obertöneapparates.

Man ersieht hieraus, daß eine gewisse Anzahl, vom Ohre nicht mehr zählbare Schwebungen (etwa wie hier von 32) sehr gut zu einem Differenzton zusammenschmilzt und von sehr guter musikalischer (physiologischer) Wirkung ist. Lassen Sie beispielsweise den so erhaltenen Differenzton C in Verbindung der Nummern 2:3:4:5:6:8:10:12:16 zu gleicher Zeit erklingen, dann werden Sie hören, wie sich der Differenzton der beiden Labialpfeifen Geltung zu verschaffen sucht. Mittels dieser Pfeifen laßt sich eine große Anzahl von verschieden tiefen Differenztönen erzeugen.

Ich wünsche, daß Ihnen diese Apparate recht viel Freude machen möchten. Mit besonderer Hochachtung empfiehlt Ihrer gütigen Protektion Ihr ganz ergebener

Georg Appun

L.932 *R.780

1877 III 15, Graz

Lieber Bruder!

Ein Semester reich an Kämpfen mit Niedertracht und Tücke neigt [sich] seinem Ende zu. Dass mit dem Ende des Stremayrschen Regimentes, welches doch hoffentlich nicht lange mehr auf den österreichischen Universitäten lasten wird, der Abgang Heschls, Körners und Clars zusammenfiel, hat mich in die Hände der Herrn Schauenstein und Planer (par nobile fratrum) geliefert; was ich, Ebner und Klemensiewicz an Gemeinheit und Brutalität erfahren haben während dieses letzten Semesters, ist gewiss nicht weniger als Euch Politikern von Euren scheußlichsten Gegnern angetan wurde.

Ich könnte jetzt so ruhig und zufrieden leben, aber die Fakultätskämpfe rauben mir wieder alle Ruhe. In schlaflosen Nächten, aufgerieben von Zorn und Ekel, wälze ich mich oft und verliere am nächsten Tag die Zeit, die ich mit Arbeiten so nützlich ausfüllen könnte, mit stummem Hinbrüten über die unglaublichen Dinge, die da passieren. Die arme Rosa und auch die gute Bertha, die sonst mit mir so lustig und heiter gestimmt sind, wissen von solchen Schauertagen zu erzählen.

Ganz ebenso wie mir geht es Ebner und Klemensiewicz, ja ich muss sogar, hauptsächlich dieser beiden vortrefflichen Leute wegen, ganz vorzüglich die berührten Kämpfe durchmachen. Mir können die Lumpenkerle direkt wenig antun, aber Ebner und Klemensiewicz müssen herhalten, an ihnen lässt die Bande, welche mit Eifersucht auf wissenschaftliche Tätigkeit und auf alles, was Schule heißt, sieht, ihren ganzen Zorn aus. In Graz soll man nichts Wissenschaftliches produzieren, dann ist man der Mann der Fakultät, sonst ist man allen ein Dorn im Auge. Wir arbeiten aber und sind darum die Opfer, da von oben eine so ungeheure Demoralisation der Fakultäten gefördert wird. Doch ich könnte Bogen anfüllen mit Klagen, ziehe es aber vor, das mündlich zu tun. Ich muss zu Ostern nach Wien und Ebner kommt auch; wir werden nun einmal das Ministerium persönlich, so weit es uns möglich ist, bearbeiten. Du wirst dann von uns beiden Vieles hören. Ich muss aber nun eine Frage und Bitte an Dich richten, welche Du mir ganz unumwunden beantworten mögest; ich möchte, wenn ich nach Wien gehe, Rosa mitnehmen, und um nun zu wissen, ob ich das tun kann, frage ich Dich, ob Du, da wir Euch ja erst jüngst so lange belästigten, uns auch jetzt aufnehmen wirst und kannst. Du könntest ja selbst oder Auguste könnte für Ostern Pläne haben, die das nicht möglich machten. Ich bitte Dich also, ganz offen zu sein.

Bertha kehrt übermorgen zurück, sie wird Dich noch früher sehen und Dir auch diesen meinen Wunsch vorbringen.

Richard ist bis jetzt zufrieden. Er hat bei mir zwei Wechsel hinterlegt. Einen auf 10.000 fl, den anderen auf 8.500 fl lautend, welche mich in jedem Moment, wo ihn ein Unglück treffen sollte, was Gott verhüten möge, in den Stand setzen, sofort das ganze Warenlager mit Beschlag zu belegen. Es ist das die einzige Sicherheit, die er Euch bieten konnte. Näheres auch mündlich.

Unter allen Kämpfen und Mühen habe ich doch zwei kleine Arbeiten fertiggebracht, eine für die Akademie über die Newtonschen Farben, eine über das Verhalten des Blutes zu Kalilauge für die Schriften des ärztlichen Vereines hier.

Heute oder morgen schließe ich meine Vorlesungen. Lebe wohl, grüße Auguste und antworte bald Deinem Dich liebenden

Alexander

L.933 *R.781

1877 III 16, Wien

Lieber Bruder!

Es freut mich, Dich und Rosa bald wieder bei mir zu sehen und beherbergen zu können. Ich bedaure Deine Aufregungen und Kämpfe umso mehr, als ich aus eigener Erfahrung nur zu gut weiß, wie einem seine ganze Existenz verleidet und verbittert wird. Es gibt Menschen, die durch ihre physischen Qualitäten ganz im Sinne Darwins tagtäglich dokumentieren nicht bloß, dass sie von Affen oder Hirschen abstammen, sondern von Wölfen und Hyänen, und mit solchen Leuten soll man friedlich leben und verkehren. Unmöglich – wenn jemand eine psychische Deszendenzlehre aufstellen wollte, er müsste finden, dass alle bestialischen Qualitäten in größter Vollendung im Menschen wohnen. Doch genug davon. Wir werden uns ja bald hierüber die schönsten Sachen erzählen.

Komme also recht bald mit Deiner lieben Rosa nach Wien und bleib recht lange bei uns. Mit vielen Grüßen von mir und Auguste an Dich und Rosa, Dein treuer Bruder

Emil

L.934 *R.782

1877 III 21, Graz

Lieber Bruder!

Ich werde morgen, den 22., um 11:00 Uhr, mit dem Posteilzuge von hier nach Wien reisen. Rosa und ich freuen uns über Dein liebes Schreiben und machen von Deiner Liebenswürdigkeit und Gastfreundschaft Gebrauch.

Um 19:00 Uhr werden wir uns sehen. Bis dahin herzliche Grüße an Dich und Gusti von Eurem

Alexander

L.935 *R.783

1877 III 26, Graz

Lieber Freund!

Herr Prof. Roesler, welcher seit einigen Tagen hier weilt, hat mich mit der Nachricht alarmiert, dass Dr. Chrobak schwer erkrankt sei, so dass an die Fortführung seiner ärztlichen Praxis nicht gedacht werden könne. Du kannst Dir denken, dass meine Frau, welche in kurzer Zeit nach Wien gehen wollte, in Verzweiflung ist. Ich habe vorigen Freitag an Chrobak selbst geschrieben, aber noch keine Antwort erhalten. Sollte die Nachricht wahr sein, und Chrobak, wie es heißt, Wien verlassen haben, so bekomme ich gar keine Antwort. Was sollen wir aber dann tun? Die Zeit drängt zur Entscheidung, erstens, weil wir leicht den günstigen Zeitpunkt versäumen, und zweitens, weil uns ein Dienstbotenwechsel bevorsteht und die Disposition meiner Frau davon abhinge, ob sie noch nach Wien reisen kann oder hier bleiben muss. Ich bitte daher Dich und Deinen Bruder, uns abermals mit Eurem Rat beizustehen und möglichst bald zu schreiben, da wir uns binnen 8 Tagen um eine neue Köchin umsehen müssen, wenn meine Frau hierbleibt, während wir sonst gar keinen Dienstboten aufnehmen, um nicht wieder einen solchen in Abwesenheit meiner Frau durch Nichtbeschäftigung zu demoralisieren.

Von der Grazer Jesuitenfakultät weiß ich gar nichts zu berichten.

Grüße alle Deine Angehörigen und Lang von Deinem

L. Pebal

L.936 *R.784

1877 III 27, Genua

Lieber Bruder!

Wir sind heute in den ersten Nachmittagsstunden glücklich in Genua eingetroffen, nachdem wir die Nacht in Mailand verweilten. Das Wetter ist mäßig schön, auf der Reise war viel Regen und auch jetzt droht es wieder zu regnen. Die Erzherzogin ist von Skarlatina und diphtheritischer Angina erkrankt. Die stürmischen Erscheinungen haben etwas nachgelassen. Der Himmel gebe, dass die Erkrankung einen günstigen Verlauf nimmt. Wie lange ich hier verweilen werde, weiß ich vorläufig noch gar nicht zu sagen. Jedenfalls werde ich bald wieder schreiben. Grüße mit Gusti und Rosa vielmals. Dein Dich liebender Bruder

Emil

L.937 *R.785

1877 III 29, Wien

Lieber Bruder!

Wir danken Dir alle herzlich für Deinen Brief, welchen ich heute erhalten habe.

Aus dem Bulletin in der Wiener Zeitung erfuhren wir schon zu unserem Bedauern, dass Ihre Erlauchte Hoheit an einem Scharlach erkrankt ist und dass Du lange dort aufgehalten sein wirst und viele Sorgen durchzumachen haben wirst. Gebe Gott, dass die Krankheit sich bald zum besseren wendet.

Handtuch, Joralli, Petrovic und Schmid vom Trattnerhof wollten Dich, es war aber nirgends dringend, außer bei Schmid, und Gusti sagt, das weißt Du ohnehin. Von Perger in Baden ist ein Geldbrief eingelangt und, wie Mutter an Gusti mitteilte, eine Entschuldigung, dass so lange vergessen wurde.

Nun zu den Bulletins, um Gustis (mein) Telegramm von heute zu rechtfertigen. Ich war gestern im Auftrage Pebals bei Chrobak und da fiel es mir auf, und Gusti, die bei Götzl war, brachte einen ähnlichen Eindruck mit, dass es ein ungebührliches Aufsehen macht, dass die Bulletins in der Wiener Zeitung von keinem Arzte unterschrieben sind.

Ich rechnete darauf, dass mein Telegramm an Dich Dir diesen Sachverhalt klarmachen wird und dass Du diplomatisch genug bist, um davon Gebrauch zu machen, wenn Du es für angezeigt halten solltest, oder es beiseite zu legen, wenn Dir nicht damit gedient ist. Aus der Entfernung sieht sich manches ganz anders an als in der Nähe.

Nun will ich Dir aber wortgetreu das Bulletin mitteilen, welches heute in der Wiener Zeitung steht, es lautet: „Zweites Bulletin über das Befinden ihrer k.u.k. Hoheit, der Frau Erzherzogin Marie Theresie. Das Fieber wie gestern, die Halsentzündung vermindert, während eines Teiles der Nacht Schlaf. Wien, 28. März 1877“, ohne Unterschrift, darüber wird nun geredet. Ich glaube, Du solltest darauf drängen, dass Deine Unterschrift beigesetzt wird. Eine telegraphische Weisung dieser Art kann leicht hierher gelangen. Wenn Du Dich so aus Deinem Wiener Beruf herausreißt und Dich einer beschwerlichen und kummervollen Behandlung einer hohen Patientin widmest, so wird es Dir doch leicht sein, das zu verlangen. Vielleicht ist es ohnedies nur ein Versehen, aber die Herren Widerhofer etc. würden später gewiss über Dein stilles Wirken bei Hofe lachen, und Du hättest, ohne etwas für Dich gewonnen zu haben, noch den Spott dieser Leute. Meine Ansicht glaubte ich Dir mitteilen zu sollen, im Übrigen wirst Du ja am besten allen Umständen Rechnung tragend zu handeln wissen.

Ich war nun bei Schultz, Heider und Stremayr. Der Minister war sehr freundlich, und ich habe nun keinen Zweifel mehr, dass Ebner und Klemensiewicz auf meine Empfehlung hin ihre Wünsche erfüllt sehen werden.

Herzliche Grüße von Gusti, Rosa und mir, Dein Dich liebender

Alexander

L.938 *R.786

1877 III 29, Breslau

Verehrtester Kollege.

Durch Freund Pebal habe ich Ihnen zwar schon meinen und meiner Frau herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Vermählung aussprechen lassen; und dazu ist es schon so lange her, dass ich nur unter Hinzufügung der Bitte, die Verspätung zu entschuldigen, Ihnen noch gratulieren darf. Dennoch will ich es nicht unterlassen, Ihnen heute, wo ich eine andere Veranlassung, Ihnen zu schreiben habe, auch direkt unsere Freude darüber auszusprechen, dass auch Sie endlich als richtig erkannt haben, was schon seit den Tagen der Schöpfung unzweifelhaft feststeht; dazu füge ich den Wunsch, dass Sie in Ihrem Ehestande stets damit zufrieden sein mögen, mit Ihren bisherigen Grundsätzen gebrochen zu haben.

Ich habe gehört, dass Sie sich eine besondere Hochzeitsfackel aufgesteckt haben. Nach dieser möchte ich mich bei Ihnen näher erkundigen. Ich meine, das elektrische Licht Ihres Instituts, das vermutlich an Ihrem Hochzeitstage gestrahlt haben wird. Doch um verständig zu reden, Sie haben von Herrn Sigmund [?] Epstein in Wien eine Grammesche magnet-elektrische Maschine zur Erzeugung elektrischen Lichtes bezogen. So schreibt mir Epstein, indem er sich auf Ihr Zeugnis beruft. Ich möchte Sie bitten, mir zu schreiben, wie Sie mit der Maschine zufrieden sind, sowohl in Betreff ihrer Lichtwirkung, als auch in Fällen, in denen es sich um schwächere Ströme handelt; namentlich wüsste ich gerne, ob die Ströme wirklich ziemlich konstant sind.

Ich bitte Sie ferner, mir auch den für die Maschine gezahlten Preis in österreichischer Währung angeben zu wollen. Epstein fordert 1200 Mark. Nun habe ich bereits mehrfach die Erfahrung gemacht, dass die österreichischen Kaufleute bei Lieferungen ins Deutsche Reich ganz einfach den Guldenschein gleich 2 Mark rechnen; ich möchte mich nicht dieser Prellerei aussetzen. Zu Deutschland gibt es, wie ich glaube, keinen anderen Kommissionär der französischen Fabrik, welche sich wohl nicht auf Direktlieferung einlassen wird.

Wenn Sie so freundlich sein wollen, mich über diese Fragen zu belehren, so dürfen Sie auf meinen besten Dank rechnen.

Meine Frau sendet Ihnen mit mir freundlichen Gruß, Ihr

O. E. Meyer

L.939 *R.787

1877 III 31, Graz

Lieber Freund!

Schönsten Dank für Deine Bemühungen zu Chrobak und für Deine Nachrichten. Die mysteriösen Andeutungen hatten mich sehr geängstigt. Dass die Sache mit dem neuen Institut zusammenhängen müsse, dachte ich wohl. Auf einen Kampf um dasselbe war ich übrigens schon lange gefasst. Wir haben die Absicht, Mittwoch mit dem 11:00 Uhr-Zug nach Wien zu fahren. Hoffentlich treffe ich Dich noch dort; denn ganz unvorbereitet möchte ich nicht ins Ministerium gehen.

Einstweilen herzliche Grüße von mir und meiner Frau an Dich und die Deinige ebenso an Deine übrigen Angehörigen von Deinem getreuen

L. Pebal

L.940 *R.788

1877 IV 1, Wien

Liebster Bruder!

Heute ist Dein Brief an Auguste hier eingelangt und wir alle sind Dir für die neue Nachricht sehr dankbar. Meinen letzten Brief wirst Du erst gestern erhalten haben. Du kannst gar nicht glauben, wie sehr wir alle davon befriedigt sind, dass nun schon zwei von Dir unterzeichnete Bulletins vorliegen. Dieselben tragen die fortlaufenden Nummern vom 1. an. Das 2. aus der Reihe habe ich Dir wörtlich mitgeteilt. Das 5. oder 6. (ich erinnere mich im Moment nicht genau) trägt Deine Unterschrift, es ist am Samstag, dem 30. März, im Morgenblatt der Wiener Zeitung enthalten. In der Abendpost desselben Tages ist wieder das 7. (?) ohne Datum und Unterschrift. Endlich heute (1. April) das 8. (?) wieder mit Deiner Unterschrift. Hätte ich heute wieder ein ununterschriebenes gefunden, dann hätte ich Dich wieder telegraphisch benachrichtigt, denn ich war in Aufregung darüber, weil ich glaubte, dass man vielleicht hier in Wien Intrigen gegen Dich angezettelt hat, darauf abzielend, Dich um die Eindrücke, welche Deine Berufung nach Genua auf das Publikum machen, zu betrügen.

Ich bin glücklich, dass ich durch das heute erschienene Deine Signatur tragende Bulletin darüber beruhigt sein kann. Es war mir peinlich, Dich mit solchen Nachrichten, wie sie mein Telegramm und mein erster Brief enthielten, zu belästigen, da Du ja ohnehin so viele Sorgen haben wirst, andererseits meinte ich aber wieder, eine Pflicht gegen Dich zu vernachlässigen, wenn ich Dir nicht mitgeteilt hätte, was ich hier erfahren habe. Also nichts für ungut.

Dass ich Recht hatte, nicht ganz zu schweigen, bestätigte eine Äußerung Adelens, welche gestern hierher kam und sagte, dass Stefanie Schmid bei ihr war und sich äußerte: Ja, warum sind denn die Bulletins nicht von Emil unterschrieben, der wird ja behandelt wie ein Barbier!

Ich war froh, dass ich schon gehandelt hatte, als ich das erfuhr, und bin froh, dass nun alles anders urteilt. Neues weiß ich sonst nicht viel. Wittelshöfer hat wieder einen kleinen Ausfall gegen die Polikliniker gewagt, indem er mitteilt, dass bei den jüngsten Neuwahlen der Gesellschaft der Ärzte und des Doktoren-Kollegiums die Polikliniker fallen gelassen wurden. Schnitzler entgegnet heute, dass im Doktoren-Kollegium unter den 8 auszulosenden Ausschussmitgliedern sich nur 1 Polikliniker befand: Urbantschitsch, und dieser trotz seiner Erklärung, eine Wahl nicht anzunehmen, doch wieder gewählt wurde.

In der Gesellschaft der Ärzte sei Auspitz allerdings nicht zum Sekretär gewählt worden, das komme aber auf Rechnung des überhaupt beliebten Wechsels der Funktionäre, wie auch z.B. Wahrmann nicht mehr zum Bibliothekar gewählt worden sei.

Nun wünsche ich Dir noch, dass Du bald außer Sorge seiest, und grüße Dich herzlichst in meinem, Rosas, Gustis, Adelens und Schurz Namen, Dein

Alexander

L.941 *R.789

1877 IV 3, Hanau

Hochgeehrter Herr!

