Briefe 1867

Die untenstehende Briefliste ist mit Klick auf die jeweiligen Kategorien sortierbar. Absender und Empfänger werden nach Familiennamen sortiert.

Die mit * markierten Briefnummern entstammen der ersten Version dieser Edition, in welcher Briefe bis zum Jahre 1880 erschlossen wurden. Briefe ohne alte Numerierung und mit einer Datierung vor 1880 wurden nachträglich eingefügt.

KennungMarker KennungAbsenderMarker AbsenderEmpfängerMarker EmpfängerDatumMarker DatumOrtMarker Ort
L.302 *R.250Emil RollettAlexander Rollett1867 I 2Wien
L.303 *R.251Alexander RollettEmil Rollett1867 I 20Graz
L.304 *R.252[Gustav] von KottowitzAlexander Rollett1867 I 27[?]
L.305 *R.253Emil RollettAlexander Rollett1867 I 31Wien
L.306 *R.254Viktor von LangAlexander Rollett1867 II 28Wien
L.307 *R.255Emil RollettAlexander Rollett1867 III 4Wien
L.308 *R.256[NN] SchlagerAlexander Rollett1867 III 4Wien
L.309 *R.257Ernst LudwigAlexander Rollett1867 III 8Wien
L.310 *R.258Alexander RollettEmil Rollett1867 III 24Graz
L.311 *R.259Emil RollettAlexander Rollett1867 III 31Wien
L.312 *R.260Alexander RollettEmil Rollett1867 IV 8Graz
L.313 *R.261Adolf BarkanAlexander Rollett1867 IV 9Wien
L.314 *R.262Viktor von LangAlexander Rollett1867 IV 9Wien
L.315 *R.263Viktor von LangAlexander Rollett1867 IV 12Wien
L.316 *R.264Conrad ClarAlexander Rollett1867 IV 14Graz
L.317 *R.265Leopold von PebalAlexander Rollett1867 IV 16Graz
L.318 *R.266Alexander RollettEmil Rollett1867 V 4Graz
L.319 *R.267Emil RollettAlexander Rollett1867 V 8Wien
L.320 *R.268Alexander RollettEmil Rollett1867 V 13Graz
L.321 *R.269Emil RollettAlexander Rollett1867 V 18Wien
L.322 *R.270Alexander RollettEmil Rollett1867 V 19Graz
L.323 *R.271Emil RollettAlexander Rollett1867 V 22Wien
L.324 *R.272Alexander RollettEmil Rollett1867 V 26Graz
L.325 *R.274Viktor von LangAlexander Rollett[1867] [v.VI] [5][Wien]
L.326 *R.273Emil RollettAlexander Rollett1867 VI 2Wien
L.327 *R.275Viktor von LangAlexander Rollett1867 VI 5Wien
L.328 *R.276Viktor von LangAlexander Rollett1867 VI 18Wien
L.329 *R.277Philipp KnollAlexander Rollett1867 VII 6Prag
L.330 *R.278Alexander RollettEmil Rollett1867 VII 8Graz
L.331 *R.279Emil RollettAlexander Rollett1867 VII 9Wien
L.332 *R.280[Gustav] von KottowitzAlexander Rollett1867 VII 9[?]
L.333 *R.281Emil RollettAlexander Rollett1867 VII 29Wien
L.334Otto RemboldAlexander Rollett[1867-1876] IX 1[bei der Hohen Salve]
L.335 *R.282Leopold von PebalAlexander Rollett1867 IX 7Graz
L.336 *R.283Otto BeckerAlexander Rollett1867 IX 17[Wien]
L.337 *R.284Alexander RollettEmil Rollett1867 IX 30Graz
L.338 *R.285Emil RollettAlexander Rollett1867 X 2Wien
L.339 *R.286Alexander RollettEmil Rollett1867 X 4Graz
L.340 *R.287Emil RollettAlexander Rollett1867 X 7Wien
L.341 *R.288Ed. SchwarzAlexander Rollett1867 X 8[?]
L.342Salomon StrickerAlexander Rollett[1867] X 15Wien
L.343 *R.289Salomon StrickerAlexander Rollett1867 X 28Wien
L.344 *R.290Emil RollettAlexander Rollett1867 XI 2Wien
L.345 *R.291Alexander RollettEmil Rollett1867 XI 3Graz
L.346 *R.292Viktor von LangAlexander Rollett1867 XI 13Wien
L.347 *R.293Salomon StrickerAlexander Rollett1867 XI 14Wien
L.348 *R.294Alexander RollettEmil Rollett1867 XI 27Graz
L.349 *R.295Emil RollettAlexander Rollett1867 XII 1Wien
L.350 *R.296Alexander RollettEmil Rollett1867 XII 5Graz
L.351[A.] ReyerAlexander Rollett[1867] [XII] [v.7][Graz]
L.352 *R.297Emil RollettAlexander Rollett1867 XII 8Wien
L.353 *R.298Alexander RollettEmil Rollett1867 XII 10Graz
L.354 *R.299Emil RollettAlexander Rollett1867 XII 19Wien
L.355 *R.300Alexander RollettEmil Rollett1867 XII 21Graz
L.356 *R.301Salomon StrickerAlexander Rollett1867 XII 22Wien
L.357 *R.302Alexander RollettEmil Rollett1867 XII 31Graz
L.358Alexander RollettKarl Rollett1867 XII 31Graz

L.302 *R.250

1867 I 2, Wien

Lieber Bruder!

Das neue Jahr hat mir schon eine schöne Bescherung gebracht. Schnitzler hat einen zweimonatigen Urlaub genommen und ich bin wieder genötigt, den ganzen Dienst allein zu tun. Die Sache mit Schnitzler verhält sich so: Der letztere hat auf das Bestimmteste erfahren, dass er nicht erster Assistent werden wird nach meinem diesjährigen Austritte, indem Oppolzer den Vorstellungen Dr. Strickers weichend, sich einen verlässlicheren und tüchtigeren Assistenten als Schnitzler einer ist, nehmen wird. Kaum hatte Schnitzler davon Wind bekommen, als er schon um Urlaub bei Oppolzer ansuchte, und dieser hat ihm denselben zugestanden, wahrscheinlich deshalb, weil er nicht nur unbesoldet angestellt ist, sondern auch keine Aussicht auf ein Arrangement hat. Das Professorenkollegium weiß übrigens von dieser Abmachung, die nur mir zuschaden kommt, nichts. – Als Assistenten Oppolzers werden im nächsten Jahre fungieren: Dr. Breuer und Dr. Czerny. Zwei ganz tüchtige Leute, die auch längere Zeit bei Brücke gearbeitet haben. Ich glaube, Oppolzer dürfte mit dieser Wahl, die sehr viel meinem und Strickers Einfluss zuzuschreiben ist, zufrieden sein. Breuer als der Ältere wird erster, Czerny zweiter Assistent werden. Der erste ist ein ganz gescheiter und fleißiger Jude, aber mit etwas schöngeistigem Anstrich. Der zweite, den ich viel höher halte, ein ebenso gediegener als strebsamer Kerl, dem aber, da er bisher nur Okulistik trieb, vorläufig noch alle klinische Routine abgeht. – Dr. Schwarz habe ich bis jetzt nicht gesehen. Neulich war ich bei Brücke und wohnte in dessen Wohnung einer Sitzung bei. Es soll nämlich für das pathologisch-anatomische Museum eine Büste Rokitanskys angefertigt werden. Die ganze Sache ist noch nicht publik und erst im Stadium der Vorberatungen. Brücke, Standhartner, Biesiadecki, Hofer und meine Wenigkeit bilden ein Komitee, welches freiwillig zusammengetreten ist, um die ganze Sache in Fluss zu bringen. Neulich hatten wir bei Brücke die erste Sitzung, in welcher Brücke das Präsidium und mir die Protokollführung übertragen wurde. Wir sind übereingekommen, dass kein Bild, sondern eine Büste angefertigt werden soll und dass bezüglich der Wahl des Künstlers und des Materials – Marmor oder Erz – der Rat eines Kunstverständigen, und zwar des Prof. Jakoby eingeholt werden soll. Die Geldmittel werden durch Subskriptionen nicht nur in Wien, sondern auch an anderen Orten, wo sich Schüler und Freunde Rokitanskys befinden, aufgebracht werden. Der Gedanke, der ursprünglich von Biesiadecki ausging, dass man das neue Museum mit einem Bild, und wie ich sogleich erwiderte, mit einer Büste des alten Meisters und Gründers schmücke, scheint mir sehr löblich und wird sicherlich allgemeinen Anklang finden. Als ich zu Brücke kam, äußerte er sich: Endlich habe ich einmal Nachricht über ihren Bruder durch Dr. Schwarz. Das Wort Schwarz erinnert mich an eine Sache, die ich sogleich abtun werde, um sie nicht wieder zu vergessen. Eine Wärterin von uns ist die Schwester einer Magd bei dem Innsbrucker Luis Schwarz. Diese Wärterin nun will ihrer Schwester nach Innsbruck schreiben, weiß aber deren Adresse nicht. Ich versprach ihr aber, mich bei Dir um die Adresse der Innsbrucker Schwarz zu erkundigen. Also, wenn du mir wieder schreibst, vergiss nicht darauf. Die Wärterin ist seit einem Monat auch meine Bedienerin, da die Lissi aus dem Spitale ganz ausgetreten ist, nachdem sie außerhalb einen weniger anstrengenden Dienst als Ladensitzerin gefunden hat.

Mit Bedauern habe ich Deine immer wiederkehrenden Furunkelqualen erfahren. Ich kann Dir leider aus eigener Erfahrung kein verlässliches Mittel dagegen angeben. Auf die sogenannten Holztränke (Sasafras Saraparilla etc.) habe ich kein Vertrauen. Das Arsenik müsste mit größter Vorsicht angewendet werden, als tinct. Fowlery 3–6 Tropfen t. tie. Suplinatbäder, 1–2 Drachmen Sublimat in Wasser gelöst und dem Bade zugesetzt, dürften vielleicht von Nutzen sein. Vor einigen Tagen habe ich dem Dr. Stricker einen tüchtigen Abszess am Mittelfleisch unter der Fascia superficialis mit dem Spitz bis Tonsi in der Steinschnittlage geöffnet, nachdem bereits vor mir Dr. Federn einen fruchtlosen Eröffnungsversuch gemacht hatte. Sonderbar, dass die Physiologen ihre Abszesse und Furunkel gerade in diesen Gegenden bekommen.

Am Stephanietag war ich in Baden, wo sich alles recht wohl befindet. Den Christabend war ich bei Colloredos geladen, wo ich ein großes Album für über 200 Fotographien und ein als Papiermesser zu benützendes zierliches Jagdschwert mit Wildschweinkopf und Jagdemblemen an metallenem Griff und Scheide zum Präsent bekam. Immer schon beschäftigt mich der Gedanke, wo ich im nächsten Jahre mich niederlassen werde. Ich muss mich offenbar schon im nächsten Mai um eine Wohnung für August und die Folge umsehen, aber wo, wie teuer etc. etc., das ist die Frage. Ich kann Dir versichern, so vielen Kummer mir auch die Übergangszeit bereiten wird, der Gedanke, aus der Spitalswirtschaft, die mir in den 8 Jahren schon ziemlich eklig geworden ist, loszukommen und meine Zeit nicht mehr mit Journaldienst und laufend dummen Schreibereien vergeuden zu müssen, gewährt mir eine gewisse Befriedigung.

Wenn ich nicht besonders unglücklich bin, hoffe ich, mir die paar hundert Gulden, die ich zum Leben brauche, doch herauszuschlagen.

Nun lebe recht wohl und schreibe bald wieder Deinem

Emil

L.303 *R.251

1867 I 20, Graz

Lieber Bruder!

Ich bedaure sehr, dass Du ein so geplagtes Leben hast, und ärgere mich über Dr. Schnitzler, der mir übrigens, seit ich ihn an Deiner Seite weiß, noch niemals eine Freude bereitete, also fort mit Schaden. Kannst Du Dich nicht von den designierten Assistenten unterstützen lassen. Mir scheint, sie müssten Dir noch dankbar sein, wenn Du sie in den geschäftlichen Teil des Assistentenamtes einführen wolltest.

Was Du mir über die Angelegenheit der Aufstellung einer Büste Rokitanskys im pathologischen Museum schreibest, freut mich sehr. Eines war mir aber sonderbar. Wie kommt Jakoby, ein geschätzter Kupferstecher allerdings, dazu, als Sachverständiger in dieser Büstenangelegenheit berufen zu werden. Warum nicht ein Bildhauer? Nach Tomaschek, der Jakoby kennt, hat Letzterer keineswegs ein hervorragendes Kunsturteil im Allgemeinen, wie hoch achtbar er als Kupferstecher und jovialer Mensch auch sein mag. Der ist auch oktroyiert.

Jakoby ist Ausländer, die müssen überall dabei sein, auch wo sie nicht hingehören, wenn bei einer Sache etwas herausschaut. Rokitansky gehört zu dem Besten, was wir haben. Ihm die höchste Anerkennung entgegenbringen, ist eine unausweichliche Notwendigkeit jedes [Menschen], der auf Bildung Anspruch macht.

Wenn es also ihm eine Büste zu setzen gilt, da müssen die Leute in den Vordergrund geschoben werden, die eine wohlbekannte Clique glänzen lassen will an überösterreichischer Bildung, Verständnis und Gnade vor Gott und den Menschen. Ich bin feinfühlig geworden in derlei Dingen und sehe jetzt immer die schlau und geheimnisvoll verschlungenen Fäden schon ehe noch der dicke Strick fertig ist, der sicher vollendet, dann jedem in die Augen fällt. Ich glaube, Du wirst mich verstehen, ich will Dich nicht hetzen, aber eine Erfahrung teile ich Dir mit, die mir Dein letzter Brief lebhaft in die Erinnerung rief. Was Brückes Äußerung über die Nachrichten, die er durch Dr. Schwarz von mir erhalten haben soll, anbelangt, so mag Dr. Schwarz geplaudert haben, was er will. Ich habe ihm keinerlei Auftrag an Brücke mitgegeben, auch nicht einen kalten Gruß.

Mein Wille, mich vorderhand um Brücke gar nicht zu kümmern, steht fest. Ich habe den kränkendsten Undank von ihm erlebt, da er, der sich so besorgt zeigte, als es galt, mich in eine Stelle zu bringen, in der um 1200 fl jährlich ein Professor der Physiologie aus mir herausgeschunden wird, taub und vernagelt sich gebärdete, als es galt, eine wirkliche Existenzfrage für mich zu entscheiden.

Leid ist mir, wenn Dr. Schwarz in seiner Unbefangenheit in Brücke die Meinung erzeugt hätte, dass ich ein längeres Schmollen aufgegeben hätte.

Ich will quittiert haben, weiter nichts und schon in den nächsten Ostern bei einem voraussichtlichen Besuch in Wien freie Bahn haben. Tomaschek und Lang, meine Vertrauten in dieser Angelegenheit, billigen mein Verhalten vollständig, und Lang hat, wie er mir mitteilte, dies, mehr als ich von ihm verlangen konnte, auch den Brücke durchfühlen lassen. Ich bitte, Dich also nicht irreführen zu lassen durch Bemerkungen, wie sie Brücke neulich machte. Ich bin ein hartgesottener ... Weicher könnten mich nur meine vielfachen Abszedierungen machen. Leider hatte ich wieder, und zwar einen ziemlich großen, Furunkel. Ich musste deshalb meine Vorlesungen vom 8. dieses M[onats] bis 13. unterbrechen. Es ist glücklich überwunden und ich befinde mich wieder wohl.

Unlängst kam eine drakonische Verordnung hier an. Wir sollen von nun an das Gas zur Beleuchtung der Institute aus den Dotationen zahlen. Das ist ein harter Schlag, ich wäre damit auf die Hälfte meiner Dotation reduziert. Ich könnte nichts mehr machen.

Schimpfe, wo Du kannst über diese niederträchtige Maßregel, ich werde auch Lang darum bitten, damit die Gemüter in Wien vorbereitet sind, wenn unser Protest dort einlangt.

Eine unangenehme Nachricht hat mir Dr. Schwarz aus Wien mitgebracht. Ihm, dem ersten Assistenten, den ich brauchen kann, und Schwarz ist zugleich ein sehr honetter Kerl, hat Redtenbacher den Antrag gemacht, sein Assistent vom nächsten Oktober an zu werden. Begreiflich kann Schwarz nicht anders als annehmen. Schwarz hat mir zum Troste zwei Leute genannt, von denen er meint, dass sie zu mir gingen. Der eine heißt Barkan, der andere Meier, letzterer soll aus Tübingen gekommen sein und jetzt bei Brücke arbeiten. Ich bitte Dich recht sehr, so viel Du kannst, Erkundigungen über diese Leute einzuziehen und mir Deine Meinung darüber mitzuteilen. Die ganze Assistenten-Geschichte ist aber noch geheim zu halten.

Du fragst mich um die Adresse der Innsbrucker Schwarz. Hier ist sie: Louis Schwarz, k.k. Lottoamts-Verwalter in Innsbruck.

Ich gratuliere Dir zu Deinen Weihnachtsgeschenken. Zu Ostern können wir hoffentlich uns besprechen über Deinen Übertritt ins selbstständige Doktorleben. Ich fühle lebhaft mit Dir die Bedenken, welche diese Übergangszeit Dir machen muss. Aber Dein letzter Brief enthält ja zugleich die Hoffnung, dass Du ohne Verlegenheiten aus der Spitalswirtschaft Dich losschälen wirst, und das hat mich sehr beruhigt.

Lebe recht wohl, schreibe mir recht bald wieder, Dein

Alexander

Verehrtester Herr Professor!

