Briefe 1863

Die untenstehende Briefliste ist mit Klick auf die jeweiligen Kategorien sortierbar. Absender und Empfänger werden nach Familiennamen sortiert.

Die mit * markierten Briefnummern entstammen der ersten Version dieser Edition, in welcher Briefe bis zum Jahre 1880 erschlossen wurden. Briefe ohne alte Numerierung und mit einer Datierung vor 1880 wurden nachträglich eingefügt.

KennungMarker KennungAbsenderMarker AbsenderEmpfängerMarker EmpfängerDatumMarker DatumOrtMarker Ort
L.90 *R.74Siegfried ReissekAlexander Rollett1863 I 15Wien
L.91 *R.75Julius Edler von VestAlexander Rollett1863 II 6Graz
L.92 *R.76Richard HeschlAlexander Rollett1863 II 7Graz
L.93Adolf SchauensteinAlexander Rollett[1863-1891] [?] [?][?]
L.94 *R.77Siegfried ReissekAlexander Rollett1863 IV 16Wien
L.95 *R.78Siegfried ReissekAlexander Rollett1863 IV 25Wien
L.96 *R.79Karl HornsteinAlexander Rollett1863 V 12Graz
L.97 *R.80Karl HornsteinAlexander Rollett1863 V 12Graz
L.98 *R.81Karl HornsteinAlexander Rollett1863 V 20Graz
L.99 *R.82Viktor von LangAlexander Rollett1863 VI 23Baden
L.100 *R.83Viktor von LangAlexander Rollett1863 VIII 11London
L.101 *R.84Adolf SchauensteinAlexander Rollett1863 IX 13Wien
L.102 *R.85Richard HeschlAlexander Rollett1863 IX 24Graz
L.103[NN] von KarajanAlexander Rollett[v.1863] [v.X] [?][Graz]
L.104Adolf SchauensteinAlexander Rollett[1863-1891] [?] [?][Graz]
L.105Adolf SchauensteinAlexander Rollett[1863-1891] [?] [?][Graz]
L.106Adolf SchauensteinAlexander Rollett[1863-1891] [?] [?][Graz]
L.107Moriz KörnerAlexander Rollett[1863-1876] [?] [?][Graz]
L.108Karl von RzehaczekAlexander Rollett[1863-1886] [?] [?][Graz]
L.109 *R.86Siegfried ReissekAlexander Rollett1863 X 8Wien
L.110 *R.87Alexander RollettEmil Rollett1863 X 12Graz
L.111 *R.88Emil RollettAlexander Rollett1863 X 14Wien
L.112 *R.89Ernst Wilhelm BrückeAlexander Rollett1863 X 17Wien
L.113 *R.90Alexander RollettEmil Rollett1863 X 25Graz
L.114Alexander RollettKarl Rollett1863 X 25Graz
L.115 *R.91Carl LudwigAlexander Rollett1863 X 29Wien
L.116 *R.92Emil RollettAlexander Rollett1863 XI 4Wien
L.117 *R.93Rudolf SchelskeAlexander Rollett1863 XI 5Heidelberg
L.118 *R.94Alexander RollettEmil Rollett1863 XI 17Graz
L.119Alexander RollettKarl Rollett1863 XI 18Graz
L.120 *R.95Emil RollettAlexander Rollett1863 XI 21Wien
L.121 *R.96Alexander RollettEmil Rollett1863 XI 30Graz
L.122Otto RemboldAlexander Rollett1863 XII 1[Wien]
L.123 *R.97Ernst Wilhelm BrückeAlexander Rollett1863 XII 6[Wien]
L.124 *R.98Alexander RollettEmil Rollett1863 XII 9Graz
L.125Carl RollettAlexander Rollett1863 XII 10Baden
L.126Otto BeckerAlexander Rollett1863 XII 10Wien
L.127 *R.99Otto RemboldAlexander Rollett1863 XII 11Wien
L.128 *R.100Otto RemboldAlexander Rollett1863 XII 16[Wien]

Geehrtester Herr Doktor!

Ich erlaube mir, Sie zu einer Sitzung des leitenden Ausschusses für den 17. Jänner abends 19:00 Uhr bei Dr. Hoffer, Franziskanerplatz 920, 3. Stiege, 2. Stock einzuladen.

In hochachtungsvoller Ergebenheit Sie grüßend

Reissek

Wohlgeboren, hochgeehrter Herr Doktor!

Nächsten Oktober wird die Medizinische Fakultät zu Graz in’s Leben treten und für Physiologie mit Mikroskopie und Histologie ein Professor, dem ein Assistent beigegeben wird, bestellt. Über […] gibt das Reichsgesetz[blatt …] Jahre 1849, Nr 438, Seite 811, Auskunft.

Sie haben einen ausgezeichneten Ruf, wurden mir bestens empfohlen und halte ich es für meine Pflicht, Sie zur Kompetenz einzuladen. Das Gesuch (per Bogen 50 Kreuzer Stempel) wäre an das h[iesige] Statthalterei-Präsidium zu [adressieren und] ehestens abzusenden.

Im Eingange könnten Sie sagen, dass Sie durch die Mitteilung der Errichtung der med[izinischen] Fakultät veranlasst seien, um die Verleihung einzuschreiten etc.

Mit einem Rollett habe ich studiert; ist wahrscheinlich Ihr Herr Vater. Wollen Sie mich ihm freundlich in Erinnerung bringen. Mit ausgezeichneter Hochachtung […] ergebener

Dr. Julius [von Vest]
k.k. Landes[medizinalrat]

L.92 *R.76

1863 II 7, Graz

Lieber Herr Kollege!