Ich hatte vergessen, Ihre Frage zu beantworten, warum nur 9 Resonatoren? Weil die drei tiefsten (1, 2, 3) zu groß und die höheren zu klein würden, sodaß die Verstärkung durch dieselben fast unmerklich würde. Auch wäre es mir sehr erwünscht, zu wissen, ob die Apparate richtig und ohne Schaden zu nehmen angekommen sind. Sodann würden Sie mich sehr verbinden, wenn Sie mir gefälligst mitteilen wollten, ob Sie die von mir bemerkten Resultate ebenfalls gefunden haben. Kann der Herr Professor der Physik nichts von meinen Apparaten gebrauchen? Hochachtungsvoll Ihr ganz ergebener

Georg Appun

L.942 *R.790

1877 IV 4, Graz

Lieber Freund!

Wir fahren heute mit dem Eilzug nach Wien. Morgen früh suche ich Dich auf. Bleibe also zu Hause, wenn es Dir möglich ist.

Mit herzlichem Gruß, Dein

Pebal

Hochgeehrter Herr Professor!

Die Abdrücke Ihres Aufsatzes für den Verein der Ärzte, welche ich heute erhalten habe, sende ich gleichzeitig mit diesem Briefe an Ihre Adresse ab. Die Korrekturen bitte ich unter: „Herr Vogl, Leiter der Druckerei Leykam-Josefsthal, Stempfergasse“ nach Graz senden zu wollen.

Leider wird der Druck meiner eigenen Arbeit erst bis morgen oder Dienstag fertig; da ich nun um das Erscheinen der „Mitteilungen“ nicht noch länger zu verzögern, die Korrektur dieser meiner Arbeiten auch hier machen möchte, so habe ich die Abreise nach Triest vorläufig auf Dienstag, den 10. dieses Monats, festgestellt. Allerdings wird dadurch wahrscheinlich mein Aufenthalt in Triest sich bis auf den 20. oder 22. April ausdehnen müssen. Ein Fall, für den ich Herrn Professor noch speziell um gütige Erlaubnis ersuche.

Ich habe die Absicht, Herrn Professor die korrigierte Arbeit von mir zuzusenden mit der Bitte, dieselbe zu beurteilen, und allfällige Bemängelungen derselben mir mit der Arbeit nach Triest zu senden. Von dort aus kann ich sie dann immer noch nach Graz senden zum Druck. Nur für den Fall, als Herr Professor eine 2. Korrektur wünschen (was wegen des Mangels des Tafeldruckes vielleicht nötig sein könnte), so bitte ich, dies dem Herrn Vogl durch ein paar Worte mitzuteilen, welcher über alles genau instruiert ist. Herrn Linhart hatte ich leider noch nicht die Gelegenheit zu sprechen, doch wird Wendl, wie er mir sagte, schon dafür Sorge tragen, dass Herr Professor von der Einladung zur Sitzung rechtzeitig in Kenntnis gesetzt werden. Übrigens werde ich morgen auf jeden Fall Linhart aufsuchen. Ich beeilte mich jetzt nicht, da Herr Professor Planer krank ist und eine Sitzung nicht sobald ausgeschrieben werden dürfte. In der Hoffnung, dass Sie und Ihre geehrte Frau Gemahlin sich wohl befinden, zeichne ich mit Hochachtung, Ihr dankschuldiger

Klemensiewicz

Adresse: Triest K.K. zoologische Station via San Andre!

L.944 *R.792

1877 IV 11, Wien

Anmerkung Brief Ditscheiners an Viktor von Lang:

Lieber Freund!

Ich sende Dir beiliegend das Gewünschte und bitte Dich, dasselbe Rollett zu senden. Vielleicht ist er auch so freundlich, mir die Formel zu bezeichnen, welche– von mir aufgestellt – seinen Versuchen nicht entspricht.

Meine Schwiegermutter ist heute früh, 5:00 Uhr, endlich von ihrem schweren Leiden erlöst worden.

Mit bestem Gruß Ditscheiner

Anmerkung Lang an Rollett:

Dies schrieb mir Ditscheiner. Vielleicht könntest Du ihm über das Gefragte Auskunft geben. Lebe recht wohl

Lang

L.945 *R.793

1877 IV 15, Triest

Verehrtester Herr Professor!

Mit den Resultaten meines hiesigen Aufenthaltes bin ich bisher so ziemlich zufrieden. Ich habe einige Vergiftungserscheinungen mit Amylnitrit und auch einige primitive Schnittversuche am Zentralorgan von Tintenfischen gemacht.

Mein Hauptwunsch geht nun dahin, Embryonen in verschiedenen Entwicklungsstadien zu sammeln. Bis heute habe ich von zwei Funden vielleicht 15 Eier von Sepiola gesammelt. Die Embryonen des einen Fundes waren schon völlig entwickelt, die des anderen zwar auch schon in beginnender Entwicklung, aber es scheint nicht mehr als die erste Anlage des Blastodermes vorhanden zu sein. Dieser Umstand hat aber in mir die Hoffnung erregt, jetzt die Zwischenstadien auch noch erhalten zu können. Es wäre dies für mich der Chromatophoren halber sehr wichtig, da die einen, noch als Blastodermscheibe entwickelten Embryonen, gar keine Spur der Chromatophoren, die anderen aber schon ein völlig entwickeltes System solcher Zellen besitzen.

Es handelt sich für mich eben nur darum, wie lange Herr Professor so gut waren, mir Urlaub zu gestatten. Ich werde von Ihrer Güte gewiss keinen unbescheidenen Gebrauch machen und frage mich daher in diesem Briefe ganz einfach an, wann Herr Professor die Vorlesungen beginnen.

Sollte ich genötigt sein, länger als bis zum 20. dieses Monats, also bis Freitag, Urlaub zu nehmen, so werde ich noch im Verlaufe der kommenden Woche so frei sein, einige Zeilen an Sie zu richten.

Das Unbescheidene meiner Forderungen sehr wohl erkennend, bitte ich Sie, verehrtester Herr Professor, deshalb vielmals um Entschuldigung und verweise auf den misslichen Umstand, dass gerade nur jetzt die Entwicklungsformen der Tintenfische, und zwar nur einige Gattungen zu erhalten sind. – Ferner ist jetzt in der Frühjahrsperiode der Reichtum an anderen Tierformen ein so großartig reicher, dass ich diese Gelegenheit benützte, Präparate aller Art einzulegen, um dann in Graz Gelegenheit zu haben, auch einiges andere als die Chromatophore zu untersuchen.

Gleichzeitig mit diesem Briefe schreibe ich einige Zeilen an Dr. Drasch, welchen ich um die Gefälligkeit ersuche, für den Fall, als ich bei den ersten Vorlesungen nicht in Graz anwesend sein sollte, alles statt meiner zu besorgen.

Ich bitte Sie, Herr Professor, nochmals um Verzeihung, dass ich genötigt bin, Ihre Güte so sehr in Anspruch zu nehmen, was, wie Sie überzeugt sein können, mir sozusagen ein peinliches Gefühl erregt; dies gerade auch zu einer Zeit, wo ich wegen Ihrer freundlichen Fürsorge für mich ohnehin schon Ihnen zu so großem Danke verpflichtet bin.

Ich zeichne mit dem Ausdrucke besonderster Hochachtung als ihr dankschuldiger Schüler

Dr. Klemensiewicz
k.k. zoolog[ische] Station via S. André

L.946 *R.794

1877 IV 15, Wien

Lieber Bruder!

Schon seit einigen Tagen befinden wir uns in der peinlichen Situation, dass wir nicht wissen, ob wir Dir noch schreiben sollen oder nicht, da wir immer glaubten, Du würdest selbst mit jedem nächsten Zuge eintreffen.

Ich muss morgen nach Graz zurück, werde Dir von dort aus schreiben, sobald ich höre, dass Du in Wien angekommen bist. Heute wage ich auf die Gefahr hin, dass der Brief retour geschickt werden muss, dieses Schreiben, vielleicht veranlasst Dich diese Anzeige auf der Rückreise in Graz Station zu machen, was uns unendlich freuen würde.

Haag und E. Scheidlin sind gestorben.

Auguste lässt Dich bitten, ihr zu schreiben, wann Du kommst, da sie sehr häufig gefragt wird, seit keine Bulletins mehr erscheinen und alle Welt glaubt, dass Du schon hier bist.

Vieles hätte ich Dir zu sagen und bedauere, dass ich Dich nicht mehr in Wien sehen kann, doch davon schreibe ich Dir später.

Uns allen geht es gut, alle grüßen Dich mit mir auf das herzlichste, Dein

Alexander

Liebe Auguste!

Wir danken Dir recht herzlich für Deinen Brief und sind froh, endlich wieder etwas Bestimmtes über Emil erfahren zu haben.

Wir sind glücklich hier angekommen und haben schon zwei Deiner Rezepte, nämlich das vom Kaiserbrot und das von den gebackenen Erdäpfelnudeln gegessen. Im Schnee stecken wir tief und das scheußliche Wetter will sich nicht ändern. Rosa setzt gerade den Hut mit dem Rebhühnerflügel auf.

Ernst geht heute mit dem Abendpostzug nach Baden zurück. Richard haben wir noch nicht gesehen, wir wissen aber durch Ernst, der eben hier ist, dass es ihm gut geht. Rosa lässt Dir sagen, dass Du ein Spitzbub bist, weil Du immer Anspielungen machst.

Vergiss nicht auf die Frau von Pebal. Bei Pebal war ich heute, und er sagte mir, dass seine Frau jetzt wahrscheinlich im Bette liegen wird. Die Mali hat sich sehr über ihre Korallen und das Portemonnaie gefreut.

Schreibe uns bald wieder, wenn Du von Emil etwas hörst, wir werden Dir sehr dankbar sein.

Für Deine vielen Freundlichkeiten in Wien herzlichst dankend und von Rosa Dir herzlichste Grüße bestellend, Dein

Alexander

Anmerkung Dieser Brief erliegt im Stadtarchiv Baden im dortigen Nachlass Alexander Rollett.

L.948 *R.795

1877 IV 20, Triest

Geehrtester Herr Professor!

Für Ihr freundliches Schreiben Ihnen herzlichst dankend, beeile ich mich, Ihnen hiemit mitzuteilen, dass ich meinen Aufenthalt hier möglichst abkürzen werde, um kommenden Montag in Graz sein zu können.

Es war gestern, den 19., ein schöner Tag. Drei Tage vorher aber heftige Bora, welche auch heute wieder zu wehen begann, obgleich nicht mit solcher Heftigkeit wie zu Beginn dieser Woche.

Solange nun Bora ist, steht es mit der Fischerei sehr übel und ich sehe mich vor die Alternative gestellt, entweder noch einige Zeit, möglicherweise auch unnötig, auf Embryonen von Tintenfischen zu warten oder aber abzureisen und mir die Embryonen nach Graz senden zu lassen. Ich habe nun, um nicht noch einige Tage der nächsten Woche erfolglos hier sitzen zu müssen, den letzteren Ausweg gewählt und werde nächsten Montag nach Graz zurückkehren.

Die Korrektur meiner Arbeit habe ich gleichzeitig mit der Korrespondenzkarte an Ihre Adresse abgesendet und hoffe, dass dieselbe schon lange in Ihren Händen ist. Sollte dieses jedoch nicht der Fall sein, so habe ich einen zweiten Abdruck und das Manuskript noch in Händen, um den Verlust nicht so arg zu verspüren.

Da Professor Claus aus Wien hier war und über Medusen arbeitete, so hatte ich Gelegenheit, in diesen Tieren ein recht interessantes Objekt physiologischer Untersuchungen kennenzulernen. Auch habe ich diejenige Zeit meines hiesigen Aufenthaltes, wo die Lieferungen an Tintenfischen ausblieben, und das geschah leider nur zu oft, dazu benutzt, um einige Versuche an verschiedenen hier sehr häufigen Medusen zu machen. Ich hoffe, auch später noch einmal Gelegenheit zu haben, Ihnen einige dieser Versuche in Graz an lebenden Exemplaren zeigen zu können. Es existieren schon einige Untersuchungen über das Nervensystem der Medusen, welche auch von Eimer schon in physiologischer Hinsicht untersucht wurde. Davon aber werde ich in Graz Gelegenheit haben, Ihnen zu erzählen.

Ich hoffe, dass Herr Professor sich vollkommen wohl befinden und danke Ihnen hiemit bestens für Ihre Güte, mit der Sie in die Verlängerung meines hiesigen Aufenthaltes willigten.

Indem ich bitte, mich Herrn Professors Frau bestens zu empfehlen, zeichne ich mit Hochachtung als Ihr dankschuldiger Schüler

R. Klemensiewicz

L.949 *R.796

1877 IV 20, Heidelberg

Lieber Freund!

Heute ist es an mir, Entschuldigungen wegen Schreibfaulheit vorzubringen, denn ich sehe, daß Ihr letzter Brief, worin Sie mir so freundlich und eingehend über Triest Aufschlüsse geben, vom 15. Februar stammt. Haben Sie Dank für Ihre Bemühung; leider hatte ich auch keine Zeit, ernstlicher an Torpedo zu gehen, der nach der Retina mich gerade in den Ferien ganz in Anspruch nahm. Indem ich gerade den letzten Bogen meiner größeren Publikation über die Retina korrigiere, finde ich mich gemahnt, Ihnen Nachricht über meine Reaktionsversuche zu geben. Ich habe die Froschnetzhaut nach Bespülen des Glaskörpers mit NaCl-Lösung immer alkalisch und nie durch Licht veränderlich gefunden. Da die Versuche mir also eigentlich nichts Wesentliches angaben, habe ich sie nur beiläufig angeführt, und, wie ich denke, auch in Ihrem Sinne gehandelt, indem ich Ihrer nicht gedachte. Sollte ich mich geirrt haben oder die Sache nicht so angefaßt, wie ich sollte, so müssen Sie mich verbessern, während ich natürlich nicht gegen Sie oder viel mehr Ihre mir anvertrauten Beobachtungen zu Felde ziehen konnte. Ich werde Ihnen danken, wenn Sie Ihre Zustimmung zu meinem Handeln mir zu erkennen geben.

Von meiner größeren Arbeit, die ich Ihnen wohl in 14 Tagen werde schicken können, bitte ich Sie, sich keine zu großen Erwartungen zu machen. Es ist ein bloßer Anfang, an dessen soliderer Durcharbeitung ich durch das regellose Warten auf gutes Sonnenlicht in der verzweiflungsvollsten Weise immer noch verhindert werde.

Mit erneuter Teilnahme hörte ich, daß Sie fortdauernd Ursache zur Unzufriedenheit in Graz haben. Möge der Tag der Erlösung für Sie und der Freude für uns, Sie ins Reich zu bekommen, nicht mehr fern sein.

In alter Freundschaft Ihr

W. Kühne

L.950 *R.797

1877 IV 22, Kasan

Hochgeehrter Herr Kollege!

Vor acht Tagen erhielt ich einen Brief von Flemming aus Kiel mit der Anfrage, ob und wo meine Haarnervenarbeit publiziert ist. Er interessiert sich dafür, weil ich ihm meine Präparate gelegentlich in Bad Rehme demonstriert habe, und sein Schüler Fischer naheliegende Objekte studiert. Ich schrieb ihm, daß ich an Sie die Bitte richten werde, ihm ein Exemplar der Separatabdrücke direkt aus Graz zuzuschicken. Sie würden mich sehr verpflichten, wenn Sie auch Boll, Waldeyer, Kölliker und Kollmann die Arbeit zuschicken wollten. Den Rest bitte ich für Graz und Kasan zu reservieren. Da ich bereits seit mehreren Wochen im Besitz der Ebnerschen Haararbeit bin, die im Juli der Akademie vorgelegt wurde, so hoffe ich, dass meine im September vorgelegte Arbeit bald erscheinen wird. Die Lektüre der Ebnerschen Arbeit war sehr belehrend, wofür ich ihm meinen besten Dank abstatte. Seit vierzehn Tagen sind wir mitten in Türkenkriegen und fanden, wie es scheint, ein Einvernehmen mit Österreich. Die schwierige Angelegenheit wird also zugunsten der Kultur und der Slaven entschieden werden. Der Krieg wird voraussichtlich nur kurze Zeit dauern. Auf Wiedersehen in Frieden Hochachtungsvoll Ihr

Arnstein

Anmerkung Das julianische Tagesdatum „4“ ist überschrieben und am ehesten mit – dem in Bezug auf „4“ irrigen – „22“ zu lesen

L.951 *R.798

1877 IV 25, Wien

Lieber Bruder!

Vorgestern Abend bin ich endlich wieder mit dem Triester Eilzug in Wien angelangt. Ich danke Dir noch für Dein letztes Schreiben nach Genua. Leider konnte ich, da ich schon so lange von Wien weg war, in Graz keinen Aufenthalt mehr nehmen. Ich nehme mir aber vor, bei nächster günstiger Gelegenheit von hier aus einen Ausflug nach Graz zu machen. Tags vor meiner Abreise aus Genua ist die Erzherzogin zum ersten Mal für kurze Zeit außer Bett gewesen. Damals waren noch immer im Harn beträchtliche Mengen von Epithelien aus den Harnkanälchen zugegen und der Abschuppungsprozess an der Haut noch nicht vorüber, weshalb ich auch noch für die nächsten paar Wochen die größten Vorsichtsmaßnahmen anordnen und zum Teil auch schriftlich hinterlassen musste. Die Erzherzogin hat mir in der Tat sehr große Sorgen verursacht. Ein Fieber von 41°, diphtheritische Angina, anfangs starke Albuminorie, in der zweiten Woche Exsudation in den Gelenken, vorübergehend heftiges Stechen in der linken Brustseite und perikardiales Reiben an der Herzbasis. Eine Reihe von Prozessen, von denen jeder für sich die größten Gefahren mit sich bringt. Dazu das Bewusstsein der alleinigen Verantwortung für alle Maßregeln und Anordnungen, allerlei Schwierigkeiten des Hotelaufenthaltes, die bei einem eventuell ungünstigen Ausgange drohende Nachrede der lieben Wiener Kollegen und vieles andere haben mir manche Stunde verkümmert. Nichts desto weniger war der Erzherzog in der Lage, sich bei meiner Verabschiedung in der verbindlichsten Weise auszusprechen, über meine große Ruhe und durchaus nicht alarmierendes Benehmen. Auf der Rückreise habe ich einen Tag in Mailand verbracht, um den Dom, die Galerie, die berühmte Cena Leonardo da Vincis und die Stadt nebst ein paar Kirchen zu besichtigen.

Nun lebe wohl, grüße vielmals Rosa und lasse bald etwas von Dir hören, Dein Dich liebender Bruder

Emil

L.952 *R.799

1877 V 2, Heidelberg

Lieber Freund!