Um dem Auftrage des Herrn Schwarz zu genügen, überschicke ich Ihnen den Schuldschein, dem ich jedoch die anstrebende Konzession der E[min?] Aktie auf d[en] späteren Termin einverleibt habe. – Was die Kupons betrifft, müssen sie erst ausgefüllt werden, da ich es nicht mehr weiß. Auch weiß ich mich nicht mehr zu erinnern, was mit den Extrazinsen ist. – Das kann nachgetragen werden. Wenn ich alle Kupons bei der Abzahlung nachtragen soll, können die Zinsen nicht mehr zu zahlen sein. Daher werde ich Ihren Brief nochmals lesen und darnach den Schuldschein vervollständigen oder gar neu machen. Deshalb bitte ich Sie, denselben nicht früher abzuschicken. Aus derselben Ursache habe ich auch keinen Stempel gegeben, welcher auch hier nachgetragen werden kann. Nachdem Sie, bester Herr Professor, nun die Vollmacht mit erfüllter Bedingung haben, bitte ich Sie und erwarte von Ihnen, dass Sie beim Vergleiche sich anschließen werden.

Mit besonderer Hochachtung Ihr dankbarer

Dr. Kottowitz

L.305 *R.253

1867 I 31, Wien

Lieber Bruder!

Das Erfreulichste in Deinem letzten Schreiben war mir die Nachricht, dass Du zu Ostern nach Wien zu kommen gedenkst. Ich hoffe auch, bis dahin mich ein bisschen mehr von meinen Assistentengeschäften losmachen zu können. Schnitzler, dem das viele Gerede lästig wurde, ist inzwischen mit einer von Oppolzer unterzeichneten in der ‚Medizinischen Presse’ veröffentlichten motivierten Erklärung, die eigentlich nur eine Reklame ist, definitiv ausgetreten. Bereits in der letzten Professorenkollegiumssitzung wurde Dr. Breuer an seiner Stelle ernannt. Letzterer hat aber bis jetzt vom Ministerium kein Dekret und hat daher auch seinen regelmäßigen Dienst noch nicht angetreten. Ich wurde daher bis jetzt auch nur in der Weise unterstützt, dass die künftigen Assistenten manchmal auf das Journalzimmer gingen, um Kranke für die Klinik zu requirieren. Die Schreibereien kennt Breuer zum Teil von seiner sekundarärztlichen Dienstzeit her, es fällt ihm daher auch gar nicht ein, in seinem eigenen Interesse dieselben teilweise zu übernehmen, sondern er sucht sich davon fernzuhalten, solange es geht und lieber seine Aufmerksamkeit den klinischen Vorträgen und der Krankenuntersuchung zuzuwenden. Ebenso Czerny. Die beiden erscheinen daher häufig auf der Klinik zur Früh- und Abendvisite und in meinem Kurse, aber machen muss ich alles alleine. Ich habe Breuer ein paar Mal aufgefordert, die Abendvisite abzuhalten, der Kerl tut, als ob er keine Courage hätte und ersucht mich, auch in Zukunft die neu ankommenden Kranken allein aufzunehmen. Eine Zeitlang werde ich noch Geduld haben. Dann aber werde ich durch ein einfaches Verhindertsein meinen Herrn Nachfolger zur Courage zwingen. Ich habe keinen Abrichter gehabt und keinen Kurs gehört, ehe ich meinen Assistentendienst antrat, sondern da hieß es vom ersten Tage an, heute ich, morgen du. Mit vieler Betrübnis habe ich die Geschichte der letzten Tage des Richard Guillomet aus Deinen Briefen und Telegrammen an Vater erfahren. Hat ihn ein verlässlicher Anatom obduziert? Die Ursache seiner profusen Lungenblutung ist mir unklar. Die Insuffizienz und Stenose der Mitralis können unmöglich so hochgradig gewesen sein, sonst müssten bedeutendere Erscheinungen, [wie] hydropische Anschwellungen etc., beständiger Lungenkatarrh vorhanden gewesen sein, und ferner selbst eine hochgradige Insuffizienz und Stenose bewirken wohl Infarkte, aber kaum je profuse Blutungen. Ich habe nur Dir gegenüber diese Äußerung getan, aber wie gesagt: mir ist der ganze Krankheits- und Todesfall nicht ganz verständlich.

1867 II 2

Leider wurde ich wieder im Schreiben unterbrochen und komme erst jetzt dazu, meinen Brief zu vollenden. Du fragst mich, wie der Kupferstecher Jakoby dazukommt, in der Büstenangelegenheit gefragt zu werden. Nun, man wollte eben den Beirat eines in Künstlerkreisen verkehrenden Mannes haben. Man dachte an Eitelberger und Jakoby. Da aber bereits Biesiadecki zufällig mit Letzteren in der Büstenangelegenheit vertraulich gesprochen hatte, so entschied man sich für diesen. Das Ergebnis dieser Besprechungen war, dass sich gegenwärtig in Wien keine hervorragende künstlerische Kraft für unsere Zwecke findet, zumal Hans Gasser an einem Handübel leidet und die von demselben verfertigte Büste Schuhs hinter den Erwartungen zurückblieb. Auch erfuhren wir, dass der Dresdener Bildhauer Hähnel in einiger Zeit nach Wien kommen soll, um für das neue Opernhaus Arbeiten zu machen. Es wurde daher Jakoby aufgefordert, mit genanntem Künstler, in Kontakt zu treten und zu erforschen, ob, wann und unter welchen Bedingungen Hähnel geneigt wäre, während seines Wiener Aufenthaltes Rokitansky zu modellieren. Dies wäre allerdings wünschenswert, da doch dieser Bildhauer eine hervorragende Kraft ist, von der man ein Meisterwerk hoffen kann. Ich ersuche Dich, diese ganze Angelegenheit nicht der Öffentlichkeit preiszugeben, da uns Jakoby ausdrücklich ersucht hat, seine Intervention geheim zu halten. Du musst also auch Tomaschek, mit dem Du schon gesprochen hast, um Diskretion ersuchen. Wir haben schon seit zwei Wochen keine Sitzung gehabt. Ich weiß also selbst nicht, wie weit die Angelegenheit gediehen ist und ob die Hauptperson, nämlich Rokitansky, seine Einwilligung gegeben hat oder geben wird. Kurz, die Sache ist noch in einem Stadium, welches es verbietet, dieselbe publik zu machen.

Anmerkung Schluss fehlt!

L.306 *R.254

1867 II 28, Wien

Lieber Freund!

Dass ich erst heute Dein Schreiben beantworte, beweist nur, dass ich glaube, Du habest Dich den Faschingsfreuden so hingegeben, dass Du alle Deine Schuldner darob vergessest. Oder wenn auch nicht so viel, so hoffe ich, dass der Fasching doch wenigstens eine Erheiterung Deines Gemüts hervorgebracht habe, welche Dich nachsichtig gegen die Fehler anderer stimmt.

Was mich betrifft, so bin ich in den zwei Fasching, die ich wieder in Wien bin, noch nicht einmal auf einem Maskenball gewesen: Ich glaube, ich degeneriere. Doch habe ich heuer einige anständige Bälle besucht und sogar ein paar Komplimente über die Kunstfertigkeit meiner Beine bekommen. Wie das einem Manne der Wissenschaft wohl tut!

Doch zu etwas Ernstem. Neulich war ich in dem Vortrage von Hering über optische Täuschungen; derselbe war äußerst „knotig“, unter beständigem Versprechen und Meckern trug er so vor, als ob er sagen wollte: Für Euch ist alles gut genug. Übrigens brachte er sehr bekannte Dinge vor, die freilich immer schön bleiben.

In meinem Kabinette ist jetzt ein zweiter Russe ankristallisiert. Dieselben werden mir aber schon „zwider“, da sie mir sehr viel Zeit kosten. Übrigens ist gut mit Russland auf gutem Fuß zu bleiben, wer weiß, wie viel dasselbe nächstens von Österreich annexiert.

Pebal bitte ich zu erzählen, dass Weiss aus Lemberg hier war, um beim Sturze der freien Bahn die Absetzung des Goluchowski nebenbei zu betreiben, dass er aber nichts ausgerichtet haben dürfte!

Ich weiß nicht, ob bei Euch das Semester auch so lang dauert, hier ist es aber schon zum Desperatwerden, und wenn nicht jetzt wenigstens die Faschingstage kämen, ich glaube, ich täte mir ein Leides an.

Zu Ostern kommst Du doch nach Wien?

Zum Prager Universitäts-Physik-Vorschlag machte die Statthalterei die Bemerkung, man möchte jemanden ernennen, der böhmisch verstünde, da doch demnächst in dieser Sprache gelehrt werden würde! Littrows Bericht ist zu Gunsten Machs, was diesem vielleicht angenehm zu hören ist.

Mit vielen Grüßen

V. Lang

L.307 *R.255

1867 III 4, Wien

Lieber Bruder!

Ich habe höchste Zeit, Dir zu schreiben, damit Du nicht etwa glaubst, es ist der Fasching, der mich daran hindert. Der Fasching hat mir heuer so gut wie nichts angetan. Ich war kurz gesagt nirgends, mit Ausnahme eines Maskenballes im Theater an der Wien. Die äußere Veranlassung meiner Abstinenz bot mir die Trauer für Großpapa, die mir als Ausrede diente, da ich eben keine Lust hatte, Bälle zu besuchen. Ich habe mich mehrseitig erkundigt wegen der 3 Leute, die Dir für die Assistentenstelle empfohlen wurden. Wie ich durch Deinen Assistenten Dr. Schwarz, der mich heute besuchte, erfuhr, hat Dr. Meier auf diese Stelle verzichtet. Barkan hat sich in letzter Zeit mit Mikroskopieren beschäftigt und, wie Du ohnehin wissen wirst, eine Arbeit veröffentlicht. Mit Chemie hat sich derselbe nie beschäftigt. Übrigens soll derselbe ein recht fleißiger Mensch sein. Er gedenkt mit Schwarz nach Graz zu reisen, um sich dir vorzustellen. Török, der gleichfalls bei Brücke gearbeitet, hat sich viel mit Okulistik beschäftigt. Unser Dienstagzirkel ist zustande gekommen und versammelt sich morgen zum fünften Mal. In der Büstenangelegenheit war vor einigen Tagen wieder einmal eine Sitzung. Es kam ein Brief von Hähnel zur Verlesung, in welchem sich derselbe halb und halb bereit erklärt, Rokitansky zu modellieren, wenn er im nächsten Oktober nach Wien kommen wird. Gleichzeitig empfiehlt aber Hähnel seinen Schüler Karl Kundmann, der sich gegenwärtig in Rom befindet und im nächsten Oktober ebenfalls nach Wien kommen wird, um Arbeiten für das Arsenal und Opernhaus auszuführen. Der Passus in dem Briefe Hähnels lautet beiläufig: „Ich kann Ihnen meinen längst zum Meister herangereiften Schüler Karl Kundmann mit bestem Gewissen empfehlen, der das Werk gewiss besser ausführen wird als ich selbst.“ Das ist eigentlich eine höfliche Ablehnung zugunsten eines weniger Renommierten und Schülers. Man einigte sich nun dahin, um die Angelegenheit nicht bis zum nächsten Oktober zu vertagen, sich weiter umzusehen, ob nicht ein Kundmann ebenbürtiger Künstler in Wien aufzubringen ist. Es wurde an Pilz gedacht. Das weitere wird sich finden.

Mein Rheumatismus ist, obwohl ich mehrere Tage unfähig war, die Feder zu führen, wieder glücklich vorübergegangen. Inzwischen habe auch ich meinen Furunkel am linken Bein überstanden. Bei dem letzten Orkan flog mir ein ansehnliches Stück Ziegel durch beide Fensterscheiben über den Kopf mitten in das Zimmer, so dass ich an meinem Schreibtisch in einem Chaos von Glasscherben ganz verblüfft dasaß. Glücklicherweise ist nichts weiter passiert, und ich kam mit dem bloßen Schrecken davon.

Wenn ich nie gewusst habe, was Sehnsucht ist, so erfahre ich es jetzt, denn mit Ungeduld zähle ich die Tage, welche mich in meiner gegenwärtigen Stellung festhalten. Mein eigener Herr möchte ich sein, Arbeiten und Handeln nach eigenem Sinn und Ermessen. Das Dienen habe ich satt, jenes Dienen, welches nichts ist als ein unnötiges Zeitvergeuden. Ich freue mich auf Dein baldiges Kommen. Lebe wohl

Emil

L.308 *R.256

1867 III 4, Wien

Euer Wohlgeboren!
Geehrtester Herr Kollege!

Unter Bezugnahme auf ein bereits früher von Professor Duchek an Sie gerichtetes Schreiben, worin derselbe ersuchte, dass uns H[err] Kollege auch in Zukunft für die Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Ärzte und speziell das Fachreferat über Physiologie zuwenden möchten, erlaube ich mir im Namen der Redaktion die Anfrage zu stellen, ob wir darauf rechnen dürfen, dass uns Herr Kollege das Fachreferat über Physiologie auch für die weitere Folge zu liefern so gütig sein werden – Herr Kollege werden diese Anfrage entschuldigen, da wir wohl in dem uns sehr unliebsamen Falle, dass uns H[err] Kollege Ihre literarische Unterstützung nicht mehr zuwenden wollten, doch darauf Bedacht nehmen müssten, vorzusorgen, dass dieses Fachreferat nicht ganz ausfalle.

Indem wir Sie versichern, dass es uns zur besonderen Ehre gereichen würde, Sie ferner unter den Mitarbeitern unserer Zeitschrift zu wissen, erlaube ich mir nur die kurze Andeutung über meine gestellte Anfrage und zeichne mich mit vorzüglicher Hochachtung als Ihr ergebener Kollege

Dr. Schlager

L.309 *R.257

1867 III 8, Wien

Hochgeehrter Herr Professor!

Ich erlaube mir, heute die längst versprochene Osmiumsäure zu übersenden, da unser Osmium-Vorrat ein ganz kleiner ist. Ich habe die Säure in der Kugelröhre, worin sie erzeugt wurde, gelassen und eingeschmolzen; wenn die Röhre gewogen, nachher angefeilt und zerbrochen, ausgespült und nach dem Trocknen wieder gewogen wird, lässt sich das Gewicht der im Rohre enthaltenen Säure leicht bestimmen, was, wie ich glaube, zur Anfertigung der Lösung nötig ist.

Indem ich bitte, Herrn Professor Pebal mich bestens zu empfehlen und beiliegenden Brief an Dr. Schwarz übergeben zu wollen, zeichne ich mit der größten Hochachtung ergebenst

E. Ludwig

L.310 *R.258

1867 III 24, Graz

Lieber Bruder!

Was Du mir in Deinem Briefe vom 4. d[ieses Monats] über Deine diesjährige Karnevalsstimmung geschrieben hast, gilt genau auch von mir. Ich habe nur einen sehr schoflen Maskenball in unserem Thaliatheater, und den nur Pebal zuliebe, besucht, sonst nichts Öffentliches. Eines Abends war ich in der Ressource, 2 Abende bei Reyer, davon war aber einer schon Fasten, das ist alles. Ich bin wirklich gar nicht aufgelegt und das allgemeine Unbehagen über unser, der Deutschen in Österreich, Geschick hat sich sehr fest bei mir eingewohnt.

Ich spaße nicht und überlege wohl, wenn ich Dir dazu gratuliere, dass Du eine andere Laufbahn eingeschlagen hast als ich und nun an dem Ziele einer, wie ich bestimmt voraussetze, gesicherten Selbstständigkeit angelangt bist. In die Existenz eines Praktikers können politische Wirren zwar auch sehr unangenehm eingreifen, allein unsereiner muss immer das Gespenst des Alles zu Nichts werden vor Augen haben, wenn wir aber auch das Gegebene konservieren, was ist’s am Ende. Dass so jede Hoffnung auf eine Besserung unserer Verhältnisse mit jedem Tag mehr schwindet, das, glaube ich, ist das Unerträgliche, unter dessen Last wir seufzen. Halte mich dieses Exkurses wegen übrigens nicht für melancholisch, das bin ich nicht. Es ist nur, wenn man einmal darüber nachdenkt, ein herbes Geschick, dass gerade wir in solche unsichere Zeiten hineingeraten sind.

Ich denke oft an den Vater, der jetzt auch viel schlechtere Zeiten mitzumachen hat, als in seiner früheren Lebensepoche.

Ich habe mit Dr. Barkan, der hier war, abgemacht, ihn vom 1. Mai an als Assistenten vorzuschlagen. Es ist bereits geschehen und vom Kollegium angenommen worden.

Da Schwarz um begonnene Arbeiten zu vollenden, auch noch hier bleibt und nur aus Freundschaft gegen Barkan früher aus der Stelle tritt, werde ich nun auch einmal zwei Assistenten im Laboratorium haben.

Ich freue mich auf Ostern. Schreibe mir doch noch früher, was Du für Aussichten hast, ob Du Dich freimachen wirst können. Wann? Auf wie lange? Ob Du nach Baden gehen kannst usw. Ich will, wie ich Dir schon sagte, inkognito in Wien sein. Mein Bestreben ist, mit Dir und Lang (etwa) einige heitere Tage durchzubringen. Entwirf Programme usw.

Ich beglückwünsche Dich ob der glücklichen Unversehrtheit bei dem aufdringlichen Ankommen des verhängnisvollen Dachziegels.

Von meinen Furunkeln rede ich gar nicht mehr, sie werden noch gerade chronisch und ich gewöhne mich daran, in der letzten Woche hatte ich aber wieder am After einen, der sich mehr bemerkbar machte und zwei Nächte kostete. Lebe wohl, lass bald etwas hören, Dein

Alexander

L.311 *R.259

1867 III 31, Wien

Lieber Bruder!

