Briefe 1866

Die untenstehende Briefliste ist mit Klick auf die jeweiligen Kategorien sortierbar. Absender und Empfänger werden nach Familiennamen sortiert.

Die mit * markierten Briefnummern entstammen der ersten Version dieser Edition, in welcher Briefe bis zum Jahre 1880 erschlossen wurden. Briefe ohne alte Numerierung und mit einer Datierung vor 1880 wurden nachträglich eingefügt.

KennungMarker KennungAbsenderMarker AbsenderEmpfängerMarker EmpfängerDatumMarker DatumOrtMarker Ort
L.251Emil RollettAlexander Rollett[1866] [?] [?][Wien]
L.252 *R.209Emil RollettAlexander Rollett1866 I 3Wien
L.253 *R.210Alexander RollettEmil Rollett1866 I 27Graz
L.254A.[?] ReyerAlexander Rollett[1866-1876] [?] [?][Graz]
L.255Adolf SchauensteinAlexander Rollett[1866-1876] [?] [?][Graz]
L.256Adolf SchauensteinAlexander Rollett[1866-1876] [?] [?][Graz]
L.257 *R.211Emil RollettAlexander Rollett1866 II 4Wien
L.258 *R.212Alexander RollettEmil Rollett1866 II 18Graz
L.259 *R.213Ferdinand SchottAlexander Rollett1866 II 20Wien
L.260Alexander RollettEmil Rollett[1866] [II] [v.23]Graz
L.261 *R.214Emil RollettAlexander Rollett1866 II 23Wien
L.262 *R.215Alexander RollettEmil Rollett1866 III 13Graz
L.263 *R.216Emil RollettAlexander Rollett1866 III 20Wien
L.264 *R.217Alexander RollettEmil Rollett1866 IV 3Graz
L.265 *R.218Emil RollettAlexander Rollett1866 IV 8Wien
L.266 *R.219Josef BrettauerAlexander Rollett1866 IV 8Triest
L.267 *R.220Viktor von LangAlexander Rollett1866 IV 16Wien
L.268 *R.222Alexander RollettEmil Rollett1866 IV 17Graz
L.269 *R.221Alexander RollettEmil Rollett1866 IV 17Graz
L.270 *R.223Emil RollettAlexander Rollett1866 IV 21Wien
L.271 *R.224Alexander RollettEmil Rollett1866 IV 25Graz
L.272 *R.225Emil RollettAlexander Rollett1866 V 7Wien
L.273 *R.226Alexander RollettEmil Rollett1866 V 9Graz
L.274Alexander RollettKarl Rollett1866 V 12Graz
L.275 *R.227Viktor von LangAlexander Rollett1866 V 16Wien
L.276 *R.228Alexander RollettEmil Rollett1866 V 20Graz
L.277 *R.229Emil RollettAlexander Rollett1866 V 22Wien
L.278Iwan GwosdewAlexander Rollett1866 V 29[Berlin]
L.279 *R.230Viktor von LangAlexander Rollett1866 VI 1Wien
L.280 *R.231Alexander RollettEmil Rollett1866 VI 3Graz
L.281 *R.232Emil RollettAlexander Rollett1866 VI 7Wien
L.282 *R.233Alexander RollettEmil Rollett1866 VI 24Graz
L.283 *R.234Emil RollettAlexander Rollett1866 VI 26Wien
L.284 *R.235Viktor von LangAlexander Rollett1866 VIII 1Wien
L.285Iwan GwosdewAlexander Rollett1866 VIII 20Paris
L.286 *R.236Emil RollettAlexander Rollett1866 IX 17Baden
L.287 *R.237Alexander RollettEmil Rollett1866 IX 21Graz
L.288 *R.238Emil RollettAlexander Rollett1866 X 2Wien
L.289Iwan GwosdewAlexander Rollett1866 X 12[Paris]
L.290 *R.239Alexander RollettEmil Rollett1866 X 15Graz
L.291 *R.240Emil RollettAlexander Rollett1866 X 16Graz
L.292 *R.241Alexander RollettEmil Rollett1866 X 23Graz
L.293 *R.242Emil RollettAlexander Rollett1866 X 24Wien
L.294 *R.243Alexander RollettEmil Rollett1866 X 25Graz
L.295 *R.244Emil RollettAlexander Rollett1866 XI 6Wien
L.296Alexander RollettKarl Rollett1866 XI 18Graz
L.297 *R.245Alexander RollettEmil Rollett1866 XI 26Graz
L.298 *R.246Emil RollettAlexander Rollett1866 XII 3Wien
L.299 *R.247Viktor von LangAlexander Rollett1866 XII 11[Wien]
L.300 *R.248 [NN]Alexander Rollett1866 XII 25[?]
L.301 *R.249Alexander RollettEmil Rollett1866 XII 26Graz

[1866] [?] [?], [Wien]

Anmerkung Fragment einer maschinschriftlichen Abschrift

Vor ein paar Tagen bekam ich einen Brief aus Marseille und die französische Übersetzung einer deutschen geburtshilflichen Schrift "Tradu de l'Allemand avec autorisation par le docteur W. Redlich[“]

Dieser Herr nun ersucht mich um die Einwilligung, meine Broschüre über die bewegliche [...] ins Französische übersetzen zu dürfen. Da ich mit meinem Verleger gar nicht hierüber stipuliert habe, glaube ich das Autorenrecht zu besitzen, diese Einwilligung geben zu können. Ich werde daher in diesem Sinne nach Marseille schreiben und nur höflichkeitshalber Herrn Enke hievon benachrichtigen. Ich brauche doch nicht erst Enke um seine Einwilligung anzugehen, da sich derselbe das Übersetzungsrecht nicht vorbehalten hat. Auch der Buchhändler Leben, den ich in dieser Angelegenheit sprach, findet in meinem Vorhaben nichts Bedenkliches. Was denkst Du hievon?

Ich bedaure, daß Deine Sorgen wegen eines brauchbaren Assistenten kaum beschwichtigt von neuem wieder auftauchen. Über die beiden von Dir genannten Herren konnte ich bisher nichts Nennenswertes erfahren. Ich werde aber nicht unterlassen, bei nächster Gelegenheit mich genauer zu erkundigen.

Becker, Prof. Klob, Prim[arius] Salzer, Stricker, Prim[arius] Wertheim, Biesiadecki, Maierhofer und ich waren vorigen Dienstag in der Wohnung des Dr. Becker versammelt, um uns zu besprechen über das Arrangement von wissenschaftlichen Zusammenkünften, in denen über neue Errungenschaften in den verschiedenen Gebieten der Medizin referiert werden soll. Auf Antrag Beckers sollen auch Prof. Hering und Prim[arius] Löbel gefragt werden, ob sie daran teilnehmen wollen. Nächsten Dienstag ist wieder eine Zusammenkunft bei Dr. Becker, der zu diesem Behufe ein für allemal ein Zimmer in seiner großen Wohnung Am Kohlmarkt, also mitten in der Stadt, zur Verfügung stellt. Ich bin begierig, wie sich die Sache machen und ob sie von Dauer sein wird.

Für heute schließe ich mit vielen Grüßen und Küssen Dein

Emil

Anmerkung Zur Datierung: In Hinblick auf den Brief Alexander Rolletts an seinen Bruder ddo 18. 2. 1866 Graz dürfte dieser Brief in die Zeit um die Jahreswende bzw. in den Beginn des Jahres 1866 zu datieren sein.

L.252 *R.209

1866 I 3, Wien

Lieber Bruder!

Ich sende Dir hiemit mein erstes Schreiben aus dem Jahre 1866, welches gewiss manche gleichartige und unbefriedigte Wünsche Dir und mir erfüllen könnte, wenn Glück und Zufall uns hold sind. Hoffen wir! Der Genuss ist das gegenwärtige, die Hoffnung das zukünftige Glück. – Den Christtag- und Sylvesterabend brachte ich in Baden zu und bekam daselbst Deine zwei letzten Briefe an Vater zu lesen. Deine nach langen Mühen erbeuteten geflügelten Eunuchen haben ihre Mission auf das vollkommenste erfüllt und auch mir selbst ist ihre Sendung sehr zustatten gekommen. Wir verbrachten den Abend bei heiterem Spiel und Liedern, wobei uns ein von Schurz mitgebrachtes Commersbuch vortreffliche Dienste leistete. Den in Deinem letzten Schreiben entwickelten Ansichten über das Treiben gewisser Leute, welche sich einbilden, von den höchsten Zinnen der Hofwarte der höchsten Hochschule gnädig und ungnädig auf die anderen hohen Schulen herabsehen zu dürfen, muss ich vollkommen beistimmen.

Du wirst vielleicht von mir Auskunft erwarten über den raschen Tod des Professor Schuh. Ich kann jedoch eine solche nur ganz ungenau geben, da mir der ganze Fall noch ziemlich rätselhaft ist. Oppolzer war zur Zeit der Erkrankung Schuhs in Venedig und kam erst nach dessen Tod nach Wien zurück.

Skoda soll sich in der ersten Zeit für ein rheumatisches Fieber, später für Typhus ausgesprochen haben. Die Sektion zeigte aber keinen Typhus, sondern einen Befund, wie er bei septischen Prozessen gewöhnlich gefunden wird, weit vorgeschrittene Fäulnis, beginnende fettige Entartung einzelner Organe, namentlich der Leber, sogenannte Zersetzung des Blutes, soweit sich eine solche anatomisch ausprägt. Möglich ist, da Schuh an der Hand eine Wunde hatte, die ganz frisch überhäutet war, dass dennoch eine Infektion von dieser Stelle aus erfolgte. – Rokitansky soll sich hinterher für akute Leberatrophie ausgesprochen haben. Über den Nachfolger Schuhs ist noch nichts sicher bekannt.

Lang geht es wieder ganz gut, was Du wahrscheinlich ohnehin von ihm selbst erfahren haben wirst. Ich begegnete ihm zufällig vor Weihnachten und er begleitete mich bis in das Krankenhaus, wo wir das Hellersche Laboratorium besichtigten. Hierauf speisten wir zusammen im Riedhof.

Schott ist etwas unwohl, er leidet an Schwindel und Kongestionen zum Kopf und muss sich daher jeder geistigen Anstrengung enthalten. Übrigens geht es ihm heute schon ziemlich gut. Die überschickte Broschüre der 4 Theologen, die mit Windbüchsen auf die Löwenjagd gehen, habe ich gelesen. Ist die Angelegenheit hiemit abgeschlossen. Eine Frage in meinem letzten Briefe bezüglich des Dr. Liebisch hast Du zu beantworten vergessen.

Heute beendige ich meinen zweiten Kurs von 8 Zuhörern, im ersten waren 9. Ob noch ein dritter zustande kommt, wird sich erst zeigen. Ich gratuliere Dir zu Deinen russischen Aquisitionen. Lebe wohl und erfreue bald mit einigen Zeilen Deinen

Emil

L.253 *R.210

1866 I 27, Graz

Lieber Bruder!

Ich habe Dich diesmal lange auf eine Antwort warten lassen, allein daran ist, aufrichtig gesagt, nur Dein Dr. Liebisch schuld. Schon als ich meinen letzten Brief geschrieben habe, hatte ich Erkundigungen eingezogen, da aber die gemachten Erfahrungen so nichtssagend waren, hatte ich im Moment des Schreibens, wie Du richtig bemerktest, vergessen. Deine Mahnung verdoppelt meinen Eifer, allein es hat sich wieder nur wenig ergeben.

Keiner meiner praktischen Kollegen weiß etwas von einem Dr. Liebisch, ein solcher kommt auch nicht im Verzeichnis der Grazer Ärzte vor. Ich wurde aber von Heschl, Clar etc. auf einen Dr. Lippich, der ein Neffe des gewesenen Wiener Prof[essors] sein soll, aufmerksam gemacht. Ich konnte über seinen Ruf im Publikum nichts erfahren. Heschl und Clar nannten ihn einen Doktor gewordener Bader. Im Grazer Kalender heißt es ’Dr. Lippich, auch Magister der Chirurgie, wohnt Haynaugasse etc.’ Ich weiß nicht, ob Dir damit gedient ist.

Neues, Erfreuliches für mich war, bei Reyer-Bey (Prof[essor] in Cairo seinerzeit) eingeführt zu werden. Schauenstein lotste mich. Die Frau ist sehr liebenswürdig, ein großes Haus, zahlreiche [Gäste]. Ein Salon, in welchem sich viele reizende Mädchen bewegen, vor acht Tagen war Kostümeball. Außerdem hat mir der Carneval noch wenig angetan.

Malys Vater wurde heute begraben, nach 15jäh[rigem] Leiden. Unser Bibliothekar Dr. Kreutzer hat sich heute mit Cyankali vergiftet. Der Grund ist noch nicht bekannt, man spricht von einer ungehörigen Wirtschaft mit den Bibliotheksgeldern. Nehme nur das Faktum als wahr, über die Motive schreibe ich Dir, wenn ich selber etwas weiß. Warum lässt Schott so gar nichts von sich hören? Kannst Du bei Oppolzer schicklich meine Gratulation zu seiner Genesung anbringen, so tue es. Du wirst viel zu tun gehabt haben und vielleicht noch, spare Dir aber doch wieder einmal ein paar Minuten ab für einen Brief an Deinen

Alexander

[1866-1876] [?] [?], [Graz]

Geehrter Herr Kollege!

Ich bitte Euer Wohlgeboren, Ihren Rock (wenn ich ihn nicht selbst mitbringe) zwischen 5 und 6 Uhr abends präzise zu Ernst Börner (I. Stock gegenüber der Stiege) zu schicken, welcher selben persönlich in Empfang nehmen wird. Sie selbst werden ersucht, zwischen 1/2 und 3/4 7 Uhr bei Börner einzutreffen, ja nicht später, weil um 7 Uhr bereits die Damen anrücken.

Ihr ganz ergebener Kollege

Dr. Reyer

Anmerkung Zur Datierung: Das Stück stammt zweifellos aus Rolletts Junggesellenzeit, ist also auf die Zeit Februar 1866 bis Sommer 1876 zu datieren, da Rollett unter dem 27. 1. 1866 an Emil schreibt, er sei eben durch Schauenstein bei Reyer eingeführt worden.

[1866-1876] [?] [?], [Graz]

Lieber Freund!

Wenn Du willst, so könnten wir heute zu Reyers gehen.

Ich bin um 12 Uhr fertig – und würde Dich – wenn’s Dir recht ist – nach 12 Uhr bei mir im Labor erwarten.

Schauenstein

Anmerkung Zur Datierung: Das Stück stammt zweifellos aus Rolletts Junggesellenzeit, ist also auf die Zeit Februar 1866 bis Sommer 1876 zu datieren, da Rollett unter dem 27. 1. 1866 an Emil schreibt, er sei eben durch Schauenstein bei Reyer eingeführt worden.

[1866-1876] [?] [?], [Graz]

Lieber Freund!

Wir wollen heute – wenn das Wetter günstig – um 4 Uhr Nachm[ittag] z[um] Andritz Ursprung fahren. Reyers und Nellys wären mit – kannst und willst Du mithalten, so laß‘ mir es sagen – und ich werde Dir dann mittags genauere Post senden, ob – denn bei Reyers ist auf lange vorhinein keine gewisse Verabredung möglich – und wo die [...].

Herzlichsten Gruß

Schauenstein

Anmerkung Zur Datierung: Das Stück stammt zweifellos aus Rolletts Junggesellenzeit, ist also auf die Zeit Februar 1866 bis Sommer 1876 zu datieren, da Rollett unter dem 27. 1. 1866 an Emil schreibt, er sei eben durch Schauenstein bei Reyer eingeführt worden.

L.257 *R.211

1866 II 4, Wien

Lieber Bruder!

Ich will Dich nicht länger auf die Beantwortung Deines Briefes vom 27. Jänner warten lassen und benütze die heutige Sabbatruhe, um einige Zeilen an Dich zu richten. Du wirst schon hieraus entnehmen, dass es nicht die Freuden und Leiden des Fasching sind, welche mich bisher daran gehindert haben, denn gerade heute tollt der Karneval an allen Orten und Bälle, Kränzchen, Theés dancantes etc. etc. gibt es in allen Gassen die Menge. In der Tat war ich in letzterer Zeit ziemlich angestrengt beschäftigt und durch eine Menge von Berufssorgen und -pflichten in Anspruch genommen. Nichts desto weniger habe ich auch ein paar Bälle, unter andern wieder einmal den Medizinerball, besucht und gedenke, auch nächsten Dienstag am Studentenball zu erscheinen. Wer zahlen muss, will auch wissen warum.

Ich glaube nicht, dass ich Dir über Oppolzer etwas wesentlich Neues mitteilen kann, das Du nicht schon aus den Zeitungen erfahren hast. Oppolzer leidet an einer schleppenden langsam zur Resorption kommenden Pneumonie im rechten Oberlappen, übrigens ist er jetzt schon vollkommen fieberfrei, ziemlich gut bei Kräften und also in bester Rekonvaleszenz. Wann er übrigens auf die Klinik kommen wird, weiß ich selber noch nicht. Vorläufig lasten alle Geschäfte der Klinik und die ganze Verantwortung auf meinen Schultern, und mein Kollege Dr. Schnitzler macht es sich natürlich noch bequemer als früher. Du wirst daraus entnehmen, was gewisse von einem jüdischen Referenten der ‚Neuen Presse’ Dr. Löwy, einem intimen Freunde Schnitzlers, herrührende Zeitungsnachrichten zu bedeuten haben.

Ich gratuliere Dir zu Deiner neuen Bekanntschaft mit der Familie Reyer, hoffentlich mehr als ein Ersatz für das Haus Schwarz. Wenn Du mit so vielen reizenden Mädchen zusammentriffst, warum suchst Du Dir kein Bräutchen aus. Reyer selbst soll ja ein ganz charmantes Töchterchen besitzen. Wenn ich an Deiner Stelle und ein Professor wäre, Donnerwetter mariage! so aber heißt es reste. In vollem Ernste, eine Frau könnte Dir nicht schaden. Aber nicht bloß gut und liebenswürdig, sondern auch ein bisschen vermöglich muss sie sein. Sonst überlege Dirs lieber noch länger.

Von Schott, den ich öfter bei Tisch im Riedhof treffe, viele Grüße, er wird Dir nächstens schreiben und einige Präparate schicken. Nun lebe wohl und vergiss nicht zu lange auf Deinen

Emil

L.258 *R.212

1866 II 18, Graz

Lieber Bruder!

Seit ich Dein letztes Schreiben erhalten habe, nahm ich mir vor, Dir zu antworten so bald wie möglich, allein vergehen sah ich Tag um Tag, ohne dass ich die Zeit dazu gewann und als ich jetzt eben Deinen Brief zur Beantwortung vor mich hinlege, ärgere ich mich fürchterlich über mich selber, dass ich im Drang der Umstände vergessen habe, aus welchem Grund ich Dir dieses Mal gleich antworten wollte, und es daher erst in unserem gewöhnlichen Intervall tue. Jener Grund war die Frage, welche Du mir wegen der Übersetzung Deines Büchleins vorlegtest. Allein ich weiß Dir keine Bemerkung zu Deinen Absichten zu machen, so kommt auch diese Antwort wahrscheinlich nicht zu spät.

Also entschuldige meine Vergesslichkeit, so gut es geht. Dir ist, wie Du mir in Deinem Schreiben bemerktest, Richard Guillomets Fall nicht klar. Ich glaube, es bedarf nur einiger Bemerkungen, ihn Dir klar zu machen. Richard ist an einem Ödem der Lunge zugrunde gegangen. Dieses Ödem war sehr hochgradig und überdies mit blutig-serösem Transudat in die Pleuren vergesellschaftet.

Die profusen Blutungen, glaube ich, sind erdichtet von dem durch die Plötzlichkeit des Falles erschreckten Herrn Oberarzt, der ein schlechter Diagnostiker ist, da er, nachdem er Guillomet wegen Blutbeimengung zu den Sputis und wegen Brustbeklemmungen, welche Zufälle aber einige Male sehr bald vorübergingen, untersucht, doch die Bicuspidal-Sklerose nicht diagnostiziert hat und mir, der ich Richard mit kalten Extremitäten und kaum mehr zu fühlendem Puls, cyanotisch und nahe am Ersticken fand, auf meine wiederholte Frage: Ja glauben Sie, dass es Hämoptoe infolge von Tuberkulose ist? Antwortete er: Ja, aber gleich dazu setzte, als Richard in der Nacht erkrankte, hätte er gebrochen, das sei weggeputzt worden, die Zöglinge aber hätten gesagt, es sei Blut gewesen. Das waren ja auch die Gründe, warum ich die Sektion für sehr wünschenswert hielt.