Meinem Versprechen gemäß berichte ich Ihnen, dass für die Lehrkanzel der künftigen medizinischen Fakultät vorderhand kein Konkurs ausgeschrieben wird und dass Sie daher am einfachsten tun, Ihr an das hiesige k.k. Statthalterei-Präsidium stilisiertes Gesuch baldmöglichst hieher schicken. Ich habe dieser Tage wieder einiges an Unwohlsein gelitten und bin daher nicht dazugekommen, Ihnen früher zu schreiben.

Leben Sie recht wohl, empfehlen Sie mich Ihrem H[errn] P[rofessor] Brücke und […] Sie Ihren aufrichtigen Freund [und] Kollegen

R. Heschl

[1863-1891] [?] [?], [?]

Donnerstag 19. März, abends 6 Uhr, im Leselokale der k.k. Gesellschaft der Ärzte Jahresversammlung [...] Fachreferenten der Gesellschaftszeitschrift.

Die Redaktion
Schauenstein

Anmerkung Zur Datierung: Auf Grund der angegebenen Datierungselemente kommen die Jahre 1863, 1868, 1874, 1885 und 1891 in Frage; da das Stück offensichtlich in Rolletts Wiener Zeit fällt, ist auf 1863 zu datieren.

L.94 *R.77

1863 IV 16, Wien

Verehrter Herr Doktor!

Wir benötigen dringend einen Vortrag für die nächste Plenarversammlung, und ich lade Sie deshalb, da ich noch von keiner Seite eine Zusicherung erhalten, ein, uns im Interesse des Vereines mit einem solchen erfreuen zu wollen. Der Vortrag, der gelesen wird, braucht nur ½ Stunde oder selbst nur 20 Minuten zu währen. Haben Sie keinen Jahresbericht oder eine Einleitung dazu, etwa in der Form, wie ich in der letzten Plenarversammlung eine solche gegeben, so steht Ihnen auf Ihrem weiten so interessanten Gebiete die freieste Wahl offen. Ich gebe mich der Hoffnung hin, dass es Ihnen möglich sein wird, diesem unserem inständigen Wunsche nachzukommen. Ich lade Sie gleichzeitig zu einer Sitzung des Wissensch[aftlichen] Ausschusses für den nächsten Montag, nach der Vorlesung im grünen Saal, wo wir uns auch treffen. Es ist die Wahl für den nächsten Geschäftsführer vorzunehmen.

Mit freundschaftlichem Gruß Ihr hochachtungsvoll ergebener

Reissek

L.95 *R.78

1863 IV 25, Wien

Einladung zur Ausschusssitzung Montag, am 27., 18:00 Uhr, bei Dr. Hoffer.

Reissek

L.96 *R.79

1863 V 12, Graz

Hochgeehrter Herr Kollege.

Ich bin heute in der angenehmen Lage, Ihnen die gewünschten Mitteilungen machen zu können. Die Vorschläge sind gestern oder vorgestern von hier abgegangen und dürften also in diesem Augenblicke schon an dem Orte ihrer Bestimmung angelangt sein. Was die Adaptierung der Räumlichkeiten für das physiologische Institut betrifft, so ist allerdings von Seite des Statthalters der Auftrag erteilt, dieselbe sofort in Angriff zu nehmen. Mit den Arbeiten ist aber noch nicht begonnen worden, wie ich mich heute durch eine Rekognoszierung in den betreffenden Lokalitäten selbst überzeugt habe. Ich erlaube mir, in Bezug auf diese Angelegenheit noch das anliegende Blatt beizufügen, welches ich mit Wissen und Zustimmung einiger meiner Kollegen, die gleichfalls an der Sache den lebhaftesten Anteil nehmen, mitfolgen lasse; und ich stelle es ganz Ihnen anheim, ob Sie von demselben zur Unterstützung des darin angeregten Gegenstandes irgendwelchen amtlichen Gebrauch machen wollen.

Ich habe sehr bedauert, dass ich Sie bei meinem letzten Besuche in Wien nicht sprechen konnte; um so mehr freue ich mich und mit mir alle meine Kollegen (unter welchen insbesonderte Wertheim, unser diesjähriger Spectabilis, Sie freundlichst grüßen lässt) – dass wir Sie sehr bald in unserer Mitte haben werden. Der kleine Kreis von naturwissenschaftlichen Fachmännern hier in Graz wird dadurch eine sehr wesentliche Vervollständigung erfahren.

Sie sind wohl so freundlich, Peters und Suess gelegentlich von mir zu grüßen und ersterem zu sagen, dass ich bis zu diesem Augenblicke den II. Band der ‚Schriften des Vereins zur Verbr[eitung] naturw[issenschaftlicher] Kenntnisse’ noch immer nicht erhalten habe; er möge so gut sein, mir denselben zusenden zu lassen.

Mit freundlichem Gruße Ihr aufrichtig ergebener

K. Hornstein

L.97 *R.80

1863 V 12, Graz

Hochgeehrter Herr Kollege.

Das Gebäude, welches zur Aufnahme des physiologischen Institutes bestimmt ist, befindet sich im Hofraume des Universitätsgebäudes und ist ein für sich abgeschlossenes Haus von mäßigen Dimensionen, zwei Stockwerke hoch, mit der Aussicht in den Garten des geistlichen Seminars. Nur um Ihnen eine Idee zu geben von dem Raume, den es in seinem Innern bietet, füge ich eine Skizze der gegenwärtigen Lokalitäten im ersten Stockwerke bei. Wenn die Verteilung der innern Räume entsprechend und mit [der] gehörigen Ökonomie vorgenommen und etwa noch eine Etage aufgesetzt würde, wogegen die Mauerstärke (3 Fuß) wohl keine Einsprache tun würde, so könnte wahrscheinlich allen Wünschen genügt und ein der Wissenschaft würdiges Institut hergestellt werden.