Meine Publikation ist leider schon gedruckt und liegt zur Versendung bereit, so dass Sie dieselben auch baldigst bekommen werden, denn ich warte nur noch auf den Druck von wenigen Seiten zweier neuer Arbeiten, die dazugelegt werden sollen, um damit gemeinsam abzugehen. Ich habe die Reaktionsangelegenheit ziemlich nebensächlich behandelt und ausschließlich bei Fröschen untersucht. Ihr Resultat ist gewiss richtig, aber es wäre mir sehr erwünscht, wenn Sie meine Erfahrungen am Frosche bestätigen könnten. Es ist mir jetzt fatal, dass ich bei der Sache Ihrer nicht gedachte – aber was sollte ich machen? Ich bin jetzt mit der Retina in durchaus anderer Richtung beschäftigt, dass Sie nicht zu befürchten brauchen, ich könne Ihnen ins Gehege kommen. Eben habe ich veranlassen können, dass das Exemplar meiner Arbeit für Sie heute schon abgeht – lassen Sie bald wieder von sich hören. Ihr

W. Kühne

L.953 *R.800

1877 V 3, Heidelberg

Lieber Freund!

Da ich mich selbst nun nicht mehr mit der Reaktion der Netzhaut befasse, erlauben ich mir einen Gedanken gegen Sie zu äußern, der mir wegen der Differenz der Säuger- und der Froschnetzhaut aufgestiegen ist. Die Reaktion des Opticus, die ich überhaupt übergangen habe, lasse ich daher ganz aus dem Spiele. – Sollte nicht die saure Reaktion von dem vielleicht bei der Trennung von den Fr[…]en absterbenden Epithel herrühren und könnte das wohl ähnlich durch Anregung befördert werden wie beim Muskel. Es ist doch merkwürdig, dass beim Säuger (wenigstens bei Dunkeltieren) die Netzhaut ganz frisch so schwer vom Epithel zu trennen ist und nach einiger Zeit des Todes so leicht.

Es wäre mir sehr lieb, wenn Sie mir bald privatim sagen könnten, ob Sie meine Beobachtungen am Frosche bestätigt sehen. Dieselben sind übrigens auch noch durch im Leben (im Freien aber mit Sonne) ausgebleichten Froschnetzhäuten zu vervollkommnen. Mich hielt davon zunächst der Umstand ab, dass da so häufig das Ganze oder viel schwarzes Pigment mit der Netzhaut heraus kommt, besonders wenn man einige Zeit hinterher das Licht wieder ausgeschlossen hat. Publizieren Sie nur auch recht bald. Mit besten Grüßen Ihr

W. Kühne

L.954 *R.801

1877 V 16, Wien

Lieber Freund!

Umstehend Näherungswerte der Gipsbrechung. Ich hoffe, es ist das richtige Paar. Ich vermute nämlich, weiß es aber nicht gewiss, dass die Gipskeile mit einer Fläche parallel den Spaltungsflächen des Gipses sind. Ich habe nur so einen Keil in der Hand gehabt. Aber da ich alle drei Quotienten mit einem einzigen Prisma bestimme, so gibt es fürchterliche Rechnungen, die ich noch nicht beendet habe. Die angegebenen Zahlen sind daher noch nicht ganz exakt, doch dürften sie kaum in der vierten Dezimale unrichtig sein. Mit besten Grüßen und auf baldiges Wiedersehen Dein

Vikt. Lang

Marker

Anmerkung Telegramm

Passiere Samstag Vormittag Graz würde absteigen wenn Ihr zu Hause Drahtantwort nach Meran Villa Rothenstein

Emil

L.956 *R.802

1877 VI 1, Hanau

Hochgeehrter Herr!

Sie können mich wahrhaftig glücklich machen und aus großer Verlegenheit befreien, wenn es möglich wäre, daß Sie so gütig sein wollten, meine Rechnung von 640 Mark anzuweisen. Ich wäre Ihnen zu größtem Dank verpflichtet, wenn Sie diese Bitte außerdem nicht als Pression betrachten. Die augenblickliche Not zwingt hierzu.

Mit größter Hochachtung, Ihr ganz ergebenster

Georg Appun

Stimmen Ihre Resultate mit den meinigen? Bitte um gefällige Antwort.

L.957 *R.803

1877 VI 14, Graz

Lieber Bruder!

Es ist Dir kein Geheimnis mehr, dass ich und Rosa für den Fall, als uns ein Bub gelungen wäre, die Absicht hatten, Dich zu bitten, dass Du die Patenstelle bei ihm übernehmen mögest.

Als Neuling in solchen Dingen habe ich aber auch für den Fall eines Mädchens eine Patin in Aussicht genommen und Auguste darum ersucht.

Ich wusste nämlich nicht, dass ein Mann auch ein Mädchen aus der Taufe heben kann und erst Auguste selbst machte mich darauf aufmerksam, dass das geht.

Ich glaube, mich nun am besten aus der Affäre zu ziehen, wenn ich Euch beide bitte, uns die Freude zu machen, nach Graz zu kommen. Vielleicht spreche ich aber damit eine Bitte aus, die auf gewisse technische Schwierigkeiten stößt, insoferne es Dir nicht passt, dass ihr beide gleichzeitig vom Hause abwesend seid.

Für diesen Fall bitte ich Dich und Auguste, die Sache ganz nach Eurem Belieben abzumachen. Ich behalte mir dann vor, an den dermalen ablehnenden Teil bei der nächsten Gelegenheit eine neue Patenschaftsbitte zu richten. Um aber jetzt unser kleines Pamperl endlich einmal mit einem zivilisierten Namen ansprechen zu können, möchten wir es gerne bald taufen lassen und darum bitte ich Dich recht sehr, nach der Lösung der oben angeführten schwierigen Fragen, uns den Tag zu bestimmen, so dass ich hier alle Einleitungen treffen kann.

Darf ich in dieser Beziehung noch eine Bitte aussprechen, so wäre es die, dass Eure Wahl auf einen Samstag fiele, so dass wir diesen und den darauf folgenden Sonntag mit Ruhe und Behagen hier genießen könnten. Wäre die Wahl dieser Tage nicht möglich, dann ist mir auch jeder andere recht, nur würde ich dann einige Stunden für meine Vorlesung und meine Laboratoriumsarbeiten mich absentieren müssen. Der schlimmste Tag wäre ein Mittwoch, da ich an diesem Vor- und Nachmittag Vorlesung habe.

Das Wochenbett ist normal verlaufen. Rosa ist seit acht Tagen auf und kräftigt sich immer mehr. Eine wunde Brustwarze belästigt sie aber sehr. Das Pamperl hat, ein paar heiße Tage abgerechnet, wo es flüssige Stühle bekam, uns bisher auch noch keine Sorge um sein gutes Gedeihen gemacht. Valerie ist eine aufopfernde Kindspflegerin. Richard ist mit sich und Oskar zufrieden.

Wir alle grüßen Dich und Auguste. Da Rosa sich schon sehr um die Benennung ihrer Tochter sehnt, bitte ich recht inständig um baldige Antwort, Dein

Alexander

L.958 *R.804

1877 VI 20, Wien

Lieber Freund!

Endlich nach langwierigen Rechnungen bin ich im Stand, Dir etwas genauere Werte der Brechnungsquotienten bei den Gipsen zu schicken. Vide pagina 4.

Ich hoffe, daß es Dir und Familie recht gut geht, und rate Dir Deine Kleine nicht nach physiologischen Grundsätzen aufzuziehen, da in der Wissenschaft doch noch manches Dunkel, wie zum Beispiel die Brechungsquotienten des Gipses bisher.

Gedenkst Du in den Ferien von Graz fortzugehen? Mit besten Grüßen, Dein

Viktor Lang

Marker

L.959 *R.805

1877 VI 20, Wien

Verehrtester Herr Professor!

Verzeihen Sie, daß ich Ihnen in einer Angelegenheit lästig falle, die nur meine Person betrifft. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß Sie sich noch für mich insoweit interessieren, daß Sie meine Bitte verstehen!

Die Professur für Geburtshilfe und Gynäkologie in Innsbruck ist erledigt und ich möchte wohl Anstrengungen machen, dieselbe zu erhalten. Ich weiß nun freilich gar nicht, inwieweit Sie mit Innsbruck in Beziehung stehen und allein hievon kann es ja abhängen, ob es Ihnen gut möglich ist, in dieser Richtung für mich tätig zu sein.

Ich habe diesbezüglich auch an die Professoren Rembold und Ebner geschrieben. Ist es Ihnen also möglich, sowohl formal als meritorisch, so darf ich Sie wohl bitten, in meiner Sache zu wirken. Es wäre eine besondere Freundlichkeit, wenn Sie mir in wenigen Zeilen Bescheid geben wollten, was ich nach Ihrer Ansicht zu erwarten habe.

Gestatten Sie den Ausdruck meiner dankbaren Hochschätzung, mit der ich bleibe Ihr aufrichtig ergebener

Lott
Wien I., Bäckerstraße 7

L.960 *R.806

1877 VI 24, Wien

Lieber Freund!

Es ist mir recht leid, dass wir uns bei Deiner letzten anlässlich der Akademiesitzung stattgehabten Anwesenheit in Wien nicht gesehen haben; Du warst jedoch, wie mir Dein Bruder sagte, als Familienvater nicht in der Lage, Dich länger als absolut nötig in Wien zu bleiben [sic]. Die Gegenstände, worüber wir damals Ebners wegen konversierten, habe ich ausführlich zur Kenntnis S[einer] Exzellenz gebracht. Er machte sich in meiner Gegenwart einige Notizen darüber. Nachgefragt habe ich freilich nicht und auch so nichts darüber erfahren, was in der Angelegenheit geschah.

Am Freitag nach Eurer Sitzung war im Ministerium eine Sitzung über die Rigorosenordnung, bei welcher ich intervenierte, ebenso Langer und Hering, der Rokitansky etc. wie du wissen wirst. Augenblicklich ist noch keine Aussicht, dass was geändert wird: doch gutta cavat lapidem. Ich opponierte Hering und Langer lebhaft, und Hering kam ein paar Mal in die größte Verlegenheit, gewiss! So dass er etwas von seiner Fassung verlor und sich zu Äußerung verstieg, dass in Wien die Rigorosenordnung deshalb auf Schwierigkeiten stieße, weil sie in illoyaler Weise durchgeführt werde. Nun wurde der von mir gefasst und verarbeitet, so dass er den Ausdruck als nicht so gemeint und von ihm nicht beabsichtigt zurücknehmen musste und ich ihn dann – als Stremayr und Heider sich zurückgezogen hatten – in Gegenwart von Rokitansky, Schulz und Langer, als er sich nochmals entschuldigte, sagte dass eine solche Äußerung in Gegenwart eines Ministers eine Verdächtigung sei, welche nicht ausgesprochen werden dürfe, ohne dass er einen Beweis dafür vorbringen könne; dass er nicht einen Schatten eines solchen habe, auch dass es keinen gebe, und dass ich mir von niemandem eine solche Äußerung gefallen lassen würde. Schulz riss die Augen und den Mund auf und staunte! Hering brachte auch das Argument, dass von keiner anderen Fakultät außer der Wiener Klagen einliefen. Ich wusste damals leider noch nicht, dass in Graz erst ein Drittjähriger das I. Rigorosum abgelegt hatte; eine Aufforderung wird vom Ministerium nicht ergehen. Es müsste dies motu proprio geschehen, wenn Ihr was tun wollt.

Noch etwas habe ich zu berichten. Ich wurde gestern, ohne alle und jede Anstrengung meinerseits, vom Kollegium zum Dekan pro [18]77/78 gewählt: Stricker, Meynert und Anhang hatten Langer aufgestellt, und Stricker agitierte aus Leibeskräften gegen mich: ich sei wegen meiner Bekanntheit mit dem Unterrichtsminister nicht unabhängig! Der Hund, nachdem sie heuer mit aller Gewalt eine Feindschaft zwischen uns ausposaunt hatten! Als ob Stricker von mir oder sonst jemand etwas gegen die Überzeugung verlangen könnte! Dieses Volk samt Langer war aber wie vom Donner gerührt, als das Resultat verkündet und 8tägiges Schwitzen in der heißen Zeit umsonst war! Ich gestehe aufrichtig, dass ich selbst vollkommen überrascht und ganz unvorbereitet war. Es galt einer Bresche in diese Manichäer Clique [zu schlagen]. Im ersten Wahlgang hatte ich 12, Langer 9, Vogl 4, Seligmann 2 Stimmen, im zweiten ich 15, Langer 10 und Vogl 2 Stimmen. Vogl hatte eine Wiederwahl abgelehnt. Tausend Grüsse den Kollegen von Eurem allzeit bereitwilligen

Rich. Heschl

L.961 *R.807

1877 VI 25, Unterstraß

Hochverehrter Herr Kollege!

Auf Anregung hervorragender Fachgenossen hat die Vogelsche Buchhandlung in Leipzig die Herausgabe eines größeren, etwa dreibändigen, auf gemeinsamer Arbeit beruhenden Handbuchs der Physiologie sich zum Ziele gesetzt und mir die Redaktion angetragen. Nachdem ich das erste Mal (vor eineinhalb Jahren) abgelehnt, habe ich auf erneute Anfrage einen Versuch versprochen. Vorläufige Anfragen bei einer kleineren Anzahl von Kollegen haben großenteils Zusagen hervorgerufen, sodaß das jedenfalls zeitgemäße Unternehmen auch gesichert erscheint.

Die einzelnen Kapitel sollen von solchen Fachmännern, die sich besonders damit beschäftigt haben, in quellenmäßig durchgearbeiteter Darstellung, wo nötig mit Holzschnitten illustriert, von redaktioneller Einwirkung frei, so bearbeitet werden, daß das Werk den jetzigen Stand der Wissenschaft genau wiedergibt. Das Honorar für die Mitarbeiter beträgt (2000 Auflage) pro Bogen 75 Mark; Format das des Ziemssenschen Handbuchs der Pathologie, Lieferzeit des Manuskripts 1 Jahr nach Unterzeichnung des Kontrakts.

Ich erlaube mir nun, Sie zur gütigen Mitwirkung einzuladen, und Ihnen zunächst als Thema vorzuschlagen: Die Lehre vom Blute.

Etwaige andere Wünsche bitte ich Sie freundlichst mir mitteilen zu wollen. [Gestrichen: Ferner bitte ich Sie für den Fall der Zusage um eine ungefähre Schätzung des Umfanges des übernommenen Teiles.] Alles Weitere wird nach erfolgter Zusage mitgeteilt und vereinbart werden.

Um eine freundliche, baldige Antwort bittet Ihr freundschaftlichst ergebener

L. Hermann

Lieber Kollege! Zur Information teile ich Ihnen sub discrectione noch mit, dass bereits definitiv zugesagt haben Hensen, Fick, Funke, von früherher Engelmann, Exner, ferner so gut wie gewonnen sind Voit, Rosenthal, Kühne. Die Mehrzahl ist noch nicht angefragt. Ihre Mitwirkung wäre mir eine große Freude und Ermutigung.

Falls Sie statt des Blutes ein andres Thema wünschen, bitte ich Sie um recht baldige Anzeige. Mit herzlichem Gruße, Ihr L.H.

Schon jetzt möchte ich Sie fragen, ob Sie mir eventuell eine Skizze Ihres Instituts zur Disposition stellen könnte oder eine solche publiziert ist. In der Einleitung sollen nämlich die Pläne der vorhandenen physiologischen Institute mitgeteilt werden.

L.962 *R.808

1877 VI 27, Hanau

Sehr geehrter Herr!

Soeben von einer Reise zurückgekehrt, beeile ich mich die Quittung für den Betrag meiner Rechnung zu übersenden.

Ich bin Ihnen zu großem Danke verpflichtet, für die Sendung des Geldes, die ich sehr nötig hatte. Es sollte aber durchaus keine Pression, sondern eine leise Anfrage sein, indem ich mir diese Bitte mit schwerem Herzen an Sie erlaubte. – Auch bin ich sehr gerne erbötig Ihnen, wenn Sie es wünschen, noch Ausführlicheres über Zusammenschmelzung der Schwebungen zu Kombinationstönen wie über die selbst mitzuteilen, indem ich soeben damit beschäftigt bin, meine Beobachtungen, Erfahrungen u.s.w. bezüglich oder insbesondere in der physiologischen Akustik in einer eigenen Druckschrift bekannt zu machen.

Mit der Bitte, mir Ihr ferneres gütiges Wohlwollen zu bewahren, empfiehlt sich mit größter Hochachtung Ihr ganz ergebener

Georg Appun

L.963 *R.809

1877 VI 27, Czernowitz

Hochverehrter Herr Professor!

In Anbetracht der vielen Beweise Ihres Wohlwollens, die Sie mir, Herr Professor, gezeigt, erlaube ich mir, Sie im Interesse der Wahrheit und Wissenschaft um eine Gefälligkeit zu bitten.

Wir haben hier für allgemeine Chemie einen Extraordinarius, der bei Hering in Prag Assistent und Privatdozent für physiologische Chemie (Chemie der Nahrungsmittel?) und später Professor an der hiesigen Gewerbeschule war. Trotz meiner Bemühungen finde ich keinerlei irgendwelche nennenswerte Leistungen auf dem Gebiete der allgemeinen Chemie von ihm, und wie es scheint, sind auch die meisten seiner physiologischen Untersuchungen schon jetzt der Vergessenheit verfallen.

Über den Wert oder Unwert der Letzteren möchte ich nur durch Ihre gütige Vermittlung ein Urteil erlangen. Die betreffenden physiologischen Arbeiten sind

 1. Neue Untersuchungsmethode der Milch, wo?

 2. Verbesserte Methode der Chlorbestimmung im Harne, wo?

(3. Neues Verfahren über die Bestimmung des Gerbstoffes.)

 3. Neue Untersuchungsmethode der Milch, wo?

 4. Neue Bestimmung der Phosphorsäure und Kalkerde im Blutserum, wo?

 5. Studien über den Stoffwechsel bei Leber rec.

 6. Mit Prof. Ritter: Mundsekret der Säuglinge.

Dieses Urteil möchte ich deshalb haben, weil Prof. Handl (Physiker) behauptet, der betreffende Dr. Richard Přibram sei weitaus der erste unter den Professoren der Naturwissenschaften hier und obgleich er erst 1 Jahr Extraordinarius ist, würdiger zum Ordinarius vorgeschlagen zu werden, als eine Reihe anderer Gelehrter, wie z.B. der Mathematiker Gegenbauer und der Professor für mathematische Physik Wassmuth; mir macht er, unter uns gesagt, den Eindruck, den viele Juden machen, den eines Schwindlers. Da aber die entscheidende Sitzung bereits am 7. Juli stattfindet, würde ich mir die gewünschte Gefälligkeit allerdings sehr rasch erbitten müssen.

Mein Buch über den Organismus der Insekten werde ich Ihnen in einigen Tagen zusenden; der vorhandene Vorrat ist bereits erschöpft.

Mit der Versicherung meiner andauernden Dankbarkeit

V. Graber

L.964 *R.810

1877 VI 27, Graz

Lieber Bruder!