Dem Vater habe ich den Sektionsbefund geschrieben, weil mir daran lag, den Glauben, Richard sei an Tuberkulose gestorben, nicht aufkommen zu lassen, die weiteren Auseinandersetzungen will ich ihm zu Ostern selber machen. Dir kann ich nur noch schreiben, dass die zweizipflige Klappe in eine dicke Schwarte verwandelt war, an zwei gegenüberliegenden Rändern waren die Zipfel verwachsen, die sehnigen Fäden des Papillarmuskels waren verkürzt, dagen die an den feinen Rändern angehefteten sehnigen Fäden des anderen Papillarmuskels in die Länge gezerrt, nur der Spalt zwischen den Rändern der Zipfel war offen. Ich bitte Dich, das Übrige mündlicher Mitteilung zu überlassen und auch dem Vater keinerlei Skrupel zu erregen. Der Herzfehler ist sicher und über alle Zweifel erhaben konstatiert. Warum gerade in jener Nacht das tödliche Lungenödem sich entwickelte, während früher nur blutige Sputa sich manchmal zeigten, ich weiß es nicht. Das wird sich aber auch wahrscheinlich nicht eruieren lassen. Hast Du Dich schon erkundigt wegen meiner in Aussicht genommenen Assistenten, Meier, Barkan, zu welchen noch ein neuer, Töreck [Török?] mir genannt wurde, ich bitte Dich recht sehr, es zu tun, sage aber keinem irgendetwas davon. Zu Ostern werde ich dann noch Deine mündlichen Mitteilungen früher einholen. Sie kommen wahrscheinlich alle drei hie und da zu Stricker. – Sonntag vor acht Tagen war ich bei Mocenigo zum Speisen geladen.

Ich war etwas besorgt wegen Deines Rheumatismus, von dem mir Vater schrieb, wie geht es Dir jetzt, antworte mir ja recht bald. Noch eines, nichts sagen, dass ich zu Ostern nach Wien kommen werde, ich will möglichst unbeachtet bleiben und will nur Dich und Lang sehen, nicht aber auch die anderen Bekannten und Quasifreunde, die mir verhasster sind als je.

Für Donnerstag bin ich zu Reyer geladen, sonst war ich noch nirgends. Was hat Dir der Fasching angetan? Lebe wohl, verzeihe die schlechte Schrift, allein ich musste eben vor Postschluss mit diesem so lange schon beabsichtigten Schreiben fertig werden. Dein

Alexander

L.259 *R.213

1866 II 20, Wien

Lieber Freund!

Schon oft war ich willens, Dir zu schreiben und gleichzeitig einige Präparate zu übersenden, wie Du aus Mitteilungen Deines Bruders entnommen haben dürftest, allein immer wieder wurde ich an der Ausführung gehindert, indem mir an den Präparaten bald dieses, bald jenes nicht so bestimmt genug erschien. Indem ich nur fürchten müsste, durch mein langes Stillschweigen in den Verdacht zu kommen, als sollte sich bei mir das Sprichwort: „Aus dem Auge, aus dem Sinn“ bewähren, zog ich es vor, einstweilen ohne Absendung der Präparate zu schreiben und Dich vor allem nochmals meines aufrichtigen Dankes für Deine mir gewordene Unterstützung zu versichern.

Mit Freude erinnere ich mich der angenehmen Stunden, die ich in Graz verlebte, und bedauere nur, dass ich nicht länger daselbst verweilen konnte, um meine mir vorgesteckte Arbeit dem Abschlusse näher bringen zu können, indem ich in Wien von zu vielerlei Dingen in Anspruch genommen bin, um mit Ausdauer mich einem bestimmten Thema hingeben zu können.

Ich bin mit meiner jetzigen Stellung vollkommen zufrieden, da sich mir, durch die Beobachtung der Lebenden und Erklärung der wahrgenommenen Symptome aus der Leiche ein mir ganz neues Gesichtsfeld eröffnet hat, es an Materiale durchaus nicht mangelt, ja mich dasselbe im vorigen Monate selbst an eingehenderer Arbeit etwas hinderte.

Eine im Vereine mit Dr. Monti begonnene Arbeit über Hautkrankheiten, welche zur Zeit ziemlich häufig waren, ließen mich auch weniger häufig zu meinem Lieblingsthema gelangen und deshalb vielleicht den Verdacht entstehen, als hätte ich diese Arbeit aufgegeben.

Zwei Fragen drängen sich mir jedoch bei Bearbeitung der Haut auf, um deren Lösung ich mich an Dich zu wenden erlaube. Fürs erste: Ist die mit dem exanthematischen Prozesse oder besser im Verlaufe desselben aufgetretene Lungenaffection richtig gedeutet durch die behinderte Hautrespiration? Und zweitens, in welcher Weise könnte man am besten Lymphgefäße der Haut injizieren? Und wer hat bisher über dieselben etwas veröffentlicht? Ferner welches ist die beste Methode, um aus der Haut feine Schnitte zu gewinnen? Ich habe es bisher frisch versucht; die Haut in Müllerscher Flüssigkeit, in Alkohol gehärtet oder in Essigsäure gekocht und getrocknet, allein jede Methode hat noch immer etwas zu wünschen übrig gelassen.

Wie hast Du den Fasching zugebracht? Was macht Schauenstein, Planer, Prof. Tomaschek. Ich bitte, mich denselben bestens zu empfehlen. Ist Dr. Kostiew [wohl Gwosdew] noch in Graz, hat derselbe noch sein Herz bewahrt. Was machen die schönen Grazerinnen? Wie ich Mitteilungen Deines Bruders entnehme, dürftest Du zu Ostern nicht nach Wien kommen. Ich bedauere dies umso mehr, als ich mich freute, einige Stunden in Deiner Gesellschaft zubringen zu können, welche so wohltätig auf mein Gemüt einwirkte, dass ich seit jener Zeit meine Melancholie fast ganz verloren habe, und bei Wiederkehr meiner Gesundheit, auch mein längst entschwundener heiterer Sinn sich wieder einzustellen beginnt, demzufolge ich trotz der schlechten Aussichten, alles in viel rosigerem Lichte sehe. Dies können doch keine Nachbilder sein?

Was machen Deine Arbeiten? Und was die schöne Blondine?

Indem ich fürchte, schon Dich zu sehr belästigt zu haben, schließe ich für diesmal mein Schreiben mit der Bitte, mein langes Stillschweigen nicht übel zu deuten, und mir auch fernerhin mit Rat beizustehen. Dein Freund

Schott

[1866] [II] [v.23], Graz

Lieber Bruder!

Da du mir neulich Deine Ballchronik mitgeteilt hast, so will ich auch damit anfangen.

Ich war auf drei Bällen, amüsierte mich gut, namentlich mit meinen neuen Bekanntschaften, die ich bei Reyer machte. Bei Reyer war noch ein Maskenball letzten Donnerstag. Ich hatte einen braunen Domino (fast muss ich lachen, da ich die Geschichte soeben auch in meinem Briefe an Vater niederschrieb), eine schwarze Dominolarve mit weißen Augenbrauen, darüber eine kolossale Blechnase, böhmisch und mit Augengläsern bewaffnet, in der Hand hielt ich ein Schnupftuch mit breiten Vorhangspitzen garniert, einen kleinen Christbaum über einem gezackt ausgeschnittenen, weißen Papierbogen, an den Ästen waren Rosen aufgebunden, als zarten Strauß, wie ihn die Damen heuer zu tragen pflegen, endlich einen Fächer. Schauenstein war als Domino und Aeolus, wenigstens hatte er eine urkomische Larve mit aufgeblasenen roten Backen. Richter war als Doktor Sassafrass. Juden, Dominos, Lumpen, Urlauber, Jockeys, böhmische Musikanten, Heidelberger Burschen, steirische Bauern, Spanier usw. wimmelten durcheinander. Die Damen sollten überrascht werden, sie erschienen auch anfangs unmaskiert, später maskierten sie sich aber und teilten sinnige Gaben aus.

Ich bekam:

  1. eine zierliche Damenhand mit einem Geldsack auf welchem 1,000.000 Dukaten steht
  2. ein Kätzchen mit einem Zettel um den Hals: Überbringerin dieses wird Ihnen vom Tierschutzverein bestens empfohlen
  3. einen kleinen Brief, darin ein Kaninchen und die Verse: „Und wärest du ein Löwe, ich fürchtete mich, du bist aber ein Physiolog und Wüterich".
  4. einen Fisch. Bei der Überreichung zwitscherte die Maske: „O warum hast Du ein Blut wie dieser“. Dafür habe ich sie beim Tanzen sehr feurig gedrückt und bin ihr etwas stark zu Leibe gegangen, was ihr nicht unangenehm zu sein schien.

Im Grunde doch lauter Spaß.

Lang hat mir neulich wieder geschrieben, er hofft, ich werde zu Ostern nach Wien kommen, ich glaube nicht, dass ich Zeit und – Lust dazu haben werde. Ich möchte zwar gerne wieder alle sehen, aber es gibt auch Gründe, welche mich veranlassen, mir dieses Vergnügen bis August vorzuenthalten, sie sollen den Inhalt meines nächsten Briefes an Dich bilden.

Ich dachte, jetzt ein paar Arbeiten fertig zu machen, die eine physiologisch-optischen Inhalts und wenn ich mich nicht selbst täusche von wirklichem Einfluss für die Gesichtsempfindungslehre.

Die zweite betrifft ein zufällig beobachtetes Kuriosum. Sie betrifft das Trinken, welches unter Umständen als ein komplizierter Reflexakt ausgelöst wird.

Bitte noch zu schweigen, ich bin sehr misstrauisch geworden, seitdem ich mich überzeugte, dass unter 100 Menschen 99 Halunken sind. Tomaschek ist sehr erfreut über die Ernennung seines Bruders zum hiesigen Bibliothekar. Vor einigen Tagen war er aber fast unwohl, weil ihm Lorenz den Vorgang im Unterrichtsrate mitteilte, wo auf Antrag des Professors Jäger ein Tiroler Klerikaler durchging. Lott allein war für Tomaschek. Also auch wieder die lieben, die guten, die schönen Herren von Mediziner mit den Pfaffen. Das Ministerium war aber diesmal gerecht und kehrte sich nicht an das Votum des weisen Rates.

Vor einigen Tagen erhielt ich aus der Buchhandlung (siehe weiter oben) zwei dicke Bände französischen Bericht über den amerikanischen Krieg. Ich werde sie wieder durch Buchhändlergelegenheit zurückzusenden suchen, denn sie gehören Dir. Es steht deutlich Emil Rollett in Wien darauf und sind praktischer Natur.

Schreibe bald wieder Deinem

Alexander

Anmerkung Zur Datierung vgl. den Brief Emils an Alexander vom 23. 2.1866.

L.261 *R.214

1866 II 23, Wien

Lieber Bruder!

Mit vielem Bedauern habe ich aus Deinem letzten Briefe entnommen, dass Du in den Osterferien nicht nach Wien kommen wirst. Ich habe bis dahin sicher gehofft, Dich in Wien zu sehen und war daher von dem Gegenteile umso unangenehmer berührt. – Deine Faschingsaventuren haben mir recht gefallen und der Maskenwitz ist recht launig und treffend. Wenn vom Ernst zum Scherz nur ein Schritt ist, so dürfte wohl umgekehrt der Weg auch nicht weiter sein. Die Damenhand mit den Dukaten ist freilich vorderhand nur Scherz, aber es bedarf nur eines kühnen Schrittes und sie wird zu Ernst. Möglich ist es immerhin, man hat Beispiele.

Oppolzer ist soweit hergestellt, dass er seiner Praxis nachkommt. Auf der Klinik ist er bis jetzt noch nicht erschienen, wird aber in der nächsten Woche sein Lehramt wieder antreten, womit dann mein nahezu zweimonatliches Interregnum sein Ende erreicht. Heute habe ich die große Titulatur Oppolzers nach Baden überschickt behufs der Anfertigung eines Ehrenbürger-Diploms von Baden für Oppolzer. Diese Auszeichnung wurde Oppolzer aus Anlass seiner glücklichen Genesung über Antrag des Vaters vom Badner Gemeinderat zuerkannt. Soviel ich Oppolzer kenne, dürfte es ihm Freude machen.

Ich bin begierig auf Deine beiden Arbeiten. Die eine über das Trinken hat besonders ein praktisch medizinisches Interesse, insoferne bei Soporösen und Agonisierenden, denen man Flüssigkeit einflößt, das Trinken als ein Reflexakt ausgelöst wird.

Unlängst habe ich alle Kinder der Familie Schmid von Albertine bis zum Eugen geimpft. Marie ist wieder einmal bei ihnen in Wien für einige Wochen.

Der Bericht über den nordamerikanischen Krieg ist mir bis jetzt nicht zugekommen. Wir haben nun wieder Schnee und 2 Grad Kälte, nachdem schon durch ein paar Wochen das herrlichste Frühlingswetter eingetreten war. In der Erwartung eines baldigen Schreibens küsst Dich herzlicht Dein

Emil

L.262 *R.215

1866 III 13, Graz

Lieber Bruder!

Du wirst vielleicht schon längst einen Brief von mir erwartet haben und musst diese späte Erfüllung Deiner Erwartung entschuldigen. Wenn ich Dir sage, dass ich oft und oft schreiben wollte, aber immer und immer wieder keine Zeit fand, so ist dies buchstäblich wahr.

Es geht mir schlecht mit der Zeit. Die Vorlesungen muss ich hastig zu Ende führen, Freitag ist der Schluss und ich habe mich bei der Ernährung etwas zu lange aufgehalten, sodass es ein wahres Kunststück war, fertig zu werden. Das hat mich beinahe melancholisch gemacht. Dabei habe ich viel im Laboratorium zu tun, mir selber, aber auch dem Dr. Gwosdew zu Liebe, der bald Graz verlässt und eine Arbeit abschließen will.

Inventar soll ich machen, die Einrichtungskosten verrechnen usw. Der Assistent bringt noch nichts allein zu Stande, kurz, Arbeit an allen Ecken und Enden. Ich freue mich auf die Osterferien.

Du bedauerst, dass ich nicht nach Wien komme, ich bedauere nur, dass ich Dich und die liebe Heimat nicht sehen kann. Es ist mir sehr erwünscht, dass mir meine vielen Arbeiten es beinahe zur Notwendigkeit machen, diesmal zu Hause zu bleiben, weil nicht nach Wien gehen auch meinen sonstigen Intentionen ganz entsprechend ist. Ich konzentriere das ganze Vergnügen, welches mir unser Wiedersehen machen soll, auf den August. Da werde ich mich auch in Wien ergehen und die liebe Kaiserstadt wieder beaugenscheinigen, ohne Besuche zu machen. Diese will ich nämlich vermeiden. Ich habe vielen Grund dazu, grob will ich nicht werden, denn da würde man Zeter schreien über meinem Undank usw.

Andererseits will ich mich aber auch nicht neuerdings leerer Phrasenmacherei aussetzen und dabei zurückhalten, weil dies den Anschein erwecken würde, als ob ich gewisse Ereignisse, weil sie einmal vorgefallen sind, anerkenne als zu Recht geschehen. Man soll im Gegenteile sehr genau wissen, dass ich tief verstimmt bin.

Es will mir noch immer nicht aus dem Sinn, dass der jüngste Privatdozent Deutschlands auf einen Wiener-Lehrstuhl berufen wurde, während man mich ganz hinlänglich für all mein Streben und Arbeiten belohnt meint, wenn man aus mir hier in Graz einen Professor der Physiologie herausschindet.

Brücke und Ludwig, darüber kann ich mich keinem Zweifel mehr hingeben, haben in ihrem landsmannschaftlichen Eifer sich über allen Anstand hinausgesetzt und es von vorne [herein] darauf angelegt, Czermak und mich abzublenden.

Was sind das für Freunde, die gerade dann versagen, wenn sich Lebensfragen entscheiden sollen? Ich will Brücke nicht sehen, noch viel weniger dem Herrn Hering als Provinzprofessor meine untertänigste Aufwartung machen. Ich werde deswegen die geistige Bedeutsamkeit Brückes nicht anders beurteilen als zuvor. Ich werde keinerlei Opposition treiben gegen meinen Lehrer. Aber trotzdem, dass Brücke ein großer Physiolog und mein Lehrer ist, habe ich doch das Recht, es sonderbar an ihm zu finden, dass er sich die Füße ausläuft, um seinen Freund Ludwig nach Wien zu bringen oder den Fick oder Kühne, dass es ihm aber, wenn das durchaus nicht gelingen will, alles eins ist ob Hering oder Czermak oder ich nach Wien kommen.

Er hat es mir ja ins Gesicht gesagt, dass er, was meine Bewerbung betrifft, mit der Sache nichts zu tun haben will, was aber hinter meinem Rücken geschehen, das habe ich genau erfahren.

Kurz, ich will von der ganzen Wiener-Bande nichts mehr wissen und darum komme ich im August und nicht zu Ostern. Wer hat denn das physiologische Referat der Jahrbücher? Ich habe auch das weiterhin abgelehnt.

Ich weiß nicht, ob meine Handlungsweise Deinen Beifall hat?

Wenn Du aber darüber urteilst, so glaube ja nicht, dass die früher gemachten Auseinandersetzungen meinen Sinn umdüstern und gefangenhalten. Im Gegenteile, mit der vollsten Resignation genieße ich, was mir hier in Graz geboten wird.

Wenn ich das aber zu meinem Glücke auch kann, so folgt daraus beileibe nicht, dass ich auch weniger herbe in meinem Urteil über neidische Kollegen, untreue Freunde und hochmütige Wiener Professoren sein müsse.

Ich freue mich, dass es hier immer besser wird, ich freue mich über das Fortschreiten meiner Arbeiten, ich freue mich, dass immer neue und neue Arbeiten auftauchen, die an meine Blutgeschichten anknüpfen, weil darin die beste Anerkennung liegt, kurz, ich kann mich über Vieles freuen; aber mir ekelt vor dem Gesindel, welches mir eine bessere materielle Stellung, eine einflussreichere Professur, so tapfer abgeneidet hat. In dem guten Österreich sind eben noch immer gar mancherlei Lumpereien möglich und je einflussreicher ein Mann hier ist, desto größer sind die Lumpereien, die er, ohne Gefährdung seines Ansehens, seiner gesellschaftlichen Ehre usw. kurz so ganz honett durchführen kann.

Deine Bücher werden von Leuschner & Lubensky, sobald ein Ballen von ihnen an Braumüller abgeht, mitgehen und durch Braumüller an Dich gelangen. Buchhändler-Gelegenheit lässt oft lange auf sich warten. Ich glaube aber, Du wirst sie früh genug bekommen, hast sie wahrscheinlich in der Gesellschaft der Ärzte schon gesehen. Es sind ein paar dicke Bände und hätte ich sie per Post geschickt, so wäre vielleicht mehr Porto zu zahlen als sie Dir wert sind. Übrigens werde ich die Absendung bei Leuschner & Co. betreiben.

Mit Vater habe ich viel korrespondiert in letzter Zeit. Ich habe durch Frau von Pfefferkorn hier einen Kaufmann, Herrn von Rotsch, Tuchhändler, kennengelernt, diesem hatte Frau von Pfefferkorn den Richard empfohlen. Mit Überwindung einiger Schwierigkeiten ist es mir gelungen, den Herrn von Rotsch zur Annahme Richards zu bewegen, der am 21. März hier in Graz als Commis beim Herrn von Rotsch eine neue Tätigkeit beginnen soll.

Hansen und seine Frau waren unlängst hier, ich habe sie nicht gesehen, aber Pebal, der Kienzl, Advokat hier und Hansens Schwager, kennt, hat mir erzählt, dass Frau von Hansen ihm sagte, sie hebe noch immer Medizinfläschchen zum Andenken an Dich auf. Schott hat mir unlängst geschrieben, heute oder morgen werde ich auch ihm antworten.

Ich bitte Dich, mir doch auch wieder einige Bemerkungen über Vaters Gesundheitszustand zu machen. Wenn die Marie noch in Wien ist, so lass ich sie grüßen. Auch Deine Impflinge grüße mir samt dem Papa Schmid. Hat Oppolzer schon sein Ehrendiplom usw.

Wir haben jetzt eine neue Rigorosen- und Studienordnung zu beraten. Referent ist Schauenstein. – Die Bibliothekskommission hat mit Karajan und Weiss (dem Historiker) mich mit einem umfangreichen Elaborat betraut, die Stellung der Bibliothek zur Universität betreffend. – Vom Landesgericht habe ich ein Mordmesser zur Untersuchung. Vom Magistrat bin ich mit Planer, Heschl [und] Schauenstein aufgefordert, [nach] Trichinen zu fahnden. Das Letztere soll noch nicht publik werden, damit nicht der rührige Schwindler Folwarczny sich auch die Füße ausläuft.

Also unter dem Siegel der Verschwiegenheit sei Dir das mitgeteilt. Das Papier ist zu Ende und gestattet mir nur noch, Dich um ein baldiges Schreiben zu bitten. D[ein]

Alexander

L.263 *R.216

1866 III 20, Wien

Liebster Bruder!