Indem ich mir vieles auf mündliche Mitteilung verspare, will ich Dich nur noch schriftlich auffordern, recht bald nach Wien zu kommen und recht lange daselbst zu verweilen. Die Studenten verlieren sich bei uns schon mehr und mehr und vom nächsten Montag, das ist also von morgen an, beginnt die Klinik erst um 9:00 Uhr im Zeichen der eingetretenen Ferien. Wie ich durch Dr. Hüttenbrenner, der mir einen Gruß von Dir überbrachte, erfuhr, denkt man auch in Graz daran, das unmöglich lange Semester baldigst zu schließen – mindestens jeden zweiten Tag werde ich mich von der Klinik völlig [zurückziehen]. Auch denke ich ein oder zwei Tage mit Dir in Baden zuzubringen. Überhaupt soll mich die Klinik wenig hindern, im strengsten Falle verlange ich von Oppolzer einen mehrtägigen Urlaub. Nach dem, was vorausgegangen, wird er mir kaum verweigert werden können. Augenblicklich bin ich auch von Privatpatienten sehr mäßig in Anspruch genommen, obwohl ich noch in der vorigen Woche täglich 6–8, mitunter sehr zeitraubende Visiten zu machen hatte. Kurz, komme nur recht bald nach Wien, alles Übrige wird sich finden. Bei mir ist seit einiger Zeit eine Photographie für Dich hinterlegt, welche die vier Berliner Kollegen, in deren Gesellschaft wir im vorigen Sommer einige heitere Stunden verlebten, in treulicher Gruppierung darstellt. Ich werde sie sorgsam bewahren, bis Du sie persönlich in Empfang nehmen wirst. Ich hoffe, bald ein Schreiben von Dir zu bekommen, welches mir Deine Ankunft in Wien oder zuerst in Baden im Voraus bekanntgeben wird.

Mit vielen Grüßen Dein

Emil

L.312 *R.260

1867 IV 8, Graz

Lieber Bruder!

Ich gehe Samstag mit dem Frühzuge nach Baden. Ich meine, dann dort zu bleiben bis Ostermontag und hierauf nach Wien zu gehen, da sich in der Karwoche wenig in Wien wird machen lassen.

Doch es wird sich alles aus weiterer Besprechung ergeben, wenn Du nur Palmsonntag nach Baden kommen kannst. Wenn nicht, schreibe mir noch andere Propositionen. Dein

Emil

L.313 *R.261

1867 IV 9, Wien

Hochverehrter Herr Professor!

Als ich bei Gelegenheit meines letzten Aufenthaltes in Graz die Ehre hatte, Ihnen die Bedenken mitzuteilen, die sich mir gegen meine etwaige Qualifikation zum Assistenten der Physiologie aufdrängten, waren Sie, verehrter Herr Professor, so gütig, mir die freundlichste Aufmunterung zuteil werden zu lassen.

Seit jener Zeit war ich bemüht, der chirurgischen Rigorosen los und ledig zu werden, und würde dies auch, doch in einer für mich etwas überraschenden Art, da Baron v[on] Dumreicher sich bewogen fand, mich beim ersten Chirurgicum auf 2 Monate zu suspendieren. Zu entscheiden, welchen Anteil an diesem nicht vorhergesehenen Vorfalle meine chirurgische Unkenntnis, welchen die böse Laume von Seite des Prüfenden gehabt, liegt mir natürlich nicht ob – doch hielte ich es für meine Pflicht, Ihnen davon Mitteilung zu machen, Ihrer gütigen Entscheidung anheimstellend, ob und in wie weit dies vielleicht an dem Verhältnisse geändert, in das zu Ihnen zu treten mir für die nächste Zeit bevorstand. Ich ersuche Sie höflichst, geehrter Herr Professor, mich baldmöglichst von Ihrem diesbezüglichen Entschlusse in Kenntnis setzen zu wollen und bin mit der Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung Ihr ergebener

Adolf Barkan

L.314 *R.262

1867 IV 9, Wien

Lieber Freund!

Auf Dein heute erhaltenes Schreiben teile ich Dir mit, dass ich die Karwoche zu einem Ausfluge benötigen werde, und dass ich also von Dienstag nach Ostern abends angefangen mich den Freuden des Wiedersehens hingeben kann. Am Besten wäre es, wenn Ihr Mittwoch früh [24. April 1867] ins physikalische Kabinett zu gemeinsamen Schandtaten Euch versammeln würdet.

Schrötter ist fort. Wegen der Farbendruck-Tafeln würde ich nicht lange fragen, sondern kategorisch auf ihrer Ausführung bestehen. Neulich waren einige Differenzen wegen Tafeln im Schoße der Akademie, d.i. wegen der Tafeln der Paläontologen, deren Zeichnung auch bisher von der Akademie gezahlt wurde. Schließlich einigte man sich dahin, solche Tafeln nur mehr für die „Mitglieder“ zeichnen zu lassen, die andern sollen sichs selber zahlen. Gewiss ein nobler Standpunkt.

Mit vielen Grüßen Dein

V. Lang

L.315 *R.263

1867 IV 12, Wien

Lieber Freund!

Ich vergaß Dir zu schreiben, dass, wenn wegen E. Meyers oder aus anderen Gründen ich früher zurückkommen soll, ich Dich bitte, mir davon unter folgender Adresse Mitteilung zu machen: Prof. V. Lang bei Dr. W. Schaup, Zipf, Station Radl, Oberösterreich.

Der Deinige

V. Lang

L.316 *R.264

1867 IV 14, Graz

Verehrter Herr Professor!

Da ich in der unangenehmen Lage bin, folgenden Dienstag mit den zur Erlangung der dauernden Beurlaubung nötigen Zeugnissen versehen zur Stellung zu erscheinen, so wage ich ein Formulare mit der Bitte zu übersenden, selbes für die Fächer Physiologie und Histologie gütigst auszufüllen. Indem ich Colloquienzeugnisse über alle Hauptfächer des letztgehörten Studienjahrs bedarf, so hoffe ich, dass Sie diese Belästigung verzeihen werden Ihrem achtungsvoll ergebenen

Conrad Clar
(gebürtig aus Wien)

L.317 *R.265

1867 IV 16, Graz

Lieber Freund!

Ich war sehr erstaunt, von Dir aus Baden einen Brief zu erhalten, denn ich war ganz sicher, das schöne Wetter hätte Dich bestimmt, nach Eisenerz zu fahren. Von der Gestaltung der lebenden Bilder wegzufahren, war der leichtsinnigste Streich, den Du in Deinem Leben gemacht hast. Ich war zwar ebenso wenig dabei als Planer (wir hatten ganz vergessen), aber das, was wir dann gehört, übertrifft alle Vorstellung. Deine […] war als büßende Magdalene reizender als […] Frl. Leeb [?] und Börner, Frl. Cot[…] sollen allerliebst gewesen sein. Ich will nicht mehr sagen, um Dir Deinen Aufenthalt in Baden nicht zu verbittern.

Sonntag war Dr. Schwarz bei mir, um Abschied zu nehmen. Er sagte, er habe den Laboratoriumsschlüssel dem Diener übergeben. Dass Du mir einen neuen Praktikanten verschafft hast, ist sehr schön von Dir. Ich werde Dir einmal für jeden Praktikanten, den Du mir zuweisest, ein Tantiem versprechen. Dr. Barkan wird schon einen Platz erhalten. Das Neueste ist, dass ich mich entschlossen habe, Lothar Meyer in Neustadt Eberswalde zu besuchen. Ich werde daher morgen (17. April) früh von hier abfahren. Vielleicht sehe ich Dich am Bahnhof in Baden. Übermorgen früh denke ich nach Breslau zu fahren.

Empfehle mich freundlichst den Deinigen und sei herzlich gegrüßt Dein

L. Pebal

L.318 *R.266

1867 V 4, Graz

Lieber Bruder!

Ich danke Dir für die viele Zeit, welche Du mir bei meinem letzten Wiener Aufenthalt geopfert hast. Von Graz kann ich Dir wenig mehr schreiben, als dass ich glücklich daselbst ankam, alles in alter Ordnung fand und Montag meine Vorlesungen beginne. Wetter haben wir seit 1. Mai ein miserables, Regen, Sturm, Kälte. Eben jetzt, 4., 18:00 Uhr, heitert es sich etwas aus. Helly hat, während ich in Wien war, wieder einen Buben bekommen. Ich habe vergessen, Dich zu fragen, ob ich Dir das Buch von Rosenthal über den Vagus wirklich schicken soll oder nicht. Schreibe mir, wenn Du es brauchst.

Hast Du Lang seither gesehen, er wird sich gewiss freuen, wenn Du gelegentlich einen Abstecher in sein Kabinett machst. Heinrich Pergers und Wittelshöfers Karte fand ich bei meiner Rückkunft auf meinem Tisch.

Noch um eines habe ich Dich, und zwar in Pebals, Schauensteins und Hellys und in meinem eigenen [Namen] zu fragen: Pebal, der kurze Virginia mitnahm, hat damit Furore gemacht. Hier bekommt man aber keine. Auf meine Anfrage in der Haupttrafik hieß es, in zwei bis drei Monaten. Schauenstein machte nun den Vorschlag, 1000 Stück von Wien kommen zu lassen, und warf sogleich hin, wir sollten uns an Dich wenden. Da ich nun sehr wohl weiß, wie Du mit Deiner Zeit haushalten musst, habe ich es nicht übernommen, Dich mit diesem Geschäft zu belästigen. Ich teile Dir die Sache nur mit, weil Du vielleicht Rat schaffen kannst, ohne Dich zu stören.

Ginge es vielleicht so: Du ersuchst den Onkel August, die ganze Spedition zu übernehmen und zahlst ihm den Betrag, den ich sogleich an Dich absenden werde. Ich glaube, der Onkel wird sich ein Vergnügen daraus machen. Frage also gelegentlich einmal. Damit man nicht glaube, dass ich hier Zigarrengeschäfte machen will, könnte das Kistchen aufgegeben werden mit der Firma Inhalt Effekten. Wert etc., das Porto zahle ich hier. Da Inlandsendungen nicht geöffnet werden, wird das keinen Anstand haben.

Nur wenn Du glaubst, dass es so geht und Du nicht im Geringsten belästigt bist, würde es mich freuen, wenn wir 1000 Stück erhielten, sonst sage ich einfach, ich habe nicht an Dich geschrieben. Dies der ganz wahrheitsgetreue Stand der Angelegenheit. Schreibe mir also darüber, so wie ich überhaupt einen Brief von Dir erwarte. Beherzige auch meine brüderliche Bitte und lasse Dich nicht [von] allzu großen Spitalssorgen quälen.

Noch eines ist mir sehr leid, Dich nicht gefragt zu haben. Du bist im Besitz eines Büchleins der Pfandleihanstalt. Ginge es, dass ich, wenn ich ein paar hundert Gulden Kollegiengelder zusammenbringe, sie Dir schicke, damit Du sie in gleicher Weise anlegst wie Dein Geld. Vielleicht kannst Du sie in Dein Buch eintragen lassen. Was soll man denn jetzt mit dem Ersparten anfangen. Ich habe keine Lust, mir Papiere zu kaufen, und die hiesige Escomptebank gibt nicht wie die Pfandleihanstalt 6 %. Schreibe mir auch darüber. Mit Interessenbehebungen würde ich Dich nicht im Geringsten belästigen, sondern das gelegentlich abmachen. Kann man von hier direkt an die Pfandleihanstalt einsenden? Mit den Bankiers würde es jedenfalls wieder Provisionen absetzen.

Verzeihe die vielen geschäftlichen Anfragen und denke auch nur darüber nach, wenn Du gerade gar nichts anderes zu tun hast. Ich kann warten und will Dir, wie gesagt, nicht im Geringsten lästig fallen. Schreibe mir nur bald, wie es Dir geht, was Du machst und dass Du Dich über die Spitals- und anderen Wirtschaften nicht zu sehr alterierst.

Dein Dich liebender

Alexander

L.319 *R.267

1867 V 8, Wien

Lieber Bruder!

Die gewünschten 1000 Stück Zigarren sind, während ich diesen Brief schreibe, vielleicht schon auf dem Wege nach Graz. Denn Onkel August, welchen ich auf Deinen Vorschlag in dieser Angelegenheit in Anspruch nahm, sagte mir, er wolle alsogleich die Expedition ins Werk setzen. Den Preis der Zigarren kann ich Dir noch nicht mitteilen, ich händigte Onkel August vorläufig 35 fl ein, das Tausend wird offenbar billiger zu stehen kommen. – Bezüglich der Anlage von ein paar hundert Gulden glaube ich, wird es wohl am zweckmäßigsten und einfachsten sein, wenn ich ein auf Deinen Namen lautendes Einlagebuch bei der Pfandleihanstalt nehme und es Dir gelegentlich einhändige. Man braucht bloß den Namen anzugeben, weiter nichts und ist dann im Besitze eines auf einen bestimmten Namen lautenden, jedoch auch auf andere Personen übertragbaren Kapitalwertes. Es scheint mir, wie gesagt, am zweckmäßigsten, wenn Du Dein eigenes Einlagebuch besitzest, ich weiß ja selbst nicht, wie lange ich noch mein Einlagebuch besitzen werde und ob ich nicht allenfalls genötigt sein werde, mein Buch in Pfand zu geben etc. etc. Es käme da zu unliebsamen Komplikationen.

Das zweite Semester ist nun auch bei uns in vollem Gange. Der Mai ist seit einigen Tagen wundervoll schön, so dass es frivol wäre, diese heiteren sonnigen Frühlingstage zu verwünschen. Man verrichtet viel mehr ebenfalls heiter seine täglichen Geschäfte, freut sich des überall aufkeimenden lachenden Frühlings, denkt nicht an die Sorgen des kommenden Winters, ebenso wenig, als man sich durch ein paar unangenehme Stunden um seine heitere Stimmung bringen lässt. Du siehst, ich bin ja zufrieden. Ich danke Dir für das Buch von Rosenthal, da ich es, im Falle ich es benötigen werde, hoffentlich in Wien auftreiben kann. Für heute grüße ich Dich herzlich und wünsche, dass Dir und den anderen die Zigarren recht gut munden. Dein

Emil

L.320 *R.268

1867 V 13, Graz

Lieber Bruder!

Ich danke Dir für die so rasche Besorgung meiner Bitte in meinem und der übrigen Partizipienten Namen. Auf der Sendung war der Wert von 32 fl verzeichnet. Da die Sache selbst 31 fl 50 Kreuzer beträgt, so würden 50 Kreuzer auf die Emballage fallen, möglicherweise war diese teurer. Wäre letzteres der Fall so bitte ich Dich, das nächstens in einem Briefe zu bemerken, damit ich repartieren kann.

Ich komme endlich auch dazu, meine lange Schuld für den Shakespeare zu berichtigen. In Deinem darauf bezüglichen Briefe finde ich 7 fl 50Kreuzer als Preis angeführt. Zur Tilgung der beiden genannten Forderungen übersende ich Dir

32fl 50 Kreuzer
7fl 50 Kreuzer
Zusamm[en]40fl.

Sollte es um einige Kreuzer zu viel oder zu wenig sein, so wollen wir uns über den Rest gelegentlich ausgleichen. Die anderen 300 fl bitte ich Dich, wenn es Dir möglich ist, nach Deinem Vorschlage anzulegen.

Mit vielen Grüßen Dein

Alexander

Bei Onkel August, der mir einen Brief beilegte, bedanke ich mich nächstens selbst.

L.321 *R.269

1867 V 18, Wien

Lieber Bruder!

Deine Geldsendung ist richtig eingetroffen. Ich habe auch die 300 fl bereits bei der Pfandleihanstalt gegen Einlagebuch hinterlegt. Ich muss Dir aber mitteilen, dass die Pfandleihanstalt für das Jahr 1867 den Zinsfuß herabgesetzt hat, so dass man für Beträge über 300 fl nicht mehr wie früher 6%, sondern nur mehr 5% bekommt. Es ist dies im Vergleich mit den anderen Anstalten immer noch ein Vorteil, dass z.B. die Bodenkreditanstalt nur 4% ausbezahlt. Ich habe diese Änderung des Zinsfußes erst neulich bei der Einlage Deines Geldes in Erfahrung gebracht.

Im Laufe dieser Woche war ich ein paar Mal über Nacht in Baden. Der Vater bekam nämlich am letzten Sonntag eine ungemein profuse Blutung aus der Nase, die allen Stillungsversuchen lange Zeit widerstand und ihn sehr erschöpfte. Nachdem inzwischen Kälteverwendung, Tamponade von vorne etc. fruchtlos waren, wollte ich aber zur Tamponade mit Bellocyscher Röhre schreiten, als Übelkeiten und Ohnmachtsanwandlungen eintraten, worauf aber auch die Blutung zum Stehen kam. Er hatte mehrere Pfunde Blut verloren und war durch einige Tage ungemein bleich und matt. Jetzt befindet er sich wieder wohl und geht seinem Geschäft nach. Dass ich bezüglich seines Verhaltens sowohl ihm selbst als auch der Mutter und Geschwistern die eindringlichsten Vorstellungen und die genauesten Anordnungen machte, brauche ich nicht zu versichern. Vielleicht ist es ein Glück zu nennen, dass die Blutung aus der Nase stattfand und dass gerade hier der locus minoris resistentiae war. Wie gesagt, fühlt sich Vater jetzt wieder wohl, sieht wieder gut aus und betrachtet das Ganze als eine wohltätige Ableitung. Wie peinlich aber die ganze Szene namentlich mir war, kannst Du Dir leicht denken.

Sonst wüsste ich Dir nichts erheblich Neues mitzuteilen. Ja doch. Becker sagte mir, er habe gehört, dass Brücke Dich zum wirklichen Mitglied der Akademie vorschlagen will und bedauerte, dass Du bei Brücke keinen Besuch machtest. Auf meine Frage, ob die Nachricht verlässlich sei, sagte er nur, er habe so gehört. Da heuer mehrere Plätze erledigt sind, scheint mir die Sache sehr wahrscheinlich, ganz abgesehen von der Intervention Brückes. Gestern fand ich bei meinem Nachhausekommen eine Karte von Lang.