Vor allem danke ich Dir für das großartige Geschenk, welches Du meiner lieben Octavie gemacht hast. Die Taufe, bei welcher sie die Namen Octavie Auguste Rosa Josefa Valeria Alexandrine erhalten hat, ist glücklich am Samstag vor sich gegangen. Das Kind gedeiht gut. Wir tragen es jetzt, so oft es nur angeht, um die Mittagszeit für einige Stunden ins Freie. Rosa leidet noch immer an ihrer Brustwarze, sonst befindet sie sich wohl und sieht auch gut aus, nur die Lochien wollen nicht aufhören und, was mich sehr quält, sie werden ab und zu wieder dunkelbraun. Zini gab ihr Secall, wir mussten damit aber wieder aufhören, da die Milch dabei auszubleiben drohte.

Jetzt wird eigentlich nichts getan als gewaschen. Frau Wendl versichert, dass bei ihr der Wochenfluss immer 6 Wochen dauerte, und die Hebamme sagte der Rosa, dann werde sie ihn auch nicht früher loswerden. Wie gesagt, Rosa findet sich wohl gekräftigt, isst reichlich und mit gutem Appetit, sieht gut aus, hat Milch im Überflusss und das Kind nimmt wöchentlich 250 g an Gewicht zu. Also alles entsprechend, nur der Wochenfluss ist nicht normal. Was rätst Du? Was sagst Du? Es ist uns sehr leid, dass Auguste schon morgen von hier wieder abreisen will, und Rosa wird bittere Tränen weinen über die Abreise Valeriens, welche mit Auguste geht. Sie ist nicht mehr zu halten. Auguste bleibt in Baden und wird Dir von dort aus schreiben.

Heute habe ich einen Brief von der Mutter empfangen. Unsere Wohnung steht noch immer leer. Ich denke schon daran, selbst mit Kind und Kegel nach Baden zu gehen und dort die Ferien zuzubringen, wenn ich nur Rosa noch dazu bestimme, die sich kindisch fürchtet vor der Reise mit dem kleinen Kind.

Was sagst Du zu dem Projekte? Was hast Du vor? Gehst Du in ein Seebad? Ich hielte das für sehr zweckmäßig.

Heschl hat mir vor ein paar Tagen einen langen Brief geschrieben. Er scheint sich sehr geschmeichelt zu fühlen durch seine Wahl zum Dekan und schildert den niederschmetternden Eindruck, welchen diese Wahl in einem Heer von Manichäern hervorgerufen haben soll. Langer wollte Dekan werden und Stricker agitierte für ihn. Heschl trägt sich mir in seinem Schreiben aufs neue als dienstbereiter Unterhändler in Sachen Klemensiewicz, Ebner etc. an.

Aufrichtig gesagt, ich halte von allem nicht viel. Ich muss ihm gratulieren und diplomatisch ausweichend antworten, damit er nicht böse wird, im Übrigen glaube ich, zugeknöpfelt sein zu sollen. Wie wird er sich als Dekan machen?

Schreibe bald. Grüße Hermine, Dein

Alexander

L.965 *R.811

1877 VI 29, Wien

Lieber Bruder!

Es freut mich sehr, dass Dein kleines Mädchen so vortrefflich gedeiht. Was Deine liebe Rosa betrifft, so muss ich sagen, dass meines Wissens ganz gewöhnlich und normalerweise die Lochien mindestens 6 Wochen andauern. Nur sollen dieselben nach der zweiten Woche nicht mehr blutig sein und wenn dies wie gar oftmals dennoch der Fall ist, so ist es notwendig, hübsch Ruhe zu halten, die Zeit der Bettruhe zu verlängern. Alle Anstrengungen und Bewegungen, die einen stärkeren Turgor, eine Drucksteigerung in der Beckenhöhle, herbeiführen, sorgfältig zu vermeiden und am besten durch eine Tasse gezuckerten St. Germain-Tee stets offenen Leib zu halten. Natürlich ohne eine Diarrhöe herbeizuführen, da sich sonst leicht die Milch vermindern könnte oder auch das Kind selbst Diarrhöe bekommen könnte. Aus letzterem Grunde sind stärkere salzige und drastische Purgantien, die zum Teil in die Milch übergehen, zu vermeiden. Ein Löffel Rizinusöl ist oft das Beste und beeinflusst die Milch und das Kind gar nicht. Deine Idee, über die Ferien nach Baden zu gehen, gefiel mir freilich sehr wohl. Ich glaube auch, dass sich die Sache bei einiger Überlegung schon arrangieren ließe, um so mehr als das Kind keinem Nahrungswechsel ausgesetzt wäre.

Was ich unternehmen werde, weiß ich selbst noch nicht bestimmt. Ein zweites Mal nach Italien zu reisen, verspüre ich für heuer keine rechte Lust. Möglich, dass ich nach Norddeutschland bis Hamburg und Helgoland gehe und vielleicht auch einige Seebäder nehme. Es lässt sich denken, dass Heschl über seinen Wahlsieg sehr erfreut ist. Mir ist aber alles, was an der Universität vorgeht, ziemlich gleichgültig. Seitdem ich so stumpf und teilnahmslos in allen Universitäts- und korporativ ärztlichen Angelegenheiten geworden bin, bin ich viel glücklicher. Ich huldige dem Grundsatze Goethes, sich alles vom Leibe zu halten, was Unannehmlichkeiten bereiten könnte.

Mit vielen Grüßen und Küssen an Dich von Deinem

Emil

L.966 *R.812

1877 VI 29, Innsbruck

Hoch geehrter Herr Kollege!

In Beantwortung Ihres freundlichen Briefes vom 26. l[aufenden] Monats kann ich Ihnen mitteilen, dass die Verdienste des Herrn Dr. Gustav Lott im Kollegium näher besprochen wurden. Da aber andere Kompetenten vorhanden sind, welche größere wissenschaftliche Leistungen in der Geburtshilfe, eine größere geburtshilfliche Praxis aufzuweisen haben und endlich einige schon außerordentliche Professoren desselben Faches sind, so konnte Herr Dr. Lott bei der definitiven Vorschlag für die Besetzung der erledigten Lehrkanzel nicht näher berücksichtigt werden.

Ich bedauere sehr, dass es nicht möglich war, einen Mann, welcher von Ihnen so warm empfohlen wird und für welchen Sie, geehrter Collega, eine so mächtige Fürsprache führen, noch mehr zu berücksichtigen, hoffe aber, nach den eben mitgeteilten Gründen, dass Sie es begreiflich finden werden.

Es würde mich besonders freuen, wenn es sich mir eine andere Gelegenheit bieten sollte, um Ihnen zu beweisen, wie hoch ich Ihr Urteil schätze.

Ich will diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne mich Ihnen mit alter Freundschaft und besonderer Verehrung auf das wärmste zu empfehlen. Ihr ergebenster Collega

M. v. Vintschgau

L.967 *R.813

1877 VII 4, Padua

Verehrter Herr Professor!

Ich erlaube mir, mit diesen Zeilen Sie um eine Gefälligkeit zu ersuchen.

Die hiesige Anstalt für pathologische Anatomie hat sich mit zwei Apparaten versehen, welche in Graz angefertigt worden sind. Das eine davon dient zur Maceration, das andere zur Entfettung der Knochen. Es ist nun mein Wunsch, mir beide zu beschaffen. Leider ist Herr Prof. Brunetti, der hier pathologische Anatomie doziert, nicht im Stande, die Adresse des Verfertigers jener Apparate anzugeben, oder die der Werkstatt, woraus er dieselben bezogen hat.

Wäre mir bekannt, wer dorthin der Nachfolger des Herrn Prof. Heschl ist, durch dessen Vermittlung Herr Prof. Brunetti die besagten Apparate sich zukommen ließ, so hätte ich zu dem gleichen Zwecke die Gefälligkeit des ersteren direkt in Anspruch genommen.

Da ich aber von dieser Seite her nicht die nötige Auskunft erhalten kann, so finde ich mich veranlasst, Sie mit der Bitte zu belästigen, mir dabei gütigst behilflich sein zu wollen.

Indem ich Sie darüber um Entschuldigung bitte, verbleibe ich freundlichst

G. P. Vlacovich
Prof. d. Anatomie

L.968 *R.814

1877 VII 6, Freiburg

Hochgeehrter Herr Professor!

Wir sind eben im Begriffe eine Spiegelbussole aufzustellen. Wir wollen die Bewegung des Spiegels in der gewöhnlichen Weise einem größeren Auditorium sichtbar machen, indem wir ein Flammenbild von dem Spiegel auf eine Skala werfen lassen. Die Skala soll 6 bis 7 Meter von dem Spiegel entfernt sein, und Plath (der Nachfolger Sauerwalds) hat uns zu diesem Zweck die Kapsel, welche den Spiegel einschließt, auf folgende Weise eingerichtet (siehe Figur).

Marker

Beistehende Figur ist ein Horizontalschnitt durch die Kapsel; bei a ist ein Planglas und bei b ist eine Linse von 60 Zoll Brennweite. Der Durchmesser unseres Spiegels beträgt 2 cm.

Wir haben nun allerdings ein deutliches Bild im dunkeln Zimmer in der gewünschten Distanz erhalten; es war jedoch nicht hell genug, um noch deutlich zu sein, wenn die Skala so beleuchtet ist, dass man die Einteilung deutlich sieht. Alle Bemühungen in dieser Richtung waren bis jetzt vergeblich; wir benutzten als Lichtquelle zunächst eine gewöhnliche, leuchtende Gasflamme; dann versuchten wir es mit weißglühendem Platindraht, aber vergebens.

Da ich während der Naturforscherversammlung in Graz Ihre Einrichtung für eine neue, viel größere Distanz gesehen habe, so nehme ich mir die Freiheit, Sie zu bitten, uns eine Skizze Ihrer Einrichtung mit Zahlenangaben zu übersenden und mit der Angabe Ihrer Lichtquelle. Ich bitte Sie um Verzeihung dafür, dass ich Sie durch diesen Brief so belästige. Von Funke habe ich einen herzlichen Gruß beizuschließen.

Mit besten Grüßen hochachtungsvoll

Dr. Joh. Latschenberger
a.o. Prof., Freiburg i/B, Katharinenstr. 11

L.969 *R.815

1877 VII 7, Wien

Anmerkung Der Beginn des Briefes fehlt.

[...] riskiere ich den Vergleich mit Valenta oder Rokitansky. Übrigens bin ich, wie gesagt, in gewisser Beziehung froh, dass die Angelegenheit erledigt ist, denn ich habe jetzt in der Tat alle Ursache, zufrieden zu sein, da ich entschieden Fuß gefasst habe und sichtlich an Terrain gewinne.

Gestatten Sie mir nur noch, dass ich Ihnen sagen darf, wie unendlich mich Ihre Briefe erfreut haben, wie wohl es mir getan hat, Sie noch immer als einen so echten Freund ansehen zu dürfen, dem ich ja ganz und gar nichts entgegenzustellen habe.

Ich kann Ihnen daher auch nichts anderes versprechen, als mich dieser Freundschaft würdig zu erweisen und mich Ihnen stets freudig verpflichtet zu halten als Ihr dankschuldiger

Lott

L.970 *R.816

1877 VII 10, Wien

Hochverehrter Herr Professor!

Ich vergaß in unbegreiflicher Gedankenlosigkeit Ihnen den freundlich mitgesandten Brief Vintschgaus zu retournieren, was ich hiemit dankbar nachtrage.

Wenn sich bewahrheiten sollte, was ich heute über den Innsbrucker Vorschlag erfuhr, so wäre das allerdings derart, dass man schon deshalb froh sein müsste, nicht in die Gesellschaft einzutreten. Man soll einen sogenannten Doppelvorschlag von je zwei Leuten gemacht haben, nämlich zwei Geburtshelfer (Kleinwächter und Mayerhofer) und zwei Gynäkologen (Rokitansky und Pandl). Übrigens hat man es dem Ministerium freigestellt, sich auch prinzipiell zu entscheiden, ob man mehr Gewicht auf Geburtshilfe oder Gynäkologie legen wolle. – Relata refero!

Es ist zu drollig, um nicht auch in dieser Form wieder erzählt zu werden und bedürfte wohl keines weiteren Kommentars.

Gestatten Sie mir auch bei diesem Anlass dieerneute Versicherung der aufrichtigsten Ergebenheit Ihrem dankschuldigen

Lott

L.971 *R.817

1877 VII 26, Wien

Lieber Freund!

Ich danke Dir sehr für die Mitteilung Deiner Untersuchung, welche ich Deinem Bruder übergeben werde. Ich habe die Zahlen, welche ich Dir schickte im Augenblicke nicht bei der Hand, weiß also nicht, wie die Differenzen der 2 Brechungsquotienten für die verschiedenen Farben verlaufen. Es scheint mir aber fast, dass es am geratensten wäre, diese Differenzen alle gleich zu setzen, da die Sicherheit, mit der die Differenzen bestimmt sind, nicht sehr groß ist.

Seit der Bestimmung dieser Brechungsquotienten habe ich hier nichts Vernünftiges mehr gemacht. Die Hauptursache davon war wohl die Niederkunft meiner Frau mit einem Mädchen, obwohl diesmal die Sache sehr glatt verlief und Mutter und Kind sich im besten Wohlsein befinden. Ich hoffe, dass auch Deine Frau baldigst wieder sich ihrer vollen Gesundheit erfreut. Auch ist ja dieser Teil des Jahres dazu am geeignetsten

Infolge dieses Ereignisses wird meine Frau wohl den größten Teil der Ferien in Weinhaus bleiben müssen, wozu noch die Krankheiten ihrer Großmutter und ihres Vaters kommen, welchen es aber im Augenblick bedeutend besser geht. (Erstere ist nämlich wegen einer Ovarialzyste zweimal punktiert worden, Letzterer leidet an einer Herzhypertrophie).

Was mich betrifft, so möchte ich gern Ausflüge verschiedener Dauer machen, suche aber noch einen Gefährten. Auch nach München zu gehen, hätte ich einige Lust. Vielleicht hat Pebal Lust, einen Ausflug irgendwohin zu machen.

Vor einiger Zeit war Beilstein bei mir, welcher mit Umwegen nach Gleichenberg geht, und wohl bald in Graz auftauchen dürfte.

Solltest Du Helly sehen, so bitte ich, ihm obigen Familiennachricht mitzuteilen und ihn so wie die übrigen bestens zu grüßen, Dein

Viktor Lang

L.972 *R.818

1877 VIII 4, Baden

Lieber Bruder!

Nachdem Octaviana Augusta am 2. August den Semmering glücklich überstiegen, sind wir noch Donnerstagabend in Eilmärschen in Baden angelangt.

Wenn Du also den für Sonntag geplanten Vorstoß nach Baden aus Deiner gedeckten Stellung unternimmst, so könnten wir nach Moltkeschen Ideen getrennt marschierend uns einige Stunden vereint in die Badner Büsche schlagen. Grüße von Rosa an Dich und Auguste. Von mir die herzlichsten für beide, Dein

Alexander

L.973 *R.819

1877 VIII 23, Hamburg

Lieber Bruder!

Vergebens habe ich bis heute auf eine Antwort auf mein Schreiben aus Görlitz an Auguste gewartet. Heute verlasse ich Hamburg, um dann nach Tondern-Hoyer, auf die Insel Sylt, zu gehen. Vielleicht mache ich von dort aus einen Ausflug nach Föhr, wenn sich Gelegenheit und Zeit hiezu findet. Dann aber geht es direkt nach Kopenhagen, Berlin. Ich bitte Dich, ein Schreiben poste restante nach Kopenhagen an mich zu senden.

Meine Elbefahrt habe ich nach Blankenese, wo ich den Süllberg besuchte, und eine Alsterfahrt nach Uhlenhorst gemacht. Ein Ausflug nach Helgoland ist mir der Zeit wegen nicht gelegen, dafür gehe ich eben auf die hochinteressante sagenreiche friesische Insel Sylt und komme dabei durch Schleswig-Holstein, meerumschlungen.

Hamburg macht einen großartigen ‚Eindruck, erinnert an einzelnen Punkten lebhaft an Venedig. Im Thaliatheater sah ich „Ein Blitzmädel“ recht gut aufführen und nach der Vorstellung saß das „Blitzmädel“ zufällig neben mir an einem Tisch im Alsterpavillon, wo es mit Mama recht lebhaft Erlanger Braunbier und Westfälischen Schinken konsumierte. Den 2. Abend brachte ich in einem Konzerte des gefeierten Berliner Kapellmeisters Gangl auf der Elbhöhe zu. – In Berlin werde ich auf der Rückreise natürlich einige Tage verweilen.

Wie geht es Dir und allen in Baden? Was macht Dein Töchterlein? Hoffentlich gefällt und behagt es ihr in Baden recht gut. Den Verlauf des Beginns meiner Reise wirst Du wohl aus dem Briefe an Auguste erfahren.

Nun lebe recht wohl, einen Handkuss an die gute Mutter, viele Küsse und Grüße an Rosa und die Geschwister.

Ich bitte Dich, nur recht bald zu schreiben, damit ich in Kopenhagen nicht wieder vergeblich auf einen Brief warte. Den Portier meines hiesigen Aufenthaltes „Hotel St. Petersburg“ beauftrage ich, ein etwa in den nächsten paar Tagen von Auguste einlangendes Schreiben mir nach Kopenhagen nachzusenden. Nochmals herzliche Küsse und Grüße

Emil

L.974 *R.820

1877 VIII 23, Pörtschach

Hochgeehrter Herr Professor!

Indem ich Ihnen Empfehlungen von meinem Schwager und von meiner Schwester ausrichte, bin ich gleichzeitig in der Lage, auch etwas über meine Angelegenheiten mitzuteilen.

Mein Schwager erhielt neulich nämlich vor einiger Zeit einen Brief von Dr. G. aus Wien, worin ihm dieser mitteilt, dass sich der Minister zwar vor seinem Urlaubsantritte den betreffenden Akt vorlegen ließ, ohne jedoch jetzt schon einer Entscheidung in dieser Angelegenheit getroffen zu haben. Dr. G. meint eben, dass mit Anfang September diese Sache in das Stadium der Erledigung treten dürfte.

Nach dem vorletzten Briefe Dr. G.s, worin derselbe so zuversichtlich sprach, hat mich diese Mitteilung etwas überrascht. Ich bringe daher jenen Passus des vorletzten Briefes des Dr. G. damit in Zusammenhang, dass der Minister sich den betreffenden Akt vorlegen ließ, was Dr. G. für einen hinreichenden Grund hielt, die Angelegenheit für nahezu erledigt zu halten. Deshalb schrieb er, bald in der Lage zu sein, angenehme Mitteilungen machen zu können.

Ich habe mich verpflichtet gefühlt, Ihnen Herr Professor diese Mitteilungen zu machen, da ich glaubte, Sie könnten vielleicht noch einen Schritt zu tun beabsichtigen. Im Anschlusse an diese Mitteilung bringe ich nun noch die Bitte vor, dieselbe nicht als eine Pression meinerseits auffassen zu wollen.