Du ahntest wohl nicht, dass ich seit meinem letzten Schreiben an Dich mehr als 100 Meilen von Wien ferne war. Ich wurde nämlich aufgefordert, bei der kranken Tochter des Oberbergverwalters in Resicza, einem herrlich gelegenen Eisenwerksorte in den südöstlichen Karpaten, einen ärztlichen Besuch zu machen. Nach kurzer Bedenkzeit entschloss ich mich, die etwas anstrengende und namentlich wegen der Kürze der zu verwendenden Zeit, beschwerliche Reise zu unternehmen. Ich erbat mir einen mehrtägigen Urlaub bei Oppolzer und fuhr Montag den 5. dieses Monats mit dem Abendzuge nach Pest, wo ich gegen 6:00 Uhr [am] Dienstag ankam und im Hotel Frohner abstieg. Ich habe die Nacht geopfert; um den Tag über in Pest verbleiben zu können, da nur der abends von Pest abgehende Zug direkt über Temesvar weitergeht. In Pest suchte ich den Dr. Szabo von Vary auf, der mit mir bei Mojsisovics bedienstet war und der sich mir entsprechend meiner stillen Hoffnung in der liebenswürdigsten Weise zum Cicerone anbot. In seiner Begleitung habe ich im Laufe eines Tages die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der herrlichen Schwesterstädte in Augenschein genommen. Das Museum, die Akademie, das Landhaus, die Kettenbrücke, die neue Redoute, das neue Repräsentantenhaus, lauter monumentale Prachtbauten, die in Wien ihres Gleichen suchen, haben wir sowohl äußerlich als auch, soviel es anging, innerlich besichtigt. Ferner das Spital, die Universität; in das ebenerdige physiologische Institut habe ich einen Blick durch das Fenster geworfen. Ich vermied es, wegen meiner gedrängten Zeit Professoren etc. zu besuchen. Im Saale der Magnatentafel nahm ich, da eben keine Sitzung war, auf dem scharlachroten Sitz des Primas einige Sekunden Platz, im neuen Repräsentantenhaus ruhte ich einige Sekunden auf dem Platze, der in großen Lettern die Inschrift trägt: Ferenc Deàk, die Plätze sind nämlich alle mit den Namen der betreffenden Abgeordneten bezeichnet und mein Begleiter, ein couragierter Ungar forderte mich auf, einige Sekunden auszuruhen auf dem Sitze des größten ungarischen Patrioten.

Da die Deputiertentafel in ihren alten Räumen gerade Sitzung hatte, so begaben wir uns auch dahin. Es war eben eine sehr erregte Debatte über Wahlangelegenheiten und ich hörte einige kurze Reden von Deák, Eötvös, Perczel u.a., von denen ich aber natürlich nicht ein Jota verstand. Nachmittags fuhren wir auf einem Lokaldampfer nach Alt-Ofen und zurück und nahmen von Bord des Dampfers aus die herrliche Lage der beiden Städte nebst ihrer Umgebung, den Blocksberg, Schlossberg mit der Königsburg, den Schwabenberg, Adlerberg mit seinen berühmten Rebenhügeln etc. in Augenschein. Nur zu früh wurde es Abend und ich bestieg wieder den Eisenbahnwaggon um über Szeklet, Keczkemet, Szegedin, Temesvar durch das Banat weiter zu reisen bis Jassenova, einem Orte, der nur mehr wenige Meilen von der Wallachei entfernt ist. Von Jassenova fuhr ich Mittwoch auf einer Zweigbahn nach Oravicza, wo einstens Denhardt bedienstet war. Von Oravicza ging es nun zu Pferd und Wagen in die Berge bis Resicza, wo ich Mittwoch 18.30 Uhr eintraf. Ich passierte auf letzterem Wege herrliche Berg- und Waldlandschaften, die nach der trostlosen Einförmigkeit des ungarischen Pußtalandes umso wohltätiger wirkten. In den rumänischen Dörfern, welche wir zu passieren hatten, interessierte mich besonders die Nationaltracht der Leute, welche teils an die alten Römer, teils an die Türken erinnert. Die Frauen haben häufig nichts an, als ein weißes Wollhemd und eine schmale Doppelschärpe aus rotem buntgewirktem Stoffe, die aber rückwärts nur aus langen Fransen besteht. Füße und Waden sind nackt, was bei dem dortigen milden Klima leicht möglich ist. Die Männer tragen eine Art Toga und ein Lammfell.

An dem Ziele meiner Reise fand ich leider die kleine zehnjährige Patientin bereits im Sterben. Ich konstatierte die Gegenwart einer Meningitis basilaris und stellte sogleich die Prognose ungünstig; der Tod erfolgte auch noch in derselben Nacht. Die Eltern fanden einen großen Trost darin, dass ich das Kind noch am Leben getroffen hatte und den unvermeidlichen ungünstigen Ausgang vorhersagen konnte. Bereits am andern Tag trat ich den Rückweg an und richtete es mir so ein, dass ich den Weg von Pest nach Wien, den ich früher bei Nacht machte, nun bei Tag zurücklegte, da mehrere interessante und selbst schöne Punkte auf dieser Tour gelegen sind, so namentlich Gran mit seiner imposanten Domkirche, die, auf einer Anhöhe gelegen, mächtig vom andern Ufer der Donau herüberschaut, ferner die Gegend von Preßburg u.a.

Nun kommt aber das Schönste. Ich hatte natürlich freie Fahrt auf 1. Klasse (nebst einem Honorar von 250 fl) ausbedungen. Dass ich nun in 1. Klasse fuhr, hatte eine merkwürdige Folge. In Temesvar, wo ich einen kleinen Imbiss nahm, traf ich im Wartesaale Fürst Cusa nebst Gemahlin und 2 Kindern und sonstiger Begleitung. Bei der Abfahrt stiegen zuerst ich und später der Exfürst Cusa und sein Adjutant, ein wallachischer Obrist, in dasselbe Coupé, die Fürstin, die Kinder etc. in das Nebencoupé. Wir fuhren nun miteinander bis Pest und haben miteinander gemütlich geraucht und geplaudert und geschlafen. Natürlich wurde von allen Seiten vermieden, über Politik zu sprechen und ich stellte mich so, als ob ich nicht wüsste, was für ein Spitzbube oder, wollte ich sagen, hoher Herr mir an der Seite saß. Der Fürst, der etwas blass, aber ziemlich heiter war, benahm sich sehr ungezwungen und als der Zug über das wüste Heideland unterhalb Szegedin eine unendlich lange Zeit hinbrauste, ohne anzuhalten, erhob sich der Fürst, sagte zu mir gewendet: Erlauben Sie, er steht nicht – und pisste dann zum Fenster hinaus.

In Üllö stieg noch ein 3. Herr in unser Coupé, und zwar Fürst Cantacuzeno, der sich sogleich mit Cusa in wallachischer Sprache über Politik unterhielt.

Ich habe nun schon so viel geschrieben über meine ungarische Reise, dass ich mir anderweitige Mitteilungen für ein andermal aufsparen muss und füge nur noch viele herzliche Küsse und Grüße bei, Dein

Emil

Sonntag war ich in Baden, um zu gratulieren, und traf alle recht wohl.

L.264 *R.217

1866 IV 3, Graz

Lieber Bruder!

Mit dem allerlebhaftesten Interesse habe ich Deinen letzten Brief gelesen. Ich gratuliere Dir zu Deinen Erlebnissen auf der ungarischen Reise. Es ist doch etwas Schönes um so eine Extravaganz des ärztlichen Berufes. Freilich mischt sich auch etwas Bitteres ein, wie in Deinem Falle, wo Du den Eltern der kleinen Patientin nur die Hoffnungslosigkeit ihres Zustandes bestätigen konntest. Allein der Menschen Kraft und Vermögen ist ja überall von unüberwindlichen Schranken umstellt und weil sich der Arzt deren bewusst ist, kann er auch dann, wenn seine Kunst versagt, mit Befriedigung auf die Anstrengungen blicken, die er gemacht, um sich und andern die Überzeugung zu verschaffen, dass den unerbittlichen Gewalten ihr Lauf gelassen werden musste. Also zu Deiner mit so vielen gelegentlichen Erfahrungen über Land und Leute verknüpften ärztlichen Geschäftsreise gratuliere ich Dir, ich kann, da Du die anstrengende Tour hinter dem Rücken hast und so wohlbehalten zurückkehrtest, wahre Freude darüber haben. Hätte ich Dich in Pußten und Karpaten gewusst, dann hätte ich wahrscheinlich stationenweise Reiseberichte von Dir verlangt und gewiss in einiger Besorgnis gelebt.

Hat Schott meinen Brief erhalten, hat er darüber gelacht?

In meinen Verhältnissen hat sich seit dem letzten Schreiben an Dich wenig geändert. Richard ist in seiner neuen Stelle zufrieden, ja, wie mir scheint, überrascht von der Solidität des Hauses Rotsch.

Mit Onkel Augusts Suppenfleisch- und Zuspeiswirtschaft mit der, weil den Blicken der Kunden entzogen, kellerlochähnlichen Commislagerstätte mit Lehrbubenschluf und mit der grimmigen Verschlossenheit des Neustädter Gewölbtyrannen, dessen ganzes Leben und Treiben in einer allmählichen Verknöcherung eines schon im vorigen Jahrhundert veralteten Kramertums ehrlich unterging, lässt sich das, was Richard von Rotsch erzählt, allerdings nicht vergleichen. Im Hause besitzen die Commis Quartiere und genießen Kost und werden bedient, wie es gebildeten Leuten aus dem Kaufmannsstande angemessen ist.

Im Geschäfte herrscht, wenn die Kunden befriedigt, ungezwungener Verkehr über Ware, Markt, Verhältnis des Kaufmanns zum Fabrikanten etc. Kurz der Stil ist ein ganz anderer als in Neustadt. Rotsch und Frau sind gemütliche freundliche Leute. Ich ließ dem Richard auch, nachdem er mir über seine Lage erzählt hatte, nicht unerwähnt, dass er diese Differenzen immerfort würdigen müsse. Wenn die beiden Kerls Richard und Toni nur mehr gelernt hätten. Aber die Ignoranz des guten Richard ist staunenswert, er kann nicht orthographisch schreiben, heute erst hat ihm der Vater deswegen einen brieflichen Verweis erteilt.

Ein höherer kaufmännischer Standpunkt würde, wenn ich Söhne diesem Stande sich widmen ließe, jedenfalls eingenommen werden müssen. Budelräumer und Landkramer kann man, glaube ich, leichter werden, als ein kunstfertiger Schuster oder Schneider. Zu solchen Betrachtungen hat mich der Verkehr mit Richard veranlasst, der mich häufig besucht, mit dem ich schon viel spazieren gegangen bin und der, wie mir scheint, selbst fühlt, dass er aus Mangel an Vorbildung zu einem endlosen Commisleben verurteilt ist, bei welchem er sich den Fond[s] für ein eigenes Geschäft kaum ersparen wird.

Weißt Du mir einen billigen Shakespeare, bei Wiener Antiquaren kommt er gewiss vor. Tomaschek glaubt das wenigstens, und zwar meint er, eine andere als die Schlegel-Tiecksche Übersetzung dürfte man nicht nehmen. Diese soll aber gebunden sehr billig zu haben sein. Ich nehme sie Dir jedenfalls ab, wenn Du eine a[k]quirierst. Tomaschek sprach von 5–10 fl für das ganze Werk. Vielleicht hast Du gelegentlich Zeit, darnach zu fragen. – Ich habe Luxus getrieben und einer Dummheit wegen mit einem schönen Fräulein um den Shakespeare gewettet. Die Wette hat Reyers Nichte gewonnen.

Es ist etwas verklausuliert, so dass ich mich auch mit einem anderen Verlust aus der Schlinge ziehen kann, die Klausel wurde aber hauptsächlich der schönen Gegnerin halber gemacht, und ich habe mir im Falle ich verlieren sollte, vorgenommen, davon keinen Gebrauch zu machen, wenn eben der Shakespeare nicht teurer zu stehen kommt, als Tomaschek meinte. Also habe gelegentlich die Güte, Dich in dieser Angelegenheit zu erkundigen. Ich habe manchen Genuss bei Reyer gehabt und würde gerne galant erscheinen. Du hast mir ja selbst auf einem Thaler Spaziergange zur Liebenswürdigkeit gegen die Damen dringend geraten und wirst mich doch nicht meiner Schwänke halber auslachen. Schreibe bald. Es küsst Dich vielmals Dein treuer Bruder

Alexander

L.265 *R.218

1866 IV 8, Wien

Lieber Bruder!

Da Dich gewisse Umstände hinderten, in den Osterferien selbst nach Wien zu kommen, so war ich sehr erfreut, wenigstens ein Schreiben von Dir zu empfangen. Ich war auch nur den einzigen Ostermontag von Wien abwesend, und zwar in Baden, wo sich alle recht wohl befinden bis auf den guten Kreuziger, von dessen dekrepiten Aussehen und Befinden ich wirklich überrascht war. Der gute Mann hat, wie Du vielleicht schon weißt, vor einiger Zeit einen leichten apoplektischen Anfall erlitten. Gegenwärtig macht er mir den Eindruck, als ob sich eine ernstere Geistesstörung entwickeln wollte. Onkel Schwarz soll auch, wie ich höre, schon in nächster Zeit die Apotheke wieder übernehmen.

Recht launig ist Deine Wette um den Shakespeare. Wenn man mit einem Fräulein und noch dazu mit einem hübschen oder gar schönen Fräulein wettet, so lässt man sich den Verlust der Wette schon gefallen. Ich habe mich Deinem Wunsche gemäß wegen A[k]quisition des Shakespeares erkundigt. Zuerst traf ich zufällig den Buchhändler Leben und fragte ihn, was beiläufig die Tieck-Schlegelsche Übersetzung kosten würde – elegant gebunden. Die Antwort war: ca. 8 fl. Dann erkundigte ich mich in einer Antiquarhandlung in der Wollzeile und es wurde mir das verlangte Werk in dunkelgrünem, gepresstem und goldverziertem Leinwandeinbande zu dem Preise von 7,5 fl gezeigt. Auf eine weitere Frage wurde mir bedeutet, dass sich dasselbe jederzeit am Lager befinde. Ich werde also dasselbe ankaufen, wenn Du einverstanden bist. Nur weiß ich nicht, soll ich es behalten, bis Du selbst nach Wien kommst, um es nach Graz mitzunehmen, oder früher Dir überschicken und auf welche Weise. – Bei mir befindet sich auch ein anderes Buch, welches Dir gehört. Es wurde nämlich, von wem weiß ich nicht, ein Buch auf der Klinik abgegeben mit der Adresse: H[errn] Professor Dr. A[lexander] Rollett in Prag. Letzteres Wort war durchgestrichen und dafür geschrieben: Wien, Allgemeines Krankenhaus. Das Buch ist Freys Mikroskop etc. in 2. Auflage. Auf dem Umschlage des Buches steht geschrieben: H[errn] Prof. Dr. A[lexander] Rollett in Prag im Auftrage des Verfassers. Soll ich es nach Graz schicken oder einstweilen aufbewahren?

Rembold, der Dich grüßen lässt, verweilte einige Tage in Wien. Heute besuchte uns auf der Klinik Dein früherer Assistent Dr. Maly. Ein mir etwas unsympathischer Grazer Doktor, nämlich Schöller, machte mir unlängst einen kurzen Besuch.

Ich freue mich, dass Richard ein so gutes Unterkommen gefunden hat. Von seiner schauderhaften Orthographie habe ich mich neulich in Baden mit eigenen Augen überzeugt.

Ist die Notiz von dem Baue einer neuen anatomisch-physiologischen Anstalt in Graz richtig? Empfange noch viele herzliche Küsse und Grüße von Deinem

Emil

Grüße mir Richard.

L.266 *R.219

1866 IV 8, Triest

Lieber Professor Rollett!

In dem Überbringer dieser Zeilen stelle ich Ihnen den stud.-med. Julius Seunig, Sohn eines unserer hiesigen vielbeschäftigten Ärzte und Primarius am Spitale, vor, der sich nach Graz begibt, um seine medizinischen Studien (4. Semester), die er bisher in Wien betrieben, fortzusetzen. Er hofft, entfernt von dem bunten Treiben der Großstadt, mit mehr Muse und ungestört seine Zwecke verfolgen zu können. Guten Willen und regen Eifer bringt er mit, und ich glaubte, nichts Besseres tun zu können, um diese beiden Eigenschaften stets in gleichem Maße wachzuhalten, als ihn Ihrer geistigen Obhut anzuempfehlen, wozu mich noch besonders der Wunsch des jungen Seunig aufmunterte, in den Gebrauch des Mikroskops eingeführt zu werden; und in welchem Grade er die schönste Gelegenheit hiezu gerade unter Ihrer persönlichen Leitung finden dürfte, weiß ich ja aus eigener Anschauung.

Indem ich hoffe, Sie wieder einmal am Meeresstrande begrüßen zu können, danke ich Ihnen im Voraus für die meinem Schützlinge zugute kommenden geistigen Gaben von Ihrer Seite und bleibe Ihr stets treu ergebener

Dr. Brettauer

L.267 *R.220

1866 IV 16, Wien

Lieber Freund

Heute habe ich den Rotationsapparat erhalten, welcher sehr nett ausgeführt ist. Da Wendl doch etwas zu wenig begehrt hat, so schicke ich ihm in der Anlage 8 fl und er möge mir dafür eine Quittung über 18 fl für Deinen dem phys[ikalischen] Kabinett der Wiener Universität gelieferten Rotationsapparat mit hohler Achse schicken. Entschuldige, dass ich Dich auch noch belästige.

Neues kann ich Dir nach Pebals Anwesenheit wohl nicht schreiben, höchstens kann ich Dir über ihn schreiben, dass er sehr unsolide gewesen ist. Sehr bedauert hab ich, dass Du nicht auch hier warst.

Ich lese diesen Sommer Kristollagraphie und Physik der Kristalle. Doch mit meiner Zuhörerschaft sieht es sehr schlecht aus. Hoffentlich nur deshalb, weil ich nicht Prüfungskommissär bin. Übrigens sind mir wenige, die sich wirklich interessieren, jedenfalls lieber.

Jetzt geht in Graz eure schöne Zeit an, während es hier von Tag zu Tag unangenehmer werden wird. Auf Wiedersehen an einem schönen Tag, Dein Freund

V. Lang

L.268 *R.222

1866 IV 17, Graz

Lieber Bruder!

Als ich mich neulich bei unserem Universitätsbuchhändler erkundigte, ob ich nicht meine bei Dir liegenden Bücher per Braumüller und ihrer eigenen Firma hierher bekommen könnte, wurde mir die Antwort zuteil, dass derlei Beilagen immer nur zu größeren Ballen gemacht werden und sie nicht wüssten, wann sie einen solchen erhalten würden; ich erfuhr aber bei dieser Gelegenheit zugleich, dass Deine Bücher auch noch nicht abgesandt sind, das war mir denn doch etwas zu langweilig. Ich nahm sie daher, um sie den Weg wandern zu lassen, auf welchem Du sie soeben erhalten haben wirst.

Die ganze Prozedur ist bis auf das Befördern zur Post sehr einfach. Den Frachtbrief schreibt man selbst, stempelt und insiegelt ihn. Ich schicke Dir zugleich die Leinwand, in welche Du die Bücher einnähen lassen kannst, nämlich dieselbe, in welcher Du die Bücher erhältst. Das Porto zahlt immer der Empfänger, die Höflichkeit würde zwar das Entgegengesetzte verlangen, allein die Praxis und Sicherheit macht ja öfter unhöflich

In Wien dürfte sich wohl ein Dienstmann finden, der das Paket mit dem Frachtbrief auf die Post bringt und das Aufgabsrecepise übernimmt. Die Spesen bitte ich Dich auf meine Rechnung zu setzen.

Ich weiß wohl, dass trotz aller Vereinfachung Deine kostbare Zeit doch noch in einer empfindlichen Weise durch diese Sendung in Anspruch genommen werden wird. Es hat aber keine solche Eile. Einen anderen Weg, die Bücher nach Graz zu bekommen, weiß ich aber nicht

Noch mache ich Dich aufmerksam, in den Frachtbrief genau wie ich in dem an Dich gerichteten zu schreiben: ‚Bücher ohne Wert’, da eine Wertangabe die Kosten unnötig verteuert. Nichts für ungut, ich habe diese langweiligen Erfordernisse der Warensendung auf der Post auch erst hier in Graz gelegentlich gründlich kennengelernt und glaube, Dir durch diese Anweisung Nachdenken und Fragen zu ersparen.

Mir geht es gut. Meine Vorlesungen habe ich gestern begonnen. Die Notiz wegen der anatomisch physiologischen Anstalt ist insoferne wichtig, als allerdings darauf bezügliche Anträge des Kollegiums vom Ministerium und der hiesigen Statthalterei übermittelt wurden, um geeignete Erhebungen zu machen. Es wird aber die Sonne noch einige Male Gelegenheit zu Auf- und Untergängen haben, ehe sie die Grazer anatomisch-physiologische Anstalt bescheinen kann. Mir ist hauptsächlich um den Frey zu tun, das Buch schlägt so direkt ins Metier, dass sich seine Kenntnisnahme nicht allzu sehr verspäte[n sollte]. Der Shakespeare hätte eher Zeit. Er stößt auf Widerstand, ich habe aber erklärt, auf eine andere Weise nicht zu quittieren, ich möchte ihn also doch haben, wenn ich einmal wirklich gepackt werden sollte. Und jetzt geht es unter einem.