Nun lebe wohl und schreibe bald wieder Deinem

Emil

L.322 *R.270

1867 V 19, Graz

Lieber Bruder!

Dein Schreiben von gestern hat, wie Du Dir denken kannst, mich in einige Aufregung versetzt. Armer Emil, dacht ich mir, was musstest Du für qualvolle Stunden ausgestanden haben. Warst Du sonntags zufällig in Baden oder mussten sie Dich erst rufen? Welche Angst und welches Entsetzen wird die Mutter und die Mädchen erfasst haben. Es bereitet mir wahrlich ein unnennbar unbehagliches Gefühl, wenn ich an alles denke.

Und der gute Vater! Es bereitet mir großen Kummer, dass ich ihn, den sonst für sein Alter rüstigen Mann, schon zu wiederholten Malen von so augenscheinlichen Gefahren bedroht sehe. Und doch muss man wieder zu wahrer Andacht gestimmt werden über die glückliche Wendung, welche die Unfälle wieder nahmen. Eines vermisse ich an Deinem lieben Schreiben sehr schwer, eine Andeutung über den Grund der bei Vater aufgetretenen Blutung.

Dass der Anfall sonntags kam und Du weiter über die Ursachen nichts bemerktest, macht mich glauben, dass vielleicht ein zu üppiger Schmaus eine Überspannung im Gefäßsysteme hervorbrachte, die glücklicherweise ohne eine Läsion edlerer Teile sich Luft machte. Aufrichtig gesagt, scheint mir der gute Vater, wie es übrigens leider seiner dickleibigen Konstitution entspricht, beim Mahle wirklich dann und wann des Guten zu viel zu tun. Wahrscheinlich beziehen sich Deine Vorstellungen und Anordnungen auch zunächst darauf. Ich werde heute auch noch nach Baden schreiben und dem guten Vater mein Beileid und meinen Glückwunsch zum glücklichen Vorübergang des Unfalles schreiben, ohne jedoch von der Dir eben früher entwickelten Gedankenreihe etwas merken zu lassen. Ich baue auf Dich, und Du wirst es mir nicht übel nehmen, wenn ich Dich mit der dringenden Bitte belästige, mir so bald als möglich in kurz angebundener Ausdrucksweise meine obigen Fragen zu beantworten. So leid es mir tut, Deine kostbare Zeit wieder in Anspruch zu nehmen, so sehr drängt mich doch eine gewisse Besorgnis dazu, dies zu tun.

Mir geht es gut, ebenso dem Richard, der mir erst heute Morgens mitteilte, dass er mit Dir korrespondierte, und mir Dein Antwortschreiben zeigte, welches durch den gleich darauf eingetroffenen Brief an mich weiter illustriert wurde.

Ad vocem Deiner weiteren mich betreffenden Neuigkeit. Wenn Du Dich erinnerst, was ich Dir schon alles geschrieben habe, über die Ereignisse, welche mein Verhältnis zu meinem Lehrer, in schmerzlicher Weise getrübt haben, so wirst Du mich, wenn man sich jetzt auch bemüht, mir ein Pflaster aufzulegen, doch ob meines Verhaltens nicht tadeln können. Ich will nicht anmaßend, nicht stolz, aber auch nicht ungerecht erscheinen.

Ungerecht wäre ich aber vor allem, und zwar gegen mich selbst gewesen, wenn ich die offenbare Kränkung und Zurücksetzung, welche mir in der bekannten Geschichte widerfahren ist, mit charakterlichem Gleichmut ertragen hätte. Ja noch mehr, aber nur Dir gegenüber spreche ich mich so ungezwungen aus, ich glaube, ich hätte eine patriotische Pflicht gegen Land und Leute verabsäumt, wenn ich mich wie ein begossener Pudel unmittelbar nach dem Trocknen wieder bequemt hätte, die Hände meiner Demütiger zu lecken und mit dem Schweife Ergebenheit zu wedeln. Ich bin mir bewusst, nicht unehrenhaft gehandelt zu haben, dadurch dass ich als prononcierte Individualität hervorgetreten bin, die dort verabscheuen kann, wo sie gekränkt wird. Und habe ich mich nicht mit aller Resignation in mein Schicksal ergeben. Meine Schüler und zahlreiche andere Leute, mit welchen ich verkehre, werden mir das Zugeständnis nicht versagen können, dass ich mit einer, fast möchte ich sagen erkünstelten, Unbefangenheit an Brücke als meinem Lehrer festgehalten habe.

Wenn nun, was ich übrigens vorläufig, als ein leeres Gerücht betrachten will, Beckers Mitteilung nicht ohne Grund wäre, so würde ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, mich versöhnlich zu stimmen. Freilich wird vielleicht gerade dann die abweisende Rolle jenen zufallen, die ich, leider musste es so kommen, durch mein Benehmen verletzt habe. Aber hätte ich es ruhig hinnehmen sollen, dass man mir eben so ungerecht als unbarmherzig eine Gelegenheit, die unwiederbringlich ist, abgeschnitten hat. War nicht eine Existenzfrage damals für mich aufgetaucht. Man hat mich, und ich weiß in meinem Verhalten keinen Grund dafür aufzufinden, aus einer Zukunft hinausintrigiert, die ich mir schöner ausgemalt habe, als ich dies kann, wenn ich mir denke, dass ich in Graz ergrauen soll. Freilich liegt es in meinem Interesse, mir durch das Scheitern jener Hoffnung den Lebensfrieden nicht stören zu lassen, welchen ich aus meiner jetzigen Stellung zu schöpfen weiß. Und in der Beziehung bin ich, wie ich Dir schon öfter sagte, wieder vollständig getröstet und guten Mutes. Allein sollte ich auch noch so viel Selbstverleugnung besitzen, die Ungerechtigkeit, mit der man mir eine bessere Zukunft versagte, als eine menschliche Schwäche ehrenwerter Männer innerhalb 24 Stunden zu vergessen. Dazu müsste der Stoffwechsel des Menschen rapider verlaufen, als uns für die Konservierung der geistigen Individualität lieb sein könnte.

Mag da kommen, was kommen will, ich würde mein Schicksal mit Bescheidenheit tragen, aber immer werde ich daran denken, dass dort, wo an der Stelle einer Wunde sich eine Narbe gebildet hat, früher eben einmal eine Wunde sich befand, die Zeit brauchte, um zu heilen, und eben nur mit einer Narbe heilte. Verzeihe das viele Geschreibe meiner etwas weichem Stimmung.

Du bleibe aber munter und lass uns beide getrost in die Zukunft sehen, Dein

Alexander

L.323 *R.271

1867 V 22, Wien

Lieber Bruder!

Ich beantworte hiermit in kurzem Deine mir vorgelegten Fragen. Ich war Sonntag, als der Unfall den Vater traf, zufällig in Baden. Schon bei meiner Ankunft erzählte mir Vater mit einer gewissen Befriedigung, er habe vor zwei Tagen zum ersten Male nach langer Zeit aus der Nase geblutet. Er betrachtet dies in Anbetracht seiner vollblütigen Konstitution als eine Wohltat, da er ein öfter eintretendes Ohrensausen, seine leichte Ermüdung, ein öfteres Gefühl von Beklemmung, ein starkes Pulsieren der Arterien als den Ausdruck seiner Vollblütigkeit ansah. Wir gingen zu Tische, wobei auch ein von der Mutter bereiteter Maitrank genossen wurde. Ich kann nicht sagen, dass Vater auffallend viel gegessen und getrunken hätte. Im Gegenteil war er schon wegen des vor ein paar Tagen vorausgegangenen leichten Nasenblutens auf eigener und meiner Veranlassung vorsichtiger als sonst. Nach Tisch kamen wieder einige Tropfen Blut aus der Nase, was aber bald wieder aufhörte. Vater machte ein paar Nachmittagsvisiten und erst bei seinem Nachhausekommen trat jener heftige Anfall von Nasenbluten ein. Dass eine vermehrte Spannung im Gefäßsystem wie nach jeder Mahlzeit vorhanden war, ist wohl begreiflich. Dass aber auch eine verminderte Widerstandskraft der Gefäßwandungen entsprechend dem vorgerückteren Lebensalter des Vaters mitgewirkt haben mag, ist ebenfalls möglich. Wenn Letzteres der Fall war, kann man noch froh sein, dass keine anderen Teile in Mitleidenschaft gezogen wurden. Nach Beantwortung Deiner Fragen ende ich für heute mein Schreiben, denn ein lästiger Hinterhauptkopfschmerz und beginnender Schnupfen machen mich zu allem unlustig.

Mit vielen Grüßen und Küssen Dein

Emil

L.324 *R.272

1867 V 26, Graz

Lieber Bruder!

Ich danke Dir für Dein letztes Schreiben. Ich habe inzwischen vom Vater selbst einen langen Brief erhalten. Hoffen wir, dass sich bei ihm wieder alles zum Besseren wendet und er uns noch lange erhalten bleibt.

Was ich als den glücklichsten Zufall bei der letzten Unbill, welche den Vater traf, ansehen muss, ist, dass Du gerade in Baden warst. Mit großer Befriedigung hat mir Vater dies und auch noch, dass Du Dich Sonntag wieder um ihn umgesehen hast, geschrieben.

Ich komme jetzt wirklich aus dem Bitten und Betteln Dir gegenüber nicht heraus. Erschrecke nicht, aber höre. Pfefferkorn leidet an den Augen und zusehends nimmt sein Sehvermögen ab, wie er behauptet. Zu Ostern konsultierte er Arlt, der retinitis […]lopica diagnostizierte und ihm graue Brillen verordnete mit der Weisung, ihm, wenn er keine Besserung bemerkte, nach 3 Wochen zu schreiben oder schreiben zu lassen. Letzteres Geschäft musste ich auf Pfefferkorns lebhafte Bitte übernehmen. Arlt antwortete mir freundlichst, riet eine Sublimat- oder Schmierkur durch 4–5 Wochen, ganz wie bei Lues durchgeführt und wollte sogar, dass ich dieselbe überwachen und ihm dann von Zeit zu Zeit über den Verlauf der Kur und den Erfolg angestellter Sehproben Bericht erstatten sollte, oder aber ich sollte Pfefferkorn an Blodig oder Friedrich adressieren.

Selbst wollte ich die Kur nicht leiten. Ich habe keine Zeit umsonst zu opfern und auch Pfefferkorn gegenüber nicht die Energie, um ihm die so notwendige Kur aufzuzwingen. An Blodig konnte ich ihn nicht weisen, weil Blodig, noch ehe Pfefferkorn den Arlt konsultierte, bei dem ersteren einen grauen Star diagnostizierte. Ob Blodig dabei besoffen war, wie er öfter sein soll, weiß ich nicht. Ich schickte ihn daher zu Friedrich; als aber dieser die Normalien der von Arlt empfohlenen Kur festsetzte, sahen Pfefferkorn und Frau sogleich, dass Pfefferkorn, wenn er sich von Graz nicht auf einige Zeit zurückziehen würde, weder selbst den Mut hätte, die Kur voll und ganz durchzumachen, noch auch von andern Leuten, die ihn als beeideten Schätzmeister, Zivilingenieur und dgl. immer benötigen, in Ruhe gelassen würde.

Die desperaten Gatten und namentlich Pfefferkorn, der wie gesagt immer mehr und mehr sein Sehvermögen abnehmen fühlt, beschlossen daher, dass Pfefferkorn sich in Wien auf dem Dreiguldenstock von Arlt selbst behandeln lassen soll. Ich kenne die unstete Natur Pfefferkorns und seinen beständigen Tätigkeitstrieb nur zu gut, als dass ich ihn, als er mich darum fragte, nicht geraten hätte, seinen Entschluss wirklich auszuführen. So wird er denn heute nach Wien reisen und morgen, 27. früh, dort eintreffen.

Nun, da Du die ganze Geschichte weißt, kommt die an Dich zu richtende Bitte. Frau und Herr v[on] Pfefferkorn baten mich, dass ich Dir schreiben soll, dass Du, so wie ich es in meinem Brief an Arlt tun musste, ihn auch noch bei Arlt gelegentlich und ebenso bei Becker als Deinen Bekannten agnoscieren sollst. Kurz sie wollen von Deiner gütigen Protektion etwas profitieren. Pfefferkorn selbst machte dabei gleich alle möglichen Reserven, dass er Dich nicht belästigen will usw. Ich weiß nun sehr wohl, dass Du Dir das selbst eben einrichten wirst, wie es Dir gelegen ist und dass Du Dich, da Pfefferkorns so alte Bekannte unseres Hauses sind, einer kleinen Freundlichkeit, die aber eben nur das sein soll, nicht entziehen wirst.

Ich habe gegen etwaige Übergriffe, zu welchen Leidende immer geneigt sind, schon im Vorhinein Schranken aufgerichtet, indem ich sagte, dass Du Dich in nichts einmischen könntest, was den Fall als solchen und die Behandlung beträfe, da ich ohnehin weiß, wie unerquicklich eine solche Frondienstleistung an Bekannte ist.

Er, der Herr von Pfefferkorn, ist in dieser Beziehung auch ganz bescheiden und seine Frau wird ihn nicht begleiten. Hättest Du aber ein oder das andere Mal etwas über den Verlauf seiner Kur von Becker erfahren, so würdest Du auf große Dankbarkeit rechnen können, wenn Du in Deinen gelegentlichen Briefen an mich etwas einflechten wolltest. Noch muss ich hinzufügen, dass Becker, als er Pfefferkorn, der den Arlt auf der Klinik suchte und erst später in dessen Privatordination gewiesen wurde, untersuchte, etwas von Glaucom und Operation sprach, so dass vielleicht Arlt doch seine Diagnose noch modifizieren muss. Ein Umstand, der zusammen mit den subjektiven Gefühlen Pfefferkorns mir die Ausführung seines Beschlusses noch wünschenswerter erscheinen lässt.

Das Beste, ich lege den Brief, den Arlt an mich richtete, hier bei.

Was machst Du zu Pfingsten? Genial wäre, wenn Du Urlaub nähmest und, wenn auch nur ein paar Tage, nach Graz kämest. Vielleicht geht es jetzt noch. Deine Patienten allein müssten darin maßgebend sein.

Ich schreibe heute auch dem Lang, dass er kommen soll. Pebal erhält den Besuch des Emil Meyer, Physiker aus Breslau. Also überlege Dir, wenn Du ihn nicht zu lächerlich findest, meinen Vorschlag. Einmal musst Du ja doch wieder eine Visite machen. Dein

Alexander

L.325 *R.274

[1867] [v.VI] [5], [Wien]

Lieber Freund!

Dass ich auf Dein freundliches Schreiben nicht antwortete, hat seinen Grund, dass ich immer auf positive Nachrichten von Meyer wartete. Ich stecke jetzt so in Arbeit, dass ich das Vergnügen, Euch zu sehen, wohl verschoben hätte, wenn nicht so außergewöhnliche Verhältnisse eingetreten wären, die mich zu dem Ausrufe bewogen:

„ich stürz mich in den

Strudel, Strudel hinein.“

Pebal hat endlich doch geschrieben, ich glaubte schon, Deine schon öfters gebrauchte Phrase: „Pebal wird Dir schon geschrieben haben“, war eben – Phrase.

Er schrieb, ich soll keine Gschichten machen, als ob nicht gerade eine Grazerfahrt ein historisches Ereignis wäre. Auch machte er lächerliche Andeutungen von per 1. Klasse nach Graz fahren, ich weiß nicht, ob Meyer so heidenmäßig viel Geld hat, da es bei mir jedoch noch christkatholisch ist, so denke ich, wird sich unser glückliches Wiedersehen wohl bis morgen Abends hinausschieben.

Der Deinige

V. Lang

Anmerkung Der Brief trägt den Datumsvermerk „Freitag“. Vermutlich handelt es sich um einen Freitag vor Pfingsten (eventuell 1867 V 31), vgl. die Briefe 1867 VI 5 Wien und 1867 I 26 Graz

L.326 *R.273

1867 VI 2, Wien

Lieber Bruder!

Ich habe bald nach Empfang Deines letzten Briefes die gewünschten Schritte bezüglich Pfefferkorns getan, so dass Arlt und Becker schon unterrichtet waren, als Pfefferkorn zu ihnen kam. Pfefferkorn hat sich entschlossen, in der Privatanstalt des Dr. Eder, vormals Wertheim, unter der Behandlung Arlts zu verbleiben, da Arlt auf dem Dreiguldenstock, dessen ordinierender offizieller Augenarzt Prim[arius] Prof. Jäger ist, keine Behandlung übernehmen will. Er hat in dieser Anstalt ebenfalls für drei Gulden ein Zimmer bekommen. Ich besuchte ihn gestern und hörte ihn nur über Langeweile klagen. Es wurde die Inunktionskur bereits eingeleitet und gestern war erst eine Einreibung gemacht, von einem Erfolge der Kur kann begreiflich bis jetzt keine Rede sein. Nächster Tage werde ich mich wieder um ihn umsehen und sollte ich etwas besonders Wissenswertes erfahren, es auch schreiben.