Ich selbst gedenke heute nach Windischmatrei zu fahren und dann nach einigen Gebirgstouren nach Graz zurückzukehren. Dort werde ich mich nur wenige Tage aufhalten, um dann nach Ischl zum Besuche meines Bruders zu gehen. Von Ischl aus hoffe ich nach München zur Naturforscherversammlung zu kommen, wo ich auch Herrn Professor zu treffen hoffe.

Bis etwa 3. September glaube ich noch hier in Pörtschach zu bleiben, nachdem ich von Matrei zurückgekehrt bin.

Mit den besten Empfehlungen an Ihre geehrte Frau Gemahlin bleibe ich hochachtungsvoll Ihr dankschuldiger Schüler

Dr. Klemensiewicz

L.975 *R.821

1877 VIII 25, Baden

Lieber Bruder!

Deinen Brief vom 23. dieses Monats aus Hamburg habe ich heute erhalten. Ich danke Dir sehr dafür und antworte sogleich. Deine Ulyssesfahrt an der preußischen Grenze erfuhr ich, so wie den Verlauf Deiner Reise, aus Augustens Mitteilung. Ich begreife nicht, dass sie so spät geantwortet hat, wider ihr Vorhaben.

In Baden geht es uns recht gut, bis auf einige Familienübel, die Dir bekannt, die ich aber erst nach Deiner Rückkehr noch besprechen will. Sie betreffen die Unzufriedenheit von Hermine und Marie. Am 21. haben wir Rosas Geburtstag und unseren Vermählungstag gefeiert. Octavie gedeiht. Rosa geht ab und zu in die Mineralschwimmschule, was ihr sehr gut bekommt. Ich lese Romane von J. Verne und bereite meine Arbeit im Stillen vor.

Einmal hat mich Lang besucht und er wird gelegentlich wieder kommen. Jetzt ist er in Grein an der Donau, wo er Lorenz und Schenkls besucht.

Mutter ist seit gestern in Wien, wann sie wieder kommt, wissen wir nicht. Die Schwestern glauben aber, Auguste werde sie vor Montag nicht zurücklassen.

Klemensiewicz ist noch immer nicht ernannt, und Stremayr auf Urlaub in Krapina, diese Angelegenheit quält mich sehr; obwohl ich kaum zweifeln kann, dass sie günstig erledigt wird.

So habe ich in Eile aus meinem alltäglichen Leben alles zusammengerafft, was mir mitteilenswert erschien. Schreibe Du nur bald wieder. Der Teil Deiner Reise, welchen Du jetzt machst, führt durch terra incognita für mich, und ich werde mich glücklich schätzen, nur einiges von Dir darüber zu erfahren. Ob ich nach München gehe, weiß ich immer noch nicht, denke aber immer daran. Lang hat mich auch wieder dazu animiert.

Also meine und aller herzlichste Grüße und glückliche Reise, Dein Dich liebender

Alexander

L.976 *R.822

1877 VIII 27, Bad Fusch

Lieber Freund!

Ich zeige Dir an, dass wir uns hier für etwa 14 Tage niedergelassen haben und keine Ursache habe, es zu bereuen. Es ist prachvoll hier und gibt Gelegenheit, zu den schönsten Gebirgstouren. Komm doch hierher und bringe Lang mit.

Herzlich grüßt Dich und Deine Frau und Mutter und Schwestern meine Frau und Dein

Pebal

L.977 *R.823

1877 VIII 28, Kopenhagen

Lieber Bruder!

Besten Dank für Dein Schreiben, auch Augustes und Adeles Zwillingsbrief habe ich noch in letzter Stunde vor meiner Abreise aus Hamburg erhalten, wofür ich ihnen herzlich danke. Ich bin sehr froh, dass ich meine ursprüngliche Absicht, die beiden Inseln Föhr und Sylt zu besuchen, trotz der Schwierigkeiten, die meinen Plan schier zu vereiteln drohten, nun doch ausgeführt habe. Die Angaben Baedekers sind nämlich falsch. Es besteht dermalen gar keine Dampfschiffverbindung zwischen den beiden Inseln und zu den unberechenbaren Eventualitäten einer Selgelfahrt ging ich nach Tondern, um den kürzesten Seeweg zu gewinnen und mit Verzicht auf Föhr wenigstens nach Sylt zu gelangen. In Tondern erfuhr ich nur, dass nächsten Tages ein Schiff nach Föhr von Dagebüll aus geht. Ich beschloss also, nach Dagebüll zu fahren, um von da nach Wyk auf Föhr überzusetzen, dann nach Tondern zurückzukehren, um von Hoyer aus die Insel Sylt zu erreichen, eventuell bei günstigem Wind und Wetter direkt von Föhr nach Sylt zu segeln. Das Letztere ist nun zu meiner Freude auch geschehen. Ich und noch vier Passagiere bestiegen bei starkem Südwind in Wyk ein Segelschiff in der Hoffnung, dass es uns glücklich nach Norden bringen werde. Der Wind blies voll in die Segel und wir legten 14 Seemeilen in 2½ Stunden zurück, während sonst Segelschiffe viele Stunden, selbst tagelang herumtreiben, bis sie landen können, sind wir nach wenigen Stunden nahe bei Morsum-Kliff auf Sylt ans Land gestiegen. Von hier ging es zu Wagen über Morsum und Keitum nach Westerland, dem durch den stärksten Wellenschlag ausgezeichneten Nordseebade mit einem wunderbaren, zum Baden sehr geeigneten Strand. In Morsum sahen wir die Hünengräber, von denen eines von Professor Haugelmann gerade ausgegraben wurde. In Keitum stärkten wir uns in der Friesenhalle und besahen im Museum Hansams eine Sammlung friesischer und anderer Kuriositäten und Naturalien im Genre des Museums unseres Großvaters. Das Seebad Wyk auf Föhr ist viel anmutiger und der Aufenthalt in dem netten, baumreichen Städtchen viel freundlicher, dagegen ist das kahle Westerland auf Sylt durch seinen großartigen Strand viel imponierender.

Die Reise durch die Marschen und durch ganz Schleswig-Holstein ist, einige Punkte ausgenommen, sehr eintönig, aber doch in ihrer Art interessant. Da gibt es unabsehbare grüne Wiesen, dürres Heideland, Torflager, Sumpfboden, dann wieder bebaute, aber zum Teil überschwemmte, Felder und überall herrliches weidendes Vieh, sehr schöne Rinder und Pferde. Erst an der dänischen Grenze auf Hütland, besonders aber auf der Insel Fünen und Seeland, sieht man wieder Wälder und Hügel. Die Überfahrt über den Großen und Kleinen Belt geschieht mit kolossalen Dampfschiffen, auf welchen die Lastwagen des Eisenbahnzuges in toto überfahren. Die Fahrt über die schwarzblauen Bogen des Belt ist höchst interessant.

Nun bin ich glücklich in Kopenhagen, aber leider regnet es abscheulich. Wahrscheinlich werde ich einen Ausflug an die schwedische Küste machen. Nächstens mehr. Ich bitte um Nachricht nach Berlin, poste restante. Grüße mir alle vielmals, auch die Wiener[?], Dein

Emil

L.978 *R.824

1877 VIII 29, Aflenz

Hochgeehrter Herr Professor.

Nach Empfang Ihres werten Schreibens habe ich mich sofort bei Wendl angefragt, ob die Korrektur im Institute liege. Ich werde selbe nach Durchsicht gleich an Sie übersenden.

Von meiner vorgehabten Arbeit, der Untersuchung der Giftdrüsen der Kreuzotter, musste ich aus Mangel an Material abstehen und beschäftige mich jetzt mit der Netzhaut der Vögel, welche mir in Menge zur Verfügung stehen.

Mit vorzüglicher Hochachtung zeichne ich mich

Otto Drasch

L.979 *R.825

1877 VIII 30, Wien

Lieber Bruder!

Ich danke Dir sehr für Dein Schreiben, welches ich heute erhalten habe. Ich freue mich über den glücklichen Fortgang Deiner Reise und habe unter allgemeiner Spannung Deinen Brief den Geschwistern vorgelesen. Wahrscheinlich hast Du gleich nach Deiner Ankunft in Kopenhagen geschrieben, weil letzteres selbst so stiefmütterlich behandelt ist. Ich hoffe also, dass Du mir in einem nächsten Brief, um welchen ich Dich sehr bitte, Näheres mitteilen wirst, über die Unbedeutendheit des Königspalastes und über die hübsche Brücke aus dem 17. Jahrhundert, die vor dem Museum über den Kanal führt, über das ungeheuere Grabmal Thorvaldsens, das aber an den Wänden mit abscheulichen Gemälden geziert ist und die Werke dieses Bildhauers enthält, über das in einem schönen Parke gelegene allerliebste Schloss Rosenberg, über den bewundernswerten Renaissancebau der Börse und deren Turm, der aus den verschlungenen Schwänzen von 4 bronzenen Drachen gebildet wird, über die großen Mühlen der Festungswerke, deren ungeheure Flügel gleich den Segeln eines Schiffes im Seewind schwellen. Hast Du auch jene köstlichen Spaziergänge längs des Hafens besucht, wo die Zweidecker und Fregatten unter ihrer roten Bedachung ruhen und an dem grünen Gestade der Meerenge und im schattigen Buschwerk, welches die Zitadelle birgt, deren Kanonen zwischen Holunder und Weidenzweig ihre schwarze Mündung hervorstrecken?

Warst Du auch am Glockenturm der Insel Amak? Und bist Du am Quai Dock-Yard landend nach Felsers Kirk gegangen, um deren spitzen Turm, auf der im Freien sich schlängelnden Treppe zu besteigen?

Um das alles und noch mehr möchte ich Dich fragen. Mutter ist erst Mittwoch aus Wien zurückgekehrt, dort geht es allen gut. Octavie gedeiht immer besser, jetzt interessieren sie zwei Fähnlein mit goldenen Sternen, die ich ihr gemacht habe und mit welchen sie stundenlang delektiert. Rosa, Mutter und alle grüßen Dich herzlich, so wie Dein

Alexander

L.980 *R.826

1877 IX 1, Kopenhagen

Lieber Bruder!

Für heute abend war meine Abreise nach Kiel festgesetzt. Nun bin ich aber hier mit Professor Heschl zusammengetroffen, der als Delegierter zur Universitätsfeier nach Uppsala geht. Ich habe mich entschlossen, auch dahin zu reisen, sobald ich erfahre, ob ich in der verhältnismäßig kleinen Stadt auch sicher im letzten Augenblick noch eine Unterkunft finde. Zu dem Zwecke habe ich an das Festkomitee nach Uppsala telegraphiert, bis nun aber, obwohl schon mehr als sechs Stunden verflossen sind, noch keine Antwort, die auch schon bezahlt ist, erhalten. Es wird von dieser Antwort abhängen, ob ich morgen nach Uppsala oder nach Kiel gehe und weiter sofort nach Berlin.

Hast Du meine Postkarte aus Helsingborg erhalten? Kopenhagen ist eine recht hübsche Stadt. Das Leben und Treiben daselbst und das äußere Ansehen der Stadt ist ganz ähnlich jenem von Hamburg. Das Thorvaldsen-Museum und die an mehreren Orten zerstreuten Kunstwerke dieses Meisters sind von großem Interesse. Ebenso das Ethnographische Museum und das Museum nordischer Altertümer. Die Sammlungen daselbst stehen in gleichem, wenn nicht höherem Range als das berühmte Museum von St. Germain, welches ich im vorigen Jahre in Augenschein nahm. Ich habe Professor Reiss einen kurzen Besuch gemacht. Er ist seit zwei Jahren verheiratet, wohnt mit seiner Familie auf dem Lande und kommt nur zur Ordination und Praxis auf einige Stunden nach Kopenhagen. Ich wollte ihm seine Zeit nicht rauben. Er geht übrigens gleichfalls nach Uppsala.

Die Reise nach Uppsala geht über den Sund nach Malmö, des Morgens in zwei bis drei Stunden, dann von Malmö 2:00 Uhr nachts, möglicherweise bis zum anderen Morgen nach Stockholm und von da noch 1½ Stunden nach Uppsala. Wie ich Dir schon mitgeteilt, habe ich den Sund bereits der Länge nach durchschifft und von Helsingborg aus unabsehbar weit ins Kattegat geblickt, in welches die Kullen als mächtiges Vorgebirge hineinragen.

Wie geht es Euch allen? Ich sehne mich nach einer Nachricht aus der Heimat. Es bleibt mir nichts übrig, als mit der Absendung dieses Briefes zu waren, bis ich sicher weiß, wohin ich reise, damit ich angeben kann, wohin eine Antwort zu richten wäre.

Heute war ich auf der Post, es fand sich aber nichts für mich vor. Vorläufig übergebe ich diese Blätter. Viele Handküsse an die Mutter und ebenso viele Grüße an Dich samt Frau und Kind, an alle Geschwister, Schurz und die Kinder, Dein Dich liebender Bruder

Emil

Ich reise heute Morgen nach Stockholm. Das Weitere wird sich finden. Ich bitte Dich also, gleich zu schreiben und die Adresse an Professor Heschl in Uppsala zu richten, durch Vermittlung des Festkomitees also. An das Festkomitee in Uppsala, Schweden, für Professor Heschl aus Wien, eingeschlossen ist der Brief an mich, den mir Heschl dann zustellen wird. Nochmals viele Grüße

Emil

L.981 *R.827

1877 IX 4, Baden

Lieber Bruder!

Soeben, 4. September, 20:00 Uhr, erhalte ich Deinen Brief aus Kopenhagen. Ich beeile mich, Dir sofort zu antworten, damit ich den Brief heute noch abschicken kann, da ich sehr befürchten muss, dass es die höchste Zeit ist. Ich habe Dir einen Brief auf Deinen letzten nach Berlin geschrieben, den Du dort finden wirst und der Dich überzeugen wird, dass ich Deine Reise sehr neugierig verfolge.

Ich wünsche Dir Glück zu Deiner Reise nach Uppsala usw. und glaube, dass Du recht getan hast, diese Tour noch zu machen, wer weiß, wann Du sonst wieder dazu gekommen wärest.

Deine Korrespondenzkarte aus Helsingborg habe ich erhalten.

In Uppsala bitte ich Dich, den Kliniker Bränström, den Du ja kennen wirst, von mir bestens zu grüßen, er hat mich noch diesen Sommer in Graz besucht; ebenso den Physiologen Holmgren, meinen alten Freund, der mich auch schon in Graz besucht hat.

Uns geht es hier allen gut, seit 1. September haben wir aber Regenwetter. August und Adele und Schurz samt Kindern befinden sich auch wohl. Auguste hat Dir auch schon nach Berlin geschrieben. Unterhalte Dich gut, schreibe bald wieder, namentlich über das Jubiläum in Uppsala und reise glücklich. Die herzlichsten Grüße von mir und allen; an Heschl füge ich ein paar Zeilen bei, Dein

Alexander

L.982 *R.828

1877 IX 8, Aflenz

Hochgeehrter Herr Professor.

Der Grund meines verspäteten Schreibens liegt darin, daß ich von Wendl bezüglich der Korrektur keine Antwort erhielt. In der Meinung, dass Wendl ebenfalls verreist sei, ging ich selbst nach Graz, von wo ich erst vorgestern zurückkehrte. Die Korrektur ist noch nicht angekommen.

Mit Hochachtung zeichnet sich

Dr. Otto Drasch

L.983 *R.829

1877 IX 9, Baden

Lieber Bruder!

Ich habe Dir gleich nach Eintreffen Deines 2. Briefes aus Kopenhagen, i.e. am 4. September abends, nach Uppsala geantwortet; da aber mein Brief dort nicht vor 7. September eintreffen konnte, so habe ich große Furcht, dass Du den Brief nicht erhalten hast.

Heschl wird ihn dann in Wien erhalten und ihn Dir geben. Heute schreibe ich Dir, da mein in Berlin liegender Brief schon veraltet sein wird, wenn Du ihn empfängst. Hier und in Wien geht es allen gut. Octavie gedeiht sehr gut. Ich habe mich jetzt an Kupferstichstudien gemacht und gefunden, dass in der vom Vater übernommenen Sammlung des Großvaters sich vieles Wertvolle vorfindet. Es ist aber nicht recht geordnet.

Lang war unlängst wieder hier und bewunderte auch die Stiche. Er ist jetzt mit seiner Frau nach Zürich und Genf gegangen und kommt auf der Rückreise nach München. Ich werde wahrscheinlich nicht dahin gehen.

Pebal schrieb mir aus Bad Fusch, dass er sich mit seiner Frau dort auf einige Zeit niedergelassen.

Einmal wurde von Metaxa hier nachgefragt, ob Du schon hier seiest. Aus den Zeitungen wirst Du erfahren haben, dass die Börse haussiert, weil die Creditanstalt im ersten Halbjahr über eine Million verdient hat.

In der orientalischen Frage ruht alles, da die Russen vorherrschend Schläge bekommen. In der neuesten Zeit kennt man sich aber gar nicht mehr aus, wie die Sachen auf dem europäischen Kriegsschauplatz eigentlich stehen.

Klemensiewicz noch immer nicht ernannt.

Viele Grüße von mir und allen, in Hoffnung eines baldigen Schreibens von Dir, Dein Dich liebender

Alexander

L.984 *R.830

1877 IX 25, Zürich

Lieber Herr Kollege!

Es ist schade, dass Sie nicht nach München gekommen sind; es war sehr hübsch dort, und namentlich wäre es den versammelten Mitarbeitern lieb gewesen, auch Ihre Ansicht über einige Punkte zu vernehmen. Die Resultate der Besprechung werden Ihnen nächstens in gedrucktem Zirkular zugehen.

Heute habe ich jedoch eine Bitte an Sie zu richten. Es ist mir nicht gelungen, Alexander Schmidt für die Bearbeitung des Themas „Blutgase und respiratorischer Gaswechsel“ zu gewinnen. Um in dem bekannten Streit zwischen Ludwig und Pflüger nicht eine mit im Kampf begriffene Persönlichkeit mit der Aufgabe betrauen zu müssen, schien es uns am richtigsten, Sie zu ersuchen, dies Gebiet im Anschluss an die Lehre vom Blute zu bearbeiten (Dies ist ausdrücklicher Wunsch der versammelten 8 Mitarbeiter). Damit dann Ihre Aufgabe nicht allzu stark anwächst, würde ich Ihnen vorschlagen, dafür die Lehre von Herzbewegung und Kreislauf an Rosenthal abzutreten, der sich für diesen Fall zur Übernahme bereit erklärt hat.

Für den Fall, dass Sie einverstanden sind, würde dann also Ihr Thema umfassen: Eigenschaften und Zusammensetzung der Blutkörper, des Plasma, Lehre von der Blutgerinnung, Bestimmung der Blutmenge, Lehre von den Blutgasen, Lehre vom Gaswechsel, sowohl der äußeren als der inneren Atmung, nebst Zusätzen über Lymphgase. Die Methodik, den respiratorischen Gaswechsel zu messen, gehört mit in Ihr Gebiet, dagegen die funktionellen Einflüsse auf die Gaswechselgrößen (soweit sie nicht vom Atmungsprozess selbst herrühren) in die Lehre vom allgemeinen Stoffwechsel. Ihre Nachbaren würden dann folgende sein: Blutbewegung Rosenthal, Atembewegung S. Mayer, allgemeiner Stoffwechsel Voit.