Lebe wohl, schreibe bald

Alexander

L.269 *R.221

1866 IV 17, Graz

Lieber Bruder!

Ich habe soeben ein Paket mit Büchern an Dich aufgegeben. Wendl hat aber auf der guten Post, die ihre eigenen Vorschriften einmal so, einmal so handhabt, ein paar Anstände gehabt. Erstens muss auf dem Frachtbrief sowohl wie auf der Adresse der Inhalt bemerkt sein, also: enthaltend Bücher. Zweitens müssten Sendungen ohne Wert von dem Aufgeber gezahlt werden; es hat mich sehr geärgert, dass Wendl, anstatt das Porto hier zu zahlen, wie der Postbeamte es verlangte, vorzog, das ‚ohne Wert’ in 5 fl abzuändern. Du musst also entweder auch einen Wert ansetzen und mich hier zahlen lassen oder ohne Wert setzen und in Wien zahlen. Ich bitte Dich, das Erstere zu tun, da es sicherer ist. Beide Vorteile kann man nicht profitieren. Wenn Du diesen Brief früher bekommst als das Paket, welches meinen ersten Brief enthält, wird Dir das Ganze wie ein spanisches Dorf vorkommen. Also warte auf das Aviso.

Es grüßt Dich

Alexander

L.270 *R.223

1866 IV 21, Wien

Lieber Bruder!

Ich übersende Dir hiemit die verlangten Bücher in der von Dir selbst empfohlenen Art und Weise. Es wird mich sehr freuen, wenn die Sendung zu Deiner Befriedigung ausgefallen ist. Ich habe auch einen kleinen Katalog naturhistorischer Schriften beigelegt, der Dich vielleicht interessieren wird. Die an mich adressierten französischen Bücher habe ich wohl erhalten, aber noch nicht gelesen. Ich weiß auch noch nicht, wann ich die Zeit finden werde, mich an ihrer Lektüre zu ergötzen oder vielleicht auch zu langweilen.

Ich denke daran, mich noch in diesem Semester als Dozent zu habilitieren. Es wird wohl das Beste sein, wenn ich für ‚medizinische Diagnostik’ petiere. Ich kann dann über Percussion und Auskultation, über Diagnostik der Unterleibskrankheiten oder auch noch über andere Kapitel lesen, kurz ich habe ein weiteres Feld, und geht es mit dem einen nicht, so kann ich ein anderes versuchen. Im äußersten Falle dürften sich doch ein paar dritt- oder viertjährige Mediziner finden, welche Vorträge und Demonstrationen über Methoden der Krankenuntersuchung anhören werden. Als Habilitationsschrift denke ich eine bereits begonnene Arbeit über Pathologie und Therapie der beweglichen Niere einzureichen. Wenn ich so viele Präzedenzfälle betrachte, so sollte ich hoffen dürfen, dass mein Petitum nicht abschlägig beschieden werden wird, obwohl sich bereits im Professoren-Kollegium eine Opposition gegen das leichtfertige Dozentenmachen festgesetzt hat. Ich habe bis jetzt noch keine Schritte getan und werde bei nächster Gelegenheit zuerst mit Oppolzer Rücksprache pflegen und dann trachten, dass ich vor Schluss des Sommersemesters die Sache vom Hals habe. Ich ersuche Dich, meine Pläne vor deren Realisierung für Dich zu behalten und mir Dein Urteil hierüber nächstens kundzugeben.

Von Baden habe ich seit ein paar Wochen nichts erfahren und werde vielleicht bald einen Nachmittag von Wien abzukommen suchen, um einen Besuch zu Hause zu machen.

Nun lebe wohl, es küsst Dich Dein

Emil

L.271 *R.224

1866 IV 25, Graz

Lieber Bruder!

Es ist schwer Mensch zu sein, diesen zwar alten, aber immer gleich gültigen Satz, habe ich gestern nach der Sitzung unseres Kollegiums in die Lüfte gehaucht. Warum wirst Du gleich erfahren, wenn ich Dir den Verlauf der Sitzung mitteile, die zugleich Ursache ist, dass ich Deinen letzten Brief, der den herrlichen Shakespeare-Bänden beilag, erst jetzt beantworte. Ich erhielt das Paket am Montag, gleichzeitig erfuhr ich aber auch, dass eine Depesche bei unserem Dekan einlangte mit der Anzeige, dass Körner, der die Erzherzogin Maria Annunciata nach Kissingen begleiten soll, einen unbestimmten Urlaub vom Minist[erium] erhalten hat, und es wurde eine Sitzung zusammenberufen. Dabei wurde viel geredet und schließlich eine Supplierung beschlossen. Platzl, der ehemalige Assistent Körners, der durchgefallene Leibarztenskandidat bei König Leopold I. der Belgier und auf Ordre de mufti (des Landesausschusses) nach seinem Durchfall in Belgien zum Primarius der gerade zu dieser Zeit dem Prof. Körner zu beschwerlich gewordenen medizinischen Abteilung avancierte Grazer Doktor, wurde mit der Supplierung betraut. Was sollte auch anderes geschehen, wer wird hier für 4 oder 6 Wochen die Klinik supplieren, um wieder dahin zu gehen, von wannen er gekommen. Ich sondierte aber, weil ich, was zwar von anderen nicht geglaubt wird, meine, dass die jetzige Beurlaubung Körners der Anfang vom Ende ist, auch bei dieser Gelegenheit die mögliche Stimmung der Herrn Kollegen im Falle einer wirklichen Erledigung.

Erzherzog Karl Ludwig übersiedelt dauernd nach Wien, dann dürfte, wie ich eben meine, der Fall eintreten; wie gesagt, die andern, selbst Körner, stellen das in Abrede, und Letzterer erzählte dem Heschl, dass Löschner schon auch zum Leibarzt des Erzherzogs bestimmt ist, allein kann man solchen Ansichten und Behauptungen trauen.

Bei der Sondierung zeigte sich nun, ja ehe ich noch meine Sonde anlegte, bemerkte ich, dass die Herren Praktiker hier eine große Furcht haben, Körner könnte durch einen renommierten Consiliarius ersetzt [werden], wenn eben, was sie jetzt glücklicher Weise noch nicht voraussetzen dürfen, Körner nach Wien ginge. Ich glaube, diese Herren würden auch dann Platzlianer sein, so wie sie jetzt froh sind, dass der Urlaub Körners so kurz ist, dass eben nur ein hier domizilierender und beschäftigter Arzt supplieren kann.

Jedenfalls muss man in dieser Beziehung auf der Lauer sein, Du weißt ja, dass man hier in Österreich auf patente Weise gegen die tausend impotenten Protektionskinder nichts vermag und selbst, wenn von Letzteren nichts aufzutreiben ist, noch immer mit dem ekelerregenden Neide älterer Fachgenossen zu kämpfen hat, die nur Leute neben sich aufkommen lassen wollen, gegen welche sie aus diesem oder jenem Grunde keine Eifersucht zu hegen haben oder aber welche so gute und gefügige Lungen besitzen und so viel Selbstverachtung sich auferlegen, dass sie jederzeit bereit sind, mittels eines in den Mastdarm ihres Protektors eingeführten Trompetchens diesen Herrn Protektor in feierlicher und lauter Weise zu einem Theophrastus Bombastus etc. aufzublasen. Also, wenn man hier was haben will, so muss man Offenheit und Ehrlichkeit ein bisschen beiseite setzen. Man muss intrigieren, von langer Hand her vorbereiten etc. Darum glaube ich, wird es sehr gut sein, wenn Du Deinen Vorsatz, Dich zu habilitieren ehestens ausführst, damit, wenn Du einstmals in die Lage kommst, etwa eine klinische Professur anstrebenswert zu finden, man Deine Assistenten- und Dozentenschaft anderen weniger berechtigten Anwärtern entgegenstellen kann.

Man kann z.B. an die eben mitgeteilte Eventualität mit Körner denken und dass sich für mich und Dich daran noch weitere Bedachtnahmen knüpfen, das, glaube ich, liegt sehr nahe.

Man muss eben auch handeln, d.h. schweigen, aber, wo es geht, präparieren, sodass, wenn die Stunde der Entscheidung naht, eigentlich schon entschieden ist. Ich hoffe, Du wirst Dich in der dunkel verworrenen und anspielungsreichen Sprache dieses Briefes doch zurechtfinden und mir nächstens Deine über denselben Gegenstand schreiben. Deinen Titel: ‚medizinische Diagnostik’ finde ich samt beigefügten Motiven ganz passend.

Den Shakespeare habe ich noch bei mir, bringe ich ihn auch nicht an [den] Mann, nun so habe ich dann wenigstens einen; höchst originell und rätselhaft ist ein Geschenk, welches ich vorigen Donnerstag erhielt. Ein Dienstmann bringt mir 6 feine Leinenhemden und 12 ebensolche Sacktücher mit schön gestickten Anfangsbuchstaben meines Namens gemerkt und unter der Adresse: dem wohlgeborenen Herrn Professor Alexander Rollett, Karmeliterplatz Nr. 65 (wörtlich). Ich hatte zwar den Dienstmann gefragt, wer ihm das Paket gegeben und wo er es erhalten. (Er antwortete: Ein Herr in der Burggasse, der gesagt hätte, wenn ich nicht in der Wohnung, so wäre ich im Laboratorium zu finden), aber weiter investigierte ich nicht, weil ich im ersten Moment glaubte, die Gabe komme vom Hause und Richard sei dazu ausersehen gewesen, sie mir so ins Haus zu schicken. Erst nachdem der Dienstmann schon längere Zeit fort war, türmten sich in mir Bedenken auf Bedenken gegen meine im ersten Augenblick gefasste Meinung.

Die Fülle der Gabe, die Qualität derselben, die gänzliche Veranlassungslosigkeit zu einer solchen Ausstattung meiner, von Seite der ohnedies von so vielen Kindern in Anspruch genommenen Eltern, kurz eine ungeheure Wucht von Gründen machte ich mir bald selbst gegen meine erste Ansicht geltend, die mich leider veranlasste, den Dienstmann so leichtfertig zu entlassen. Heute weiß ich positiv, dass das Geschenk nicht von Baden gekommen, aber wer hat es mir gegeben? Das ist das große Rätsel, Leute, welche sich [einen] 50–60 fl kostenden Gspaß machen, so erwünscht sie auch, wie mein Fall zeigt, sein können, sind doch sehr selten. Mir ist so etwas noch nicht vorgekommen. Ich weiß niemanden, der mir irgendwelchen Dank in dieser Weise abzustatten sich vorgenommen haben könnte. Will man mich dadurch für sich erst gewinnen oder was ist des Rätsels Lösung?

Heute habe ich von Cornel einen lateinischen Brief bekommen, der mir die Nachricht bringt, dass zu Hause alles wohl ist. Gestern war es enorm kalt hier, sogar der Stoffbauer eingeschneit, der Schöckel bis tief herab weiß. Pfui Teufel! Es war doch schon so schön, heute ist es wieder heiter, aber noch kalt. Viele Tausend von Maikäfern sind erfroren und bedecken alle Wege.

Richard und ich befinden uns wohl. Schreibe bald wieder Deinem

Alexander

L.272 *R.225

1866 V 7, Wien

Lieber Bruder!

Es ist schwer Mensch zu sein! Mit diesen Anfangsworten Deines letzten Briefes muss ich auch mein heutiges Schreiben beginnen. Ich habe Dir neulich meine Pläne und Absichten bezüglich der von mir zu erstrebenden Dozentur mitgeteilt, und Du hast selbe so plausibel gefunden, wie ich selbst. Eine weitere Überlegung der Sache hat wieder anderen Gedanken die Oberhand verschafft. Nämlich anstatt des Titels ‚Medizinische Diagnostik’ dürfte es vielleicht zweckmäßiger sein, den Titel für Brust- und Unterleibskrankheiten oder für eines der beiden letztgenannten Fächer zu wählen. Ich glaube nämlich, dass man mit einem solchen jedem Laien verständlichen Titel in der Praxis mehr Vorschub gewinnt. Man präsentiert sich dem Publikum gleichsam als Autorität in den zwei wichtigsten Spezialfächern der internen Medizin, während der Titel mediz[inische] Diagnostik nicht allgemein verständlich ist und vielen vielleicht gar als ein theoretischer Gegenstand scheinen dürfte.

Wie es aber mit den Vorlesungen über Brust- und Unterleibskrankheiten gehen wird und ob das Professoren-Kollegium auf die Konsultation der beiden Fächer eingehen wird, das ist die Frage? Man ist bekanntlich verpflichtet, in der Eingabe an das Prof[essoren]-Koll[egium] einen Lehrplan vorzulegen und die Zweckmäßigkeit desselben nachzuweisen. Also wie die Sache anpacken? Vorläufig denke ich Folgendes zu tun. Ich würde in meiner Eingabe anführen, dass der klinische Unterricht hauptsächlich an spezielle Fälle sich anlehnt, dass es aber in einem Semester unmöglich ist, alle Brust- und Unterleibskrankheiten auf die Klinik zu bekommen. Es scheint daher zweckmäßig und für den Studierenden von Nutzen, wenn es ihm ermöglicht ist, neben dem klinischen Unterrichte systematische, das ganze Gebiet der Brust- und Unterleibskrankh[eiten] erschöpfende Vorträge zu hören. Es ließen sich solche systematischen Vorlesungen in ganzen Semestern von einem Dozenten abhalten. Außerdem würde ich in 6–8wöchentlichen Kursen abwechselnd Diagnostik der Brust- und Unterleibskrankh[eiten] vortragen am Krankenbett. Das Material hiezu müsste mir auch nach meiner Assistentenschaft die Oppolzersche Klinik liefern. Ich habe bereits Oppolzer die Absicht, Dozent zu werden, mitgeteilt. Er ist einverstanden. Anfangs meinte er, bloß für Unterleibskrankh[eiten]. Als ich ihn aber fragte, ob ich nicht für Brust- und Unterleibskrankh[eiten] einkommen könnte, war er auch einverstanden. Er sagt wie immer zu allem ja. Einen Rat kann man sich von dieser Seite nicht holen. Ich möchte Dich bitten, mir baldmöglichst Deine Ansicht über meinen heute mitgeteilten Plan gegenüber dem neulich dargelegten mitzuteilen.

Vorigen Samstag wurden interessante Dinge im Professoren-Kollegium verhandelt, nämlich 1. die Besetzung der chirurgischen Professur; was wurde beschlossen, vorläufig Weinlechner als Supplent zu belassen, da man unter den dermaligen politischen und finanziellen Kalamitäten auf eine Berufung aus dem Auslande gar nicht reflektieren kann; 2. die Kreierung eines unserer Klinik affilierten Institutes zu physiologisch-chemischen und experimentalpathologischen Studien. Oppolzer ist endlich von der Notwendigkeit eines solchen durchdrungen, nachdem er nicht ohne unser Zutun von der schmählichen Wirtschaft im Hellerschen Laboratorium überzeugt ist. Dr. Stricker, der wie ich höre, nicht mehr lange bei Brücke bleiben wird und in letzter Zeit Oppolzer fleißig zu Konzilien gerufen hat, soll zu diesem Behufe zum ‚Adjunkten’ der Oppolzerschen Klinik ernannt werden unter der Bedingung, dass alle erwachsenden Kosten von Oppolzer aus Eigenem bestritten werden. Bezüglich des Lokales wird, wie Oppolzer selbst sich ausdrückte, Heller herhalten müssen, da in seinen umfänglichen Räumen ohnehin nichts Gescheites gearbeitet wird. Wenigstens ist das Ganze ein zeitgemäßer Anlauf, um die Wiener Klinik ein bisschen emporzubringen. Deine an die Beurlaubung Körners geknüpften Bemerkungen finde ich ganz richtig.

Hast Du die ebenso rätselhafte als kluge Spenderin der leinernen Gaben schon eruiert? Denn dass es eine Dame ist, das scheint mir ziemlich wahrscheinlich.

Soeben bringt man mir den Partezettel, aus welchem ich den raschen Tod des Dr. Creutzer, Primararzt vom Rudolfsspital, erfahre. Ich bin ganz überrascht. Wieder eine Stelle frei; soll ich einkommen, jetzt, wo ich meine Dokumente für die Dozentur benötige? Es ist schwer Mensch zu sein. Dein Dich liebender

Emil

Ich erwarte ein baldiges Schreiben.

L.273 *R.226

1866 V 9, Graz

Lieber Bruder!

Als ich Dir in meinem letzten Briefe meine Zustimmung zu Deiner Habilitierungsabsicht mitteilte, habe ich nur überhaupt diesen Akt im Auge gehabt, über den Titel, welchen Du Deinem Fache geben willst, hatte ich nicht weiter nachgedacht. Die Gründe, welche Du in Deinem Schreiben für Deine letzte Entscheidung anführst, finde ich im hohen Grade plausibel. Nur möchte ich Dich aufmerksam machen, in der Eingabe an das Professoren-Kollegium mit der Motivierung sehr vorsichtig zu sein. Wäre es z.B. anstatt zu sagen, dass der klinische Unterricht sich hauptsächlich an spezielle Fälle anlehnt etc., nicht besser ohne weiteres nur die Ersprießlichkeit methodischer Vorlesungen mit Berücksichtigung der gesamten Literatur über ein spezielles Gebiet der Pathologie und Diagnostik der inneren Krankheiten, gegenüber der beim obligaten, klinischen Unterricht notwendig gebotenen Vielseitigkeit hervorzuheben. Darüber, glaube ich, kann sich niemand aufhalten, während man in dem Anlehnen an spezielle Fälle einen Vorwurf der Einseitigkeit des klinischen Unterrichtes erblicken könnte. Ich weiß nicht, ob man darauf eine solche Rücksicht zu nehmen hat, aber überlegen musst Du Dir meine Meinung.

Wenn es nur halbwegs tunlich ist, so komme um die Stelle im Rudolfspital ein, die Gesuchsbeilagen musst Du Dir dann eben doppelt schreiben lassen, innerhalb 24 Stunden besorgt das ein Wiener Notar ganz gewiss. Ich habe alle Dekrete und Diplome in kollationierten Abschriften, was liegt daran, sie doppelt abgeschrieben zu haben. Gehe auch selbst zu Löschner, den Du ja schon kennen zu lernen Gelegenheit hattest. Ich würde alles aufbieten. Selbst gilt der Mann, das wird mein Grundsatz fortan immer sein und wenn ich auch hundertmal nichts erreiche. Wenn man etwas erreicht, erreicht man es doch immer nur durch sich selbst. Ich spreche aus Erfahrung, und die macht klug. – Oft gelingt es doch, die ekligen Fliegen vom Honig wegzujagen, welchen sie einem aufzufressen drohen, wenn man aber gar nicht wedelt, dann fressen sie sich satt und lassen gar nichts übrig. Man muss die Gelegenheit wahrnehmen, dann erst kann man sich überzeugen, ob das Glück will oder nicht will, gefasst muss man auf beides sein.

Schreibe mir ja bald wieder, so oft Du nur kannst und glaubst, dass eine besprechenswerte Tatsache in Deiner Angelegenheit sich ergeben hat. – Warum bleibt Stricker nicht bei Brücke, das interessiert mich lebhaft! Brücke tut Unbegreifliches – wird er alt und schwach. Das letzte Heft des Mikroskopischen Archives von M. Schultze enthält einen Aufsatz von Brücke über lösliches Berlinerblau, darin kommt nichts vor, was nicht seit 10 Jahren schon alle Spatzen auf dem Dache pfeifen. Es ist wie mit den anderen Wiener-Autoritäten, die unter ihrem groß gewordenen Namen, so kleinliche Schmieralien in alle Journale verzetteln, dass man, so oft man etwas Derartiges zu Gesicht bekommt, ausrufen muss: Schreiben oder Nichtschreiben, das ist die Frage?

Meinen Shakespeare habe ich endlich seiner Bestimmung zugeführt und damit freudige Überraschung, Seelenkämpfe, Annahmebezweifelung etc. etc. hervorgerufen. Morgen werde ich die holde Besitzerin wiedersehen auf dem Rosenberg, wo sie jetzt wohnt.

Körner ist noch immer hier, aus Kissingen scheint nichts zu werden. Eine schöne Geschichte: Körner auf Urlaub, Platzl Supplent, Körner in Graz und Platzl wird sich seinen Supplentengehalt vielleicht erst vor dem allgerechten Richter, der da richtet die Guten wie die Bösen, verschaffen können. Was nun! Wie wird die Brunzlichtchemie sich aus dieser Schlappe fechten. Mit den Schicksalsmächten ist kein ewiger Bund zu flechten. Wer hätte gedacht, dass Oppolzer das Schicksal Hellers sein wird.

Also schreibe recht bald wieder und vergiss nicht auf die Stricker-Geschichte. Mit tausend Grüßen, Dein

Alexander

Die Hemdengeschichte noch immer dunkelstes Rätsel!

Liebster Vater!