Von Deiner freundlichen Einladung, nach Graz zu kommen, kann ich zu Pfingsten keinen Gebrauch machen, da mehrere Umstände mich daran hindern. Hoffentlich wird sich ein andermal auch eine Gelegenheit hiefür finden. Ich habe unlängst einige ärztliche Besuche beim Präsidenten des Abgeordnetenhauses Dr. Giskra gemacht, den ich wegen einer rezivierenden Angina tüchtig und mit sehr gutem Erfolge mit lapis infernalis ätzte, der berühmte Redner war sehr desperat, weil er ein längeres Leiden befürchtete, nun war aber die ganze Sache in wenigen Tagen behoben. Freilich bleibt die Möglichkeit eines abermaligen Rezidivs nicht ausgeschlossen. Du wirst vielleicht in den Wiener Blättern gelesen haben, dass der Beamtenverein im Konkurswege die Stelle eines Chefarztes des Vereines mit einer Bestallung von 600 fl besetzen will. Ich habe mich entschlossen, um diese Stelle zu kompetieren und mein Gesuch samt Dokumenten bereits eingereicht. Das ist aber auch alles, was ich getan habe und tun werde, denn die Stelle wird vom Verwaltungsrate besetzt, in welchem sich diverse Bahnbeamte, Gerichtsadjunkte, Kriegsbuchhalter, Kontrollore, Finanzräte etc. etc. befinden, denen ich doch keine Besuche machen kann. Der Präsident des Verwaltungsrates ist der kleine Lothar Metternich, den Du von Baden her kennst. Vizepräsidenten sind der Professor Klna[…?] von der Handelsakademie und Herr Fellmann, Generalsekretär von der Nordbahn. Wie gesagt, vorläufig denke ich nichts weiter zu tun. Ich habe also keine andere Empfehlung als mein bisheriges Wirken. Ob man damit, selbst wenn es verdienstlicher wäre als das der anderen, mehr erreichen kann???

Lebe recht wohl, es grüßt Dich herzlich Dein

Emil

L.327 *R.275

1867 VI 5, Wien

Lieber Freund!

„Exultat anima mea“ dieser Ausruf bezieht sich, ich gestehe es, hauptsächlich darauf, dass ich schon im Vollgenuss der Ferien schwelge. Doch werde ich gewiss noch in ein Meer von Seligkeit mich versetzt denken, falls einmal Du und Pebal hier angelangt sein werden. [sic]

Den Tag Eurer Niederkunft beiläufig zu erfahren, ist der Zweck dieses Sendschreibens, da ich mich vielleicht doch verleiten lassen könnte, auf einige Tage nach Oberösterreich zu Schaups zu gehen. Am besten wäre es, Ihr kämt so bald als möglich.

In der Erwartung eines baldigen mündlichen Gedankenaustausches bleibe ich der einstweilen Deinige

V. Lang

A propos: falls Eure philosophische Fakultät vielleicht doch nicht auf der Berufung Kirchhoffs oder Clausius besteht, so möchte ich ihr doch Loschmidt empfehlen, welcher persönlich sehr liebenswürdig, ein glühender Forscher, sehr guter Lektor ist und die nötigen mathematischen Kenntnisse besitzt, um auch Kapitel der Physik zu beherrschen, um die er sich bis jetzt nicht gekümmert hat.

V. L.

L.328 *R.276

1867 VI 18, Wien

Lieber Freund!

Hier wieder mit Manuskripten und Pharmazeutenexaminieren beschäftigt, denke mit Sehnsucht an die Tage von Aranjuez–Graz zurück. Für die damals mir erwiesenen Freundlichkeiten sage ich Dir nochmals besten Dank.

Meyer und ich kamen glücklich in Wien an und verbummelten noch den nächsten Tag mit Besichtigung der geologischen, des physikalischen, der mineralogischen, der astronomischen und der ringstraßlichen [Sehenswürdigkeiten], bis er dann abends unter Donner und Blitz abfuhr. Jedenfalls schien auch auf ihn, und ich hatte dazu die beste Gelegenheit zu beobachten, der Grazer Aufenthalt auftauend gewirkt zu haben.

Lorenz wurde neulich bei uns mit der gerade nötigen Stimmenanzahl zum Dekan gewählt. Derselbe bedauert sehr, die ihm von mir überbrachten Nachrichten über Tomascheks Halsstarre, welche intensiver als seine anderen Starrheiten zu sein scheinen.

Übrigens grüße ihn und Pebal aufs Beste von mir. Neulich wurde bei uns ein Herr Gomperz habilitiert. Ich wollte schon aus Freundschaft für Tomaschek gegen ihn stimmen, bis ich erfuhr, dass er nur ein Verwandter des auf die Bettelheim gekommenen Gomperz ist. Tomaschek dürfte aber noch an den Bettelstab kommen, wenn er sich sein Singen nicht abgewöhnt.

Der Deinige

V. Lang

L.329 *R.277

1867 VII 6, Prag

Sehr geehrter Herr Kollege!

Von der medizinischen Fakultät im Verein mit Prof. Halla mit dem Referate über die vom Ministerium beabsichtigte Neuerung in der Einteilung des Studienjahres betraut, habe ich eine Zusammenkunft mit den von der philosophischen Fakultät für denselben Gegenstand bestellten Referenten veranstaltet, bei der wir uns über folgende Punkte einigten:

Wir wollen uns entschieden gegen die vom Ministerium beabsichtigte Einrichtung – Schluss des Wintersemesters am letzten Februar und Beginn des Sommersemesters am 1. März – aussprechen, da damit unser Zusammenhang mit den deutschen Universitäten noch weiter gelockert würde, indem es dann Studierenden, welche ein Wintersemester an einer deutschen Universität verbracht haben, unmöglich gemacht würde, in dem darauffolgenden Sommersemester ihre Studien an einer österreichischen Universität fortzusetzen. Auch ist eine längere Ferienzeit zwischen dem Winter- und Sommersemester durchaus notwendig. Setzt man nicht offiziell eine bestimmte Ferienzeit fest, so werden sich sofort inoffizielle Semestralferien entwickeln, deren Elastizität leicht zu Unzukömmlichkeiten führen könnte. Wir enthalten uns aber aller positiven Vorschläge über Semestereinteilung, Ferienausmaß und Inskriptionsdauer, weil in Bezug hierauf die Wünsche und Bedürfnisse der Fakultäten und Universitäten so verschiedenartig sind, dass eine alle Teile nur halbwegs befriedigende Abänderung der gegenwärtigen Einrichtung nur auf dem Wege eines Kompromisses erreichbar erscheint. Um ein solches Kompromiss herbeizuführen, wollen wir dem Unterrichtsministerium vorschlagen: je ein Mitglied aller weltlichen Fakultäten der österreichischen Universitäten zur Veranstaltung einer Enquete über die in Rede stehenden Fragen einzuberufen. Die Kollegen haben mich beauftragt, Sie von unseren Absichten in Kenntnis zu setzen und Sie zu bitten, uns mitzuteilen, was Ihre Fakultät in der fraglichen Angelegenheit für Vorschläge zu machen gedenkt oder bereits gemacht hat, da wir geneigt sind, um ein möglichst einheitliches Vorgehen mit den übrigen Universitäten zu erzielen, welches allein imstande sein dürfte, die von dem Unterrichtsministerium beabsichtigte Modifikation hintan zu halten, Änderungen unserer Vorschläge vorzunehmen.

Mit bestem Gruße, Ihr ergebener

Prof. Knoll

L.330 *R.278

1867 VII 8, Graz

Lieber Bruder!

Ich muss mich vor allem anklagen, in der letzteren Zeit ein sehr fahrlässiger Korrespondent gewesen zu sein, ich habe aber auch einiges zu meiner Entschuldigung anzuführen. Hauptsächlich die wirklich buchstäblich so zu nennende Vorlesungshetzerei in diesem kurzen Sommersemester, die mir wenig ruhige Momente gönnte. Dann wollte ich Dir schreiben, um zugleich Deine Badener Pfingsterfahrungen für mich einzuheimsen, da kam aber Richards Badenerreise dazwischen und Du erhieltest durch ihn von mir, ich von Dir, mündliche Nachricht. Dann wollte ich Dir wieder schreiben, dass ich zum Dekan gewählt wurde, allein fingerfertige Schreiber hatten schon zwei Tage nach der Wahl das Novum an Wittelshöfer gelangen lassen, wo Du es sicher durch die med[izinische] Woch[enschrift] erfuhrst.

Ich kann nun nur die Notiz noch bestätigen mit dem Beisatz, dass ich alle gegen meine eigene Stimme erhielt. Anderes Neues weiß ich nicht, wenigstens nichts Mitteilenswertes.

Dr. Friedrich fragt mich oft um Pfefferkorn, von welchem ich ganz ohne Nachricht bin, nicht einmal Richard wusste mir etwas zu sagen, obwohl er Frau von Pfefferkorn in Baden gesehen hat.

Wie steht es denn mit Deinen Dislokationsangelegenheiten, es drückt mich oft schwer, weil ich glaube, dass Dir diese ganze Angelegenheit große Sorge macht. Ich möchte Dir gerne ein wenig assistieren, wenn es nur im August noch möglich ist. Jedenfalls ist die Zeit gekommen, wo Du mir wieder einmal über Deine Pläne und Absichten eine kleine Mitteilung machen könntest. Ich werde in der ersten Augusthälfte nach Baden kommen, genauer kann ich den Termin noch nicht festsetzen, was ich in den Ferien machen werde, weiß ich noch nicht. Nach Paris gehe ich aber gewiss nicht.

Überrascht war ich von Schwandas Entpuppung als Physiker und es würde mich nun gar nicht mehr wundern, nächstens zu lesen, dass der Nowatzeck Prof[essor] der Astronomie geworden ist. Ich bin neugierig, was der Lang zu der Schwanda-Physik sagen wird. Habeant sua fata homines.

Mit vielen Grüßen Dein

Alexander

L.331 *R.279

1867 VII 9, Wien

Lieber spectabilis Bruder!

Da ich heute wegen des Hundewetters nicht herumlaufe, um eine Wohnung zu suchen, so benütze ich die Zeit, um Dein heute erhaltenes Schreiben zu beantworten. Die Nachricht von Deiner Wahl zum Dekan, als ich sie aus der Medizinischen Wochenschrift erfuhr, hat mich mehr erfreut als überrascht. Ich gratuliere Dir von Herzen zu dieser neuen Würde und wünsche nur, dass sie Dich auch in materieller Beziehung nicht unbefriedigt ließe.

Die Sorge um meine künftigen Lebensverhältnisse lastet empfindlich schwer auf mir. Trotz aller Bemühungen ist es mir bis jetzt noch nicht gelungen, eine passende Wohnung zu finden. Auf mehr als 5 bis 600 Gulden Jahreszins kann ich es nicht wagen, mich einzulassen und nur im Notfall möchte ich mich in den 3. Stock versteigen. Nun sind aber die Wohnungen in den unteren Stockwerken meist größer und teurer, als ich sie brauche. Allerdings habe ich auch schon recht schöne Wohnungen in der Stadt im 2. Stock für 400, 500 bis 600 Gulden gesehen, aber sie waren sämtlich wegen anderweitiger Missstände für meine Zwecke unbrauchbar. Erst gestern habe ich in der Kärntnerstrasse eine Wohnung gesehen, die, was die Zahl und das Ansehen der Piecen anlangt, ganz entsprechend wäre und 580 Gulden kostet. Aber dieselbe befindet sich im 3. Stocke und das Haus hat keinen Hausmeister. Jede Partei bekommt einen Hausschlüssel. Zwar geht in jedes Stockwerk eine eigene Glocke, aber die Sache scheint mir doch bedenklich. Kurz, ich weiß bis jetzt nicht, wo ich wohnen werde, obwohl ich bereits die letzte Rate meines Assistentengehaltes einkassiert habe. Im äußersten Falle wird mir nichts übrig bleiben als in Aftermiete zu gehen und die nächste Ausziehzeit abzuwarten. Freilich werde ich dann diese quälende Sorge umso später los. Die Stelle, wovon ich Dir neulich geschrieben, wurde bereits besetzt, und zwar, unglaublich aber wahr, mit Dr. Buchheim, einem kleinen Juden, der früher Sekundararzt war, und der in ärztlichen Kreisen gerade nicht sehr geschätzt ist, um mich glimpflich auszudrücken. Wahrscheinlich hat er sich bei diversen Räten, Sekretären, Offizialen und Auskultanten zum Handkuss vorgestellt.

Pfefferkorn befindet sich noch immer in Eders Heilanstalt; er hat die Merkurialkur wegen starker Salivation nicht vertragen, bekam dann Jodkali und jetzt das Haller Jodwasser, seine Augen sind etwas besser. Arlt meint, er würde geheilt werden, aber es dürfte wohl wochenlang dauern. In Baden ist alles wohl. Wir schließen noch diese Woche die Klinik, trachte auch Du, Deine Vorlesungen bald zu beenden und nach Wien zu kommen, wo Du mit Deinem Rat erfreuen und unterstützen könntest Deinen

Emil

Verehrtester Professor!

Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen eine Kommission gebe. Meine Geschäfte sind jetzt so groß, dass ich wahrhaft nicht so leicht weg kann. Ich weiß daher einen Weg, wodurch das Geschäft leicht abgemacht werden kann, ohne dass ich gegenwärtig bin. Herr Professor haben die Güte, ein Blanquette zu kaufen mit dem gesetzmäßigen Stempel im Betrage von 200 fl weniger als der alte Wechsel. Sie schicken mir dann beide zum Ausfüllen – oder füllen es selbst aus – und ich akzeptiere, kurzum ich werde Ihnen alsdann mein Akzept und die Obligation mit Juli-Coupon, welche ich schon längst habe, gleich, und zwar mit so viel Papiersechzerln [sic], zurückschicken – so sind wir dann fertig bis 1. Oktober – dann, glaube ich, sollen wir doch W[echsel] machen auf halbe Jahre, damit nicht die viele Schreiberei sein muss.

Achtungsvoll

Dr. Kottowitz

L.333 *R.281

1867 VII 29, Wien

Lieber Bruder!

Erst gestern bei meinem Besuch in Baden habe ich die Briefe zu lesen bekommen, welche Nachricht geben von dem Unfalle, der Dich betroffen hat. Ich drücke Dir hiermit mein Bedauern aus, gleichzeitig aber die Freude, dass nach diesem letzten Briefe das Leiden einen milden Charakter angenommen hat. Ich erinnere mich, dass Du vor einigen Jahren in Wien einen ähnlichen Unfall hattest, gleichfalls mit starker Schwellung und Extravasation in der Umgebung des Sprunggelenkes, dennoch ging damals das Leiden in verhältnismäßig kurzer Zeit vorüber. Hoffen wir diesmal einen ähnlich günstigen Verlauf. Übrigens möchte ich Dich auf das Eindringlichste warnen, die Sache ja nicht leicht zu nehmen und dem Fuße alle mögliche Schonung und Ruhe für längere Zeit zu gönnen, selbst wenn der Prozess anscheinend schon angelaufen ist. Es gibt nichts Tückischeres als derlei Distorsionen des Fußes. Melanie Stubenvoll, welche einen solchen Unfall beim Schlittschuhlaufen im Anfang des Winters hatte und die Sache allzu leicht nahm, musste dann monatelang liegen und kann jetzt nur Gehversuche mit Hilfe eines Stockes machen. Also besser bewahrt als beklagt. Wenn Du nach Baden reisest, wird es jedenfalls zweckmäßig sein, früher einen Gipsverband anlegen zu lassen. Ich befinde mich noch immer im Spitale, ich beabsichtige den Augusttermin noch abzuwarten, weil da wiederum Wohnungsveränderungen vor sich gehen dürften, die mir vielleicht etwas Passendes bringen könnten. Ich werde also bis dahin fortfahren, die Straßen Wiens zu durchwandern, dann aber im Drange der Umstände nach dem Passendsten greifen. Ich habe mich vorläufig auf eine Wohnung insofern pränumeriert, als mir der Eigentümer Jus. Dr. Herzfeld versprochen hat, mich zu benachrichtigen, wann jemand anderer dieselbe nehmen wollte, damit ich demselben zuvorkäme. Nun, mit der Zeit werde ich doch auch dieser Sorge ledig werden.

Lebe recht wohl, grüße mir die Badener in Graz Dein

Emil

[1867-1876] IX 1, [bei der Hohen Salve]

Liebe Freunde!