Der Umfang Ihres Themas in der jetzigen Begrenzung würde nach meiner Schätzung etwa 11 Druckbogen umfassen (Ihre Schätzung des früheren Themas stimmte sehr gut zu meinem eigenen Voranschlag, so dass ich das Gleiche auch jetzt hoffen darf.).

Natürlich haben Sie das Recht, bei der ersten Abmachung zu beharren. Indessen glaube ich, dass Ihnen die Veränderung zusagen wird, da sie Ihre Aufgabe viel homogener macht. Mich würden Sie durch Ihre Zustimmung sehr erfreuen, da ich in große Verlegenheit käme, wem ich die Blutgase und den Gaswechsel anbieten soll. Setschenow würde die Darstellung in deutscher Sprache zu schwer werden, Zuntz steht zu sehr unter Pflügers Einfluss, gegen Preyer sprechen eine Anzahl anderer Bedenken, die ich nicht ausführen möchte. Seien Sie so freundlich, so schnell als möglich zu antworten, da nur Ihre Antwort noch nötig ist, um den vollständigen Verteilungsplan aufzustellen und gedruckt den Mitarbeitern zuzusenden. (Zugleich mit dem Kontrakt und dem Zirkular).

Dr. Klemensiewicz ist mit mir zusammen von München nach Zürich gefahren, und ich hoffe, ihn noch heute zu sehen.

Sein Sie herzlich gegrüßt von Ihrem freundschaftlich ergebenen

L. Hermann

L.985 *R.831

1877 X 8, Graz

Lieber Bruder!

Da Rosa Ihr Vorhaben, Euch zu schreiben von einem Tag auf den andern verschoben hat, und auch heute wegen Ihrer Hausfrauenpflichten noch nicht dazukommt, muss ich tun, was ich gleich anfangs hätte tun sollen und selber Euch Nachricht geben über unsere Grazer Fahrt. Es ist alles ganz gut abgelaufen und Octavie ist hier so munter wie zuvor.

Wir bekamen ein eigenes Coupé und ließen alle Fenster geschlossen und so hatten wir niemals kalt, selbst nicht auf dem Semmering. In Graz kamen wir unter strömendem Regen an, allein alle Anordnungen waren gut getroffen, wir schlüpften in einen ganz geschlossenen Wagen und im Galopp ging es bis an unsere Haupttreppe und in die geheizten Zimmer.

Das Mäderl schlief die ganze Nacht, als ob nichts vorgefallen wäre, und am andern Tage staunte sie alles sichtlich an, war aber sehr erfreut. Es war das aber auch ein herrlicher Tag, an dem unsere Wohnung wie verklärt erschien. Nur noch einen solchen Sonnentag hatten wir dann, seit Freitag ist es trüb und kalt, und ich habe jetzt mit meinen sechs Thermometern, in je eines Zimmers Mitte einer, die Regulierung der Heizung in Arbeit, so dass wir mit Octavie zu Hause promenieren können.

Pebal und Karajan waren über Stremayrs Wortbrüchigkeit furchtbar aufgebracht. Ich bin noch immer untröstlich über den Verfall, dem unsere Universität durch diese Wirtschaft entgegengeht. Wahrhaft unselige Verhältnisse, wenn Jesuiten und Ignoranten das große Wort führen und ehrliche Leute die Segel streichen müssen.

Donnerstag fangen die Vorlesungen an. Wir wollen sehen, was das Jahr bringt? Schreibe bald, sehr bald, wie es Dir geht, und sei mit Auguste und Schurzens herzlich gegrüßt von Rosa und

Alexander

L.986 *R.833

1877 X 16, Wien

Lieber Bruder!

Es freute mich sehr zu erfahren, dass Ihr so glücklich in Graz angekommen seid, und dass namentlich Dein kleines Mädel die Reise so gut überstanden hat. Hoffentlich wird die Kleine den ersten Winter im Frühling ihres Lebens wachsen, blühen und gedeihen.

Mir selbst geht es Gott sei Dank wieder besser als in den Tagen nach Eurer Abreise. Lumbalschmerzen und allerhand lästige Symptome veranlassten mich, Dr. Ultzmann zu konsultieren und meinen Harn einer gründlichen Beobachtung und Untersuchung zu unterziehen. Man fand sehr viele Kristalle von Harnsäure und oxalsaurem Kalk. Einzelne Blutkörperchen, Nierenepithel und Spuren von Eiweiß. Durch reichlicheres Wassertrinken und Gebrauch von Alkalien habe ich es soweit gebracht, dass alle Beschwerden sich wesentlich besserten und die letzte Untersuchung ein verhältnismäßig befriedigendes Resultat ergab. Ich lege den Brief Ultzmanns im Original bei. Ich hoffe, Dich damit wieder zu beruhigen, wie ich es auch selbst wieder bin. Ultzmann selbst hat eine solche Attacke an sich durchgemacht und sogar zwei Jahre lang an Albuminurie gelitten und ist jetzt wieder ganz gesund.

Ich schließe mit herzlichen Grüßen und Küssen an Dich, Rosa und Octavie, Dein

Emil

L.987 *R.834

1877 X 16, Wien

Lieber Freund

Durch fernere Beobachtungen habe ich mich überzeugt, daß die Differenz des Brechungsquotient (α - γ) beim Gips zwischen D und E wirklich ein Minimum hat.

Ich habe auch verschiedene Rechenfehler eliminiert und glaube, dass folgende Werte ziemlich gut sind.

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Es ist allerdings ein wunderbarer Zufall, daß die Differenz für rot und blau gleich ist.

Wie geht es Deiner verehrten Frau und Kind, hoffentlich recht gut. Ich war mit meiner Frau noch 14 Tage in der Schweiz. Wir hatten sehr gutes Wetter und waren sehr vergnügt. Zwei Tage waren wir auch bei der Naturforscherversammlung, die weniger heiter war.

Mit besten Grüßen, Dein

V. Lang

Anmerkung In diesen Brief hat Rollett die Korrespondenzkarte Langs vom 1. 11. 1877 eingeklebt.

L.988 *R.835

1877 X 17, Tübingen

Hochverehrter Freund!

Seit 14. abends befinden wir uns hier und sind mit den ersten Eindrücken, die wir empfingen, recht zufrieden. Prof. Henke hatte uns bereits eine neue Wohnung besorgt, so dass wir sofort unser definitives Winterquartier beziehen konnten. Wir sind bei Frau Witwe Niethammer, einer Tochter Justinus Lerners, einer liebenswürdigen alten Frau, die mit ihrer Tochter hier lebt, gut untergebracht. Henke, den ich gleich am Montage aufsuchte, ist ein sehr lieber, mir außerordentlich sympathischer Mann, der mich mit großer Herzlichkeit aufnahm. Ich hoffe daher, hier einen sehr angenehmen Winter zuzubringen. Schon gestern habe ich zu arbeiten begonnen, zunächst an einer oberen Extremität; ich bin mit Henke in einem Zimmer; er selbst will diesen Winter eine neue Auflage seines topographisch-anatomischen Atlas bearbeiten, was mir recht á propos kommt. Was die Anatomische Anstalt angelangt, so bin ich etwas enttäuscht. Das Gebäude ist zwar äußerlich recht hübsch und schön, am Abhange des Österberges gelegen; allein die Einrichtungen sind etwas primitiv und durchaus nicht den modernen Anforderungen entsprechend. Insbesondere fehlt vorderhand noch eine Wasserleitung, die mir, da ich jahrelang daran gewöhnt bin, doppelt abgeht. Die Seziertische sind ebenfalls mangelhaft. Indes sind dies doch Nebensachen; Material scheint genug vorhanden zu sein. Andere Anstalten habe ich noch nicht besucht, die Vorlesungen fangen erst Ende dieses Monats an und ich werde Ihnen später über hiesige Verhältnisse ausführlicher schreiben, wenn ich selbst erst mehr gesehen. Da die Tage jetzt noch sehr schön und warm sind, benütze ich die freien Stunden zu Spaziergängen in die wirklich reizende Umgebung der Stadt.

Was mich heute vorzüglich veranlasst, Ihnen zu schreiben ist die Neugierde, etwas von Graz zu hören. Ich bin seit 18. August abwesend und weiß gar nichts, was seitdem in der Fakultät vorgefallen. Ich habe zwar ziemlich fleißig die Wiener Zeitungen angesehen, solange ich in Tirol war, und fahndete vergeblich nach den Ernennungen Schroffs und Klemensiewiczs. Seit meiner Abreise nach Deutschland am 10. Oktober habe ich keine Wiener Zeitung mehr gesehen. Ich bin natürlich etwas in Unruhe darüber, wie die Entscheidung ausgefallen ist und wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich ein wenig orientieren würden. Von Innsbruck aus habe ich an M. Buchner für den Naturwissenschaftlichen Verein eine Abhandlung über den kiementragenden Triton cristatus gesendet. In derselben ist auch die Rede von den Erdsalamandern, die ich heuer im Sommer einige Zeit unter dem Argentinnetze hielt. Zwei der Tiere waren noch nicht metamophosiert als ich Graz verließ. Es würde mich interessieren, ob sich die Tiere jetzt verwandelt haben und wie groß dieselben jetzt sind, wenn sie noch leben. Ich könnte die Daten eventuell bei der Korrektur noch benützen. Es grüßt Sie herzlichst Ihr ganz ergebener

V. Ebner

L.989 *R.836

1877 X 21, Graz

Lieber Bruder!

Ich danke Dir sehr für Dein Schreiben vom 16. dieses Monats, obwohl es meine immer wieder auftauchende trübe Ahnung, dass es Dir nicht gut geht, bestätigte, brachte es mir auch den Trost, dass Du den Anfall überwunden und wieder hergestellt bist. Ich möchte fast glauben, dass die Anstrengungen Deiner Reise etwas zu große waren. Denn entgegen der früheren Behauptung, dass körperliche und geistige Anstrengung die Menge der Harnsäure herabsetzen, muss ich aus eigener Erfahrung der neueren Angabe zustimmen, dass dadurch die Harnsäure gesteigert wird.

Dazu kam, wenn der von Ernst mir hinterbrachte Schnupfen und Katarrh kein bloßer Vorwand war, noch dieser, wahrscheinlich mit starkem Fieber, welches, wenn auch leicht, bei rheumatischer Disposition schon Eiweiß im Harn zur Folge haben kann.

Ich bitte Dich jetzt, nur recht rücksichtslos vorsichtig zu sein und ganz auf Dich allein zu denken. Das diätetische Regime und Hütung vor Verkühlung möchte ich Dir recht ans Herz legen. Ich war einige Male Zeuge, dass Auguste mit dem Lüften der Wohnung beim Aufräumen etwas zu viel Zugluft arrangiert.

Darauf bitte ich zu achten und in der Praxis sich nicht ausnützen lassen und wenn auch hochgestellte Personen es verlangen sollten. Man setzt im Verhältnis zu dem Dank der Leute zu viel ein, wenn man sich selbst verleugnet. Also nur recht vorsichtig und auf Dich bedacht, ein ruhiges Leben in der nächsten Zeit. Ich bitte Dich aber, mir recht bald wieder zu schreiben, wie es Dir geht, und ob Du Dich wieder ganz wohl fühlst.

Ich habe am 15. dieses Monats meine Vorlesungen begonnen und bisher in Arbeit und Frieden gelebt. Rosa und Octavie befinden sich wohl und Letztere gedeiht wie bisher.

Basch hat mich unlängst besucht und sich das Laboratorium angesehen. Während der Ferien war Kussmaul hier, besah sich das Institut und hinterließ eine Karte. Oskar ist noch immer unglücklich, dass er hier bleiben muss.

Grüße Auguste, Schurz, Adele und Kinder und sei herzlichst gegrüßt von uns allen, Dein

Alexander

L.990 *R.837

1877 X 24, Niederdrees Rheinbach Bonn

Hochwohlgeborener Herr!

Euer Hochwohlgeboren wage ich endlich aus weiter Ferne mit einer Bitte zu behelligen.

Seit einiger Zeit beschäftigt mich die von einigen Moralisten angeregte Frage, ob es mitten zwischen zwei Menstruationen des Weibes eine Zeit gäbe, wo das Weib im allgemeinen seltener empfange, in specie, was die Statistik darüber lehre. Da ich in dieser Beziehung bis jetzt nur sehr spärliche Aufschlüsse erlangte, so fasse ich den Mut, Euer Hochwohlgeboren um gütige Belehrung anzugehen. Sollte ich Ihnen durch diese Bitte nicht lästig fallen, so erlaube ich mir die weitere, sich keine Unkosten zu machen, sondern nur unfrankiert zu antworten.

Hochachtungsvollst zeichne ich, Euer Hochwohlgeboren ergebenster

H. Adams
Rektor

L.991 *R.838

1877 XI 1, Heidelberg

Lieber Freund!

Ungemein bin ich auf Chodins Arbeit gespannt, welche mir der Autor hoffentlich umgehend schickt. Ich selbst habe den Gegenstand, da ich ihn bei Ihnen in so guten Händen wußte, kaum berührt und nur neuerdings wieder bemerkt, daß ein mit sehr wenig verdünnter NaCl-Lösung aus einer bedeutenden Anzahl in der Sonne gebleichten Froschnetzhäuten bereitetes Extrakt alkalisch reagierte, was natürlich über eine Partialreaction der Stäbchen noch nichts aussagt. Klemensiewicz möchte ich gerne helfen. Ich weiß nicht, wie die Dinge bei Virchow stehen und erfahre im Allgemeinen nur, daß die Herren im pathologischen Institute in Berlin mißmutig und Virchow selbst etwas rücksichtslos sei. Jedenfalls sind die Zeiten der Fruchtbarkeit des Institutes nicht mehr die alten. Klemensiewicz könnte da aber Änderung bringen, und ich will deshalb gleich an Cohnheim schreiben, um Genaueres über die fragliche Volontärstellung zu erfahren, worüber ich Ihnen dann berichten werde. Ich hatte vor kurzem eine Assistentenstelle zu besetzen (die zweite chemische Stelle bei mir), bin aber jetzt schon tief mit einer dazu designierten Persönlichkeit in Unterhandlung. Doch wäre dieselbe wohl kaum etwas für Herrn Klemensiewicz gewesen, da ich vorwiegend jemanden suche, der mit mir das physiologisch-chemische Praktikum leitet.

Schreiben Sie doch an von Ebner, daß er mir eine große Freude bereiten würde, wenn er Tübingen nicht verließe, ohne einen kleinen Abstecher zu mir gemacht zu haben. Von Ebners Arbeiten sind mir so außerordentlich wert, ich verehre in ihm so sehr den rechten Histologen (im Gegensatze zu den mikroskopischen Anatomen und den philosophierenden Morphologen), dass ich mich gerne mal mit ihm ausspräche.

Für Ihre neueste optische Arbeit danke ich Ihnen wieder sehr, nicht ohne Neid auf die darin entwickelten Kenntnisse in der theoretischen Optik. Die meinigen gehen darin wie in vielen anderen Dingen fortwährend zurück und ich kann nur Kenntnisse pflegen, die ich täglich in meinen Arbeiten umsetze und finde sie so gering, daß ich mir oft des Abends gestehen muß, mal wieder alles benützt zu haben, was ich überhaupt weiß. Sie können es kaum wissen, mit welcher Herzensfreude ich Ihre gütigen Worte für mich las, denn wenn ich zum Glück auch keine Ursache zu solchen Klagen empfinde wie Sie, muß ich mir doch immer wieder sagen, daß solche Zeiten, wie die in der Jugend gemeinsam verlebten, nie wiederkehren. Wie ich selbst nie an Karriere, äußere Verhältnisse, Einfluß, Ehrgeiz und alle diese Dinge, die einem im kollegialen Leben, das doch leider das von Beamten ist, umgeben, dachte, so hatte ich auch das Glück, nur solchen jüngeren Genossen nahezutreten, die auch von dem einzigen Gedanken an die Forschung beseelt wurden, und das ereignet sich im Laufe der späteren Existenz nicht wieder.

Sie so ganz besonders in diese Hinsicht zum Mißmut berechtigt zu sehen, ist mir ein nagender Kummer und weckt mir den sehnlichsten Wunsch, einmal Gelegenheit zu finden, Ihnen aus den gegenwärtigen Verhältnissen mithelfen zu dürfen herauszutreten. Wahrlich, wenn ich einen Sohn mit der Begabung des Forschers hätte, würde ich ihn Bierbrauer oder etwas derart werden lassen (wie zum Beispiel Joule und viele Engländer), damit er als unabhängiger Mann ganz nach seiner Art der Forschung neben dem Erwerbe leben könnte.

Nun genug für heute; Sie erhalten bald mehr Nachricht, wenn ich mich orientiert habe.

Mit herzlichem Gruße, Ihr alter Freund

W. Kühne

Anmerkung Diese Korrespondenzkarte hat Rollett in Langs Brief vom 16. 10. 1877 eingeklebt.

Ich habe leider, oder vielmehr glücklicherweise, noch einen Rechenfehler entdeckt, wodurch der Gang der Differenzen jetzt schön wird.

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Die letzte Stelle bleibt natürlich ebenso gut weg. Ich werde auch noch α und γ nach der Formel

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berechnen und Dir die Resultate baldigst mitteilen.

Mit besten Gruße, Dein

Lang

α und γ sind nämlich mit einem einzigen Prisma auf sehr umständlichem Wege aus 12 Beobachtungen berechnet, daher die vielen Rechnungsfehler.

L.993 *R.839

1877 XI 4, Tübingen

Hochverehrter Freund!