Es wäre freilich sehr wünschenswert, wenn Sie selbst, als derjenige, der in der nächsten Zeit an dem Institute zu wirken haben wird, mit Ihrer reichen Erfahrung sich an der Angelegenheit unmittelbar beteiligen könnten. Vielleicht könnten Sie (wenn Sie es anders für zweckmäßig halten) vom Ministerium eine amtliche Ermächtigung erwirken, auf kurze Zeit hieher zu kommen, um sich zu informieren oder wenigstens mit den Bauleitern in Verbindung zu treten.

Ihr hochachtungsvoll ergebener

Prof. Hornstein

Marker

Anmerkung Die Forderung, dass Rollett in Hinblick auf die Einrichutng des künftigen Instituts nach Graz komme, ist auch von Richard Heschl vertreten worden, der sie von Graz aus in seinem Brief vom 13. Mai 1863, den er vermutlich an Brücke als Rolletts Chef und Propagator (oder an Rokitansky als den spiritus rector der neuen Fakultät) richtete und der sich in Rolletts Nachlass im Universitätsarchiv findet, formulierte:

Geehrtester Herr Professor!

Die Vorschläge für die in Graz zu besetzenden Lehrkanzeln sind bereits in Wien: aber für die hiesige Fakultät ist bisher noch nicht das geringste vorbereitet; in Folge der letzten Grazer Korrespondenz in der med[izinischen] Wochenschrift wurde der Baudirektor selbst be[…], die Sache in die Hand zu nehmen, so weit sie Adaptierungen etc. betrifft. Der Statthalter aber ist wütend über mich, da er mich für den Verfasser der Korrespondenz hält. Unsere Zustände sind eben fabelhaft. Die Leitung der Einrichtungen hat ein pensionierter Statthalterei-Rat, der nicht die geringste Kenntnis natürlicherweise von dem Geschäft hat, das ihm übertragen ist. Doch diese Jeremiade ist nicht der Anlaß dieses Briefes. Es wird nötig sein, dass Rollett, dessen Ernennung wohl keinem Zweifel unterliegt, hieher kommt, um die Disposition über die Lokalität zu treffen. Für die Physiologie ist ein 2 Stockwerke hohes Häuschen bestimmt, das im Erdgeschoß eine Dienerwohnung, im 1. und 2. Stock je ein großes und kleines Zimmer mit geräumigem Vorsaal[?] hat, als nötige Lokalität hier angenommen worden: 1 Auditorium, 1 Requisitenzimmer, 2 Arbeitszimmer. Es handelt sich nun darum, diese Räumlichkeiten auf passende Art einzuteilen resp. unterzubringen. Es wird, denke ich, in den nächsten Tagen eine Kommissions[…] stattfinden, welche Veränderungen im Bau gemacht werden sollen; und da dürfte es zweckmäßig sein, dass sich Rollett bereit hält, dazu zu kommen. Am Ende könnte man freilich den Plan hinaussenden, aber besser ist doch die Autopsie; ich werde dann, wenn ich Rolletts Bedürfnisse kenne, das meinige tun, dass seine Wünsche berücksichtigt und erfüllt werden. Wenn Sie der Ansicht sind, so bitte ich, Rollett davon zu benachrichtigen; und ich werde ihm oder Ihnen die betreffende Nachricht brieflich oder telegraphisch geben. Für die 1. Einrichtung der phys[iologischen] Lehrkanzel sind 2.500 fl bestimmt und werden natürlich sogleich disponibel sein, wie sie gebraucht werden; in denselben sind die Kosten eines chemischen Herdes, der Gasbeleuchtung etc. nicht mit inbegriffen.

Mit Versicherung der ausgezeichnesten Hochachtung bin ich Ihr aufrichtigst ergebener

Richard Heschl

L.98 *R.81

1863 V 20, Graz

Hochgeehrter Herr Kollege.

Soeben wird mir mitgeteilt, dass der Herr Statthalter den mit den Adaptierungsarbeiten betrauten Oberingenieur neuerdings sehr zur Inangriffnahme drängt. Auch hat er das Getier unseres Zoologen, welches in einer zum Umbau bestimmten Räumlichkeit untergebracht war, sofort ins Joanneum übertragen lassen, um alles aus dem Wege zu räumen. Da mir dies alles mit dem Inhalte Ihres letzten Schreibens in Widerspruch zu sein schien, so habe ich es für meine Pflicht gehalten, unserem Rector magnificus das Wesentliche von dem, was ich Ihrer Mitteilung verdanke, bekannt zu geben. Wahrscheinlich ist der Herr Statthalter von der wahren Sachlage nicht genau genug unterrichtet, und wäre es vielleicht nicht ganz unzweckmäßig, wenn von Wien aus eine Mitteilung an ihn erginge, damit nicht in heiligem Eifer für die gute Sache irgendetwas geschieht, was vielleicht nach der Hand als nicht zweckmäßig sich herausstellt.

In Eile, Ihr hochachtungsvoll ergebener

Hornstein

L.99 *R.82

1863 VI 23, Baden

Lieber Freund

Die Zeit verfliegt schneller als ich es dachte. Nächsten Samstag muss ich schon Wien verlassen. Ich werde Samstag früh nach Wien kommen, um nachmittags fortzufahren und werde daher sehr wenig Zeit mehr für Wien haben. Ich möchte Sie daher bitten, falls Sie wirklich so gut sein sollten, mir die bewussten Kristalle mitzugeben, dieselben im Mineralienkabinett zu deponieren, wohin ich Samstag auf einige Augenblicke kommen werde. Jedoch möchte ich Ihnen durchaus keine Ungelegenheit verursachen. Und falls Sie glauben, dass es das Beste wäre, wenn ich die Kristalle selbst holen würde, so werde ich es tun.