Ich bin gestern nach einer ruhelosen Straßenfahrt hier angekommen, heute ist ein Bruder von mir aus Wien zu Besuch hier angekommen und morgen gehe ich wahrscheinlich wieder fort (bei gutem Wetter auf die Hohe Salve). Das Pustertal, welches ich durchzog, ist ziemlich langweilig mit Ausnahme einer Strecke, wo man die kühn geformten Dolomitberge von Ampezzo im Angesicht hat, die ich aber erst am Tage nach unserer Trennung zu Gesicht bekam. Am 1. Tage wanderte ich anfangs frisch weiter, bald aber ward es zu heiß, ich dachte an Euch, wie Ihr über den Ehnerberg schwitzen werdet, stellte mir das in Schweiß gebadete Angesicht von Euch lebhaft vor und legte mich an der winzig kleinen Drau ruhig im Schatten nieder. Auf der Straße duldete es mich nicht lange, ich versuchte immer am anderen Ufer zu gehen, wo ich bisweilen Fußwege, kühlen Schatten und herrliche Quellen fand, oft aber wegen Mangel an Weg wieder auf die andere Seite bei einer gelegenen Brücke zurückkehren mußte. Dabei versäumte ich das Mittagessen, ich kam nämlich an einem Punkte wieder heraus, von wo ich erst zu einem Wirtshause zu kommen hoffte, nach 3/4 Stunden aber fand, daß ich es schon im Rücken hatte. Abends war es kühl und ich marschierte im hundebebellten Mondesglanz prächtig von einem Seitel Tiroler gelabt zur nächsten Post. Die Eleganz war noch in vollster Blüte. Am Honoratiorentisch war nur ein italienischer Steuereinnehmer (Matrei!), der Schnaps mit einem Äppel aß und der Wirt, der eine gemischte größere Bibliothek besitzt, die ich von fern sah. (Suppe, Schnitzel mit [...] und Salat, 1 1/2 Seitel Wein, früh Kaffee = 87 Kreuzer). In Innichen besuchte ich einen bekannten Apotheker – die Dolomitberge, die ich zu meinem Troste vor Innichen sah, sind so prachtvoll, daß sie an Formenschönheit und Kühnheit unsere Nord-Kalkalpen wie Kinderspiel übertreffen und ich den Vorsatz habe, sie jedenfalls zu besuchen. Schweizer Gletscher und Venetianer Dolomit muß das Schönste sein. – Leider gingen an diesem Tage alle Brusthemdknöpfe flöten, der oberste hing nur mehr an einem einzigen tangierenden Punkte, sodaß es meistens, wenn ich es sicher glaubte, sich loslöste und ich aus meinen stolzen Träumen über die schlummernde, aber noch nicht ganz zu Grabe getragene Eleganz durch die Empfindung der Kälte an meinem Busen geweckt wurde und beim Senken des Blickes wohl Haare und eine zwischen beiden Rockkrägen kühn gespannte dolomitdüstere Kluft, aber keinen freundlichen Schimmer eines weißen Hemdes gewahrte. Und es war doch abermals so schön gewaschen worden (da ich es nach dem Rate von Emil nicht unter das Leintuch gelegt hatte, war es morgens etwas feucht gewesen). – Von Niederndorf fuhr ich bis Brixen bei schlechtem Wetter, das Euch auf der Pasterze erwischt haben dürfte – außer Brixen marschierte ich mit einem wallfahrenden Krämer (Nachtlager ohne Frühkaffee 1 1/2 Seitel delikatestem Wein 6 Kreuzer). Über den Brenner marschierte ich zu Fuß in mäßigen Märschen. Hier bekam ich in einem Tabakgewölbe 9 fl, welche ich als Herausgabe von 10 fl unmittelbar vor meiner Abreise hatte liegen lassen und die mir erst zuletzt abgegangen waren (ich war mit Emil dort gewesen). Brennerbahn sehr schön – von einem herab fallenden Steine bald erschlagen. Wünsche Euch noch freudige Ferien und danke vielmals für Euren Besuch. Auf Wiedersehen Euer

Rembold

Anmerkung Zur Datierung und Lokalisierung: Die im Brief erwähnte Brennerbahn wurde Ende August 1867 eröffnet; es ist anzunehmen, dass die erwähnte ausgedehnte Wanderung vor Rolletts Heirat im August 1876 stattgefunden hat; damit sollte der Brief aus den Jahren 1867 bis 1876 stammen. Die Hohe Salve ist ein bekannter Aussichtsberg zwischen Wörgl und Kitzbühel, dem Wilden Kaiser gegenüberliegend.

L.335 *R.282

1867 IX 7, Graz

Lieber Freund!

Dein Brief hat es zweckmäßiger gefunden, auf meine Ankunft zu warten, als aufs Ungewisse mir in die Berge nachzureisen, deshalb erhältst Du auch so spät erst ein Lebenszeichen von mir.

Armer Junge du! Ich wollt, Dein Knöchel hätte so schnell Vernunft angenommen als meiner. Er tat mir zwar selbst in Kärnten noch gelegentlich ein wenig weh, doch gab sich die Sache bald.

Planer kam richtig nach Kärnten mir nach. Wir blieben zusammen noch eine Woche in Tarvis, machten dort die üblichen Touren und reisten dann nach Lienz. Dort war uns aber der Himmel so wenig günstig, dass wir mehrere Tage verloren, ehe wir die Wanderung zur Pasterze antreten konnten. Infolge dessen kam ich auch viel später zurück als ich beabsichtigte. Planers sind noch in Villach; dürften aber nächster Tage auch nach Graz kommen.

Bezüglich der Pariserreise habe ich noch keinen bestimmten Entschluss gefasst. Wenn ich noch dahin gehe, so geschieht es in den nächsten Tagen, wo ich Dich auch ein paar Stunden zu sehen hoffe.

Heute ist Luisenpartie mit Gottlieb, weshalb ich auch schließen muss. Mit den freundlichsten Grüßen an die Deinigen Dein

Pebal

L.336 *R.283

1867 IX 17, [Wien]

Lieber Rollett!

Wenn Du morgen – Mittwoch – hereinkommst, richte Dich so ein, dass Du die Woche hier bleibst. Billroth möchte Euch gerne kennenlernen und hat mich daher gebeten, Euch mit Stricker und einigen anderen auf morgen Abend um 20:00 Uhr bei […] und [...] zu bestellen. Dein

Otto Becker

L.337 *R.284

1867 IX 30, Graz

Lieber Bruder!

Nun bin ich seit 8 Tagen wieder zu Hause im lieben Graz. Erlebt habe ich wenig noch. Heute habe ich die erste Dekanatsstunde gehalten. Es hat sich auch schon ein übereifriger Gymnasialabiturient als Mediziner einschreiben lassen.

Ich habe schon viele Besuche gemacht, von wegen der Teilnahme, die mir bei meinem neulichen Unfall zugewendet wurde. Die Bekannten traf ich alle wohl. Auch Frau von Schauenstein befindet sich in der entschiedensten Rekonvaleszenz. Schauenstein hat für den Gemeinderat kandidiert, seine Wahl scheint ziemlich gesichert.

Nur den armen Pfefferkorn traf ich im Bette mit verbundenen Augen. Er lässt sich nun auf Arlts Rat von Dr. Friedrich hier weiterbehandeln. Er versichert, schon besser gewesen zu sein, aber dann wieder die Augen angestrengt zu haben, darum rät Arlt wahrscheinlich, die Kur fortzusetzen. Pfefferkorn ist sehr schlecht auf die Edersche Heilanstalt zu sprechen.

Der Ukas in unserer Rektorsangelegenheit hält alles in Atem. Die Leute wollen festbleiben und vorerst ihren Standpunkt wahren. Die Sache wird wahrscheinlich den Senat passieren und dann wieder Pebal, Peters, Helly und ich einen heißen Tag haben. Unser anatom[isch-]physiol[ogisches] Institut stoßt auf großen Widerstand, und zwar ist der dafür in Aussicht genommene Bauplatz den Vätern der Stadt nicht recht. Man möchte die Anatomie gern nach Köflach verlegen und die Studenten dort die Kollegien besuchen lassen, vielleicht werden die Grazer auch noch aus Sanitätsrücksichten ihre Retiraden nach Obersteier verlegen, das wäre gerade so gescheit.

Die Leute wissen eben nicht, wie es anderswo in der Welt aussieht und dass anatomische Institute, die für jede Universität ein sine qua non sind, auch mitten in der Stadt so angelegt werden können, dass sie weniger gesundheitsschädlich sind, als manches versaute Privathaus. Uns wird die ganze gemeinderätliche Weisheit nächstens in einer Sitzung vorliegen. Wir werden alles aufbieten, die Leute zur Erkenntnis des Wahren und Notwendigen zu bringen. Ob es gelingen wird?

Gleichzeitig mit diesem Schreiben schicke ich auch einen Lektionskatalog an Dich. So viel für jetzt, mehr nach der Eröffnung unserer Vorlesungen.

Schreibe bald und sei herzlichst geküsst von Deinem

Alexander

L.338 *R.285

1867 X 2, Wien

Lieber Bruder!

Auch ich habe in den wenigen Tagen seit unserer Trennung nichts Besonderes erlebt. Mit meinem körperlichen Befinden bin ich zufrieden, im Übrigen wappne ich mich mit Geduld und Ausdauer. Ein paar meiner gewichtigeren Patienten sind bereits von ihrem Landaufenthalte zurückgekehrt und haben mich glücklich wieder zu ihrem Hausarzt requiriert. Im Ganzen genommen kann ich sagen, „es tröpfelt“. Ob dies ausgiebig genug sein wird, um nicht zu verdorren, muss die Zukunft lehren. So sehr mich die Nachricht von der Rekonvaleszenz der Frau Schauenstein erbaute, so sehr betrübte mich jene über Pfefferkorn. Wenn es wirklich schon besser ginge, wie konnte Pfefferkorn schon jetzt so unvorsichtig sein, die Augen wieder anzustrengen.

Gestern abends wohnte ich zufällig der Installation des neuen Rektors Prof. Hasner bei. Er hat eine sehr gelehrte rechtsphilosophische Rede gehalten, ohne jede religiöse, soziale oder politische Färbung. So macht man es, wenn man nicht bloß Professor der politischen Wissenschaften, sondern auch Hofrat, Leopoldordensritter und Herrenhäusler ist. Übrigens war die Rede recht interessant.

Ich bin sehr begierig, wie Eure Rektorsangelegenheit geordnet werden wird.

Dr. Hüttenbrenner sagte mir gestern, dass die Stelle eines Badearztes in Neuhaus mit 1000 Gulden Gehalt, freie Wohnung und Aufenthaltsverpflichtung während der Sommersaison nächstens zur Besetzung kommen wird und dass man nicht ungeneigt wäre, einen Wiener Arzt anzustellen. Er fragte mich, ob ich etwa darauf reflektieren wollte, er wisse aber nicht, ob ein Konkurs ausgeschrieben wird. Kannst Du vielleicht in Graz etwas Näheres über die Verhältnisse in Neuhaus erfahren. Es wäre gar nicht schlecht im Winter in der Stadt, im Sommer auf dem Lande zu verweilen und sich die Patienten von da dorthin zu requirieren und umgekehrt. Die Besetzung geht, glaube ich, den steirischen Landesausschuss an. Ich kenne, wie gesagt, die Verhältnisse in Neuhaus gar nicht, aber es ist doch die Mühe wert, dass man sich informiert.

Für heute schließe ich mein Schreiben mit den besten Grüßen und der Bitte, bald wieder einige Zeilen zu richten an Deinen

Emil

L.339 *R.286

1867 X 4, Graz

Lieber Bruder!

Durch Helly erfuhr ich noch gestern, dass Dr. Schiller (glaube ich verstanden zu haben), der bisherige Direktor von Neuhaus, nach Rohitsch versetzt werden soll, dadurch wird die Stelle in Neuhaus frei. Diese Stelle, welche der steier[märkische] Landesausschuss verleiht, ist die eines vollständigen Badedirektors, dem auch die ganze ökonomische Leitung obliegt. Wie mir Helly sagte, bewirbt sich Zini darum. Die ökonomische Leitung halte ich für eine große Last, ohne dass ich glaube, dass man sich dadurch, wenn man anders geneigt ist, nach Neuhaus zu gehen, sollte abschrecken lassen. Die Saison dauert von Mai – Oktober nach Hellys Angabe. Den Winter über kann der Direktor zubringen, wo er will. Helly meinte, dass der frühere D[irektor] sehr gute Geschäfte machte. Es müsste sobald wie möglich ein Schritt getan werden.

Schreibe mir umgehend, ob ich zum Faktotum des Landesausschusses, Dr. Stremayr, gehen soll und in Deinem Sinne wirken soll. Stremayr ist zwar ein aalglatter Diplomat, mir aber, wie es scheint, freundlich gesinnt, ich kenne ihn ziemlich gut. Überdies würde ich mit Heschl, der ein sehr intimer Freund Stremayrs ist, sprechen. Auch zu M[oriz] v[on] Kaiserfeld könnte ich gehen, wenn er wieder einmal von Wien herkommt.

Deine Antekadentien: Oppolzers Assistent etc., Deine Stellung an der W[iener] Univ[ersität]: Privatdozent für Brust- u. Unterleibskrankh[eiten] etc., Deine literarische Tätigkeit sind, glaube ich, Dinge, mit denen man hier schon etwas Kapital schlagen könnte. Wenn ich aber einmal etwas tue, dann muss ich auch gleich mit der Farbe herausrücken, darum bitte ich Dich, mir bald zu antworten. Leider konnte ich bis jetzt nicht erfahren, ob der Betreff[ende] eine Verpflichtung für eine Reihe von Jahren übernimmt. Ich glaube aber nicht. In Eile Dein jetzt vielgeplagter

Alexander

Setschenow ist hier, mit ihm ein neuer Russe, Golubew.

L.340 *R.287

1867 X 7, Wien

Lieber Bruder!

Ich danke Dir für Dein rasches Antwortschreiben auf meinen letzten Brief. Ich komme erst heute dazu, wieder einige Zeilen an Dich zu richten, da ich gestern in Baden war, um der Mutter zu ihrem auf nächsten Mittwoch fallenden Geburtstag zu gratulieren. Was die Neuhauser Angelegenheit betrifft, so wirst Du begreifen, wenn ich heute noch nicht in der Lage bin, einen festen Entschluss auszusprechen. Ich habe mich inzwischen mehrseitig erkundigt und zum Teile widersprechende Ansichten gefunden. Ich habe auch die letzterschienene Schrift über Neuhaus von Dr. Schüler gelesen. Nach alledem zweifle ich nicht, dass man sich in Neuhaus den Sommer über ein paar Tausend Gulden verdienen kann. Aber – so meinen einige, auch der Vater – mit der Wiener Praxis wäre es aus. Ich muss zugeben, dass diese Aussicht ihre Berechtigung hat. Nun dürfte wohl das Einkommen in Neuhaus mein gegenwärtiges Wiener Einkommen überwiegen. Aber wie steht es mit der Zukunft? Verdirbt man sich nicht, wenn man nach Neuhaus als Badearzt geht, die Anwaltschaft auf eine Wiener Anstellung Primariat und dergleichen? Gleichzeitig mit der Wiener Praxis? Die Stellung in Neuhaus müsste also so gut sein, dass man sich auf dieses Risiko einlassen könnte. Das ist es aber eben, was ich nicht weiß. Ferner müsste sie eine auf längere Zeit bindende sein, was ich wieder nicht weiß. Hat Dr. Schüler ausschließlich von seiner Stelle in Neuhaus gelebt, oder hat er den Winter über in Graz praktiziert? Wie hoch schätzt man sein Neuhauser Einkommen? Das sind lauter Fragen, die ich noch beantworten müsste, bevor ich einen festen Entschluss fassen könnte. Ich höre, dass Dr. Kottowitz früher in Neuhaus war. Ist denn Tobelbad besser als Neuhaus? Auch die Frau von Pfefferkorn soll einen Sommer in Neuhaus zugebracht haben.

Ich will Deine kostbare Zeit nicht allzu sehr in Anspruch nehmen. Die Sache ist keine im voraus und mit Gewissheit so günstige, das man alle Hebel in Bewegung setzen müsste, um sie sicher zu erreichen. Dennoch wäre es mir sehr lieb, wenn Du dieselbe nicht ganz aus dem Auge ließest, Du kannst ja gelegentlich selbst mit der Farbe herausrücken. Die Leute können ja wissen, dass mir eine solche Stelle nicht um jeden Preis genehm ist, dass ich etwas zu verlieren habe, dass ich eine Stellung aufzugeben habe, wenn ich mich in eine andere verfügen will. So viel für heute. Ich gratuliere Dir zu Deinen neuen russischen Akquisitionen und füge noch viele Küsse und Grüße bei. Dein

Emil

L.341 *R.288

1867 X 8, [?]

Geehrter Herr Professor!

Von meiner Reise zurückgekehrt, beeile ich mich, Ihnen zwei Abdrücke meiner Arbeit zu schicken, da es mir sehr gut scheint, wenn Sie an Moleschott ein Exemplar von Graz aus zusenden, so bitte ich den zweiten Abdruck hiezu verwenden zu wollen.

An Prof. Planer und O. Schmidt gehen gleichzeitig welche ab. Sie nochmals um Ihre gefällige Verwendung bei Moleschott ersuchend, bleibe ich hochachtungsvoll

Dr. Ed. Schwarz

Geehrter Herr Professor!

Ich erlaube mir, Ihnen mitzuteilen, dass das Buch, von welchem zwischen uns die Rede war, bereits zum Gegenstande einer Verhandlung mit dem Verleger geworden ist. Hering und Max Schultze haben sich unabhängig von einander für W. Engelmann verwendet. Da mir dieser außerdem mit einem sehr freundlichen Anerbieten entgegenkam, so habe ich ihm meine Bereitwilligkeit ausgesprochen, den Vertrag seinem Hause zu überlassen. Von näheren Verhandlungen werde ich Sie weiter in Kenntnis setzen.

Ich werde für die deutsche Ausgabe des Buches keineswegs unter 50 Taler pro Bogen annehmen und werde Sorge tragen, dass der Verleger bei Einlieferung der ersten Korrektur die Honorare ausbezahlt.

Aus den Einläufen für Übersetzungen, die allerdings nicht groß sein werden, will ich Prämien für pünktliche Einlieferung schaffen; andererseits sollten Verspätungen über eine bestimmte Zeit mit Abzügen vom Honorar vergolten werden.

Für die Bindesubstanzen kann ich Ihnen 2–2½ Druckbogen Raum und von heute ab volle fünf Monate Zeit geben.

Für das Blut samt gerichtlichem Anhange haben Sie weitere zwei Monate Zeit und stelle ich Ihnen für dieses Gebiet vorläufig keine Raumgrenzen. Ich denke mir, Sie machen die zweite Anlage des ersten Aufsatzes zum Maßstabe für den zweiten.

Die angedeuteten Bedingungen werden Ihnen hoffentlich nicht drückend erscheinen. Eine genaue Präzisierung derselben wird Ihnen ein gedrucktes Programm des Verlegers geben.

Wollen Sie übrigens diesen Brief für mich als bindend ansehen. Und, wenn Sie sonst einverstanden sind, an die Ausführung des Werkes schreiten.

Es wird mich freuen, Ihre definitive Erklärung, etwa unter dem Vorbehalt, dass Ihnen das gedruckte Programm keine unerwarteten Verbindlichkeiten auferlegt, entgegenzunehmen. Ihr ergebener

S. Stricker

Anmerkung Zur Datierung: Es ist zweifellos von Strickers Plan seines „Handbuch der Lehre von den Geweben des Menschen und der Thiere“ die Rede, das in erster Auflage 1868–1870 bei Engelmann in einem Band erschienen ist, der aus fünf Lieferungen bestand und für den Rollett die Beiträge „Bindegewebe“ und „Blut“ lieferte. Vgl. den Brief Strickers vom 14. 11. 1867.