Ihre Nachrichten haben mich nicht ganz unvorbereitet getroffen, denn gerade einen Tag bevor ich Ihren Brief erhielt, las ich in der Neuen Presse, welche im hiesigen Museum aufliegt, die Ernennung Schroffs und suchte vergeblich nach jener Klemensiewiczs. Sie können sich meinen Verdruß denken. Ich bedaure recht aufrichtig Klemensiewicz, der nun ein Opfer unserer elenden Unterrichtszustände geworden ist. Ich für meinen Teil bin nun erst recht froh, daß ich den Winter über hier bin, denn ich bin sicher, daß ich in Graz wie im verflossenen Winter zu keiner Arbeit käme, aus purem Arger. Hier denke ich nicht viel nach über Grazer Zustände, und bis der Sommer kommt, rinnt noch viel Wasser. Ich möchte Ihnen nur wünschen, daß Sie auch ein wenig auf Urlaub gehen könnten, um diese wirklich haarsträubende Geschichte zu vergessen, und ich bin überzeugt, daß es Ihnen wohl schwer werden wird, den Gleichgültigen zu spielen. Ob ich Ihnen wünschen soll, daß Sie Graz dauernd verlassen, ist mir neuerdings wieder zweifelhaft geworden, wenigstens für den Fall, daß es sich um die Übersiedlung an eine kleine Universität wie Tübingen handeln würde. Es ist doch ein rechtes Krähwinkel. Wenn ich mir so denken müßte, daß ich mein ganzes Leben lang immer nur mit Universität und Professoren zu tun haben sollte, mich auf jeden anderen Umgang und auf alles, was eine größere Stadt bietet, für immer verzichten sollte, so würde mich das doch einiger Maßen deprimieren. Das schönste ist, daß die Tübinger Bevölkerung, obwohl sie von der Universität lebt, dieselbe verwünscht, daß auch hier, was sich in einem Ländchen wie Württemberg gerade zu komisch macht, ein großes Geschrei über die vielen "Ausländer" ist. An der Universität selbst soll auch nicht alles ideal beschaffen sein, und eine Einrichtung, die ich mir theoretisch als sehr zweckmäßig vorstellte, soll gerade der größte Übelstand sein. Ich meine die Zusammensetzung des akademischen Senates aus sämtlichen ordentlichen Professoren. Da der Senat einen Wirkungskreis hat, der sich bis auf die speziellen Bedürfnisse einzelner Institute erstreckt, sollen sich nun öfter die unerquicklichsten Szenen ergeben, wie z. B., dass Theologen die Frage erörtern, ob für die Zoologische Sammlung neue Schränke angeschafft werden sollen usw. Was die hiesige medizinische Fakultät anlangt, habe ich jetzt mit Ausnahme von Schüppel und Bruns alle Herren kennengelernt. Vierordt ist ein sehr liebenswürdiger Herr, der wenigstens mir gegenüber große Sympathien für Österreich zur Schau trug und sich voll Anerkennung über das, was bei uns für die Universitäten geschieht, aussprach, bis ich ihn teilweise eines besseren belehrte. Sein neues Institut ist ziemlich klein, ohne besondere Einrichtungen, aber mit, wie ich flüchtig sah, ziemlich reichhaltiger Apparatensammlung. Vierordt mußte sich jahrelang mit drei Zimmern an der Anatomie begnügen und ist mit seinem jetzigen Institut bestehend aus Hörsaal, Experimentierzimmer, chemischen Arbeitswaagenzimmer, ein Zimmer, das die Apparate enthält, in welchem auch spektroskopiert wird, und endlich einem Zimmer für den Professor ganz zufrieden. Mit Jürgensen sprach ich über die Pharmakologie etc. Er ist eigentlich zweiter Kliniker und hat als solcher die Poliklinik und betrachtet die Vorlesungen über Pharmakologie als ein Nebenfach, daß er nolens volens übernehmen mußte. Von der Pharmakognosie wußte er eigentlich gar nicht, wie das komme, daß sie nur von einem Apotheker vertreten ist, offenbar kümmert sich die Fakultät gar nicht darum.

Die gerichtliche Medizin trägt ein praktischer Arzt, der Extraordinarius ist, vor. Oesterlen hat kein Institut und bringt, wie er mir selbst sagt, kaum ein Kolleg zustande. Die Fakultät habe, wie er mir klagte, kein Bedürfnis nach einer ordentlichen Professur der gerichtlichen Medizin, da dies kein wissenschaftliches Fach sei! Die Kliniken habe ich noch nicht besucht. Liebermeister und den Ophthalmologen Nagel suchte ich zu Hause auf. Mit Letzterem hatte ich ein sehr merkwürdiges Gespräch über die Stellung der Anatomie. Er sprach sich sehr despektierlich über die grobe Anatomie aus und bedauert es lebhaft, daß die Fakultät keinen Histologen besitze, er sei dafür gewesen, nach dem Tode Luschkas einen solchen zu berufen. Liebermeister umgekehrt fand, daß die grobe Anatomie von den meisten modernen Anatomen viel zu sehr vernachlässigt werde. Ich für meinen Teil bin vorläufig sehr zufrieden, meine anatomischen Anschauungen wieder auffrischen zu können. Ich habe es doch bei meinen embryologischen Studien oft empfunden, daß mir die nötige Sicherheit in den anatomischen Vorstellungen abhanden gekommen ist, und vorläufig werde ich mich wohl noch rein mit Präparieren ohne speziellen Zweck für eine Arbeit abgeben. Möglich, daß ich gegen Ende des Semesters noch irgendeine Kleinigkeit in Henkes Richtung mache.

Ihre Mitteilung über Ihren Nachbarn im unteren Stock riefen in mir übrigens den Gedanken wach, daß meine jetztige Beschäftigung eventuell sehr von praktischem Belang sein könnte. Für die freundschaftliche Zusendung Ihrer Arbeit über Spektraluntersuchung der Interferenzfarben meinen besten Dank, sowie für Ihren zwar wenig verbindlichen, aber über die traurige Lage der von uns vertretenen Sache mich ausführlich orientierenden Brief. Von meiner Frau und mir die herzlichsten Grüße.

Ihr ganz ergebener

V. Ebner

L.994 *R.840

1877 XI 6, Wien

Lieber Freund!

Folgendes, die Resultate meiner Ausgleichsrechnung.

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Die Berechnung geschah nach der Formel

γ= a + b/λ2 – c/ λ4

Die benutzten Wellenlängen sind nach Ditscheiner

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Die größten Differenzen bei der Rechnung ergeben sich immer für Linie D und F, sodaß ich fast vermute, die betreffenden Wellenlängen seien unrichtig.

Ich möchte bald eine Arbeit der Akademie übergeben, soll ich oder darf ich Deine Untersuchungen dabei erwähnen, d.h. bei mündlichem Vortrage.

Mir und meiner Familie geht es sonst gut, nur ist meine Frau sehr bekümmert wegen ihres Vaters, der mit einem sehr bedenklichen Herzleiden in Venedig ist, und wegen ihrer Großmutter, die vor kurzem die vierte Punktation glücklich überstand.

Da Du von Deiner Familie nichts schreibst, so hoffe ich, dass es gut geht, und bitte, mich Deiner Frau auch zu empfehlen.

Mit vielen Grüßen, Dein

Viktor Lang

Anmerkung Als Anmerkung zum γ in der ersten Tabelle gehörig, aber an den Kopf des Briefes und auch über das Datum hinweg mit roter Tinte geschrieben:

[N]icht β wie Du geschrieben

[Der] Unterschied dieser neuen[?] Differenzen von den alten dürfte kein in Deiner Rechnung fühlbarer sein?

Im Übrigen bitte ich vielmals um Entschuldigung für meine wiederholten Plutzer [Fehler]

V.L.

L.995 *R.841

1877 XI 7, Heidelberg

Lieber Freund!

Cohnheim, der die Verhältnisse in Berlin und bei Virchow genau kennt, schreibt mir, dass es dort keine Volonteurassistenten gebe. Virchow hat einen auf Zeit angestellten Assistenten für die Sammlung, der aber keine Sektionen, die eine Art amtlichen Aktes sind, macht. In Virchows Institut findet zum Arbeiten eigentlich jeder leicht Zutritt und Material und reifere Leute haben dabei die Angenehmlichkeit, dass sich niemand um sie kümmert. Ob aber jemand dort gern gesehen wird, der damit auch akademische Zwecke verbindet, scheint fraglich. – Ich wollte mich beeilen, Sie hievon zu orientieren.

Haben Sie sich meine Neurokeratin-Sache schon mal angesehen? Sie sollen nächstens Ausführlicheres darüber bekommen.

Können Sie mir sagen, ob der Redakteur einer Wiener medizinischen wöchentlich erscheinenden Zeitung Kraus derselbe ist, der einmal Brückes Vorlesungen nachgedruckt hat? Derselbe erbat sich vor einigen Monaten in ziemlich zudringlicher Weise meine Separatabdrücke, um Schenk in seinem Journal darüber referieren zu lassen. Ich schlug es ihm kurz ab und schicke auch Schenk seitdem nichts mehr. Ersteres hätte ich unter allen Umständen getan und Letzteres werde ich fortsetzen, wenn Schenk wirklich mit dem, der nicht zum Besten gegen Brücke handelte, engere Beziehungen haben sollte. Mit herzlichem Gruße Ihr

W. Kühne

L.996 *R.842

1877 XI 13, Wien

Lieber Freund!

Mein Telegramm sollte hauptsächlich verhindern, daß Du neue überflüssige Rechnungen anstellst. Indem ich einen großen Teil meiner Rechnungen wiederholte, wollte ich Dir alsbald das Resultat derselben mitteilen. Leider verhinderte ein Rheumatismus mich drei Tage am Arbeiten. Ich hoffe aber, morgen und übermorgen imstande zu sein, Dir die definitiven Werte zu schicken. Ich glaube wohl, daß auch diese sich nicht allzuweit von denen entfernen werden, mit denen Du rechnetest, so dass hoffentlich Deine Mühe nicht verloren. Übrigens müßtest Du ja selbst diese Differenzen aus Deinen Coincidenzversuchen ableiten können. Es interessiert mich dies, weil man auf diese Art vielleicht etwas über die Brechungsquotienten des Glimmers erfahren könnte.

Was meine Bemerkung über die Erwähnung Deiner Untersuchungen betrifft, so bezog sich das nur auf den mündlichen Vortrag. – Ich bin so schreibfaul, daß ich in meiner Arbeit nur das Notwendigste sagen werde. Ich danke Dir für die Literaturangaben, die ich eventuell vor meinem mündlichen Vortrag noch etwas beherzigen werde.

Mit besten Grüßen, Dein

V. Lang

L.997 *R.843

1877 XI 15, Wien

Lieber Freund!

Soeben habe ich meine Rechnung beendet und finde definitiv

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Die sechste Dezimale kannst Du nach Belieben auch weglassen und die fünfte korrigieren. Hoffentlich schimpfst Du nicht zu sehr über meine vielen Rechenfehler.

Mit den besten Grüßen Dein

Viktor Lang

L.998 *R.844

1877 XI 19, Tübingen

Hochverehrter Freund!

Besten Dank für Ihre Nachrichten, die ich nebst der Festschrift heute erhielt. Die Letztere ist wirklich ein jämmerliches Machwerk, allenfalls als Lückenbüßer für eine medizinische Zeitung. Auch begreife ich nicht, wie man sich eine solche pathologisch-anatomische Seeschlange, wie es die Magenerweichung ist, zu einer Causerie aussuchen kann, es müßte denn nur sein, daß man dem alten Rokitansky eine ganz besondere Freude machen wollte. – Ich habe hier auch eine Universitätsfeier, 6. dieses Monats, mitgemacht. Es war die Verteilung der Preise. Kanzler von Rümelin hielt eine formvollendete Rede über die Arbeitsteilung in der Wissenschaft, in der ein zum Teil wehmütiger Vergleich zwischen einst und jetzt angestellt wurde und die Unmöglichkeit eines universellen Wissens hervorgehoben wurde. Rümelin kam darauf hinaus, daß wir uns schon einem wissenschaftlichen Lebel nähern, wo einer den anderen nicht mehr versteht und einzelne Gelehrte für sich oder höchstens einige wenige Fachgenossen Bücher schreiben.

Die wissenschaftliche Überproduktion Deutschlands wurde mit Humor behandelt und gezeigt, wie das im Ganzen gerechtfertigte Verlangen, dass ein akademischer Lehrer sich durch ein Buch „legitimiere“, seine bedenklichen Kehrseiten hat. Die Rede machte, wie ich hörte, etwas böses Blut unter den Professoren, da man es unpädagogisch fand, vor den Studenten ein so delikates Thema zu behandeln, umso mehr als Rümelin auch darauf hinweist, wie schwer es den Studenten bei den großen Anforderungen, die man an ihr positives Wissen stellt, wird, während ihrer Studienzeit sich mit selbstständigen Arbeiten zu befassen. Es ist ein bemerkenswertes Zeichen der Zeit, daß Recklinghausen in Straßburg in einer akademischen Rede dasselbe Thema ähnlich behandelte.

Ihr Brief vom 5November versetzte mich in eine große Aufregung. Der Erlaß des Ministers ist geradezu haarsträubend und es ist leider nur zu wahr, daß die Majorität unseres Kollegiums im Minister einen willigen Bundesgenossen hat. Ach wie herzlich wünschte ich Klemensiewicz eine glänzende Satisfaktion für diese Bübereien. Der Kommission wünsche ich zu ihrer sauberen Aufgabe viel Vergnügen. – Ihre Mitteilung von Kühne hat mich ungemein gefreut. Ich gehe wahrscheinlich um Weihnachten auf einige Tage nach Heidelberg und wenn nicht um diese Zeit, jedenfalls vor meiner Rückreise nach Graz. Was meine neulichen Auslassungen über die kleinen deutschen Universitäten betrifft, so kann ich mich der Überzeugung nicht entschlagen, daß es ein mittelalterlicher Anachronismus ist, Universitäten in solche elende Nester zu legen. Was aber Ihre Bemerkungen über akademische Zustände betrifft, so gebe ich Ihnen vollständig recht; es ist wirklich ein akademischer Sumpf in Graz, während an den deutschen Universitäten das Bewußtsein von der Aufgabe einer Hochschule in Fleisch und Blut steckt. Ich habe mich noch nicht entschließen können, so recht von der Leber weg hier über unsere Zustände zu reden; ich käme mir wie ein Vogel vor, der sein eigenes Nest beschmutzt. Vielleicht tue ich es, wenn ich erst besser bekannt bin.

Es grüßt Sie herzlich, Ihr ergebenster

V. Ebner

L.999 *R.845

1877 XI 22, Graz

Lieber Bruder!

Du lässt mich so lange ohne Nachricht über Dein Befinden, dass ich nun fast glaube, dass Du meinen Brief, in welchem ich Dir den Ultzmanns auch rücksendete, nicht erhalten hast. Nur weil ich immer und immer auf Deine Antwort wartete, hatte ich so lange nichts von uns hören lassen. Nun muss ich aber doch anfragen.

Ich arbeite sehr fleißig und möchte bald mit zwei Arbeiten ausrücken über die Farben der Newtonschen Ringe und über das Verhalten der Muskelfasern in polarisiertem Lichte.

Jeder Tag, den ich noch auf diese Arbeiten wenden muss, ist verloren für die große Arbeit: Kreislauf und Blut, welche ich nun definitiv übernommen habe.

Zuntz, ein Schüler Pflügers, wird den Chemismus der Atmung arbeiten, nachdem vorher auch Setschenow abgelehnt hat.

Die Ordnung dieser Sache hat den Abschluss der Kontrakte bis vor 14 Tagen verzögert. Doch bitte ich Dich, darüber nichts zu sprechen, damit man nicht etwa sage, ich hätte alles ausgeplaudert. Bekannt wird alles ohnehin, wenigstens hat Basch, der im Oktober hier war, so ziemlich alles gewusst, was mir nur vertraulich bekannt gemacht wurde.

Octavie gedeiht gut. Sie bekommt nun seit 15. dieses Monats einmal täglich Kuhmilch, und wir wollen mit der Dosis bald steigen.

Ebner schreibt mir fleißig aus Tübingen. Er findet, dass dort das akademische Leben insoferne besser ist, als allen die hohe Aufgabe der Universität in Fleisch und Blut steckt, er hält es aber für einen mittelalterlichen Anachronismus, eine Universität in ein so kleines Nest zu verlegen und würde unglücklich sein, wenn er das ganze Jahr nur von Universität und Professoren leben müsste und auf alles verzichten sollte, was eine größere Stadt bietet. Das frische akademische Leben sei aber mit unserem Sumpf gar nicht zu vergleichen.

Bei einer akademischen Feier, der Ebner in Tübingen anwohnte, sprach der Kanzler Rümelin (der Shakespeare-Forscher) über die Arbeitsteilung in der Wissenschaft. In der Rede wurde ein Vergleich angestellt, zwischen einst und jetzt und die heutige Unmöglichkeit eines universellen Wissens hervorgehoben. Wir nähern uns, sagt Rümelin, einem wissenschaftlichen Babel, wo einer den andern nicht versteht und einzelne Gelehrte für sich oder nur einige Fachgenossen Bücher schreiben. Dann behandelte er mit Humor die wissenschaftliche Überproduktion Deutschlands und meinte, das im Ganzen gerechtfertigte Verlangen, dass ein akademischer Lehrer sich durch ein Buch legitimiere, hätte auch seine bedenkliche Kehrseite.

Dabei beklagte er aber andererseits, dass die Studenten wegen der großen Anforderungen, die man an sie stellt, während ihrer Studienzeit sich nicht mit selbstständigen Arbeiten befassen können.

Recklinghausen soll in Strassburg ein ähnliches Thema in ähnlicher Weise behandelt haben. Gewiss ein merkwürdiges Zeichen der Zeit. Ich bin sehr neugierig, beider Rede, von denen ich nur durch Ebner weiß, selbst zu lesen und empfehle sie auch Dir.

Mit herzlichen Grüßen an Dich, Auguste, etc. von mir und Rosa, Dein

Alexander

L.1000 *R.846

1877 XI 24, Wien

Lieber Bruder!

Deine Antwort auf mein letztes Schreiben habe ich samt dem beigelegten Brief für Ultzmann erhalten. Ich habe absichtlich eine längere Zeit verstreichen lassen, ehe ich wieder von mir Nachricht gebe, weil ich ja mein Befinden in längeren Intervallen besser beurteilen kann und auch nicht gerne dieselben Klagen wiederhole. Ich bin nun im Ganzen gegenwärtig mit meinem Zustande viel zufriedener. Die hauptsächlichsten Beschwerden, von denen ich das letzte Mal schrieb, habe ich fast gänzlich verloren. Trotz aller Vorsicht habe ich in den letzten Wochen wieder heftigen Schnupfen und Bronchialkatarrh bekommen, der aber gegenwärtig wieder nahezu verschwunden ist. Was mich aber am meisten belästigte, waren die über den ganzen Stamm und die unteren Extremitäten ausgebreitete namentlich beim Husten äußerst heftigen rheumatischen Schmerzen in Muskeln, Sehnen und Faszien. Ich zweifle nicht, dass nach der Konsistenzänderung der Schmerzen beim Drucke und dem fühlbaren, zum Teil auch hörbaren, Knarren stellenweise eine förmliche Tendovaginitis rheumatica vorhanden war. Dagegen habe ich mit zunehmendem Erfolge fleißig Massagen angewendet. Auch diese Beschwerden sind nahezu gewichen und nur an einzelnen Stellen bei forcierten Bewegungen in mäßigem Grade zugegen. Ich bin wieder ganz gelenkig. Mein Aussehen sowie mein Appetit sind gut, ich mache mäßig Bewegung und gehe wieder so vorsichtig als möglich meinen gewohnten Beschäftigungen nach. Die Mutter war ein paar Wochen bei mir zu Gaste und nach ihrer Abreise beherbergte ich die beiden Kinder Schurz eine Woche lang, bis Adele mit der Adaptierung ihrer neuen Wohnung im ersten Stock desselben Hauses fertig war. Gegenwärtig ist Hermine in Wien bei Schurz. Heute kommt Onkel Rudolf, der jüngst Oberst geworden ist, zu mir zum Souper. Auch die Familie Schurz und Hermine werden sich einfinden. Es wird mich gewiss sehr interessieren, die beiden Reden, von denen Du mir schreibst, zu lesen. Nur weiß ich nicht, wo dieselben zu finden sind.