Leben Sie recht wohl. Mit der Hoffnung, doch vielleicht in Graz Ihr Kollege zu werden, bin ich Ihr

Viktor Lang

L.100 *R.83

1863 VIII 11, London

Lieber Freund

Zuförderst meinen besten Dank für Ihre Präparate und Ihren langen Schreibebrief. Glauben Sie nicht, dass ich, weil ich so lange nichts hören ließ, die Sache mit gleichgültigen Augen anblicke. Ich habe mir die Kristalle mehrmals angeguckt, aber leider muss ich es sagen, nicht gar viel herausgebracht. Der Hauptübelstand ist, dass man nur Flächen und keine Körper sieht. Was soll man aus diesen Figuren machen

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That's the question. Auch das ist hindernd für mich, dass ich keine Übung habe, mit so starker Vergrößerungen, als hier nötig sind, zu arbeiten.

Auch in dem Lehmannschen Atlas fand ich keine Aufklärung. Doch kann ich mich des Gedankens nicht erwehren, dass es Ihnen auf die eine oder andere Weise möglich sein würde, hierüber etwas Näheres herauszubringen.

Dass Sie einen Vortrag über diese Kristalle in der Akademie gehalten haben, habe ich in der Presse gelesen.

Vielleicht wäre es auch hier wesentlich, verschiedene Blutsorten zu nehmen. Als das Wahrscheinlichste erscheint mir fast bis jetzt die folgende Ansicht der zweierlei Kristalle: Kristallsystem monoklinaedrisch.

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Doch bedarf dieses alles noch der Bestätigung. Apropos, was macht Graz? Man hat mich schließlich einstimmig vorgeschlagen. Meine allergenaueste Adresse ist: Dr. Viktor von Lang, British Museum London.

Leben Sie recht wohl und lassen Sie bei Gelegenheit etwas von sich hören. Ihr

Viktor Lang

Lieber Freund!

Planer und ich fahren morgen, Montag, mit dem um 9:30 Uhr von Wien abgehenden Postzuge nach Graz. Wir wurden gestern durch ein Telegramm aus Graz überrascht des Inhaltes: Die neuernannten Professoren werden Montag und Dienstags bei Vest wegen wichtiger Beratungen erwartet „Clar“ – der Absender – war [nämlich] dieser Tage in Wien und kam mit uns beim Schlössel zusammen, erfuhr, dass wir nächste Woche nach Graz reisen wollten und mag nun in Graz dies mitgeteilt haben – inwieweit nun daraus ein Recht für irgend jemanden und für Vest insbesondere hervorgeht, uns nach Graz per Telegramm zu zitieren, das wissen die Götter, die in der ganzen Grazer Angelegenheit überhaupt viel Unsinniges erfahren mussten.

Rokit[ansky], dem ich heute das Telegramm mitteilte und mein Befremden darüber aussprach, wie man unoffiziell uns zu Beratungen „erwarten“ könne, meinte, das gehe ja ganz gut mit unserem Vorhaben, nach Graz zu fahren, zusammen und beruhigte sich damit vollends, wahrscheinlich sehr erfreut, dass wenigstens er die Mühe eines besonderen Auftrags erspart habe.

Das Konzept zu den Dekreten (!!) ist Freitag von Schmerling unterzeichnet worden, jetzt werden die Dekrete erst ins Reine geschrieben, dann nochmals unterfertigt, so dass wohl noch eine Woche vergehen wird, bis wir sie in die Hände bekommen!

Wenn Sie vielleicht morgen erst mit dem Abendzuge nach Graz gehen, wäre es wohl gut, nochmals in Wien zu urgieren – obwohl aber alles vergebens ist, so es sich um Schreibereien handelt und Roki[tansky] schon heute mir deutlich merken ließ, dass mein Drängen ihm anfange unbequem zu werden. Ich teilte ihm übrigens mit, dass auch Sie nächste Woche in Graz sein würden und so wird er wohl so vernünftig sein, auch Ihr Dekret per Post nach Graz zu senden, wie er unsere zu senden versprach – natürlich wenn sie überhaupt fertig werden!!

Vielleicht treffen wir uns also auf dem Eisenbahnzuge – jedenfalls aber – wie ich hoffe – in Graz. Planer steigt bei Heschl ab – dessen Wohnung ich übrigens nicht näher anzugeben weiß – ich hoffe, bei Richter eine Wohnstätte zu finden, der in der Herrengasse wohnt, dessen nähere Adresse ich auch nicht kenne, den ich aber in der Großstadt Graz schon auffinden werde und wenn nicht anders, jedenfalls bei seinem Vater, dem Rechnungsrat A. Richter, welcher Postgasse N. 181 wohnt. Sollte ich Richter nicht auffinden oder derselbe mich nicht beherbergen können, so steige ich im Gasthofe zum Elefanten ab.

Entschuldigen Sie die Eile, in der dieser Brief geschrieben ist, aber ich fürchte, dass es bei der Vortrefflichkeit unserer Posteinrichtungen trotzdem noch verspätet in Ihre Hände gelangt. Auf frohes baldiges Wiedersehen Ihr

Schauenstein

L.102 *R.85

1863 IX 24, Graz

Lieber Herr Kollege!

In Beantwortung Ihres geehrten Schreibens von vorgestern melde ich Ihnen, dass für den Diener 240 fl Gehalt und Naturalwohnung, letztere jedoch nicht ausdrücklich, sondern als selbstverständlich stillschweigend bestimmt sind.