Heute endlich atme ich wieder frei und benütze diese Gelegenheit, um Dich um Verzeihung zu bitten, dass ich meinen Dank für die Sendung der Glückwünsche und Spargeln erst heute ausspreche.

Pfefferkorn danken ebenfalls. Richard war eben bei mir, als Brief und Spargel ankamen. Ich bot ihm sogleich einen Bund oder zwei Bünde für Herren von Rotsch an, allein er wollte durchaus nichts annehmen, weil er glaubt, er wird auch einen Spargel bekommen. Er war nicht zu überzeugen, dass er, wenn er jetzt einen nähme, doch noch immer einen anderen auch bekommen könnte. Ich nannte ihn einen boshaften Kerl und sagte, dass ich ihn bei Dir verklagen werde, was ich hiemit wirklich getan habe. Richard sieht gut aus und ist heiter und zufrieden. Es scheint ihm gut zu gehen, für Sonntag ist er vom Herrn von Rotsch zu einer Partie auf des Letzteren Landgut eingeladen.

Von Denhardt erhielt ich vor einigen Tagen ein liebes Schreiben mit einer Einladung für Pfingsten. Ich werde ihm aber noch heute oder morgen dankend anzeigen, dass ich in Graz bleiben muss.

Ich muss jetzt wieder für mich rüstig arbeiten, da ich fast zwei Wochen nur für das Laboratorium tätig war. Ich musste inventieren, rechnen usw., eine Arbeit über die man fast den Kopf verlieren möchte vor Unerquicklichkeit.

Aus dem Brief an Cornel wirst Du entnommen haben, dass klassische Latinität nicht meine starke Seite ist, das bekanntermaßen auch nie gewesen. Hat Emil vielleicht erzählt, dass mir von unbekannter rätselhafter Hand 6 feinste Leinenhemden und 12 Sacktücher mit meinem Namen gestickt ins Haus geschickt worden sind. Bis jetzt habe ich keine Ahnung, wer der Täter ist, keine Spur führt auf ihn. Jedesfalls ein sonderbarer Spaß, der sich nicht oft ereignen dürfte. Ich werde offenbar kostspielig zum Narren gehalten.

Sehr bedaure ich, dass die Verhältnisse so ungünstig sind und Dir die Sorge machen, es würde heuer in Baden ein schlechtes Jahr sein. Ich bin natürlich vollkommen überzeugt, dass eine solche Befürchtung sehr wohl zu rechtfertigen ist, nichtsdestoweniger glaube ich, dass Baden, wegen seiner Nähe an Wien unter den wirklichen Bädern noch immer am besten, vielleicht besser als man erwarten sollte, wegkommen wird. Vielleicht kommt ihm jetzt das zu statten, was im tiefen Frieden gerade nicht zu den förderlichsten Umständen der Saison dient.

Dr. Gwosdew, der den Winter in meinem Laboratorium zubrachte, ist Donnerstag von hier abgereist. Er hat eine Arbeit über Blutfärbestoffe gemacht, welche ich nach Wien geschickt habe, der Abschluss derselben hat mir ebenfalls viel Zeit geraubt.

Mit vielen Handküssen an Dich und die gute Mutter und Grüßen an alle, Dein allerdankbarster

Alexander

L.275 *R.227

1866 V 16, Wien

Lieber Freund!

Ich gedenke, wenn es Wetter und mein Schnupfen gestattet, Samstag abends in Graz bzw. Reininghaus anzukommen. Für Deine Einladung danke ich bestens, doch möchte ich Dich nicht gerne belästigen.

Kann ich Dir etwas in Wien noch besorgen, so werde ich es mit Vergnügen tun. Der Deinige

V. Lang

L.276 *R.228

1866 V 20, Graz

Lieber Bruder!

Pfingsten ist zwar da, aber noch immer kein Brief von Dir. Ich weiß nicht, ob Du meinen letzten Brief, in welchem ich Dir Antwort auf einige an mich gerichtete Fragen erteilte, empfangen hast oder nicht. Diese Ungewissheit treibt mich, Dir wieder zu schreiben.

Lang ist hier und wohnt bei mir. Es ist sehr schade, dass so kaltes Wetter ist, heiter ist es zwar, aber sehr windig und kalt, auf den Bergen liegt wieder Schnee.

Wie steht es mit Deiner Habilitierung, wie steht es mit dem Primariat. Warst Du in Baden, wie geht es dort, auch von Baden wird mir nicht geschrieben.

Hier gibt es viel Soldaten, doch von Politicis finde ich es nicht geraten, dem unverlässlichen Papiere viel anzuvertrauen. Wird's bald losgehen?

Unlängst habe ich dem Denhardt einen Brief geschrieben im Stile einer Bismarckischen Note, da er mich für Pfingsten einlud, selbst aber nicht nach Graz kommen will, so habe ich ihm die fortwährenden Provokationen vorgehalten und ihn zur Rede gestellt darüber, dass er mich aus meiner Position in Graz herauslocken will.

Was sagt Schott zur Entscheidung des alten, schwachen und – Wiener medizinischen Professoren-Kollegiums. Alle diese Kerle verdienen wirklich nichts Anderes mehr, als dass sie den Weg allen Fleisches wandeln und in anderen Fakultäten der Alma mater steht es nicht besser. Traurig, wenn wissenschaftliche Zelebritäten durch Selbstsucht und Launen so herunterkommen, dass selbst diejenigen, welche ihre wissenschaftliche Größe auf das klarste anerkennen, mitleidig die Achsel zucken müssen über die unberechenbaren Akte ihrer Willkür. Wir haben unlängst einen Mediziner suspendiert, der uns wieder beim Ministerium deshalb verklagen will. Wir wollen sehen, was daraus wird.

Also glückliche Feiertage und einen frohen Namenstag übermorgen. Ich wollte, wir wären beisammen. Hast Du schon an die Ferien gedacht, es wird wohl nur die Wahl zwischen Baden und Graz bleiben. Eher werde ich aber die liebe Kaiserstadt noch sehen, wenn nur niemand drinnen ist, der mir die paar Wiener Tage verleidet. Also lebe wohl, schreibe bald, Dein

Alexander

L.277 *R.229

1866 V 22, Wien

Lieber Bruder!

Ich war in Baden über die Pfingstfeiertage, als Dein Brief vom 20. nach Wien kam. Auch Dein Schreiben vom 9. Mai habe ich richtig erhalten. Da noch keine zwei Wochen seit meinem letzten Briefe an Dich verflossen sind, so wollte ich vorerst den Ereignissen ihren Lauf lassen und so lange mit einem neuen Schreiben an Dich warten, bis sich mir etwas besonders Mitteilenswertes ergeben sollte oder bis mich eine allzu lange Ungewissheit über Dein Befinden, die sich freilich nicht über ein paar Wochen erstrecken darf, zu einem neuen Schreiben bestimmte. Und Du bist mir zuvorgekommen, und ich beeile mich daher, jetzt das Versäumte nachzuholen.

Denhardt und Auguste überraschten am Pfingstsonntag die Badner mit ihrem Besuche. Denhardt wird, da er in Wien Geschäfte hat, einige Tage in Wien zubringen. In Baden befinden sich alle wohl. Viktor und Robert Schwarz sind als Kadetten zum Militär gegangen, der Erste zu den Jägern, der Zweite zu [den] Deutschmeistern, nachdem er seinen dicken Bauch persönlich dem Erzherzog Wilhelm präsentierte und anstandslos als tauglich befunden wurde.

Schott ist noch immer wegen der erlittenen Zurücksetzung sehr gekränkt und lebt sehr separiert. Brücke sah ich unlängst in der Gesellschaft der Ärzte, ich grüßte ihn, und er sagte im Vorübergehen: ‚Was macht das Brüderlein in Graz, warum lässt er nichts von sich sehen und hören’, worauf ich mit einem lächelnden Achselzucken antwortete. Über die Stricker-Geschichte weiß ich nicht mehr als, was ich Dir schon neulich mitgeteilt habe. Gewiss ist, dass Stricker in diesem Schuljahre noch seine Assistentenstelle niederlegen wird und dann wird erst die Sache bei uns zur Entwicklung kommen. Was meine Dozentur anlangt, so sind alle Vorbereitungen soweit geordnet und die Besprechungen mit Oppolzer so weit gediehen, dass ich in der nächsten Professoren-Sitzung, die wahrscheinlich Samstag über 8 Tage stattfinden wird, meine Eingabe machen kann. Ich hoffe, dann doch noch heuer zum Ziele zu gelangen. Ich habe mich endlich definitiv bloß für die Abhaltung von cirka 2 monatlichen praktischen Kursen entschieden, da 1.) in kleineren Kurs-Kollegien jeder Einzelne sich praktisch üben und ausbilden kann und da 2.) an Kursen auch Ausländer, die nur kürzere Zeit in Wien verweilen können, teilnehmen können. Bloß theoretische und ein ganzes Semester andauernde Vorlesungen scheinen mir doch ein zu unsicheres Unternehmen. Sobald der Konkurs bezüglich des Primariates ausgeschrieben wird, werde ich jedenfalls kompetieren, obwohl schon jetzt Pleischl und Drasche als die allein in Frage kommenden Kompetenten bezeichnet werden.

Lebe wohl, Dein

Emil

1866 V 29, [Berlin]

Hochgeehrter Herr Professor

Erlauben Sie mir, die Ehre zu haben meinen herzlichen Dank Ihnen zu sagen, und bitte um Entschuldigung, weil ich meines Wort, gleich Ihnen zu schreiben, nicht gehalten habe! Zufälliger Weise war ich für Paar Stunden in Leipzig und mit Professor Ludwig und Kolbe gesprochen. Beide Professoren waren über die die Darstellung der Haemin-Krystalen überrascht. Prof. Ludwig von Ihnen hat gesagt: dass Sie sind Perl zwischen den Menschen. Prof. Kolbe hat mir entweder bleiben in Leipzig um Krystale von Haemin analysieren oder diese Krystale ihm zum Analyse lassen vorgeschlagen, aber ich konnte nicht beide seine Wünsche befriedigen. Ich habe nur Method zur Darstellung der Haeminkrystallen ihm diktiert. In Berlin Dr. Kühne erzählt überall, wie ich habe gehört, über die Darstellung reinster Haeminkrystallen in beliebige Quantität. Es versteht sich, dass ich habe schon fruher dem Dr. Kühne über die Darstellung gesagt. Ein russischer Prof. Schäfer aus Kiew stellt in Laboratorium von Kühne nach dieser Method die Haeminkrystale dar. Professor der gerichtliche Medizin Simon interessirt sehr über die Untersuchung der Blutflecken und wir fast jeden Tag arbeiten zusammen in seine Wohnung. Dr. Kühne diese Feiertage war nicht in Berlin, also fragen bei ihm von Sauerwald konnte ich nicht. Ich habe die Ehre, Ihnen zu schicken Verzeichnis von Sauerwald. Sauerwald hat mir gesagt, dass er hat so viel Bestellung aus Russland, Holand, Portugal etc., dass früher als September kann er nicht neue Apparat bereiten, wenn diese zusammengesetzt wäre. Befehlen Sie mir Herr Professor und ich werde von allen besorgen.

Allgemeine Uebereinstimmung hierher ist gegen Krieg. Ich habe Gelegenheit gehabt, mit verschiedene Leute über diese Frage zu sprechen, und Antwort war: dass ist grundlöse unnötige Krieg. Bauern und Bürger schon jetzt laut schreien von schadenfrohe Bismarkische [Bismarckische] Politik. Kein Schatten von Beleidung gegen Österreicher!

Jetzt ich besuche gerichtliche Sectionen und verschiedene Untersuchungen über die Dispositions[-] und Zurechnungfähigkeit, übrige Zeit ich lese in Bibliothek. Bitte sehr Herr Professor meine herzliche Dank und Gruss Herrn Professoren Thomaschek [Tomaschek] und Pöbel [Pebal] zu emphehlen!

Erlauben Sie mir, Herr Professor, die Ehre zu haben, Ihre gehörsamster Diener für immer zu bleiben. Achtungsvoler

Iwan Gwosdew

Meine Emfehlung Herrn Prof. Planer

Adresse: Berlin Schumannstrasse Nr 22

1866 Mai 29 (Dienstag)

L.279 *R.230

1866 VI 1, Wien

Lieber Freund!

Ich bitte, mich zu entschuldigen, dass ich Dir noch immer nicht für Deine freundliche und sorgfältige Bewirtung gedankt habe: Ich tue es jetzt von vollem Herzen. Auch Deine Stiefeln, die mir sehr gute Dienste geleistet, habe ich noch nicht zurückgeschickt, doch werde ich auch dies nächstens tun.

Meine paar Studenten hatten sich richtig Donnerstag nach Pfingsten schon eingefunden, auch waren für Samstag mehrere Rigorosen, darunter eines öffentlich für das Doktorat der Chemie, bei welchem man, ohne prüfen zu müssen, 9 fl bekommt. Schöne Einrichtung das. Dabei machte ich auch die Bekanntschaft des Lerch; von den wenigen dummen Bemerkungen, mit denen er für sich den Vortrag des Kandidaten begleiten zu müssen glaubte, hatte ich aber schon genug.

Da diese Ferien eine bauliche Veränderung in meinem Kabinett geschieht, so werde ich mich wohl Anfangs der Ferien von Wien entfernen, um vielleicht früher zurückzukommen. Schreibe, was Du tust.

Lenoir ist gegenwärtig in Rumänien, da die neue Regierung die Schuld der alten (10.000 fl?) nicht zahlen will. Ich vermute, dass daher die Preise Lenoirs nächstens anziehen werden. Loschmidt will sich an unserer Fakultät für Molekularphysik habilitieren. Heute habe ich eine schriftliche Äußerung in Sachen Stefans abgegeben, zu der Ettingshausen, Jelinek und ich vom Dekan aufgefordert worden waren. Ett[ingshausen] war sehr kühl und schrieb unter anderm, dass er mit Stefan sehr zufrieden ist! Jelinek unterschrieb das Ett[ingshausensche] Geschreibsel, ich aber habe eine kleine Predigt über die wissenschaftliche Bedeutung der philosophischen Fakultät angehängt, ob von Erfolg?

Viele Grüße an alle Kollegen und Pfann. Der Deinige

V. Lang

L.280 *R.231

1866 VI 3, Graz

Lieber Bruder!

Nun ist also der Konkurs für die Rudolfstiftung ausgeschrieben worden, und ich hoffe, dass Du Deinem Vorhaben getreu kompetiert hast. Ich habe durch viele Erfahrungen jetzt eine sehr entschiedene Ansicht über derlei Kompetierungen bekommen. Lang, den man jetzt um seine Stelle so sehr beneidet und der oft und oft, wie er mir sagte, die Äußerungen des Erstaunens über den Kontrast seiner Jugend und den Einfluss seiner Stelle entgegenehmen muss, hat kompetiert und persönlich eifrig für seine Ernennung gewirkt. So ist er in Wien Professor geworden, nicht aber weil er an sich die für jene Stelle geeignetste, befähigtste und verdienteste Persönlichkeit war. Und immer geht es in unserem guten Vaterlande so.

Ein merkwürdiges Symptom ist es mir, dass Brücke sich nun immer und immer wieder harmlos um mich erkundigt, er tat es bei Tomaschek, bei Lang, bei Dir. Dem Lang sagte er: Sagen Sie mir, ist es wahr, dass Rollett die Stelle im Josefinum gerne gehabt hätte und dass er jetzt sehr unzufrieden in Graz ist. Ja es ist merkwürdigerweise an keinen von den von Ludwig Vorgeschlagenen eine Anfrage gerichtet worden, und mehr dergleichen Schwefel.

Was doch die Leute darauf anwenden, wie gescheit sie es machen wollen, sich dumm zu stellen und wie dumm dabei auch die Gescheiten einem unbefangenen Dritten erscheinen, das ist kaum glaublich. Wie steht es mit Deiner Habilitation?

Was wirst Du in den Ferien machen? Ist es wahr, dass Du nach Eisenerz gehst, wie mir Denhardt und Gusti erzählten, als sie mich mit ihrem Besuch erfreuten. Sie kamen Dienstag, den 29. Mai, hier an und haben am 1. Juni Graz wieder verlassen. Wir haben uns gut unterhalten und getan, was sich in der kurzen Zeit machen ließ. Vater hat mir unlängst einen Brief geschrieben, der sehr sorgenvoll ist, steht es mit Baden heuer wirklich so schlecht? Von Dr. Gwosdew, dessen Arbeit über Blutfarbstoffe ich unlängst der Akademie überreichte und der bald darauf nach Berlin abgereist ist, habe ich einen Brief erhalten, in welchem er mir anzeigt, dass er Kolbe in Leipzig besuchte und dabei Ludwig sah. Natürlich erzählte er von seiner Arbeit und zeigte ihnen auch die große Menge rein dargestellter Substanz, die er mitnahm. Kolbe interessierte sich sehr dafür. Ludwig sagte, ich sei eine Perle unter den Menschen usw. Na was sagst denn da dazu. Ich sage, dass ich immer mehr dem Ausspruch des mir so wenig sympathischen Hyrtl beistimmen muss. S’ist alles nur Komödie! Zuerst ist man rücksichtlsos, dann sucht man dem, der über die unverschämteste Rücksichtslosigkeit die gerechteste Beschwerde führen kann, unter Schmeicheleien das Maul zu stopfen. Ich durchschaue aber die Manöver und werde in Zukunft reden, wenn es noch Zeit ist und das rat ich auch Dir immer zu tun. Schreibe bald, wie Deine Angelegenheiten stehen, Deinem

Alexander

L.281 *R.232

1866 VI 7, Wien

Lieber Bruder!

Ich komme Deinem Wunsche nach, indem ich Dir einige Zeilen über den Stand meiner mehrmals besprochenen Angelegenheiten mitteile. Mein Habilitationsgesuch ist bereits überreicht und wurde vom Dekane Dlauhy zum Referieren an Oppolzer gesendet. Das Referat wird in der nächsten Professoren-Kollegiums-Sitzung Samstag über 8 Tage hoffentlich vorkommen. Wenn es angeht, werde ich vielleicht noch in derselben Sitzung kolloquieren und über 8 Tage später meine Probe-Vorlesung abhalten können.

Auch bezüglich der erledigten Primararztstelle habe ich mein Gesuch bereits eingereicht, es erübrigt mir nur noch, die nötigen Besuche zu machen, was ich in den nächsten Tagen tun werde. Leider habe ich gar keine Aussicht auf Erfolg. Wahrscheinlich wird Drasche oder Pleischl die Stelle bekommen, es haben sich aber außerdem noch mehr als 20 Bewerber bis jetzt gemeldet, darunter auch Professoren. Unlängst hat man mich in der Gesellschaft der Ärzte auf Vorschlag des Verwaltungsrates zum Schriftführer gewählt und ich habe bereits in einer Sitzung unter Arlts Präsidium als solcher fungiert. Vielleicht hast Du schon durch Prof. Gottlieb meine Grüße empfangen, den ich bei seiner letzten Anwesenheit in Wien zufällig beim Optikus Fritsch antraf.

Was ich in den Ferien unternehmen werde, weiß ich noch nicht im mindesten; dass ich nach Eisenerz gehen werde, erinnere ich mich nicht, versprochen zu haben. Ich hoffe, dass Du zu Anfang der Ferien nach Wien kommen wirst, denn die Reihe des Besuches ist an Dir. Dann werden wir ja sehen, was sich machen lässt. Sollte sich vielleicht Arlts Buch über Augenkrankheiten bei Dir in Graz befinden und Du dasselbe nicht benötigen, so ersuche ich Dich, dasselbe nach Wien mitzunehmen. Ich bin in der Praxis schon ein paar Mal auf Dinge gestoßen, worüber ich mir gerne in diesem Buche Rat erholt hätte. Dass in Baden die Saison bis jetzt ziemlich schlecht war, ist schon wegen der abnormen Witterung begreiflich, es kann sich ja doch noch besser machen.

In circa 4–5 Wochen dürfte das Semester zu Ende sein, wenn, wie kaum zu bezweifeln, der Krieg ausbricht, wird wohl auch der Schluss des Semesters früher erfolgen und Du solltest Dich dann recht bald in das ehemalige Hauptquartier der Nordarmee begeben und bei mir absteigen, damit wir uns nach jahrelanger Trennung wieder einmal recht ausplaudern können. In dieser fröhlichen Erwartung grüßt Dich Dein

Emil

L.282 *R.233

1866 VI 24, Graz

Lieber Bruder!

Was soll ich Dir in dieser ernstbewegten Zeit aus unserer glücklicherweise im Herzen Österreichs steckenden Provinz Neues schreiben; es gibt nichts, alles geht hier seinen alten Gang, nur sind die Leute erregt, gespannt, geängstigt, wegen der Vorgänge an den nördlichen und südlichen Grenzen des Vaterlandes.

Ein glühender Preußenhass durchdringt alle Schichten, wogegen man von den Italienern sehr wenig affiziert ist. – Gottlieb hat mir Deine Grüße überbracht und gesagt, dass er Dich sehr gut und frisch aussehend fand. Ich gratuliere Dir zu Deiner Schriftführerwürde, obwohl ich nicht gerne mit derlei Plagen etwas zu tun haben möchte.