Der Tod Pfefferkorns und Littrows hat mich sehr überrascht. Ich weiß auch nicht, woran dieselben gestorben sind. Vor ein paar Wochen war ich samt Tomaschek, Hann und Frau bei Lang zu Tisch geladen. Ich ließ mich verleiten, da ich mich ziemlich wohl fühlte, der Einladung zu folgen und am anderen Tage hatte ich von neuem Grippe und Rheuma, an denen ich eben bis in jüngste Zeit laborierte. Ich lebe noch immer fast ganz isoliert, besuche keine Vereine und finde mich nur manchmal zum Jour fixe bei Kanitz und Proskowetz ein. Heschl habe ich in Wien noch nicht gesehen.

Es freut mich, dass es Dir, Rosa und der Kleinen recht gut geht. Ich gratuliere Dir zu Deinen schönen Arbeiten und wünsche, dass dieselben flott von Stapel gehen. Herzliche Küsse und Grüße an Dich, Rosa und Octavie, Dein

Emil

L.1001 *R.847

1877 XII 3, Heidelberg

Lieber Freund!

Eben mit dem Ordnen von Briefen beschäftigt, finde ich auch den Ihren vom 30. Oktober wieder, und da ich ihn überfliege, sehe ich, dass mir der Herr Chodin keine Abdrücke seiner Arbeit über die Reaktion der Retina geschickt hat. Ihren Worten nach muss ich annehmen, daß jetzt nach 5 Wochen wohl Abdrücke existieren werden. Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie mir die Ihren umgehend schicken und für einige Tage leihen möchten, denn die Sache interessiert mich doch in ungewöhnlichem Grade.

2. finde ich, daß ich vielleicht Ihrer Anfrage in Betreff von Dr. Klemensiewicz nicht ganz entsprochen habe, insofern ich nur die Verhältnisse bei Virchow berücksichtigte. Ich trage darum hier nach, daß mir die Verhältnisse an anderen Universitäten sehr wenig bezüglich der pathologischen Anatomie bekannt sind. In Heidelberg, das heißt bei uns, ist kein besonders großes Leichenmaterial, aber bei Arnold wird viel experimentell, besonders von Thoma, gearbeitet, der bei Arnold Assistent und seit einiger Zeit Extraordinarius ist. Fremde, die mit Arnold befreundet sind, zum Beispiel jetzt Dr. Küttner aus Petersburg, arbeiten auf dem pathologischen Institute fortwährend, der Genannte, der hierher mit Familie übersiedelte und als vermögender Privatmann die Vorteile unserer Lage genießt, schon seit einigen Jahren. An meinem Institute hätte ich Dr. Klemensiewicz leider keine Stellung anzubieten, aber, wenn er Lust hätte, in meinem Laboratorium etwa so zu arbeiten, daß ich es verantworten könnte, ihm als Physiologe die immerhin nicht zu verachtenden Mittel zur Verfügung zu stellen, so würde ich mir natürlich ein Vergnügen daraus machen. Es ginge dies jedoch nur, wenn er als „Höherer reiferen Alters“, wie man das hier offiziell nennt, als Praktikant aufträte. So wenig ich glaube, daß Dr. Klemensiewicz damit gedient wäre, so möchte ich doch nicht unterlassen, Ihnen davon Kenntnis zu geben. Ich fürchte, Ihnen in der letzten Zeit nicht von allen meinen Arbeiten Abdrücke geschickt zu haben, und bitte es zu entschuldigen, durch ein Versehen, das ich beging, indem ich bei einigen vergaß, zu Anfang des Druckes Sonderabdrücke zu bestellen. So sind viele meiner Freunde jüngst um den schuldigen Tribut gekommen.

Vom Istituto di Bologna bekomme ich eben eine Arbeit von Ciaccio über die Endplatten (auch des Muskels) bei Torpedo. Ich war beim Ansehen der Abbildungen sehr erfreut über die vollkommene Bestätigung meiner Angaben über die Nervenendigung in Platten, aber sehr entrüstet über den schuftigen Verfasser, der mich bei der ganzen Geschichte nur hinsichtlich eines sehr zweifelhaften, von Ewald berührten Punktes, zitiert, der die Frage nach Scheiden der bloßen Terminalfaser des Frosches betrifft. Und dabei ist jener Ciaccio ein früherer Schüler von mir, der alle meine Arbeiten kennt. Sie werden die Abbildungen gewiß auch mit Interesse sehen, da sie sich auf das ohne Frage beste Objekt für die Sache beziehen.

Mit freundschaftlichem Gruße, Ihr

W. Kühne

L.1002 *R.848

1877 XII 22, Graz

Lieber Bruder!

Nun habe ich Dich einige Zeit auf eine Antwort warten lassen und habe mich daher zuerst noch für Deinen Brief zu bedanken. Ich entnahm demselben, dass Du zwar etwas, aber doch nicht ganz vorsichtig genug bist, wenn ich Dir nur meinen Duschapparat nach Wien schicken könnte, um Dich gegen Katarrhe abzuhärten, dann würde, glaube ich, Dein Befinden bald ein Besseres sein. Ich wenigstens mache nun durch Jahre an mir die Erfahrung, dass ich durch fleißiges Kaltwaschen so ziemlich gefeit bin gegen Anfälle von Katarrh und Rheuma, welchen ich ja früher auch sehr unterworfen war. Freilich mache ich die Sache sehr methodisch und vorsichtig.

Ich steige nie ohne Filzpantoffel auf die kalte Metalltasse, dann dusche ich eigentlich nicht, sondern lasse nur wenig Wasser in die Hände laufen und reibe mich damit aber am ganzen Körper ab. Erst wenn es sehr warm wird, dusche ich dann wirklich. Nach dem Wasserabreiben kommt das Trockenen mit gut aufsaugendem Stoff und darnach Aufenthalt im Zimmer, bis alle Wirkung der Waschung vorüber ist.

Ich glaube, man kann damit sehr viel erreichen, nur darf man kein landläufiger Kaltwassernarr sein, weil man sich sonst schaden anstatt nutzen könnte. Vielleicht denkst Du darüber nach und kaufst Dir noch eine Zimmerdusche?

Deine Frage wegen Pfefferkorn und Littrow weiß ich dahin zu beantworten, dass Pfefferkorn einer Lungenentzündung, Littrow einer Herzkrankheit erlegen ist. Pfefferkorn hatte 3 Wochen vorher sein 5-jähriges Mädchen an einer Blinddarmentzündung verloren.

Der Brief, welchen ich beilege, kam gestern mit der sonderbaren Bemerkung, welche Du auf dem Kuvert findest. Einen Tag zuvor eine Zeitung, die ich gleichzeitig unter Kreuzband aufgebe, auch aus Baden mit derselben Bemerkung. Glückliche Feiertage Euch allen. Octavie will sich schon immer für den schönen Wurstel bei Auguste bedanken, sie hat aber so viel für den Christbaum zu arbeiten, dass sie das erst später tun wird. Es geht uns allen gut. Schreibe bald Deinem

Alexander

Sehr geehrter Herr Kollege!

Eine Etats-Verhandlung mit unserem Ministerium machte es mir in hohem Grade wünschenswert, die Summe zu wissen, welche den größeren physiologischen Anstalten jährlich für sachliche Ausgaben (Tiere, Chemikalien, Apparate, Heizung, Beleuchtung) zur Disposition steht. Durch eine kurze freundliche Notiz hierüber würden Sie mich sehr verpflichten. Mich interessiert nur die Gesamtsumme; die Kenntnis der Einzelpositionen brauche ich nicht. Mit besten Grüßen hochachtungsvoll

R. Heidenhain

L.1004 *R.849

1877 XII 26, Tübingen

Hochverehrter Freund!

Die unglaubliche Affäre Klemensiewicz beschäftigt mich viel und ich denke hin und her, wie derselben doch noch eine möglichst günstige Wendung zu geben sei. Ich verstehe übrigens gar nicht, wie sich die Kommission die Frechheit herausnehmen sollte, Klemensiewicz bestimmte Weisungen über die Art der Verwendung der Subvention zu geben. Da kann doch nichts anderes geschehen, als dass man sich dagegen einfach als gegen eine unwürdige Zumutung verwahrt und erklärt, man könne die Subvention unter solchen Umständen nicht annehmen. Dagegen würde ich es ganz vernünftig finden, wenn Klemensiewicz im nächsten Sommer eine wissenschaftliche Reise nach eigenem Ermessen zu machen sich bereit erklärt. Ich begreife übrigens sehr wohl, dass man einer hinterlistigen Bande gegenüber sich möglichst in Schweigen hüllt und erst einen Angriff abwartet, um nicht einem neuen Hinterhalt sich auszusetzen. Ich bedaure Klemensiewicz unendlich und kann mir lebhaft denken, wie diese ekligen Geschichten ihm seine Arbeitslust und die Freude an der akademische Karriere verleiden müssen.

Die Broschüre Dumreichers habe ich hier noch nicht erwischen können, nur eine Besprechung derselben in der medizinischen Wochenschrift bekam ich zu Gesicht. Wie weit die Borniertheit der dort niedergelegten Ansichten geht, kann ich mir übrigens lebhaft denken, nachdem sogar die medizinische Wochenschrift diese Unterscheidung von solchen, die nutzen und solchen, die glänzen wollen, lächerlich macht. Es ist gut, daß gerade jetzt eine Rektorsrede Helmholtz’s, die Qualifikationen der Lehrer an den deutschen, englischen und französischen Hochschulen einer Vergleichung unterzieht, und den hohen Wert herausstreicht, den der deutsche Usus hat, zu akademischen Lehrern nur solche zur berufen, die durch selbstständige Arbeiten den Beweis geliefert haben, dass sie wissen, wie man sich wissenschaftliche Überzeugungen verschafft. Was übrigens speziell die Reform der medizinischen Studien anlangt, so merke ich wohl, daß auch hier der prinzipielle Punkt, wie in den medizinischen Fakultäten am besten die Hochschule mit der wissenschaftlichen, akademischen Aufgabe vereint werden soll, zu sehr divergierenden Anschauungen führt. Letzthin hatte ich ein sehr merkwürdiges Gespräch mit Eimer, aus dem hervorging, daß die naturwissenschaftliche Fakultät sehr schlecht auf die medizinische zu sprechen ist, und die hiesigen Mediziner als Verächter der Naturwissenschaften betrachtet. In Württemberg war früher ein 5jähriges Studium für die Mediziner obligat, jetzt ist dasselbe auf 4 Jahre herabgesetzt. Die Mediziner trieben früher in ausgedehntem Maße Naturwissenschaften und noch jetzt ist ein 5stündiges Kolleg über Zoologie, ein 5stündiges über vergleichende Anatomie, dann Botanik 5stündig durch zwei Semester obligat. Die medizinische Fakultät sucht nun Zoologie und Botanik zu beschneiden, und zwar geschieht dies auf dem Wege der Stundenkollisionen. Insbesondere wird Henke beschuldigt, eine große Konfusion in der Stundeneinteilung hervorgerufen zu haben, sodaß jetzt die von Dursy gelesene Osteologie mit der Botanik kollidiert. Wenn man Eimer reden hört, möchte man meinen, die hiesige medizinische Fakultät sei nahezu auf demselben Niveau wie die unsere oder die Wiener; der einzige Ophthalmologe scheint eine Ausnahme zu bilden. Aber mit Leuten wie Henke, Liebermeister, Jürgensen etc. wollte ich mich schon auch bei prinzipiell sehr verschiedenen Anschauungen auseinandersetzen und ich bin auch in der Tat schon öfter in die Lage gekommen, über Entwicklungsfragen, in welchen Henke sehr einseitig auf dem roh mechanischen Standpunkt von Fick d.Ä. etc. steht, mich herumzuzanken, ohne zu finden, dass mit Henke nicht auszukommen sei, wie Eimer behauptet.

Auf die von Ihnen ausgesprochene Befürchtung, dass ich mich über die Zustände an unserer Universität und überhaupt über die gegenwärtige Universitätsverwaltung von Seite des Ministeriums in Schweigen hülle, kann ich Ihnen zur Beruhigung sagen, dass dieselbe grundlos ist. Die früher gebrauchte Phrase, von dem Vogel wollte nur der Empfindung Ausdruck geben, dass ich im Auslande vor Unbekannten im Allgemeinen das Gefühl habe, das Vaterland in Schutz nehmen zu müssen. Ich habe aber bereits mit Henke ausführlich über unsere Zustände mich ausgesprochen und ihm auch die Klemensiewicz-Affäre mittgeteilt, die er ganz richtig mit dem blödsinnigen Dozentenzüchtungs-System in Zusammenhang brachte. Auch mit Jürgensen habe ich, als er über die Kliniken in Graz sich mit mir unterhielt, ganz rückhaltlos gesprochen, unsere erbärmliche Situation geschildert und das herrschende System bei Besetzung von Professuren gekennzeichnet. Die Reise nach Heidelberg zur jetzigen Jahreszeit habe ich fallen gelassen; das Wetter hat umgeschlagen, es schneit jetzt sehr gemütlich; zudem sind die Züge so dumm eingerichtet, daß man einen ganzen Tag bis spät Abends braucht, um nach Heidelberg zu kommen.

Ich habe deshalb beschlossen, im Frühjahre vor der Heimkehr nach Graz noch einige deutsche Universitäten und insbesondere Heidelberg zu besuchen. Dass ich Kühne gegenüber gewiß nicht schweigen werde, dessen dürfen Sie sicher sein. Nun leben Sie recht wohl. Ich rufe Ihnen ein herzliches Prosit Neujahr zu – möge es, was kaum zu hoffen, auch an unseren Universitätszuständen eine Besserung bringen. – Auch meine Frau lässt Ihnen ein glückliches neues Jahr wünschen.

Ihr aufrichtig ergebener

V. Ebner

L.1005 *R.850

1877 XII 30, Czernowitz

Hochverehrer Herr Professor!

Der Jahreswechsel veranlaßt mich nicht allein, Ihnen, hochverehrter Herr Professor, und Ihrer Familie ein glückliches neues Annum zu wünschen, sondern auch, was Sie dem von allem menschlichen Verkehr Abgeschnittenen verzeihen müssen, ein paar Mitteilungen über meine Studien zu machen.

Seit langem arbeite ich zunächst für das entwicklungsgesch[ichtliche] Kapitel des 2. Bandes Insekten, an der Erforschung der Umwandlung der Raupen in den Schmetterling – ein Vorgang, der noch niemals ordentlich erläutert worden [ist].

Meine Querschnitte durch Kopf und Brust geben herrliche Aufschlüsse, wobei zumal die Entwicklung der zus[ammengesetzten?] Augen weiter zu verfolgen, Lust machen [sic]. Leider bin ich an diesen Studien, zu denen mir jetzt auch frisches Material fehlt, durch meine 5 wöchentliche Krankheit sehr aufgehalten worden.

Mein Museum ist jetzt schon vollständig eingerichtet und darf sich als Unterrichtssammlung gewiß neben der Grazer schon sehen lassen.

An Hörern ist kein Mangel – ich habe 20; aber was für [welche]! ¾ sind roh gebildete Realschüler, denen der Begriff wissenschaftlicher Bestrebungen schwer beizubringen.

Mit Kollegen hab ich gar keinen Umstand. Mein Leben bildet die Familie und meine Arbeitsbude; ich könnte aber nicht behaupten, daß ich bei dieser selbst auferlegten Einschränkung unglücklich wäre und mich nach den Weingläsern der anderen sehnte.

Sie haben mir seinerzeit einige histologische (mikroskop[ische]) Präparate versprochen. Wenn Sie mir was geben wollen oder können, ist mir alles erwünscht. Darf ich darauf hoffen? Mit dieser Bitte schließt Ihr Sie hochschätzender

V. Graber

Geehrtester Herr Professor!

Ich gratuliere Ihnen zum neuen Jahre und wünsche Ihnen und Ihrer werten Frau Gemahlin das Beste zum Jahreswechsel.

Leider bin ich nicht in der Lage, Ihnen auch nur ein Moment in Betreff meiner Angelegenheit mitzuteilen, das einen Schritt vorwärts bedeuten würde. Ich habe mit Professor Heschl und mit Dr. Karajan (Stattthaltereirat) gesprochen. Beide sind der Ansicht, dass ein Drängen beim Ministerium aussichtslos sei, da der Minister als Beamter meine Angelegenheit quasi als eine abgeschlossene betrachtet.

Ich will nun noch einige Male den Sektionschef Heider und auch den Minister torquieren, damit ich ihre Ansicht herausbringe. Vor einem Schritt, welcher mich wieder so wie im Vorjahre in ein fortwährendes Hin- und Herrennen, in ein Agitieren und Leisetreten hineinstürzt, schrecke ich zurück. Ich habe bis dato genug Zeit verloren und meine Arbeiten sind doch dasjenige, was mich bei der ganzen Geschichte am meisten interessierte. Soll ich diese in Ruhe lassen wegen solcher diplomatischer Schwänzeleien? Ich werde sehen, die Arbeit „Über das Muskel-Dictiom“ (so Heschls Nomenklatur für die Geschwülste) zu vollenden. Dann komme ich nach Graz. Bietet sich eine Gelegenheit, den Minister zu sprechen und ihn für meine Wünsche zu interessieren, so werde ich sie nicht vermeiden, aber mich abermals so herumhetzen und dann doch nicht mehr zu erreichen als auf geradem Wege, das ist mir zu dumm.

Ich bin durch angenehme Zerstreuung, deren sich im Hause meiner Schwester genug bietet, bis dato etwas faul gewesen – doch diese Faulheit beginnt mich auch schon sehr zu langweilen und ich sehne mich wieder nach der alten gewohnten Art zu arbeiten. Ich hoffe, Herr Professor sind mir noch so wie vorher, freundlich und gütig gesinnt, und in dieser Meinung erwarte ich die Zeit, da ich wieder in Ihrem Institute werde arbeiten können, mit Ungeduld. Meine Schwester und mein Schwager, welche Ihnen durch mich, da leider beide etwas unwohl sind infolge eines gestern stattgefundenen Tänzchens, ihre besten Wünsche zum neuen Jahr übersenden lassen, grüßen Sie auf das freundschaftlichste und wünschen, dass Ihre wissenschaftliche Tätigkeit und Ihr Ruf Ihnen Ihre Stellung auf der Grazer Universität bald wieder zu einer angenehmeren gestalten mögen.

Indem ich Ihnen nochmals das Beste und Freudigste zum Neuen Jahre wünsche, bleibe ich Ihr ergebener dankschuldiger Schüler

Klemensiewicz

Anmerkung Zur Datierung: Klemensiewicz wird im Oktober 1878 Extraordinarius.