L.343 *R.289

1867 X 28, Wien

Geehrter Herr Professor!

Ich bitte Sie, mich zu entschuldigen, dass ich Sie so lange auf Antwort warten ließ. Es geschah nicht, weil ich über das, was ich von Ihnen wünsche, im Unklaren war, sondern weil ich in der letzten Woche von einer anderen Frage lebhaft in Anspruch genommen wurde. Heute, nachdem ich erfahren habe, dass mir das hiesige Professorenkollegium eine dotierte Stelle als Extraordinarius votiert hat, kehre ich wieder ganz zu meinem Buche zurück.

Ich kann mich jetzt noch nicht entschließen, Ihnen über die Art, wie ich mir die Behandlung der von Ihnen angeregten Themata vorstelle, ausführlich zu schreiben, weil mir ein Dutzend Briefe vorliegen, welche alle ich nur flüchtig beantworte, um nur geradezu nicht unartig zu sein.

Verzeihen Sie mir also, wenn ich auch die definitive Antwort auf Ihre Fragen noch um einige Tage verschiebe. So viel steht fest, dass in das erste Heft außer anderen Arbeiten die Ihrige über Bindesubstanzen und von Max Schultze allgem[eine] Nervenhistiologie aneinandergereiht werden und dass in beiden die speziellen Gebiete nicht vertreten zu werden brauchen.

Auf eine weitere Mitteilungen mit bestem Gruße, Ihr ergebener

S. Stricker

L.344 *R.290

1867 XI 2, Wien

Lieber Bruder!

Es sind bereits ein paar Wochen vergangen, seit wir nichts voneinander hörten. Ich unterbreche daher unser Stillschweigen in der Hoffnung, auch von Dir bald Nachricht zu bekommen. Mein körperliches Befinden ist ziemlich gut, manchmal Schnupfen, manchmal leichte rheumatische Schmerzen in den Beinen, das ist alles, was ich zu klagen habe.

Meine Praxis nimmt allmählich zu und kostet mich oft viel Zeit wegen der großen Distanzen. Das Benützen des Omnibusses ist nur zu häufig kein Gewinn an Zeit. Es hat sich schon öfter gefügt, dass ich nach Schottenfeld, Erdberg, Mariahilf, Landstrasse, Rossau, Alser Vorstadt und Josephstadt an einem Tag musste, wodurch der ganze Tag in Anspruch genommen wurde. Besonders, wenn man sich die Tour nicht willkürlich einteilen kann, sondern von einer Richtung in die andere und wieder zurück muss. Dass man nach solchen Strapazen matt und erschöpft am Abend nur mehr aufgelegt ist, ein Glas Bier zu trinken, wird jeder erfahren, der den Versuch macht. In der Stadt selbst habe ich immer noch am wenigsten zu tun. Morgen habe ich mein erstes Konsilium in der Weihburggasse.

Meinen Kurs habe ich vor drei Wochen begonnen. Ich habe 16 Zuhörer, aber zumeist 8-guldige Studenten. Mit Prof. Lang bin ich einige Male zusammengekommen. Einmal waren wir zusammen beim Sperl, bei der Mannsfeld, auch hat er mich einmal nach Tisch auf einen Schwarzen besucht. Er lässt Dich grüßen. Gestern Nachmittag habe ich in Baden zugebracht. Ich traf alle ziemlich wohl. Nun aber, wie geht es Dir? Wie lässt sich das heurige Schuljahr an? Was gibt es in Graz Neues? Ihr erfahrt die Wiener Neuigkeiten ohnedies aus den Wiener Blättern. Ich habe also nicht viel zu erzählen. Aber was in Graz vorgeht, erfahre ich hier in Wien nicht so leicht, da mir Grazer Blätter nie zu Gesicht kommen.

Wie steht es mit der Besetzung der Physik? Kommt Schenkl von Graz weg? Ist der neue Rektor schon installiert? Geht es mit Deiner [Bindegewebsarbeit] trotz vieler anderweitiger Geschäfte vorwärts? Ich bin aber daran, ein paar interessante Beobachtungen von internen Aneurysmen zu bearbeiten, die ich noch auf der Klinik Oppolzers gemacht habe, aber leider bringe ich die Sache wegen Mangel an Zeit nur langsam weiter. Ich müsste nur die Nachtruhe opfern und das will ich aus Gesundheitsrücksichten doch nicht tun. Umso mehr, als die Arbeiten von Voit und Pettenkofer den Wert der Schlafzeit nach angestrengter Arbeit nicht gering anschlagen. Ich eile zur Post und grüße und küsse Dich noch vielmals Dein

Emil

Grüße mir gelegentlich meine Bekannten und Richard.

L.345 *R.291

1867 XI 3, Graz

Lieber Bruder!

Ich hatte Dir Deinen vorletzten Brief, wie ich jetzt merke, nicht umsonst so rasch beantwortet, denn ich möchte mich damit fast entschuldigen für das lange Ausbleiben dieses Schreibens. Mit dem, was Du mir in Deinem Briefe über die vielen Erwägungen geschrieben hast, die Du stellen musstest, ehe Du eine bindende Verpflichtung wegen Neuhaus eingingest, bin ich ganz einverstanden. Ich wollte indes durch meinen letzten Brief von Dir auch erfahren, ob es Dir nicht unangenehm ist, wenn Dein Name in der Sache genannt wird. Bei mir selber überlegte ich aber natürlich auch, ob es für Dich nicht doch ersprießlicher sein würde, Dich in Wien ordentlich zu fixieren. Ich glaube, das wäre das Beste, allein Du bist ja eben an der Ausführung dieses Experimentes und so sehr ich wünsche und hoffe, ja fast überzeugt bin, dass es gelingen wird, so wollte ich doch nicht, dass die Zeit, bis zu welcher Du das Resultat mit Sicherheit wirst feststellen können, Dich etwa mit allzu großer Sorge erfüllen sollte. Also für gewisse Eventualitäten auch auf andere Ziele auszublicken, meine ich, ist nur was ein vorsorglicher Mann tun muss.

Ich erwarte mit großer Sehnsucht neue Nachrichten über die Befriedigung, die Du aus Deiner bisherigen Tätigkeit als praktischer Arzt in Wien schöpfest, nur recht ausführlich! Über den Seitenblick nach Neuhaus nun kann ich Dir wenig Neues mitteilen.

Heschl hat mir gesagt, dass Schüler immer nur im Sommer dort war, im Winter praktizierte er nicht, sondern genoss in Wien oder Graz der Ruhe. Heschl meinte, wenn man über die Praxis in Neuhaus und ihren Ertrag Näheres erfahren wollte, wäre es das Beste, direkt an Schüler zu schreiben, der, wie Heschl meint, mit Bereitwilligkeit und Diskretion Auskünfte erteilen würde. Leider weiß aber bis heute noch niemand, wo der im Oktober in Paris gewesene Dr. Schüler nun ist.

Ich habe wieder 67 Hörer. Meine Dekanatsgeschäfte nehmen viel Zeit in Anspruch. Mein angekündigtes [Collegium] Publicum konnte ich bis jetzt nicht beginnen. Gegen den bekannten Ukas in der Rektorsangelegenheit haben die Professoren-Kollegien der med[izinischen] und philosoph[ischen] Fakultät eine ergebenste Vorstellung gerichtet. Unsere Juristen und andern Christen sind wütend über diese Renitenz.

Der alte Rektor Schlager brachte zum Überfluss die Eingaben der beiden Kollegien noch vor den Senat, in dem wir jetzt noch die Majorität haben. Der Senat ist den Vorstellungen beigetreten. Nun sind wir auf die neue Entscheidung begierig.

Rigorosen haben wir im Oktober schon achte gehabt. Promotionen von Juristen auch schon an zehn. Jetzt machen mir die Kollegiengeld-Befreiungs-Gesuche viel Arbeit.

Ferner ein pyramidaler Vorschlag der Statthalterei des Inhaltes: In dem eben im Bau begriffenen patholog[isch-]anatomisch[en] Institute auch die Anatomie provisorisch bis 1871 unterzubringen. Die pathologische Anatomie baut indes der Landesausschuss nur unter der Bedingung, dass die Anatomie gänzlich und dauernd aus dem Spitale verlegt wird.

Es ist ein Jammer! Unsere aufgeblühte und noch blühende Fakultät, muss wieder welken, denn man enthält ihr die notwendige Nahrung vor, die ihren gesteigerten Nahrungsbedürfnissen entsprechend wäre.

Die Landesanstalten blühen hier. Nur der Staat richtet seine eigenen Institute wieder zu Grunde. Was folgt daraus???

Pfefferkorn ist nach überstandener Kur körperlich wohler, die Augen sind noch nicht ordentlich geprüft. Friedrich hofft aber Gutes.

Schreibe bald, es grüßt Dich Dein

Alexander

L.346 *R.292

1867 XI 13, Wien

Lieber Freund!

Anbei erlaube ich mir, Dir mein jüngstes Kind vorzustellen. – Leider sind sie alle nur von Papier. Ich fürchte nur, boshafte Leute könnten sagen, sie sähen ihrem Vater ähnlich. – Das zweite Exemplar bitte ich Pebal zu seinem Namenstage feierlich zu überreichen, jedoch brauchst Du Deine Kette nicht gerade umzuhängen. – Ich bitte überhaupt Dich und Pebal, die Kette einmal an den Nagel zu hängen und mir zu schreiben, damit nicht der Wunsch in mir rege wird, euch selber hängen zu sehen.

Ich bin übrigens hier jetzt auch mit offiziellen Beschäftigungen geplagt. So habe ich, allerdings mit großem Beifall, ausgerechnet, wie viel ein mittlerer ordentlicher Professor der philosophischen Fakultät trotz Kollegiengeld während seinem ganzen Lebens weniger als die Professoren der Technik bekommt. Es kam dabei das volle Sümmchen von beiläufig 50.000 Gulden heraus. Wir richten nämlich demnächst eine Petition an den Reichsrat. Unglaublich, aber dennoch wahr. Das Geld scheint zuletzt doch noch einige Einigkeit bei uns hervorzurufen.

Das juridische Professorenkollegium bestrebt sich, Arndt zum Widerrufe zu bewegen. Bis jetzt ohne großen Erfolg. Derselbe hat nämlich jedenfalls angefangen, indem er schon längere Zeit über die Konkordatsstürmer witzelte.

Für die Stelle Ungers hat unsere Kommission sich für Karsten loco solo entschieden. Unsere vaterländischen Botaniker werden dadurch in nicht geringe Niedergeschlagenheit versetzt. Mit vielen Grüßen an Dich, Pebal, Tomaschek etc., Dein

V. Lang

L.347 *R.293

1867 XI 14, Wien

Geehrter Herr Professor!

Ich kann endlich darangehen, mich über Ihre Frage umständlich auszusprechen. Engelmann hat in meine Forderungen gewilligt und wird mit mir, sobald er von Utrecht zurückkehrt, den Vertrag schließen. Es interessiert Sie vielleicht zu erfahren, dass er daselbst die Verlobung seines Sohnes mit Fräulein Donders feiert. Ich verfüge also definitiv vom deutschen Verlage aus über 50 Taler pro Bogen, nur ist das Format etwas gedrängter als Max Schultzes Archiv; es ist, beiläufig gesagt, etwas weniger enge als die Zeitschrift Kölliker-Siebold.

Der Termin für die allgemeine Histiologie ist der 15. April: an welchem Tage also Ihr erstes Manuskript abzuliefern wäre.

Ich denke mir nun, dass in demselben alles über Bindesubstanzen gesagt werden soll, was sich vom allgemeinen Standpunkte aus sagen lässt und dass sich daran eine eingehende Beschreibung nur des Bindegewebes knüpfe.

Da Sie sich indessen bei einer solchen Arbeit zweifellos mit den Bindesubstanzen im weiteren Sinne beschäftigen werden, mache ich Ihnen folgenden Vorschlag.

Sie übernehmen auch Knorpel und Knochen ohne Histiogenese oder mit derselben. Wenn Sie die Letztern nicht behandeln, lasse ich sie für das letzte Heft, in welches ohnehin entwicklungsgeschichtliche Themata kommen.

Knorpel und Knochen kämen sodann in das erste Heft, und zum Tausche dafür würde ich Methodik auf das Ende des Buches verlegen.

Der strenge Charakter des allgemeinen Standpunktes würde zwar dem ersten Hefte benommen werden, aber gewiss nicht zum Nachteil desselben.

Ich biete Ihnen dafür den fixen Betrag von 200 Talern in Silber und ersuche Sie nur um die beiläufige Einhaltung des Raumes von vier Druckbogen. Diese beiden Bedingungen beziehen sich sodann auf das früher genannte Thema mit Zuziehung von Knochen und Knorpel.

Insofern Sie bei der Behandlung der Bindesubstanzen auf dessen [sic] Vorkommen im zentralen Nervensystem und in der Netzhaut zu sprechen kommen, können Sie sich kurz fassen und auf die Aufsätze von Max Schultze beziehen. Sie bleiben aber gebeten, in einem Schreiben an den Letzteren die Art, wie Sie sich auf ihn beziehen, anzugeben, da die beiden in Rede stehenden Arbeiten gleichzeitig gedruckt werden und nur ein Austausch von Korrekturbogen möglich sein wird.

Über das Blut und Adnex für gerichtliche Zwecke, haben wir wohl Zeit umständlich zu verkehren, und ich will daher die Verhandlung darüber noch verschieben.

Es erübrigt mir daher nur noch hervorzuheben, dass Cutis, Sclerotica ebenso wie andere aus Bindegewebe bestehende Organe oder Organabschnitte speziell behandelt werden; dass Sie aber für die Charakterisierung den Ton anzugeben haben.

Ich bitte Sie, in jedem Falle bald zu antworten Ihrem ergebenen

S. Stricker

Die Silbenzahl pro Bogen unseres Formats wird angegeben werden. Die Abbildungen als Holzschnitte in den Text sollen auf ein möglichst geringes Maß beschränkt werden.

L.348 *R.294

1867 XI 27, Graz

Lieber Bruder!

Unsere letzten Briefe haben sich offenbar gekreuzt. Darum erhältst Du erst heute wieder eine Antwort auf Deinen letzten Brief. Mein Dekanat ist eigentlich auch eine Praxis und raubt mir viel Zeit und auch die Frische zu wissenschaftlichen Arbeiten. Übrigens, so wie ich Dir, so sehr ich die Strapazen bedaure, doch wünschen muss, dass Du recht herumgehetzt werdest, so muss auch ich mich meinen Plagen ohne Murren fügen in Anbetracht der materiellen Erfolge. In meiner Vorlesung sind heuer 82 Zuhörer eingeschrieben, es wird mir auch alles zu klein und unser Neubau scheint noch seine guten Wege zu haben. Die Verhandlungen darüber sind langweilig und aufregend zugleich.

Von Lang habe ich sein neustes Opus, den 1. Teil der Einleitung in die theoretische Physik, mit einem lieben Briefe erhalten. Ich war aber so unartig oder eigentlich so viel okkupiert, dass ich bis jetzt meinen Dank ihm nicht ausgesprochen habe. Hoffentlich kriege ich während des gegenwärtigen Rigorosums neben diesem Brief auch einen an Lang fertig.

Für unsere Physik wird nächstens der Vorschlag nach Wien abgehen, und zwar sind die Philosophen bei dem auch von mir sehr protegierten Antrag, der Dir bekannt ist, geblieben. Schenkl weiß entweder selbst noch nichts über seine eventuelle Versetzung oder will wenigstens andere nichts davon wissen lassen. Du wirst darüber wahrscheinlich in Wien mehr erfahren; es wäre mir interessant, das zu wissen.

Gegen den bekannten Ministerialerlass von den Ferien haben, wie ich Dir vielleicht schon sagte, die Medizinische Fakultät einstimmig, die Philosophische mit großer Majorität, eine ergebenste Vorstellung überreicht. Die beiden andern Fakultäten vollzogen die vorgeschriebene 3. engere Wahl. Das Ministerium hat nun neuerdings unseren Vorstellungen kein Gehör gegeben, aber auch die Wahl, an der nur die zwei anderen Fakultäten sich beteiligten, für ungültig erklärt und daher angeordnet, dass noch einmal gewählt werde im Sinne des ersten Erlasses. Dabei kam nun wieder Stimmengleichheit heraus und das H[ohe] C[ultus- und] U[nterrrichts-]M[inisterium] wird nun seinem Herzen freien Lauf lassen können.

Mit meiner Bindegewebsarbeit habe ich ein wenig begonnen. Stricker hat mir in neuerer Zeit noch einen anderen Vorschlag gemacht, nämlich auch Knorpel und Knochen zu behandeln. Leider konnte ich ihm seinen Brief auch noch nicht beantworten, werde es aber zustimmend tun.

Dem guten Vater konnte ich, als er hier war, auch nur wenig Zeit widmen, übrigens schrieb er befriedigt von seinem Aufenthalt, wie ich einem Briefe entnehme. Wie steht es mit seinem Hexenschuss, der ihn hier sehr gequält hat. Adieu, Du bekommst sehr bald wieder ein Schreiben, in welchem eine Spekulation besprochen werden soll.

Alexander

L.349 *R.295

1867 XII 1, Wien

Lieber Bruder!