Arlts Buch ist allerdings bei mir und Du sollst es auch haben. Ich werde es aber nicht so leicht entbehren, wie Du glaubst. Im Gegenteile bin ich eben daran, meine Büchersammlung mit praktisch-medizinischen Fachwerken zu vervollständigen, da ich meine Vorlesungen auf jede mögliche Weise mit praktischen Anknüpfungen auszustatten suche. Weil ich die Überzeugung habe, dass dann unsere Mediziner viel bessere Physiologen werden, als wenn man die Vorlesungen über Physiologie mit unverstandenem, exakt sein sollenden Geflunker aufputzt, welches die Studenten nicht zum Nachdenken, sondern vielmehr zum Belächeln des Professors der Physiologie antreibt, der den Studenten, wenn er gar zu unvermittelt seine Formeln an die Tafel schreibt, unter den übrigen Lehrern, wie ein Ornithorhynchus unter den gewöhnlichen Säugetieren erscheint. Kurz, ich mache alle diejenigen Zugeständnisse an die in unseren schlechten Gymnasien entwickelten Erkenntniskräfte der Mediziner, die ich, ohne den realen Gehalt der Wissenschaft zu beeinträchtigen, machen kann. Meine Zuhörer lassen sich das, wie mir schon zu Ohren gekommen ist, mit Vergnügen gefallen. Ich brauche also auch meine Pathologien und Therapien. Schaut’s!

Kannst Du mir eine gute Pathologie und Therapie der inneren Krankheiten empfehlen, ferner, wonach ich mich, wie nach einem teuren Freunde sehne, einen guten therapeutischen Faulenzer, genannt Rezepttaschenbuch, dann lege los.

Wie stehen Deine Angelegenheiten, schreibe mir recht bald, auch ob der Vater schon etwas kontentierter ist. Was ich in den Ferien machen werde, kann man das wissen.

Alexander

L.283 *R.234

1866 VI 26, Wien

Lieber Bruder!

Dein am Tage von Custozza an mich gerichtetes Schreiben, verlangt zu wissen, welche Erfolge ich, der ich mich dem nördlichen Kriegsschauplatze näher befinde, bis jetzt errungen habe. Nun ich habe das meine getan und bin an mein ersehntes Ziel in raschem Schritte vorgerückt. Hoffen wir, dass bald auch die ganze Nordarmee ihr vorgestecktes Ziel im Sturmschritt erreichen wird. Am vorigen Samstag habe ich meine Probevorlesung vor einem sehr zahlreichen Auditorium abgehalten, welches mich zum Schlusse mit rauschenden Beifallsbezeugungen auszeichnete. Das Thema, welches ich abhandelte, betraf den Zusammenhang von Herz- und Unterleibskrankheiten. Ich bin also nun, wenn der Unterrichtsrat nichts dagegen hat ‚Dozent für Brust- und Unterleibskrankheiten an der Wiener Hochschule’ und ich wüsste nicht, was diesen hohen Rat abhalten sollte, dem Beschlusse des Professoren-Kollegiums beizustimmen. In der Rudolf-Spitals-Angelegenheit habe ich keine Hoffnung. Der Direktor Ullrich hat mir auch bei meinem Besuche in ehrlich schlichter Weise keine Hoffnung gegeben und gesagt, dass Leute wie Drasche, Schwanda, Pleischl, Primarius Hoffmann etc. kompetieren. An den beiden Ersteren scheinen ihm das goldene Verdienstkreuz und der Franz-Josefs-Orden besonders zu imponieren. Morgen reist Schott, der Dich vielmals grüßen lässt, zur Nordarmee, wo er als Zivilarzt gegen Diäten Dienste leisten wird. Bei uns geht es mit dem Semester langsam zu Ende, und es dürfte wohl schon anfangs Juli die Klinik geschlossen werden, da auch beide chirurgischen Kliniken ihre Tätigkeit eingestellt haben, indem morgen Kumar und einige Operateure der ehemaligen Schuhschen Klinik ihren Chef Weinlechner nach hinterlistig erwirkter Erlaubnis verlassen und zur Südarmee abgehen. Was ist mit euren und besonders Deinen Vorlesungen? Wann wirst Du nach Wien kommen? Es erwartet nicht nur recht bald ein Schreiben, sondern auch Dich selbst, Dein

Emil

L.284 *R.235

1866 VIII 1, Wien

Lieber Freund!

Ich hätte Dich gerne zu einer kleinen Exkursion in die Gebirge verleitet, wie ich aus Deinem Briefe ersehe, bist Du jedoch in Graz festgehalten. Auch bin ich in einer Verlegenheit, ich weiß noch immer nicht, ob die baulichen Veränderungen in meinem Kabinett vorgenommen werden oder nicht. Im ersteren Falle möchte ich natürlich dabei sein. Eins betrifft die Veränderung meines Hörsaals, was mir sehr am Herzen liegt, das andere einen dem Einsturz nahen Plafond. Obwohl letzteres schon vor ein paar Monaten von dem Ingenieur als sehr bedrohlich bezeichnet wurde, geschieht noch immer nichts.

Brückes Buch ist erschienen, wenigstens habe ich für meine Kristallographie ein Exemplar von ihm bekommen. Dasselbe steht Dir zu Diensten, wenn Du nach Baden kommst oder ich schicke es Dir, falls Du eine Gelegenheit weißt. Ich glaube kaum, dass Du Dir es kaufen wirst, obwohl es natürlich sehr interessant [ist], besonders in der zweiten Hälfte, wo die verschiedenen Arten von der Verwendung der Farben, die bei dem Kunstgewerbe vorkommen, abgehandelt wird [sic]. Der erste Teil enthält die Elemente der physikalischen Farbenlehre, enthält aber manches Überflüssige und ist nicht genug populär. Überhaupt trifft letzterer Vorwurf das ganze Buch, woran aber hauptsächlich der unmathematische Stil schuld ist. Sonst ist es Sitte, dass man das Wichtige (den Satz) voranstellt und dann die Erläuterung, (den Beweis), anhängt. Dies ist hier nicht der Fall, wenn nicht gerade die Überschrift eines Kapitels dazu zwingt. Der Stil ist überhaupt stellenweise schlecht. Du frägst mich, ob ich kriegerisch oder friedlich gesinnt. Ich glaube, dass nach dem, was man über den Zustand unserer Armee hört, es für unsere Regierung jedenfalls sicherer war, Frieden zu schließen, auch ist es nicht ihr Sack, aus dem die Kriegsentschädigung gezahlt wird.

Mit vielen Grüßen an Dich und Deine Kollegen

Viktor Lang

Nachdem ich diesen Brief schon kuvertiert hatte, sah ich Lorenz, welcher mich persuadierte, mit ihm nach Aflenz zu fahren, um dort ein paar Tage herumzusteigen. Vielleicht könntest Du Dich für diese kurze Zeit frei machen. Vielleicht kommt auch Pebal.

Wir haben an Tomaschek telegraphiert, er möge Donnerstag in Aflenz eintreffen und Dich mitbringen.

V.L.

1866 VIII 20, Paris

Herr Professor

Ihre Brief und sehr kurze Bericht über die akademische in Wien Sitzungen, welche ich habe um 1ten Juli bekommen, haben für mich einen neuen Nachweis Ihrer Gütigkeit geliefert. Die Zeit für mich in Berlin war sehr ungünstig: ich konnte nicht aus der berlinische Bibliothek die nöthige Bücher für mein Referat bekommen, weil diese Bücher entweder nicht verbunden oder nicht vorhanden und besuchte die Bibliothek von Professor Virchow; vom Unruhe, von der berlinische Küche in der cholerische Zeit ich habe schrekliche gastro-duodenal Katarrh durch ganze Monat probirt. In Paris bin ich schon 2 Woche und ich habe Ihre Verfassungen dem Professor Robin übergeben. Prof. Robin hat mir seine grosse Krystalle von Belifulvin gezeigt und ich habe, noch Ihre Meinung gesagt, dass diese Krystalle wahrscheinlich dieselbe Ursprung mit dem Haeminkrystallen haben und für die Gründlichkeit meines Wortes ich habe ihm doppelbrechende Eigenschaften gezeigt. Also Belifulvinskrystalle haben auch Doppelbrechender Eigenschaft. Bis jetzt ich weiss noch nicht, was ist das – Paris. Hartnak [Hartnack] hat eine neue Polarisationsapparat gemacht und er hat mir gesagt, dass Prof. Brücke hat dieses Apparat sehr zweckmässig gefunden. Ich habe solches Apparat für mich bestellt. Bitte sehr, Herr professor, alles, was ist nöthig für Sie in Paris oder irgendwo – befehlen Sie mir – befriedigen Ihre Wünsche, wie möglich ist für mich, von meiner Seite wird kleiner Beweis meiner ewige Dankbarkeit für Sie. Meine herzliche Grüsse für Herrn Professor Thomaschek (Tomaschek], Pöbel [Pebal], Schauenstein. Sein Sie so gütig, auch mein Gruss Wendel [Wendl] übergeben und ihm zu sagen, dass Salfenmoser [Salvenmoser] bei Prof. Ludwig grüss ihn und hat von Wendel [Wendl] sehr lebendige Erinnerungen, was ich habe in vorige Briefe zu Ihnen ganz vergessen zu sagen. Wenn Separatabdrücke meiner Arbeit haben Sie schon bekommen, bitte sehr, wenn Sie werden so gnädig für mich sein, nach Paris zu mir schicken. Meine Adresse: Paris, place de l’Odeon Nr. 5

Ihre gehorsamster Diener

Iwan Gwosdew

L.286 *R.236

1866 IX 17, Baden

Lieber Bruder!

Aus Deinem Briefe an Vater erfuhr ich, dass Du wohlbehalten in Deine gewohnte Lebensweise zurückgekehrt bist und den Rest der Ferien zunächst zu einer kleinen Tour benützen wirst. Ich wünsche Dir dazu ein recht schönes Wetter. Uns allen geht es gut. Ich war Ende der vorigen Woche in Wien und fand daselbst die von Kühne versprochene Schrift über Desinfektion, welche ich Dir unter Kreuzband nach Graz sende. In Baden ist seit Deiner Abreise kein neuer Cholerafall vorgekommen. Heute war Viktor Schwarz bei mir, um mich wegen seiner auf dem Felde der Venus erhaltenen Wunden zu konsultieren. Ich verordnete ihm Sublimat. Gestern erfuhr ich aus dem Munde des in Baden weilenden Oberarztes Schwarz, dass der die Assistentenstelle bei Dir aspirierende Dr. Eduard Schwarz dessen jüngerer Bruder sei, was ich bisher nicht wusste. Diese Schwarz sind entfernte Verwandte der Badener Schwarz.

Mitte Oktober übersiedelt Graf Mocenigo nach Graz. Vater nahm sich auf meine Vorstellung vor, ihn an Heschl zu adressieren.

Es wird sich erst in einigen Tagen herausstellen, ob Richard Guillomet nach Strass zurück muss und ob die Mutter ihn dahin begleiten wird. Jedenfalls wird man Dich eventuell davon benachrichtigen. Mit herzlichen Grüßen, Dein

Emil

Anmerkung Adresse am Kuvert

Herrn Dr. Alexander Rollett
k.k. Professor an der Universität in Graz
Stadt Karmeliterplatz Nr. 65, 2. Stock.

L.287 *R.237

1866 IX 21, Graz

Lieber Bruder!

Ich danke Dir für Deine Nachrichten aus Baden. Aus der projektierten Sulzbacher Partie ist nichts geworden. Dagegen wollte ich mit Pebal und Planer die Koralpe besteigen. Wir fuhren zu dem Ende mit der Südbahn nach Leibnitz und begaben uns von dort nach Eibiswald durch das schöne Sulm- und Saggautal. Nichts Arges ahnend legten wir uns Montagabend in Eibiswald zu Bette. Da brach noch während der Nacht ein Gewitter los, welches in einen anhaltenden Regenguss ausartete, so dass wir am zweiten Tage fruchtlosen Harrens den Rückzug antraten, der anfangs geordnet und langsam, später aber, je mehr der Feind drängte, mit zunehmender Eile vollzogen wurde, ganz Königgräzlichen Mutes langten wir Mittwoch wieder in Graz an und wurden von diversen Leuten tüchtig ausgelacht. Am ärgerlichsten war es aber, dass Donnerstag und heute der Himmel wieder in der heitersten Laune ist, gleich als ob auch er uns auslachen wollte, dass er uns so drangekriegt hat.

Die Cholera spukt auch hier, und zwar hupft sie in der ganzen Stadt herum, und man hat sich entschlossen, ein eigenes Spital in Geidorf zu eröffnen. Es werden etwa 12–14 Fälle bis heute vorgekommen sein. In den letzten Tagen, d.h. von Montag dieser Woche an, kein neuer Fall, wie mir von Planer gesagt wurde. Ich trinke kein Wasser, sondern nur Bier, Wein und Tee. Kalter Tee lässt sich leicht den Tag über bewahren und schmeckt sehr angenehm.

Man sollte sich eigentlich des letzteren als Getränk bedienen, denn durch Kochen desinfiziertes Wasser schmeckt zu grauslich und Desinfektion des Wassers mit Chlor und nachherige Neutralisation mit unterschweflig saurem Natron ist zu langweilig. Aus der Berliner Schrift wirst Du ersehen haben, dass man daselbst auf unbedingte Desinfektion allen Trinkwassers dringt. Wenn Du nach Wien gehst, würde ich Dir raten, morgens Tee, mittags puren Wein, abends Bier. Ich mache es so und reiche damit aus. Werde ich aber einmal sehr durstig, dann trinke ich kalten Tee, dünn, sodass eben der Teegeschmack den faden Geschmack des gekochten Wassers verdeckt. Das Trinkwasser ist jedenfalls ein höchst verdächtiges Genussmittel, wenn Du nur auch den Badenern in dieser Beziehung für eine etwaige erneuerte Cholerainvasion einige Warnungen erteilen könntest. Das viel gescheute Obst ist wahrscheinlich viel unschuldiger, als das so formlos erscheinende, reine frische Brunnenwasser. Als ich bei meiner Abreise am Badener Bahnhofe Dich ersuchte, den Vater zu bestimmen, er möge bei Mocenigo den Heschl empfehlen, habe ich auch mehr auf andere Leute gedacht, als an mich selber.

Ich wollte eben nur vermeiden, dass Mocenigo einem der zahlreichen homöopathischen Schwindler, die hier ihr Unwesen treiben, in die Hände falle. Heschl wird sich zwar auch geschmeichelt fühlen durch die Empfehlung an ihn, ich glaube aber, dass seine Verbindlichkeiten gegen mich dadurch nicht besonders zunehmen werden. Übrigens ist Heschl eben vom Landesausschuss an Stelle des zurückgetretenen Körner zum Spitalsdirektor ernannt worden und soll sich dem Vernehmen nach mehr der Konziliarpraxis zuwenden. Die guten Gedanken kommen meist zu spät. Hätte ich, als ich mit Dir sprach, einen guten Gedanken gehabt, dann würde ich Dich ersucht haben, dem Vater zu sagen, dass er Mocenigos an den Dr. Lenk empfiehlt. Der Letztere ist ein sehr gesuchter und solider Praktiker hier in Graz, er wird etwa mit Skoda im gleichen Alter stehen. Dr. Lenk ist der Schwager von Prof. Reyer. Beiden Herren bin ich für die vielen Freundlichkeiten, mit welchen sie mich in ihren Familien aufnahmen, sehr verpflichtet. Lenks Tochter ist die Gewinnerin des bekannten Shakespeare. Jedenfalls dürfte die freundliche Geneigtheit der beiden Herrn gegen mich wachsen, wenn ein Strahl meiner Vermittlung der Empfehlung Lenks an Mocenigo durch den Vater durchschimmern würde. Und ich hätte dem bekannten savoir faire besser Genüge getan als durch den Rat bezüglich Heschls.

Alles das ist mir sehr bald nach meiner Ankunft hier eingefallen, aber nach dem Schicksale guter Gedanken leider zu spät – oder vielleicht lässt sich noch etwas machen, Du wirst ja sehen und bist nun durch meine lange Auseinandersetzung entsprechend instruiert. Med. Dr. Lenk wohnt Tummelplatz Nr. 19. Ich bitte Dich um Kühnes Adresse, gelegentlich.

Schreibe mir bald wieder. Wie lange bleibst Du noch in Baden. Gruße alle. Dem Vater und der Mutter küsse ich die Hand. Dich küsst Dein

Alexander

L.288 *R.238

1866 X 2, Wien

Lieber Bruder!

Ich schicke mich an, Dir wieder einige Nachrichten zukommen zu lassen. Den Tod des Großpapa, der gestern um 7:00 Uhr erfolgte, wirst Du wohl schon erfahren haben. Ich gehe heute abends nach Baden, um dem morgigen Leichenbegängnisse beizuwohnen. Uns geht es allen Gott sei Dank gut.

Die Cholera,- die gegenwärtig in Wien recht arg wirtschaftet, hat sich auch in Baden noch einzelne Opfer ausgesucht. Im Ganzen dürften in Baden und in nächster Umgebung an 30 Fälle vorgekommen sein. Bei uns im Spitale sterben täglich cirka 12 Personen an der Cholera. Auch der Hellersche Schuldiener ist derselben erlegen.

Ich bin am 1. d[ieses Monats] nach Wien übersiedelt, werde aber womöglich die Sonntage bis zum Beginn der Vorlesungen in Baden zubringen. Dass ich ein sehr vorsichtiges Leben führe und namentlich auch die in Deinem letzten Briefe empfohlenen Maßregeln bezüglich des Wassertrinkens beachte, kannst Du versichert sein.

Gestern begegnete ich Primarius Dr. Koller, der mir unter Verschwiegenheit mitteilte, dass ich nach einer Aussage des Primarius Löbel in den Ternavorschlag für das Primariat im Rudolfspitale aufgenommen sei. Er wusste mir nicht zu sagen quonam loco? und äußerte auch, dass wohl Dr. Drasche die meisten Chancen habe. Auch Dr. Kaulich aus Prag befindet sich in der Terna. Wenn sich die Sache wirklich so verhält und auch dermalen wenig Aussicht auf Erfolg ist, so dürfte es doch für die Zukunft von Vorteil sein, aus einer so großen Zahl von Bewerbern (man sagt circa 40, darunter Professoren und Primarärzte) ausgewählt worden zu sein. Wenn sich die Sache aber nicht so verhält – nun dann hat mir wenigstens vorübergehend ein Hoffnungsstrahl geleuchtet.

Unlängst fuhr ich mit Prof. Lang nach Wien, der mir von seiner Gebirgstour erzählte. Er machte einen Teil unserer einstigen Gebirgstour in umgekehrter Richtung, nämlich von Mittersill nach Zell.

In der vorigen Woche hatte Onkel Fritz einen Anfall von Diarrhoe, der mir schon etwas bange machte, mit Übligkeiten, Ohnmachtsanwandlungen, kaltem Schweiß etc. Jetzt befindet er sich wieder wohl. Wie steht es heuer mit Eurer Universität, wann beginnen die Kollegien etc.? Schreibe recht bald Deinem

Emil

Herr Professor!

Ihre gefälligste Brief und bald nacher Separatabdrucke ich habe die Ehre gehabt in 20. Sept. zu erhalten. Ich danke Ihnen von allen meinen Herz für alles, was haben Sie getan für mich!

In Paris bin ich ganz allein; bis jetzt ich konnte nicht Russe begegnen. Nach meine Ueberzeugungen in Paris alles ist Kunstproduct! Französen sind fähig alles versprechen und gar nichts thun, sie täuschen sich selbst und wollen auch andere täuschen. Dieses künstliche Leben mit kunstlichen Ballen [?] gefällt mir nicht. Ich besuche sehr oft Schwurgericht und darinn ich habe Gelegenheit gehabt zu sehen, was ist möglich für Paris.

Im Ende dieses Monats ich kehre nach Berlin zurück. Meine herzliche Gruss Herrn Professoren Thomaschek [Tomaschek], Pöbel [Pebal], Schauenstein und Magh [Mach], bitte sehr, ubergeben.

Mit völligste Achtung Ihre gehorsamster

Iwan Gwosdew

L.290 *R.239

1866 X 15, Graz

Lieber Bruder!

Wenn ich das obige Datum schreibe, bin ich in der Tat erstaunt, dass fast 14 Tage verflossen sind, seit ich Dein letztes Schreiben erhielt. Ich hatte am 31. Oktober [sic] mit Schauenstein und Frau und Fräulein Emilie Börner, einer Nichte Reyers, meinen letzten diesjährigen Ausflug gemacht. Wir gingen morgens nach Thal, speisten dort und kehrten abends wieder heim. Ich nahm noch bei Schauenstein den Tee und erst als ich von da in meine Wohnung zurückkehrte, 22:00 Uhr, fand ich Deinen Brief und daneben den Partezettel von Großpapa. Ich freute mich über Deinen Brief, denn ich befand mich damals in derselben Lage wie jetzt und wartete schon mit Ungeduld auf Nachrichten. Von Baden ist doch gar kein Brief zu bekommen. Schreibe mir also Du, wie Du alles gefunden hast, da Du ja wahrscheinlich auch zu Mutters Geburtstag in Baden warst und auch von mir durch die Mutter Nachricht erhalten haben wirst. Dass mir die Zeit seit Erhalt Deines Briefes so rasch verflog, kommt daher, dass ich mit erneuten Kräften an den Abschluss einer Arbeit ging, die ich schon vor längerer Zeit begann. In den letzten 14 Tagen war ich buchstäblich von Früh bis nachts im Laboratorium.