Ferners wird Ihre Wohnung kommenden Montag wohl bezogen werden können, da nur das Einlassen der Fußböden noch fehlt: Doch ist bei unseren Verhältnissen dies nicht vollkommen sicher.

Endlich lässt Ihnen Vest sagen, dass er Ihre Gesuchsbeilagen sowie die von Planer, Schauenstein usw. einstweilen hier behält und nach Ihrer Ankunft Ihnen übergeben würde.

Mit den herzlichsten Grüßen an Planer, Schauenstein und Sie bin ich Ihr ganz ergebener Freund, Kollege

Richard Heschl

[v.1863] [v.X] [?], [Graz]

Lieber Freund!

Ihr Bruder Emil war für heute abends zu mir zu einer Königrufenpartie eingeladen. Ich bat ihn, da ich ihn nicht traf, Sie ebenfalls heute einzuladen [sic], und soeben erfahre ich, dass er gar nicht hier sei.

Machen Sie mir also das Vergnügen? Ich bitte, es mir bestimmt zu- oder abzusagen. Ihr

Karajan

Anmerkung Zur Datierung: Dieser Brief stammt vermutlich nicht von Max von Karajan, sondern einem seiner Brüder, der in Wien Medizin studiert hatte, und fällt, da beide Brüder Rollett als in Wien ansässig anzunehmen sind, aus der Zeit vor dem Herbst 1863 als der Übersiedliungszeit Alexanders nach Graz).

[1863-1891] [?] [?], [Graz]

Lieber Freund!

Ich glaube wohl auch, daß nichts übrig bleibt, als die Untersuchung zu machen. Bei negativen Befunden könnte man wohl, wenn Du glaubst, darauf hinweisen daß eine Untersuchung in so kurzer Zeit nicht geführt werden könne.

Ich bitte Dich also, die Untersuchung zu machen, und das Gutachten heute an mich zu senden – ich werde [...] die Rechnung vorbereiten.

Ich hoffe die nächsten Tage soweit von meinem Katarrh erlöst zu sein, daß ich wieder ausgehen kann, wo ich dann das ausständige Gutachten über Spermaflecken ausarbeiten kann. Herzlichst grüßend

Schauenstein

Anmerkung Zur Datierung: Rollett und Schauenstein waren vom Beginn ihrer Tätigkeit in Graz im Herbst 1863 an bis zu des letzteren Tod am 16. 10. 1891 gemeinsam als gerichtliche Gutachter tätig.

[1863-1891] [?] [?], [Graz]

Lieber Freund!

Es freute mich sehr, daß ich nach Eröffnung Deines zweiten Schreibens ersah, daß ich ganz gleicher Meinung mit Dir sei. Die Haare des Gold sind es – ich glaube, man kann es sagen – sicher nicht, daß es die Kolleggers seien, kann man auch nicht mit Bestimmtheit aussprechen, – wenn noch ein graues Haar, wie deren Kollegger so viele hat, darunter wäre, so wäre die Wahrscheinlichkeit etwas gewisser.

So glaube ich, daß man sich nur ebenso unbestimmt äußern kann, wie Du im Brief andeutest. Den Musterbogen denke ich, sollten wir beilegen.

Ist nicht etwa durch den mikroskopischen Befund irgendein Anhaltspunkt zu gewinnen? Jedenfalls ist im Befunde darüber etwas zu sagen.

Die Rechnung wird diesmal sich mit Ausnahme von Objekt- und [...] und etwa Glyzerin oder dergleichen – auf die Gebühr beschränken müssen, und da wäre der Antrag vielleicht derart zu machen, dass die drei Objekte und für jedes etwa die Gebühr um 4 fl 20 oder 6 fl 30 xr in Summe demnach 12.40 fl [sic] oder 18.20 [sic] i.e. im Ganzen 24 oder 36 fl anzusprechen wären. Vielleicht – bei der Resultatlosigkeit der Geschichte – der erste niedrigere Antrag?

Herzlichen Gruß

Schauenstein

Anmerkung Zur Datierung: Rollett und Schauenstein waren vom Beginn ihrer Tätigkeit in Graz im Herbst 1863 an bis zu des letzteren Tod am 16. 10. 1891 gemeinsam als gerichtliche Gutachter tätig.

[1863-1891] [?] [?], [Graz]

Lieber Freund!

Beiliegend die Rechnungen; bei der großen Anzahl von Objekten meinte ich, den niedersten Gebührenanatz wählen zu sollen, um nicht zuletzt das sparwütige Herabmindern herauszufordern.

Wenn Du aber glaubst, so könnten allerdings für die 13 Objekte, wo Blut wirklich nachgewiesen wurde, à 4.30 Gulden gefordert werden,

das ist

13 a 4.20 =54.60
10 a 2.10 =21
75.60 für beide 151.20

und diese Summe als Gebühr dürfte den Herren Juristen furchtbar erscheinen? Ich überlasse es ganz Deinem Ermessen, ob wir den Versuch machen sollen, und bitte Dich denn nur, mir es sofort zu wissen zu machen, so schreibe ich die Rechnung neu und sende sie sofort wieder.

Herzlich grüßend

Schauenstein

Anmerkung Zur Datierung: Rollett und Schauenstein waren vom Beginn ihrer Tätigkeit in Graz im Herbst 1863 an bis zu des letzteren Tod am 16. 10. 1891 gemeinsam als gerichtliche Gutachter tätig.

[1863-1876] [?] [?], [Graz]

Lieber Collega Rollett,

morgen abends 7 Uhr kommt bei mir eine kleine Gesellschaft zusammen, darunter Heschl, Planer, Schauenstein respektive Frauen. Ich würde Dich bitten, wenn möglich daran teilzunehmen; zugleich im Namen meiner Frau.