Durch Vater habe ich unlängst persönlich über Dein Befinden und über seinen Aufenthalt in der schon schneeweißen Steiermark Nachricht erhalten. Dein Brief vom 27. v[origen] M[onats] sagt mir wieder, dass es Dir gut geht und trotz der anstrengenden Geschäfte und zum Teil auch wegen derselben. Was mich anlangt, so befinde ich mich gleichfalls ziemlich wohl. So wie in Graz die Frequenz der Universität eine sehr große ist, so ist das auch in Wien der Fall. Namentlich sind sehr viele Ausländer hier. Meinen ersten Kurs von 16 Zuhörern habe ich diese Woche beendet und bereits einen neuen angefangen. Gleichzeitig mit dem früheren Kurse habe ich die Rackerei auf mich genommen, drei Württembergern ein Privatissimum zu geben, was auch bereits beendet ist. Das Anerbieten von 12 Amerikanern und einige Zeit darauf, von 14 Studenten, ihnen Kurse zu geben, musste ich wegen Mangel an Zeit und wegen der mir gebotenen Schonung des Materials der Klinik zurückweisen. Ich habe überhaupt auf der Klinik einen schweren Stand, da ich dort nichts mehr zu schaffen habe, und muss vieles Unangenehme erdulden und verschlucken. – In meiner Praxis ist es wieder flau geworden. Drei bis vier Visiten täglich, bei meiner alten Klientel, das ist alles. Was mehr ist, hat bis jetzt nur einen ephemeren Charakter. Warten wir ab.

Lang habe ich letzten Mittwoch im Konzert des Akademischen Gesangsvereines getroffen. Daselbst empfing ich auch Empfehlungen von Dr. Schwarz an Dich.

Über Schenkl etwas in Erfahrung zu bringen, war ich noch nicht in der Lage. Vergangene Woche war die Mutter mit Hermine, Marie und Adele in Wien. Die Mutter übernachtete bei mir, die drei Mädchen bei Schmid. Von ihnen erfuhr ich, dass Luise Schwarz heiraten wird, wen habe ich vergessen.

Da fällt mir ja eben ein, dass ich vor ein paar Wochen von Brücke gefragt wurde: Wie geht es Ihrem Bruder in Graz? Hat er noch nicht geheiratet? Alle meine früheren Assistenten haben sehr bald geheiratet. Nur Vintschgau und Ihr Bruder nicht. Ich erwiderte: Was nicht ist, kann noch werden. Ich glaube, mit dieser geistreichen Antwort den Nagel auf den Kopf getroffen zu haben.

Nun lebe wohl, ich bin begierig auf Dein bereits angekündigtes Schreiben bezüglich einer Spekulation. Mit vielen Küssen und Grüßen Dein

Emil

L.350 *R.296

1867 XII 5, Graz

Lieber Bruder!

Endlich komme ich dazu, Dir den versprochenen Brief zu schreiben. Wie Du aus beiliegendem Blatte ersehen kannst, hat die st[eiermärkische] Escomptebank unlängst eine Subskription eröffnet. Dieselbe war nur kurz vorher angekündigt und dauerte nicht lange. Von allen Seiten wurde mir auf eingezogene Erkundigungen versichert, dass es gut sei, hier zuzugreifen und da mich schon lange der Gedanke quält, mir einen, wenn auch kleinen, Notpfennig zu fixieren, so entschloss ich mich, Aktionär zu werden. Nun kommt die Tat und ihre Konsequenzen.

Ich hatte, als ich den Entschluss fasste, bare 400 fl, die ich eben Dir zuschicken wollte, zu gleicher Anlage wie die früheren 300 fl. Richard, der auch spart, teilte mir mit, dass er auf eine Aktie gerne auch subskribieren wollte, allein es sei wenig Aussicht vorhanden, dass er dann eine bekäme. Wenn ich aber subskribieren wollte, dann könne er mir 100 fl geben. Im nächsten Jahre hoffe er, sich wieder 100 fl zu ersparen und so könnte er dann in den Besitz einer der zu erlangenden Aktien kommen. Nach dieser Einleitung ersiehst Du, dass ich zur Zeit der Subskription 500 fl disponibel hatte. Da eine Aktie 200 fl, also 10 Aktien 2000 fl kosten, dem Subskriptionsplane nach der Betrag für die Anzahl subskribierter Aktien in 4 Raten einzuzahlen ist, nämlich

1. Ratebei der Subskription
2. Rate25.–31. Jänner 1868
3. Rate25.–30. November 1868
4. Rate25.–31. Jänner 1869,

so hatte ich mit den oben erwähnten 500 fl gerade die erste Rate für 10 Aktien in der Hand.

Ich subskribierte denn auch 10 Aktien und erlegte die 500 fl. Nachdem dieser erste Schritt geschehen war, handelte es sich darum, ob eine Überzeichnung stattfinden wird oder nicht.

Es hat keine solche stattgefunden, also auch keine Reduktion der subskribierten Aktien und ich muss nur die 10 Aktien nehmen, d.h. die folgenden Raten rechtzeitig einzahlen, denn Versäumen des Termins bedeutet Verfall aller früher eingezahlten Raten zugunsten der Bank.

Zur Bedeckung der zweiten im Jänner 1868 fälligen Rate brauche ich nun jene 300 fl, die Du mir angelegt hast. Dazu werde ich zwei fünftel Sechziger-Lose verkaufen. Ich bin also gedeckt. Du bist aber gebeten, mir die besagten 300 fl samt den bis jetzt fälligen Zinsen zu beheben und zuzuschicken. Grolle mir nicht, dass ich Dir diese Plage mache, gehe aber bald daran, damit wir sicher sind und sende den Betrag per Post als ordentlichen Geldbrief, das ist von dem Postbeamten nachgezählt und dann vor Deinen Augen gesiegelt, da nur in diesem Falle die Post die volle Haftung übernimmt.

Meine Dekanatseinnahmen, die Kollegiengeldern für 1867/68, ferner die mir durch Strickers Unternehmen in Aussicht stehende Einnahme von wenigstens 300 Thalern in Silber werde ich zur Bedeckung der 3. und 4. Rate verwenden.

Ich bin dann im Besitze eines festen Kapitals von 9 Aktien á 200 fl, also 1800 fl (die 10. Aktie ist an Richard abzugeben) und werde eine Rente von gegen 144 fl jährlich davon haben, also doch etwas. Nach Erlag der zweiten Rate erhält man aber Interimsaktien, die veräußerlich sind nach ihrem Kurse. Sollte ich also dann Geld brauchen, nun so müsste ich eben verkaufen.

Ich glaube Dir nun die Spekulation so klar wie möglich dargelegt zu haben und könnte schließen, allein ich will noch an Dich eine Frage richten.

Du ersiehst aus der beiliegenden Einladung, dass man auch alle Aktien vorausbezahlen und somit gleich in den Vollgenuss des Erträgnisses treten kann. Außerdem erhält man dann sogleich die zu jeder beliebigen Zeit nach dem Kurswerte veräußerlichen Aktien, kann also, sollte man das angelegte Geld anders verwenden wollen, dieses sogleich wieder haben. Die Vorausbezahlung ist aber nur möglich, wenn sie bis längstens 31. Dez[ember] 1867 geschieht.

Wenn Du nun 1000 fl Geld hättest und mir diese samt meinen 300 fl zuschicken wolltest, so würde ich die 10 Aktien sofort kaufen. Deine 1000 fl würde ich Dir bis längstens Jänner 1869 wieder zurückzahlen, und zwar mit dem ganzen 8%igen Jahreserträgnis der Aktien, also an Rückzahlung 1000 fl Kapital, 80 fl Zinsen, Summe 1080 fl leisten. Du würdest dabei ein besseres Geschäft machen, als mit der Pfandleihanstalt oder sonst wo.

Solltest Du in die Lage kommen, in der Zeit bis Ostern von den jetzt zur Verfügung gestellten 1000 fl etwas zu brauchen, nun, so müssten eben Aktien verkauft werden. Bis Ostern 1868 kann ich Dir 500 fl, also die erste Hälfte der Kapitalsrückzahlung sicher in Aussicht stellen.

Der letzte Vorschlag ist ein Vorschlag zur Güte. Du wirst frei und ohne alle weitere Rücksicht, als die Du für Dich selbst zu nehmen hast, entscheiden.

Gewiss schicke mir aber meine 300 fl etc. und verzeihe, dass ich Dich mit solchen Dingen plage. Deinen letzten Brief beantworte ich nächstens. Zum 11. Dez[ember] meine Glückwünsche

Alexander

[1867] [XII] [v.7], [Graz]

Professor Reyer und Gattin beehren sich, Herrn Prof. Rollett für nächsten Samstag, 7. Dezember, 7 Uhr abends zu einer kleinen Tanzunterhaltung einzuladen.

Anmerkung Zur Datierung: Es kommen theoretisch die Jahre1867, 1872, 1878, 1889, 1895und 1901 in Frage; da in der Einladung aber Rolletts Frau nicht erwähnt wird, verbleiben wohl nur die Jahre 1867 und 1872.

L.352 *R.297

1867 XII 8, Wien

Lieber Bruder!

Ich zeige Dir hiermit in aller Eile an, dass ich Deinen Wünschen und Plänen entsprechend unsere bei der Pfandleihanstalt deponierten Kapitalien gekündigt habe. Die Kündigungsfrist für die 300 fl beträgt 5 Tage. Für 1000 fl jedoch 10 Tage, von morgen Montag an gerechnet. Wenn Du nichts dagegen hast, so werde ich Deine 300 fl in Verwahrung nehmen und selbe gleich nach dem 19. Dezember, an welchem Tage erst meine 1000 fl fällig werden, im Vereine mit letzteren nach Graz senden, also 1300 fl samt der Dir gehörigen Zinsen. Bis dahin hoffe ich, noch ein Schreiben von Dir zu bekommen. Hermine, die Dich grüßen lässt, weilt seit einigen Tagen bei mir in Wien. Gestern waren wir im Burgtheater, vorgestern bei den Japanesen im Zirkus Renz. Heute sind wir bei Schmid geladen, bei welchem sich auch Marie für einige Zeit einquartiert hat. Die Zeit drängt mich zum Schlusse. Mit vielen Grüßen Dein

Emil

L.353 *R.298

1867 XII 10, Graz

Lieber Bruder!

Deinen Brief vom 8. d[ieses] M[onats] habe ich richtig erhalten. Es freut mich, dass Du an dem angesponnenen Geschäfte teilnehmen willst. Ich bitte Dich, nur bis 19. d[ieses] M[onats] die bewussten 1300 fl in meine Hände gelangen zu lassen. Vielleicht wäre es vorzuziehen, den etwas großen Betrag nicht auf die Post zu geben, sondern in Wien einem Bankier zu übergeben und ihn hier in Graz, und zwar auf meine Ordre lautend, bei der steiermärkischen Escomptebank anweisen zu lassen. Die im letzteren Falle zu zahlende Provision dürfte vielleicht nicht viel mehr betragen als das Porto. Frage aber noch und tue, was Du nach eingezogener Erkundigung für das Beste hältst.

Ich habe schon eine Reihe von Zahlungen auf Wechsel der hiesigen Escomptebank geleistet, die z.B. Geschäftsreisenden jener Häuser, von denen ich Ware bezogen hatte, auf meine Rechnung hier angewiesen wurden.

Erhieltest Du einen Wechsel, zahlbar bei der hiesigen Escomptebank prima vista, dann müsstest Du mir diesen Wechsel sofort zuschicken, auch das ist eine Form, wie man das Aufgeben des Geldes auf die Post vermeiden könnte. Wie gesagt, erkundige Dich noch genau.

Pfefferkorn sieht um Vieles besser, hoffen wir, dass es anhält.

Das Ministerium hat Michel zum Rektor ernannt. Heute wird bei den Philosophen die Besetzung der Physik verhandelt. Wir hoffen, dass die Toeplerianer siegen werden.

Grüße mir die großen Mädeln, wenn sie noch in Wien sind. Nach Baden werde ich morgen schreiben. Die Mutter hat durch mich Manschetten und Halskrägen von Richard zum Muster erhalten wollen; allein Richard sagte mir, dass ihm weder die einen noch die anderen passen, ich konnte sie daher auch nicht als Muster schicken, vielleicht interessiert das auch die Mädeln.

Also sei so gut und besorge das Geschäft, lebe wohl und schreibe bald wieder, Dein

Alexander

L.354 *R.299

1867 XII 19, Wien

Lieber Bruder!

Ich übersende Dir anliegend eine Kassaanweisung der 1308 fl ö.W., zahlbar bei der Nationalbank in Graz. Die Interessen Deiner 300 fl betrugen bis zum Kündigungstage 8 fl 55 Kreuzer ö.W. Um eine runde Summe zu haben, habe ich die 55 Kreuzer zurückbehalten und werde sie Dir bei Gelegenheit einhändigen. Ich erwarte, sogleich nach Einlangen dieses Schreibens, von Dir die Nachricht vom dem richtigen Empfang. Für heute wünsche ich Dir nur noch eine recht gute Dividende von Deinen Aktien. Lebe recht wohl, Dein

Emil

L.355 *R.300

1867 XII 21, Graz

Lieber Bruder!

Ich habe die Anweisung erhalten und danke Dir sehr. Da heute wieder Senatssitzung ist und ich noch vorher zum Landesgericht muss, kann ich Dir für heute weiter nichts schreiben, als dass es mir, einen Stockschnupfen abgerechnet, gut geht.

Glückliche Feiertage, ich schreibe während derselben wieder.

Alexander

L.356 *R.301

1867 XII 22, Wien

Geehrter Herr Professor!

Auf Ihr freundliches Schreiben vom 28. Nov[ember] habe ich nur mit der Bitte zu antworten, dass Sie Ihr Werk rüstig fördern. Ich gestehe Ihnen übrigens, dass ich außer von Brücke noch von Ihnen am wenigsten Verzögerungen fürchte. In Bezug auf das erste Heft werden Sie noch mit einer Zuschrift von Engelmann bedacht werden, in welcher er Ihnen das Honorar zusichert. Mit Rücksicht auf das zweite Heft bitte ich Sie in Betracht zu ziehen, dass ich gesonnen bin, einen kleinen Anhang für Kristalle zu geben. Ich habe indessen an Preyer, der diese Arbeit übernimmt, geschrieben, dass Sie die Blutkristalle wahrscheinlich miterledigen, und dass er sich daher so einzurichten haben wird, dass keine Wiederholungen vorkommen. Jedenfalls wird es mir gelegen sein, von Ihnen etwas über diese Frage zu hören.

Ich wünsche Ihnen noch recht angenehme Feiertage und grüße Sie bestens Ihr

S. Stricker

L.357 *R.302

1867 XII 31, Graz

Lieber Bruder!

Versprechen ist leichter als halten, so wirst Du wahrscheinlich schon über meinen versprochenen Brief gedacht haben, so nimm denn diesen hier mit einem herzlichen Neujahrswunsche. Du musst wissen, dass wir am 28. d[ieses] M[onats] noch unsere letzte Sitzung hatten. In derselben wurde aber wieder der Neubau und, was drum und dran ist, beraten, auf Grund kommissioneller Erhebungen, die mir schon vor der Sitzung viel Zeit kosteten. Nun sind wir aber voll der besten Hoffnung. Bauplatz und Geld ist da! Herz, was willst Du mehr. Der Bauplatz ist das Glacis Dreieck vor dem Paulustore. Das Geld der alte Konviktsfonds, den die hiesige Statthalterei verwaltet. Dieser soll im Neugebäude kapitalisiert werden, dafür aber der Studienfonds das 5% Interesse als Miete zahlen. Unserem unablässigen Drängen ist es zuzuschreiben, dass die Statthalterei diese Proposition gemacht hat. Natürlich fehlt noch die Ministerial-Entscheidung, wir glauben aber annehmen zu können, dass diese zustimmend sein wird; denn so billig kann es der Studienfonds anders nicht haben. Der Statthalter soll den Plan selbst nach Wien mitgenommen haben.

Das Geschäft mit der Escomptebank ist glücklich zu Ende geführt, nur habe ich die Aktien noch nicht ausgefertigt im Hause. Setschenow, der sich oft nach Dir erkundigt, lässt Dich grüßen. Er hat mir jüngst Tee, Kaviar, geräucherten Stör und alle Delikatessen Russlands geschenkt.

Tief betrübend für mich ist die Berufung Tomascheks nach Wien. Fallen seh’ ich Zweig um Zweig. Dein

Alexander

Lieber Vater!

Ein glückliches neues Jahr! Dir und allen Lieben sei dieser Wunsch aus vollstem Herzen gebracht! Da ich den heiligen Abend bei Planer zubrachte, musste ich zwar das Glück, welches dieser Abend im Kreise von Freunden bringt, nicht vollständig entbehren; allein, ich dachte doch oft an Baden und wäre viel lieber dort gewesen. Als Bescherung erhielt ich ein mit einer Stickerei versehenes Spagatfässchen, angeblich damit ich einen Adrianefaden bei allfälligen Verirrungen besäße.

Gerne hätte ich Valeries Wunsch erfüllt und einen Schabernack für Pebal ersonnen, allein es ist mir gar nichts eingefallen, wahrscheinlich deswegen, weil ich auch in den Ferien vollauf zu arbeiten hatte. Ich bin jetzt überhaupt, wie mir meine Freunde manchmal sagen, etwas ungenießbar, weil ich mit der Zeit knickere.

Die Besserung Pfefferkorns hat bis jetzt angehalten, er ist aber noch immer in strenger Kur.

Ist der Huchen frisch und gesund, vor allem aber rechtzeitig eingetroffen? Ich habe mit dem Richard, welcher die Aufgabe besorgte, etwas disputiert, weil es mir schien, Richard hätte ihn zu spät abgeschickt.

Unlängst erhielt ich vom Professor Setschenow einen Partie Tee – Kaviar und geräucherten Stör – das war die Veranlassung, dass ich meine Einsiedelei einigen Fremdlingen zugänglich machte. Ich lud Planer, Pebal, Schenkl, Tomaschek, Setschenow und Richard auf Tee und russische Delikatessen. Es war alles befriedigt, also auch ich in meiner doppelten Eigenschaft als Haus-Herr und -Frau.

Unsere Neubauangelegenheit steht besser als je, sogar das Geld ist aufgetrieben. Also in 2 Jahren werde ich wahrscheinlich schon vor dem Tore wohnen.

Ich küsse Dir und der Mutter die Hand, grüße Alle – Dein dankbarster

Alexander