Pebal, Planer alle meine Freunde habe ich vernachlässigt, ja ich war froh, wenn sie mir Ruhe ließen, denn ich wollte arbeiten. Erst seit gestern Abend habe ich meine Arbeiten ein wenig sistiert, da ich Schnupfen und einen eigentümlichen Druck in den Augäpfeln fühlte. Heute ist wieder alles besser und abends gehe ich zu Frau von Gross, die mich für heute geladen hat. Du kannst Dir denken, mit welch unbehaglichem, ja ich möchte sagen qualvollem Gefühle ich gar oft auf die in Wien und Baden herrschende Seuche denke. Zu Ende des vorigen Monats kam dazu noch ein Missbehagen eigentümlicher Art.

Auch hier in Graz hat sich die Cholera ihre Opfer geholt, bis 1. Oktober starben sicher nach offiziellen Daten 23 Personen aus dem Zivil; 27 Soldaten, also 50 Personen. Seither ist die Zahl der Zivilpersonen auf 30 gestiegen. In der letzten Woche kein Fall mehr vorgekommen. Einzelne frappierende Fälle sind darunter. So wie bei der ‚Stadt Triest’, wo, wie ich Dir schon sagte, der Kellner im Juli als einer der ersten Fälle starb. Ende September starb dort der Hausknecht und bald darauf ein Kutscher, der dort bedienstet war. In einem Hause in der Schönaugasse erkrankten 8 Personen, von denen 7 gestorben sind. In der Zeit nun, wo derlei hier vorkam, ist es mir so missbehaglich gewesen, denn ich hatte ohne mir bekannte Veranlassung ein fortwährendes Schnüren in der Magengegend, dabei Aufstoßen, keine eigentliche Diarrhoe, aber jeden Tag einen flüssigen Stuhl und exorbitante Gasentwicklung in den Gedärmen, daher ewiges Kollern. Nachts wachte ich oft auf darüber, es floss mir Speichel im Munde zusammen und ich fühlte Brechreiz. Ich erinnere mich, dass ich etwa ein oder zwei Tage vor der Thalerpartie von meinen Leiden befreit wurde und mich wie neugeboren fühlte. Nur darf ich seitdem abends höchstens eine Semmel und ein Ei zum Biere nehmen, sonst bekomme ich wieder Gerumpel im Bauche.

Ich habe damals nur Fleisch gegessen und weil ich mich immer wohl darauf fühlte, Ofner Wein getrunken. Jetzt ist, wie gesagt, alles vorüber, was sollte ich aber am Besten tun, wenn sich so ein Zustand wieder einmal einstellen sollte?

Unsere Studenten haben sich heuer Zeit gelassen. Erst Samstag und heute haben die Einschreibungen [angefangen]. Es sind 30 neue erstjährige, in den höheren Jahren gegen 15 neue Hörer immatrikuliert, also eine gute Frequenz. Meine Vorlesungen werde ich Mittwoch beginnen.

Ende September war Rembold hier in Graz, aber nur für einen Tag. Er ging dann nach Wien. Seither hat er mir aus Innsbruck geschrieben und mir den Sohn seines Kollegen Glax empfohlen, der Mediziner im zweiten Jahre ist. Rembold lässt Dich grüßen und bedauert, Dich in Wien nicht gesehen zu haben.

Hat Dir Peyritsch, der vorige Woche hier war, meine Grüße ausgerichtet? Ich sah ihn zufällig mit Prof. Bill im Kaffeehause. Wie ich Dir schon geschrieben habe, meide ich frisches Trinkwasser. Es ist doch in manchen Fällen sehr zu verdächtigen. Wie dem aber auch sei, ich habe mich überzeugt, dass man bei kaltem Tee, Bier und Wein bestehen kann.

Schreibe mir bald, wie es mit Deiner Dozentur steht. Es freut mich, dass Du in die Terna gekommen bist, weil ich das als gutes Omen betrachte ganz in Deinem Sinne. Gibt es in Baden nicht Schwierigkeiten bezüglich der Angelegenheiten des Großpapa und seiner Erben? Wie geht es dem Onkel Fritz, was war es beim ihm? Lebe wohl, es küsst Dich Dein

Alexander

L.291 *R.240

1866 X 16, Graz

Lieber Bruder!

Neulich habe ich Dir den Todesfall des Großpapa angezeigt, heute muss ich Dir schon wieder das Ableben eines, wenn auch entfernten, Anverwandten mitteilen. Gestern morgens ist nämlich Gustav Prager gestorben. Er war schon einige Zeit leidend, hustete beständig und magerte zusehends ab. Ich habe ihn nie selbst untersucht, da er einen anderen Arzt hatte, glaube aber, dass er tuberkulös war. Ein profuser Durchfall machte seinem Leben ein Ende. Bei Onkel Fritz herrscht große Ratlosigkeit bezüglich der Weiterführung des Geschäftes, dessen Faktotum eigentlich Gustav war. Ich habe dem Onkel Fritz schon vor einiger Zeit gesagt, er möge sich beizeiten umsehen, einen verlässlichen Menschen in das Geschäft zu bekommen, da er ja selbst auch wieder unwohl werden könnte und dann die Verlegenheit um so größer wäre. Damals dachte er daran, dem Onkel August einen Antrag zu machen. Was nun geschehen wird, weiß ich noch nicht. Onkel Fritz hat sich von seiner Cholerine rasch erholt und konnte schon nach wenigen Tagen den schon kranken Gustav ablösen. Die Verlegenheiten bezüglich des Nachlasses des Großpapa sind freilich bedeutend. Man sagt, dass die Aktiva kaum hinreichen werden, die Passiva zu decken. Die gerichtliche Abwicklung der Angelegenheit ist eben im Zuge. Wir werden also erst später etwas Positives erfahren.

Ich freue mich, dass Dein Unwohlsein wieder gewichen ist, und rate Dir, das Tragen einer Bauchbinde, keine übertriebene geistige Anstrengung, sorglos heitere Gemütsstimmung bei vernünftigem diätetischem Verhalten. Trachte täglich Luft zu haben, denn auch vorausgehende Verstopfung führt derlei Beschwerden herbei. Trinke auch abends nur wenig Bier. Ich trinke nur ein Seidel und dann etwas Rotwein. Sollten sich aber die Beschwerden wieder einstellen, so gebrauch:

Rc Aq. Meliss.

Aq. cerah. Nigr. aa unciam

Tr. Rhei aq. drachm duas

Syrup. cortie. Aurant unc. Semis

Mds 2stündlich 1 Esslöffel.

Bei gleichzeitiger Diarrhoe gib zu obiger Mixtur noch hinzu:

Tr. anodyn. gutt. sex.

Morgen beginnen an unserer Klinik die Einschreibungen. Wir werden wahrscheinlich nächster Tage die Vorlesungen mit Cholerakranken beginnen, ehe noch anderweitige Kranke aufgenommen werden. So ist wenigstens der Plan Oppolzers für mich doppelt unangenehm, erstens ist es wegen des angestrengten Dienstes, zweitens wegen der Unmöglichkeit, einen Kurs zu geben.

Graf Mocenigo wird nächstens nach Graz übersiedeln und gedenkt sich wegen mehrfacher Auskünfte an Dich zu wenden.

In der vorigen Woche wurde ich in die medizinische Fakultät aufgenommen. Meine Dozentur ist bereits vom Staatsministerium genehmigt. Meine kleine Habilitationsschrift habe ich dem Braumüller zum Verlag angeboten. Er aber sagte mir, dass er prinzipiell keine Broschüren in Verlag nehme, und forderte mich zu einem größeren Werke auf. Ich fragte bei Czermak an und dieser sagte mir, dass sich in Wien in der heutigen Zeit kaum ein Verleger für so kleine Schriften finden dürfte, und riet mir, mich an Enke zu wenden. Dies ist nun geschehen und ich erwarte hierüber Bescheid. Braumüller sowohl als Czermak meinten, es sei das Beste, die Arbeit in einem medizinischen Journale zu veröffentlichen, eine größere Anzahl von Separatabdrücken anfertigen zu lassen, was verhältnismäßig die wenigsten Kosten verursacht, und dann die Separatabdrücke bei einem Buchhändler in Kommission zu geben. Das hätte ich selbst auch gewusst, und es wird auch wohl nichts anderes übrig bleiben.

In Baden geht es allen gut. Der Vater war gestern auf einer Deputation zur Audienz beim Kaiser. Man wollte nämlich um die Einräumung der leerstehenden Lokalitäten des Kaiserhauses in Baden für die Zwecke des Realgymnasiums ansuchen. Ob dies gelingen wird, da doch mehrere Hofschranzen (Graf Grünne, Mattl etc.) im Kaiserhaus wohnen und da auch das Bezirksgericht ein Auge auf dieses Gebäude und die zu erwartenden Naturalwohnungen für die Beamten gerichtet hat, ist sehr die Frage.

Stricker lässt Dir sagen, dass er Dir eine Anzahl von feuchten Kammern ablassen kann. Er hat nämlich eine größere Menge von Kühne zu 81 ½ Kreuzer ö.W. zugesandt erhalten. Die Adresse Kühnes lautet: Neustädter Kirchstraße Nr. 7.

Deine Grüße durch Peyritsch sind mir zugekommen. Stricker forderte mich auf, eine von dem verstorbenen Thiry begonnene Arbeit aufzunehmen. Der Letztere hat nämlich an Kaninchen bekanntlich eine Darmschlinge hervorgezogen, ein Stück Darm durch zwei bis an das Mesinterium gehende Schnitte durchtrennt und dadurch, dass er das eine Ende des ausgeschnittenen Darmstückes wieder zunähte und in die Bauchhöhle zurückschob, das andere offene Ende in die Hautwunde einheilte, ein Stück Darm vollständig isoliert und durch eine Fistel zugängig gemacht, während das obere und untere durchschnittene Ende des Darmes vereinigt und so die Durchgängigkeit des Darmkanals hergestellt wurde. Meinst Du, dass man sich auf so etwas, vorausgesetzt dass ich die nötige Zeit aufbringen kann, einlassen soll? Ich habe kein rechtes Vertrauen, mich in dieser Weise erfolgreich zu beschäftigen. Wenn ich sonst nichts zu tun hätte, so könnte ich mir die mangelnde Übung durch Fleiß, die fehlenden literarischen und sachlichen Kenntnisse durch eifriges Studium ersetzen, aber wenn man anderweitig beschäftigt ist, so lässt sich so etwas kaum nebensächlich betreiben. Was denkst Du von der Sache?

Nun lebe wohl und schreibe bald wieder Deinem

Emil

L.292 *R.241

1866 X 23, Graz

Lieber Bruder!

Ich danke Dir für Dein letztes Schreiben, da Du darin einige Fragen an mich richtest, so will ich, ehe noch unsere gewöhnliche Frist um ist, darauf antworten. Ich hätte es schon früher getan, allein ich wollte die Eröffnung meiner Vorlesungen abwarten, und diese gaben mir in den ersten Tagen einige Arbeit.

Das Resultat der Einschreibungen ist ein günstiges, wir haben 60 neue Hörer, die meisten davon sind erstjährige, nur wenige verteilen sich auf die anderen Jahre. Ich selbst habe ein Auditorium von 48, also mehr als je. Die Statistik meines Kataloges weist aus

  1. 1863/64: Wintersemester 15, Sommersemester 14
  2. 1864/65: Wintersemester 38, Sommersemester 34
  3. 1865/66: Wintersemester 40, Sommersemester 42
  4. 1866/67: Wintersemester 48

Die Frequenz ist also im erfreulichen Wachsen begriffen, was sich auch an einer Vollpfropfung meines etwas beengten Hörsaales bemerklich macht. Auch Rigorosen kommen immer mehr, morgen werden wieder zwei sein. Beschütze mich Gott vor Langeweile.

Richard, welchem ich den Tod Gustav Pragers, den ich aus der Totenliste der Wienerzeitung noch früher als aus Deinem Briefe erfuhr, erzählte, war gestern bei mir und sprach sehr nachdenklich darüber, ob der Onkel Fritz nicht vielleicht an ihn oder Toni denken könnte. Ich sagte ihm dann, was Du mir wegen Onkel August geschrieben hast. Übrigens ist Richard hier noch immer sehr zufrieden.

Uns beiden geht es gut. Die Cholera ist hier erloschen. Gebe der Himmel, dass dies auch bald in Wien der Fall sei. Als ich heute las, dass der letzte Rapport nur mehr 19 Fälle aufweist, atmete ich freudiger. Es ist doch ein wahrer Alpdruck, der jetzt auf uns lastet. Über Oppolzers Vorsatz und vielleicht ausgeführte Tat, war ich sehr erzürnt. Was sollen Cholerakranke auf der Klinik?

Was vermag die Therapie? Pfeifen die Diagnose nicht alle Spatzen auf dem Dache, mir erschien also die ganze Sache vielmehr Belästigung des Assistenten, als fruchtbringende Maßnahme für die Schüler, und darum habe ich mich Dir zu Liebe geärgert. Du hast doch alle Arten von Desinfektionsmitteln bei der Hand, namentlich übermangansaures Kali für die Hand. Hast Du im Centralblatt die Versuche von Matkiewic, glaube ich, und noch einem gelesen über die giftigen Wirkungen von Cholerainjektionen. Leider steht hier eine sehr merkwürdige Fabel über die giftige Wirkung des Speichels der einen Tiere auf andere Tiere, eine Fabel, die lange geglaubt wurde als warnendes Exempel, dem kundigen Leser entgegen.

Mit Herrn Wittelshöfer scheint es ja nicht recht richtig zu sein. Er beweist in einer Reihe von Artikeln die Contagiosität der Cholera aufs eindringlichste und zieht aus seinen Deduktionen fortwährend den Schluss, die Cholera ist nicht contagiös. Ob die krankmachende Substanz von einem Organismus ausgeatmet, geschwitzt, geharnt, gespien oder geschissen wird, ob sie von einem anderen Organismus durch Haut, Lungen oder Darm und so weiter aufgenommen denselben krank macht, ist doch gleichgültig, immer wird eine solche Krankheit übertragbar genannt werden müssen. Freilich wird man Krätze, Favus etc. als Einwurf anführen, allein wenn man diese Krankheiten heute von den sogenannten contagiösen scheidet, weil man unter Contagium durchaus etwas versteht, was man nicht kennt, so gilt das doch gewiss nicht von der Cholera. Es müsste denn Klobs große Entdeckung sich bewahrheiten und eine Choleramilbe oder ein Cholerapilz faktisch nachgewiesen werden. – Belehre mich, wenn ich im Irrtum bin.

Die Odyssee Deiner Habilitationsschrift habe ich mit Bedauern gelesen. So schicke sie, wenn alle Stricke reißen, wenigstens an Henle & Pfeiffer oder an Wunderlich, Roser etc. Nur nicht in ein Wochenblatt damit.

Heute habe ich als Gegenzeichner das Dekret des Dr. Schwarz unterschrieben. Vorgestern muss er einen Brief von mir erhalten haben, in welchem ich ihm seine Ernennung anzeigte, er hat noch nicht geantwortet. Ich habe Schwarz gebeten, mir die feuchten Kammern mitzubringen.

Nun zur letzten Frage. Ich muss dem Dr. Stricker alle Anerkennung für den glücklichen Einfall aussprechen, den er hatte, als er Dich zur Fortsetzung von Thirys Arbeit aufforderte. Es gibt kaum ein geeigneteres Thema für einen Kliniker.

Ich an Deiner Stelle würde die Gelegenheit nützen, so viel die Zeit es zulässt, und mit dieser Oppolzerschen Strickeraquisition scheint mir eine Gelegenheit geschaffen, nach der Du Dich früher umsonst umgesehen hast. Übrigens darfst Du Dich nicht überbürden.

Wenn Dir die Zeit nicht fehlt, alles andere besitzest Du, was zu einer Arbeit, wie die erwähnte, befähigt, nur wirst Du Dich einüben müssen. Schreibe mir, wenn Du irgendeinen Ratschlag brauchst. Aber auch ohnedem lasse mich ja nicht lange auf einen Brief warten.

Alexander

L.293 *R.242

1866 X 24, Wien

Lieber Bruder!

Deinen Brief von gestern habe ich richtig erhalten. Ich werde ein andermal darauf antworten, für heute möchte ich Dich in aller Eile um einen Rat ersuchen. Es ist nämlich ein Brief von Enke in Erlangen heute mir zugekommen, worin Enke sich bereit erklärt, meine Schrift zu drucken „wenn meine Ansprüche nicht allzu sehr sind“. Sobald wir einig geworden sind, kann die Schrift sogleich an den Satz gehen, ist schließlich beigefügt. Enke erwartet also meine Bedingungen. Ich will Dir also mitteilen, was ich zu tun gedenke und ersuche Dich, mir baldmöglichst Deine Meinung hierüber mitzuteilen. Ich werde sagen, dass ich wünsche, dass die Schrift so gedruckt werde, dass sich dieselbe auf wenigstens 3 Druckbogen, jeder zu 16 Seiten (Octavformat), [erstrecke]. Die Stärke der Auflage überlasse ich dem Ermessen des Verlegers. Ich beanspruche die gewöhnliche Zahl (von 25 Freiexemplaren) und per Bogen ein Honorar von – das ist die Frage – 20 bis 25 fl ö.W. – in Silber – oder mehr – oder weniger?

Ich erbitte mir über diese Angelegenheit recht bald Deine Ansicht und Deinen Rat. Unsere paar Cholerakranken der Klinik haben wir glücklich begraben und nun ist die Epidemie im Erlöschen, die Klinik steht wieder leer. Noch immer aber muss ich auf neue Fälle fahnden, kann aber glücklicherweise auf der ganzen Choleraabteilung keinen frischen Fall finden.

Lebe recht wohl, nächstens mehr und schreibe recht bald Deinem

Emil

L.294 *R.243

1866 X 25, Graz

Lieber Bruder!

Ich beeile mich, Dir zu antworten, nachdem ich selbst über Deine Frage nachgedacht und auch noch mit dem in Buchhändlerangelegenheiten mehr versierten Tomaschek gesprochen, schreibe ich Dir folgende Meinung. Octavformat, etwa 3 Druckbogen, jeder zu 16 Seiten. Die Stärke der Auflage dem Ermessen des Buchhändlers überlassen. 25 fl ö.W. in Silber per Bogen Honorar. Im Falle der Nichtannahme Gegenanträge zu stellen. Gleichzeitig mit Deinem Schreiben erhielt ich einen Brief vom Vater. Es geht allen gut. Großpapas Angelegenheiten schweben noch.

Dr. Schwarz hat mir gestern geantwortet und wird bis längstens 5. Nov[ember] hier sein. Die Zahl meiner Zuhörer ist mittlerweile auf 53 gestiegen.

Schreibe bald ausführlicher, Dein

Alexander

L.295 *R.244

1866 XI 6, Wien

Lieber Bruder!

Es ist wahrhaftig nicht meine Schuld, wenn ich erst heute dazukomme, Dir zu schreiben. Ich wollte es schon vor mehreren Tagen tun und immer wurde ich durch eine Menge von Geschäften daran gehindert. Gestern abends erst, als ich Dir schreiben wollte, musste ich wieder nach Schwechat zu Berditsch, der an einer rechtseitigen Pneumonie schwer erkrankt ist. Hoffentlich wird er dieselbe jedoch glücklich überstehen.

Endlich fangen wir an, auch das Weiberzimmer mit verschiedenen Kranken zu belegen, nachdem vorgestern eine Cholerakranke, welche im Choleraanfalle meine geburtshilflichen Dienste in Anspruch nahm, da sie im 8. Monate schwanger war und zur Frühgeburt ging, am nachfolgenden Puerperalfieber verstorben ist. Ich bin wirklich froh, dass die Epidemie fast ganz vorüber ist, denn in der Nacht aufstehen, um einem von den heftigsten Krämpfen gemarterten, marmorkaltem cyanotischen Todeskandidaten eine subcutane Injektion u. dgl. zu machen, gehört zu den unangenehmsten Pflichten des praktischen Arztes. Übrigens hatten wir – dank der späten Eröffnung der Klinik – nur mehr 4 schwere asphyktische Cholerafälle, die sämtlich starben auf der Klinik.

Meine Angelegenheit mit Enke ist unter den bekannten Bedingungen geordnet. Ich bekam also gleich nach meiner Offerte die Antwort, dass Enke mit allem vollständig einverstanden sei. Wahrscheinlich hat Enke viel größere Ansprüche meinerseits erwartet, da er beispielsweise dem Stoffella für sein Gewäsch ‚Oppolzers Vorlesungen’ 100 fl Silber per Bogen bezahlte.