Mit besonderer Hochachtung Dein Freund

Körner

Anmerkung Zur Datierung: Rollett war offensichtlich noch nicht verheiratet, daher vor dem 21. 8. 1876 und nach Rolletts Dienstbeginn mit dem 1. Oktober 1863.

[1863-1886] [?] [?], [Graz]

Hochverehrter Herr Kollege!

Mit der höflichsten Bitte, mich in ähnlichen Fällen wieder an Sie wenden zu dürfen, beehre ich mich im Auftrage meines Patienten, anschließend das Honorar für die gefällige Harnuntersuchung zu übermitteln. Mit Hochachtung

Rzehaczek

Anmerkung Zur Datierung: Der Brief fällt in die Zeit zwischen dem Dienstantritt Rolletts in Graz und vermutlich der Emeritierung Rzehaczeks im Sommer 1886.

Hochgeehrter Herr Professor!

Ich war noch nicht in der Lage, Ihnen zu Ihrer neuen Stellung meine Glückwünsche auszusprechen, und erlaube mir hiermit, dies von ganzem Herzen zu tun. Die Lücke, die Sie in unserem Verein z[ur] V[erbreitung] n[aturwissenschaftlicher] K[enntnisse] hinterlassen, wird eine fühlbare sein, und ist es umso mehr, da wir in diesem Jahr auch andere schätzbare Kräfte verlieren.

Ihre neue Stellung wird Sie vollauf beschäftigen, so dass sich der Verein kaum Hoffnung machen darf, das Manuskript Ihres Vortrages für seine Schriften zugemittelt zu erhalten. Und doch benötigten wir es sehr, und ich kann nur meine angelegenheitliche [sic] Bitte daran knüpfen, uns dasselbe womöglich zukommen zu lassen, da mit nächster Zeit der Druck absolviert sein muss. Indem ich einer freundlichen Aufnahme meiner Bitte entgegensehe, verharre ich in aufrichtiger Hochachtung.

Ihr ergebenster

S. Reissek
Botanischer Garten

L.110 *R.87

1863 X 12, Graz

Lieber Bruder!

Du wirst mir vielleicht schon zürnen, dass ich Dir trotz meines Versprechens, bald von mir etwas hören zu lassen, erst jetzt schreibe. Aber ich habe wirklich keine Minute Zeit dazu gefunden. Nicht dass ich schon im Laboratorium arbeiten könnte, gebe Gott es wäre so! Dort wird aber noch immer angestrichen usw., höchstens bis 19. d[ieses Monats] werde ich meinen Einzug halten können; allein die Einkäufe für meine Privatwohnung, die glücklicherweise fertig war, als ich ankam, ferner die organisatorischen Arbeiten im Professorenkollegium, dessen Dekan uns schon reichlich mit Referaten segnet, die Vorstellungen bei Exzellenzen, Hof-, Statthalterei- und Medizinalräten, sowie die Etikette, Visiten bei den Universitätsmitgliedern und sonstigen Bekannten (Pfefferkorn, Brunn, Schwarz, wo ich nur meine Karte lassen konnte, da sie nicht zu Hause waren), Einladungen hierhin und dorthin, die sich nicht leicht ablehnen lassen, der Empfang von Gegenbesuchen, gegen welchen mich nur mein treues Schloss während der Verfassung dieses Briefes schützt, das alles, lieber Bruder, was mich erfreut und verstimmt zugleich, hat meinen Brief an Dich verzögert. Eine beiläufige Lebensgeschichte meiner Wenigkeit kannst Du Dir schon aus dem Früheren abstrahieren. Ich füge noch hinzu, dass ich mir bisher nur zwei meiner Zimmer und zwar mit den ganz nämlichen Möbelstücken, wie ich sie in Wien hatte, einrichtete, bis auf die Bücherstelle hinab.

Nur ein Gastbett habe ich noch dazu gekauft, es ist zwar noch kein Bettzeug drinnen, das bekomme ich aber in jedem Moment. Treibe den Vater an, mich bald zu besuchen, um Graz ist jetzt noch alles frisch und saftig grün, man wird sich bei Euch davon kaum eine Vorstellung machen, und wenn die Sonne scheint, glaubte man in den herrlichen Tagen, wie wir sie bis jetzt hatten, in einer Frühlingslandschaft zu weilen. Mit meinen Kollegen lebe ich bis jetzt noch im besten Einvernehmen und wenn auch hie und da den Einen oder den Andern eine Anwandlung von Neid beschleicht, ob der schönen Einrichtung meines Institutes, welche ich der wahrhaft großmütigen Fürsorge Brückes verdanke, so weiß ich dieselbe gewöhnlich zu paralysieren. Namentlich scheint mir der liebenswürdige Planer nun vollständig versöhnt. Schauenstein ist der einzige, welcher mir durch seine perfiden Ausfälle gegen Brücke, dem doch auch er so vieles verdankt, oft großen Kummer bereitet.

Heschl, der viel Verdächtigte, ist eine grundehrliche Natur und freut sich mit Folwarczny, Körner, Helly darüber, dass die Grazer Universität wenigstens ein ordentliches physiologisches Institut besitzt. Unter den Juristen bin ich mit Sandhaas, Maassen, unter den Philosophen mit Wertheim und Schmidt schon sehr innig bekannt. Auch einen Assistenten habe ich schon, Du wirst staunen, wenn ich Dir R. Maly als diesen nenne. Seine Beziehungen zu den Grazern machen mir diesen Assistenten sehr erwünscht und andererseits kann ich mich bei der guten chemischen Schule, welche er besitzt, auch in wissenschaftlicher Beziehung über die Wahl beruhigen. Ich werde mich bestreben, diesem jungen Mann auch eine gute physiologische Richtung zu geben, auf dass er sehr bald seine diabetische Jugendsünde vergessen macht.

Nur mit dem Diener geht es mir schlecht; dass ich die Sache in Wien nicht zu Ende führen konnte, ist mir sehr fatal. Eine neue Reise nach Wien und zurück ist mir zu kostspielig. Ich wollte schon Deine Vermittlung in Anspruch nehmen, nun aber geht Maly nächste Tage nach Wien und er soll, unterstützt von Brücke, an welchen ich nächster Tage schreiben will, den letzten Versuch zur Aquisition eines Mechanikus für unser Laboratorium machen.

Auch einige unerwartete Besuche erhielt ich dieser Tage, so z.B. den von Baron Staudach, ehemaliger Melker Student, jetzt ist er Jurat an der Pester Universität, ferner von Dr. Heinrich Perger und seinem Schwager Pfann, der hier in Graz lebt; auch durch Perger ließ ich den Vater bitten, bald zu kommen, ferner von Hauptmann Gerlick, der aus alter Verehrung für den Vater sogar Zuhörer meiner Vorträge werden will. Jetzt während des Schreibens der zweiten Hälfte meines Briefes habe ich auch schon mit S. Schwarz gesprochen, den ich vor wenigen Minuten auf der Straße begegnete. Er bedauerte herzlich, dass er mit seiner Familie gerade über Land war, als ich sie besuchen wollte und forderte mich auf, sehr bald wieder zu kommen.

Nun ist’s aber genug geplaudert: über ernsthafte Dinge, Besuch der Universität, Stellung den Studenten gegenüber, nächstens. Sei aber auch Du so freundlich, mir bald zu schreiben: über Dein Verhältnis zu Schnitzler, ob Du Dein Dekret und von wann Du es bekommen hast. Über sonstige wissenschaftliche und profane Wiener Novitäten ist, etwas Näheres zu erfahren, begierig Dein Dich liebender Bruder

Alexander

L.111 *R.88

1863 X 14, Wien

Lieber Bruder!

Unmittelbar nach Empfang Deines Briefes setze ich mich an den Schreibtisch, um Dir die erwartete Antwort zu überschicken. Von Deinem ersten an Vater gerichteten Schreiben aus Graz wurde ich durch Carl Schwarz, der in Angelegenheit seines kranken Auges nach Wien kam, in Kenntnis gesetzt. Bei dieser Gelegenheit wird es Dich interessieren zu vernehmen, dass sich an dem Auge Carls bis zum zweiten Besuche bei Arlt gar nichts veränderte. – Du fragst mich um mein Verhältnis zu Schnitzler. Nun die Zeit ist wohl noch zu kurz und der Knoten zu wenig verknüpft, um im Vorhinein mit Entschiedenheit sagen zu können, wie leicht oder schwer er zu lösen sein wird. Ich nehme, um mich eines in letzter Zeit sehr beliebten Ausdruckes zu bedienen, bis jetzt eine etwas reservierte Stellung ein und glaube, es ist das für alle Fälle die klügste. Mein Dekret habe ich bald nach meiner Ankunft in Wien erhalten, und zwar vom 1. August an auf 2 Jahre. Gehalt habe ich aber bis jetzt keines erhoben. Denn obwohl der Dekan (Kurzack) mir 3 Quittungen unterzeichnete, so wurde doch an der Landeshauptkassa nichts ausbezahlt mit dem Bemerken, es sei bis jetzt keine Zahlungsanweisung herabgelangt. Diesen Monat will ich noch zuwarten, aber dann gedenke ich, weitere Schritte zu tun. Glücklicherweise ersuchte mich Prof. Schulze aus Jena, ihm einen 14tägigen Kurs über Percussion etc. zu geben, was mir 50 Gulden einbrachte. Seit vorgestern habe ich auch einen Nachmittagskurs, und zwar den gewöhnlichen von 17:00–18:00 Uhr begonnen, an welchem 8 Zuhörer teilnahmen. Die Teilnehmer sind meist Studenten, ein Russe und ein Hallenser. Rembold, der diesen Monat bereits aufhört Assistent zu sein, hat dennoch einen Kurs, der [am] 19. Oktober beginnen soll, angekündigt auf Skodas Klinik. Wahrscheinlich denkt er, dass bis dahin eine größere Anzahl von Ausländern sich einfinden wird. – Jaffe, der wieder in Wien weilt, bedauert, dass Du ihm Deine versprochene Photographie nicht gegeben [hast]. Rektorzik ist gestern als supplierender Professor nach Lemberg abgereist, und Kumar wurde Assistent bei Schuh. – Von der Wahl Deines Assistenten Dr. Maly war ich bereits durch einen unserer Zuhörer unterrichtet. Bis jetzt frequentiere ich noch täglich mittags den Riedhof, werde aber doch wieder in einiger Zeit mein einsames Mahl auf meinem Zimmer einnehmen. Wintrich, mit dem ich häufig zu Mittag speiste, ist bereits von Wien wieder abgereist. Er lud mich einmal in seine Wohnung, um mir einige Experimente, die sich auf die Theorie der Percussion und Auscultation bezogen, zu zeigen. Da ich voraussetze, dass Dir die Wiener, namentlich medizinischen Blätter zu Gesicht kommen werden, so entfällt die Mitteilung mancher Novitäten, die in diesen Blättern zu finden sind. Du versprichst mir in Deinem nächsten Schreiben über Universitätsangelegenheiten, Frequenz der Studierenden etc., worüber ich schon von manchen Seiten interpelliert wurde, Einiges mitzuteilen. Ich erwarte daher mit lebehaftem Interesse Dein nächstes Schreiben, worauf ich auch von meiner Seite ein weiteres hören lassen werde.