Ich habe mir vorgenommen, eine Untersuchung durchzuführen, bei welcher ich die kostbaren Vormittagsstunden, die ich auf der Klinik zubringen muss, benützen könnte. Dazu scheint mir geeignet, eine titrimetrische Untersuchung des Harns bei gewissen Krankheiten, z.B. Pneumonie. Ich habe dem Dr. Stricker meinen Plan mitgeteilt, und er war einverstanden und versprach mir, bei Oppolzer die Anschaffung der nötigen Apparate durchzusetzen und auch die Normalflüssigkeiten mir zu bereiten. Die Zeit wird mir sonst um und um zu kurz, da ich täglich mehrere auswärtige Visiten zu machen habe, wenn auch darunter solche, die mir nichts einbringen, z.B. bei Studenten.

Die Frage bezüglich der Contagiosität der Cholera ist wirklich sehr konfus. Alle Welt nimmt an, dass die Dejektionen, wenn auch nicht im frischen, so doch im älteren Zustande ansteckend sind. Gelingt es also, die frischen Dejektionen vollständig aus dem Cholerazimmer zu entfernen und zu desinfizieren, dann wäre allerdings die Berührung mit Cholerakranken nicht ansteckend. Dadurch würde sich die Cholera von Scharlach, Masern, Blattern unterscheiden, da bei diesen Exanthemen die bloße Berührung mit den betreffenden Kranken häufig ansteckend ist. Ob sich die Sache aber wirklich so verhält, ist noch keineswegs ausgemacht.

Onkel August ist bereits seit einer Woche in Funktion bei Prager und befindet sich wohl. In Baden war ich schon mehrere Wochen nicht, doch habe ich durch Onkel August erfahren, dass es allen gut geht.

Meine kleine Broschüre werde ich Oppolzer widmen, um es wenigstens meinerseits an keiner Aufmerksamkeit fehlen zu lassen. Ob es zu etwas gut sein wird, daran zweifle ich. Oppolzer hat bereits auf meine Anfrage die Widmung angenommen.

Nun lebe wohl, grüße mir Richard und erfreue mich bald mit einem Schreiben. Dein

Emil

Lieber Vater!

Ich habe Dir noch für Dein letztes Schreiben zu danken, was ich schon viel früher getan hätte, wenn nicht die gute Mutter dazwischen Gelegenheit gehabt hätte, Dir mündlich über uns hier in Graz zu berichten.

Dass die Mutter glücklich in Baden eingetroffen ist, hat mir Herr von Gross gemeldet.

Richard und ich befinden uns wohl. Meine Vorlesungen sind heuer sehr stark besucht. Ich habe 60 Zuhörer eingeschrieben, darunter viele Italiener, denen das Staatsministerium gestattet, ihre Rigorosen hier in italienischer Sprache abzulegen. Ich muss mich nun über Hals und Kopf im Italienischen einüben, was meine ohnehin nicht geringe Arbeitslast noch vermehrt. Doch gehe ich forsch daran und hoffe, dass die zwingende Notwendigkeit bald einen fertigen Italiener aus mir machen wird.

Freitag fand ich eine Karte des Conte Mocenigo in meinem Briefkasten. Heute begab ich mich zu ihm, wurde der Gräfin vorgestellt und sehr freundlich empfangen.

Ich musste aber gleich ein Lamento anhören. Dr. Lenk, welchen Du so gütig warst bei Mocenigo zu empfehlen, ist seit 14 Tagen an Gelenks- und Muskelrheumatismus erkrankt. Mocenigos hatten schon ein paar Male nach ihm geschickt. Er schlug ihnen Dr. Scherer als seinen Substituten vor. Ich wurde aber auch in dieser Angelegenheit beraten und ließ es bei Lenks Vorschlag. Ich ging heute auch noch zu Lenk. Er ist noch leidend, wird aber morgen zum ersten Mal ausfahren und hat mir versprochen, zu Mocenigo hinzugehen.

Der Graf wird, wie er mir sagte, nächster Tage wieder nach Baden kommen und Dich von mir grüßen. Die Gräfin trug mir auf, nach Baden zu schreiben, dass sich alles wohl befindet und Deiner dankbar gedenkt. Es würde sie gewiss recht freuen, Dich hier zu sehen. Hoffentlich hat die Mutter die Ratschläge, welche ich ihr gab, Dich flott zu machen, schon in Anwendung gebracht. Das Wetter ist noch immer so schön wie während Deines vorjährigen Aufenthaltes hier in Graz.

Die Familie Gross welche ich seit Habels Tod schon zweimal besuchte, ist sehr betrübt, namentlich erfüllt sie das Verhältnis zu Tiber (?) mit Kummer und Herr von Gross meinte, dass es ohne Prozess mit diesen Damen nicht abgehen wird.

Ich bitte, mich wieder einmal mit Nachrichten aus Baden zu beglücken, worauf Richard und ich gewöhnlich sehr sehnsüchtig warten.

Alles sieht mit Spannung der morgigen Landtags-Eröffnung entgegen. Heute schon ist in dem „Telegraphen“ das Programm der Autonomisten erschienen, in welchem sehr entschieden der Zusammenhang der Deutschen in Österreich mit dem großen Deutschland betont ist. Die Regierung wird, wie es scheint, überall einen schweren Stand haben.

Den 16ten November hatten wir unser Universitätsfest, welches abends mit einem Festkommers schloss, auf welchem Reden gehalten wurden, die sehr zentrifugale Tendenzen der Deutschösterreicher zum Ausdruck brachten.

Ich fürchte, dass uns kein dauernder Friede beschieden ist. Es gärt in der ganzen Welt, und wäre so zu wünschen, dass eine rasche Klärung, wenn auch, da es unvermeidlich scheint, mit blanken Waffen, Alles ins Reine bringt.

Ich küsse Dir und der Mutter die Hand und grüße alle als Dein allerdankbarster

Alexander

L.297 *R.245

1866 XI 26, Graz

Lieber Bruder!

Unser Leben hier geht einen gewohnten Gang. Ich werde nächstens vor meinem Zuhörerkreise, bereits 60 an der Zahl, die Lehre vom Kreislauf beendigen. Im Laboratorium arbeite ich noch immer und immer an meinen physiolog[isch-]optischen Studien.

Dr. Schwarz hat sich bereits hier etwas eingebürgert, ich kann bis nun froh sein, dass ich einmal einen Assistenten habe, der etwas macht. Am 15. [sic] November hatten wir unser Universitätsfest, welches heuer mit einer urdummen Rede seiner Magnif[izenz] Pater Marcelinus Schlager über die Beziehungen des Sensualismus zur Moral klanglos verlief. Seit Schlagers Rede, in der er Streifzüge auf das Gebiet der Geologie und Physiologie machte, pflege ich meinen Freunden, wenn sie mich fragen, was ich gemacht habe, zu antworten, ich habe ein bisschen auf meinem Gehirn gespielt. Denn das Hirn ist eine Geige und die Seele spielt darauf Violine, also seine Magnifizenz von Graz. Aus diesem aufgewärmten alten Brocken antimaterialistischer Logik aus der Festrede kannst Du leicht auf das andere schließen, tue es aber lieber nicht.

Unter meinen Studenten sind viele Italiener, ich bin in italienischen Studien tief versenkt. Dienstag, Donnerstag und Samstag von 18:00–20:00 Uhr italienischen Unterricht zu genießen, wer hätte das geglaubt, aber ich muss italienisch examinieren können. Ich habe noch viele Plage und viel Zeitverlust, gebe Gott, dass ich bald eine Übung im Sprechen bekomme. Offiziell kann ich eigentlich schon italienisch, muss es können, sonst würde man vielleicht einen zweiten Professor nach Graz zu schicken Grund haben, unerwünschten Grund haben, und ich ohnehin erbärmlich schlecht gestellter k.k. Professor würde noch mit einem Konkurrenten zu kämpfen haben.

Mocenigos sind bereits hier, ich war, weil der Graf seine Karte bei mir abgab, einmal dort. Dr. Lenk litt gerade an einem nicht unbedeutenden Gelenksrheumatismus als Mocenigo nach ihm schickte. Es war sehr fatal, Lenk ist durch beinahe 3 Wochen nicht ausgegangen. Vorigen Sonntag bewog ich ihn, gleich nach seiner ersten Ausfahrt Montag hinzugehen, ob er es getan, ich weiß es bis heute nicht. Lenk hatte übrigens, als er zuerst gerufen wurde, den Dr. Scherer empfohlen. Ich glaube, Mocenigo besuchte mich nur deswegen, um meine Ansicht darüber zu hören. Ich ließ es bei Lenks Empfehlung, ging aber zugleich zu Lenk selbst und tat wie eben ausgeführt.

Die saubere Cholera hat uns hier in Graz eine neue merkwürdige Überraschung bereitet, nachdem von Anfang Oktober bis 15. November kein Fall vorgekommen, starben zwischen 15.–17. November 7 Personen von 9 Erkrankten, alle wie auf der Eilpost. Alle neun Personen wohnten in zwei nebeneinander liegenden Häusern in der Andrägasse.

Unter denselben sind ein 6jähriges Kind, 2 Mägde in den 20iger Jahren, 1 Schuhmachersfrau, die Mutter des Kindes alt 36 Jahre, 1 alte Frau von 59 Jahren. Die andern habe ich vergessen und Tomaschek, der mich soeben zu Tische abholt, lässt mir keine Zeit, in der Zeitung nachzuschauen. Jetzt ist alles wieder aus. Ist das nicht merkwürdig, aber wie mir scheint, auch unzweideutig für Pettenkofer und Cholerakeime sprechend?

Vom Vater habe ich soeben einen Brief erhalten, aus dem ich entnehme, dass in Baden alles wohl ist. Wie steht es mit Deiner Monographie, ich brenne vor Begierde, Dich von Enke verlegt zu sehen. Schreibe recht bald. Lebe wohl, Dein

Alexander

L.298 *R.246

1866 XII 3, Wien

Lieber Bruder!

Auch mein Leben geht den gewohnten Gang, nur bringt die ärztliche Praxis manche, selten angenehme, häufig aber höchst unangenehme Abwechslung in die tägliche Mühe und Plage. Ich bin noch tief ergriffen von dem Tode des Dr. Tetzer, der einer beiderseitigen Lungenentzündung erlag. Er wurde von Dr. Fuchs behandelt, und Skoda und ich auf Veranlassung des Prof. Arlt hinbeschieden. Ich sah Tetzer erst am 5. Krankheitstage, er war schon bei meinem ersten Besuche fast hoffnungslos. Berditsch erholt sich, wie ich höre, allmählich wieder von seiner Krankheit.

Ich gratuliere Dir zu der großen Zahl Deiner Schüler, denen Du eben die Lehre vom Kreislauf vorzutragen Dich bemühst. Pflegst Du ebenso ausführlich wie Brücke den Kreislauf der Amphibien abzuhandeln?

Die Mehrzahl der Studenten kann nicht begreifen, wozu das nützlich ist, da sie doch kaum jemals ein Krokodil an Perikarditis oder eine Schildkröte an Aorteninsuffizienz behandeln werden.

Was S[eine] Magnifizenz von Graz auf seiner Seelengeige unlängst abspielte, scheint sich nicht angehört zu haben wie ein harmonisches Tonstück, sondern wie das schnarrende und kratzende Gemisch von Dissonanzen, das ein Unkundiger hervorbringt, wenn er es versucht zu spielen.

Ich wünsche Dir recht rasche Fortschritte in der italienischen Sprache. Ich hätte unlängst, als ich Frau v[on] Monti behandelte, die kein Wort Deutsch spricht, das Italienische auch recht gut brauchen können.

Die Cholera spukt noch immer in vereinzelten Fällen, erst gestern wurden wieder 2 Fälle auf der Choleraabteilung aufgenommen.

Meine kleine Broschüre ist bereits erschienen. Da Du vor Begierde brennst, das kleine Ding kennen zu lernen, so schicke ich Dir zur Abkühlung ein Exemplar. Möge es Dich beim Durchblättern nicht gar zu kalt werden lassen. – In Baden war ich noch immer nicht, ich kann eben nicht leicht von Wien abkommen, vielleicht wird es mir an einem der Weihnachtsfeiertage möglich sein.

Prof. Vintschgau, der seiner Stelle von der italienischen Regierung enthoben wurde, weilt dermalen in Wien. Albini ist, wie mir Vintschgau selbst mitteilte, von Neapel auf seinen Posten berufen worden.

Onkel August scheint sich bei Prager schon so ziemlich eingearbeitet zu haben. Wie ich höre, wird auch die Tante Fanny von Gloggnitz nach Wien übersiedeln und das nun getrennte Paar in einer kleinen Vorstadtwohnung ein neues Zusammenleben beginnen.

Grüße mir Richard, vielleicht kann auch er mich dann und wann mit ein paar Zeilen aus Graz überraschen. Mit herzlichem Lebewohl, Dein

Emil

L.299 *R.247

1866 XII 11, [Wien]

Lieber Freund!

Das Vergnügen eines Briefes musst Du teuer bezahlen, nämlich mit einigen Kommissionen. Ich bitte Dich nämlich, Gottlieb zu fragen, ob er mir die Formel des citrakonsauren Barytes schicken will und ob er gegen die Publikation etwas einzuwenden hat. Ich halte mir nämlich jetzt auch einen Russen (A. Brio aus Charkow) und habe das Salz durch denselben messen lassen. Zweitens bitte ich Peters zu sagen, ob er mir die verlangte Höhe doch noch, bevor er herkommt, schicken wollte. Drittens aber bitte ich Pebal zu fragen, ob er vielleicht gar angefangen hat, etwas zu arbeiten und aus Zeitmangel mir nicht antwortet.

Du bist mir übrigens ein Urteil über Brückes Buch schuldig. Was ihn betrifft, so waltet ein eigentümlicher Unstern über mich, jetzt hätte ich ihn schon dreimal in Gesellschaften treffen sollen, einmal aber hatte ich mir den Fuß verstaucht, das zweite Mal erhielt ich den Brief zu spät und neulich hatte ich schon ein anderes Engagement.

Dass ich irgendwelche Blutkristalle mit Vergnügen betrachten werde, versteht sich. Bisher habe ich fast nichts gearbeitet, da ich mit Ausarbeitung meiner Vorträge beschäftigt bin, wodurch ich allerdings in den nächsten Jahren mir eine große Ernte an Zeit verspreche.

Das Reitlinger-Skandal an der Technik wird wohl schon bis Graz gedrungen sein. Der Rektor versicherte einer Studentendeputation, dass er Reitlinger auffordern werde, sich besser vorzubereiten etc. Den armen Bauer hat ein großes Malheur getroffen. Sonntagabends sprang ihm eine Röhre, in der er eine Verseifung durch HO-Dampf vorgenommen hatte und die er im Tuch eingewickelt hielt, auf ziemlich rätselhafte Weise. Das oberste Ende derselben flog ins linke Auge. Er hat ein[en] Schnitt quer über die Hornhaut, doch scheinen auch noch tiefer liegende Partien verletzt worden zu sein. Seine Frau ist dazu noch schwanger, aber nicht hoch.

Ich habe auch sehr viele Zuhörer. Auch hören viele Lehramtskandidaten jetzt meine Experimentalphysik, doch habe ich dieselben in Verdacht, dass sie befreit sind. Da lobe ich mir die Pharmazeuten. Nach meiner Erfahrung über die Rigorosen der Letzteren und über den Prozess der Eva Windisch glaube ich aber, dass sämtliche Pharmazeuten von dem Ao. Prof. Dr. Schlager für schwachsinnig gehalten werden würden.

Noch eine vierte Kommission, bevor Torschluss: Ich möchte gern die Gründung eines Stipendiums für einen, der die Verpflichtung hätte, den physikalischen Kabinette sich zu verwenden, statt eines Assistenten. Existiert so etwas in Graz?

Mit vielen Grüßen an Dich, Pebal, Gottlieb, Tomaschek etc. Dein

Lang

L.300 *R.248

1866 XII 25, [?]

Pebal hat sich mit Rollett bei Kienzl zusammenbestellt: Rollett hat daher zu Kienzl zu kommen!

L.301 *R.249

1866 XII 26, Graz

Lieber Bruder!

Sehr schmerzlich war mir die in Deinem Brief vom 3. d[ieses] M[onats] erhaltene Nachricht vom Tode des guten Tetzer, und begreife ich nur zu gut, wie nahe Dir das traurige Los dieses lieben Freundes gegangen sein muss. Soviel ich mich erinnere, war Tetzer ein Pneumoniker und geht aus seinem Falle hervor, wie vorsichtig solche bei einer Witterung, wie wir sie heuer hatten, sein müssen.

Auch in meinem Laboratorium hat sich ein Rekonvaleszent von Pneumonie einige Zeit oft anschauen lassen. Es war Dr. Ludwig, der Assistent Redtenbachers, der ein Freund des Dr. Schwarz ist und bei diesem hier zur Erholung sich aufhielt. Er war mit Schwarz den größten Teil des Tages im Laboratorium, und wir haben viel über Wiener Verhältnisse geschwatzt.

Mit Schwarz, der jetzt auf Ferien in Wien ist und Dich schon gesehen hat oder sehen wird, kann ich bis nun sehr zufrieden sein. Es ist der erste ordentliche Assistent, welchen ich habe. Solltest Du ihn sehen, so sage ihm, dass ich seinen Brief erhalten habe, dass ich mich wahrscheinlich doch für eiserne Gewichte zu unserer Dezimalwaage entscheiden werde, mir die Sache aber doch noch überlegen will. Ich hätte an Schwarz selbst geschrieben, ich weiß aber seine Adresse nicht. Du braucht Dich nicht besonders zu bemühen, nur, wenn Du ihn sehen solltest, sage ihm das Obige. Deine Broschüre habe ich erhalten und bin sehr zufrieden, dass Du Dich entschlossen hast, Deine Habilitationsschrift in dieser Form zu veröffentlichen. Auch der Inhalt hat mich sehr interessiert, wenn Du über alle Krankheiten Monographien schriebest, würden meine pathologischen Kenntnisse sich bedeutend vermehren. Auch Deine periodische Blutungsgeschichte habe ich in der med[izinischen] Wochenschrift gelesen. Dazu habe ich aber zwei Bemerkungen zu machen.

Scheinst Du Pflügers Abhandlung: ‚Über die Bedeutung und Ursache der Menstruation’, nicht zu kennen. Dieselbe ist enthalten in: ‚Untersuchungen aus dem physiol[ogischen] Laborat[orium] zu Bonn, Berlin 1865 bei Hirschwald. Es ist darin eine Theorie der Menstruation versucht. Obwohl die Sache nur lose mit Deinem Thema zusammenhängt, so würde ich Dir die Lektüre doch sehr empfehlen.

Hätte ich gewünscht, dass Du einen längeren Exkurs über die Magengefäße eingeschaltet hättest. Ich habe Dir schon einmal gesagt, dass mir in diesem Kapitel nicht so sehr die Kenntnis der wirklichen Verhältnisse, sondern deren allgemeine Verbreitung in den Köpfen der Mediziner abzugehen scheint. Vielleicht ergibt sich nächstens wieder eine Gelegenheit für Dich. Dann solltest Du Dich durch die eben angeführten Gründe doch zu einer genaueren Auseinandersetzung der Magenvaskularisation verstehen.

Hoffentlich wirst Du in Baden gewesen sein und mir bald schreiben, wie Du alles gefunden hast. Mir geht es gut, nur habe ich seit gestern etwas Schnupfen.

Einige Qualen hatte ich vor Wochen auszustehen, wo ich ein paar höchst unangenehme große Furunkel wieder durchmachen musste. Zur Verdeutlichung meiner sehr unangenehmen Situation diene nachfolgendes Schema.

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Sehr viel Mühe machte mir die Operation dieser Kerle, die ich selbst vornahm, nach einigen kautschukmannähnlichen Exerzitien, die mich zur folgenden Haltung befähigten.

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a b bedeutet einen an die gebogenen Füße gelehnten Spiegel. Dabei liegen die Füße eng geschlossen auf der einen Seite, dem Spiegel entgegen Gesicht und Hinterteil, also der Körper in der Wirbelsäule um seine Achse gedreht. Du kannst aus dieser Beschreibung meine Leiden ermessen, die mich übrigens zwei Tage an das Bett fesselten. Wenn ich nur einmal ein glattes Fell bekäme, weißt Du nichts dafür?

Den Christabend habe ich bei Planer zugebracht und dort meinen 4. Federwischer glücklich erhalten. Richard ist bei Rotsch reich beschenkt worden. Er ist eben bei mir und frühstückt mit mir an einem mir von Frau von Pfefferkorn zum Christabend applizierten Gugelhupf. Richard grüßt Dich, schreiben wird er Dir gelegentlich, er leidet an dem Erbfehler unserer Familie und schreibt nicht gerne.

Mit tausend Grüßen und in der Erwartung einer baldigen Antwort, Dein

Alexander