Mit herzlichem Lebewohl Dein Dich liebender

Emil

Geehrter Freund!

Ich habe mich von Herzen gefreut, einen Brief von Ihnen zu erhalten und aus demselben zu ersehen, dass es Ihnen wohl geht und Ihre Angelegenheiten guten Fortgang nehmen. Mir ist es in Stralsund sehr wohl ergangen, und wir haben fleißig in der See gebadet, so lange die Temperatur es zuließ. Zum Arbeiten haben mich meine alten Freunde und Verwandten nicht viel kommen lassen, nur mit den Medusen habe ich mich etwas beschäftigt, bin aber über die Natur der sogenannten Randkörper, die mich wesentlich interessiert haben, nicht ins Reine gekommen. Eine kleine Notiz über den Schirmmuskel habe ich in der letzten Akademiesitzung vorgetragen. Am 19. September bin ich nach Berlin gereist und bin dort bis zum 27. geblieben. Außer du Bois, Recklinghausen, Rosenthal und Wagener habe ich aber von Physiologen oder Anatomen niemand gesehen, wohl aber die ganzen Physiker: Dove, Magnus, Riess, Poggendorff und Quincke junior, dazu noch Kirchhoff, der durchreiste. Bei Recklinghausen habe ich die Bewegungen der Hornhautkörperchen gesehen, d.h. die spontanen, nicht die durch die el[ektrische] Reizung verursachten, und außerdem recht interessante Versilberungspräparate. Ich werde hier auch dergleichen anfertigen lassen. Dr. Stricker ist schon eingezogen, und meine Vorlesungen haben am 5. begonnen. Im Laboratorium wird noch wenig gearbeitet, aber Sie wissen wohl, dass das immer erst nach einigen Wochen ordentlich in Gang kam. Kowalewsky ist wieder hier und arbeitet jetzt bei Prof. Ludwig, ebenso Thiry aus Göttingen. Letzterer hat bei Babo in Freiburg nicht viel Günstiges über das Antozon gehört. Nun leben Sie wohl! Da Sie das Weihnachtsfest doch wahrscheinlich mit den Ihrigen zubringen, so hoffe ich, Sie im Dezember, wenn nicht früher, wiederzusehen. Grüßen Sie Ihre Grazer Kollegen und behalten Sie in gutem Andenken Ihren

E. Brücke

L.113 *R.90

1863 X 25, Graz

Liebster Bruder!

Ich danke Dir für Deinen Brief vom 14. Oktober, Du wirst es begreiflich finden, dass ich Dich einige Tage warten ließ, ehe ich diesen Brief beantwortete, da ja Dein Schreiben so unmittelbar an meinen Brief sich anschloss. Hast Du zur Zeit Deines Briefes von Deinem Preisrichteramt noch nichts gewusst, wie findest Du Dich in die Sache?

Wegen der Zahlungsanweisung wirst Du Dich hoffentlich schon an Rokitansky gewendet haben, mir scheint das der einzige Ausweg. Nehmen Deine Kurse guten Fortgang? Jaffe wird wohl meine Photographie schon erhalten haben – ich schickte sie ins allgemeine Krankenhaus.

Hat Becker schon geheiratet? Wie steht es zwischen Dir und Wittelshöfer, ich habe seit ich in Graz bin, leider nur 2 Wochenschriften mit Artikel I und IV gegen Rokitansky zu Gesichte bekommen. Es wird bald besser werden. Ich trete in die Joanneums-Lesegesellschaft. Die Verwendung der Matrikelgelder der ganzen Universität zu Bibliothekszwecken wurde vor unserem Collegium einstimmig in Körners und meine Hände gelegt. Wir haben darüber mit je zwei aus den drei andern Fakultäten zu debattieren und werden uns schon der Medizin annehmen.

Die Frequenz ist eine so große geworden, wie man sie heuer bei den bekannten Verspätungen nicht erwartet hätte. Über 50 sind bereits eingeschrieben, davon kommen 28 auf das erste Jahr. Zweitjährige sind bei mir bis nun 12 Schüler eingeschrieben. In den anderen Jahrgängen sind wenige. Die Einschreibungen dauern aber noch immer fort. Unter meinen Zuhörern ist, aber ohne eingeschrieben zu sein, auch Hauptmann Gerlick. Nächsten Montag will er auch noch einen Feldmarschalllieutenant mitbringen, ich habe es freundlichst gestattet. Eigene Plätze etc. habe ich ihnen aber nicht bewilligt, man könnte sonst in unserem Pensionisten-Eldorado von derlei Leuten überlaufen werden.

Einen Diener habe ich endlich auch. Ludwig war so freundlich, mir über ihn die erste Anzeige zu machen. Er heißt Wendl etc., wahrscheinlich hat Dir Maly davon erzählt.

Bis ich meinen ganzen Hausstand beisammen habe, werde ich wie bisher im Kaffeehaus frühstücken: Kaffee mit 2 Broten 18 Kreuzer.

Bei Hanninger in einer guten Restauration esse ich gewöhnlich. 3 Speisen circa 56 Kreuzer mit Wein oder Bier oft weniger. Behalte diese Details für Dich, grüße die Wiener Freunde.

Brücke, dem ich geschrieben, hat mir sehr liebenswürdig und herzlich geantwortet. Denke bald wieder auf einen Brief für Deinen

Alexander

Vom Vater habe ich heute einen Brief erhalten. Die Antwort geht mit diesem Briefe zugleich ab.

Liebster Vater!

Deinen lieben Brief vom 23. d[diesesMonats] habe ich heute erhalten. Es freut mich recht sehr, dass die von Dir inaugurierte Realschul-Angelegenheit nun ihren so glänzenden Abschluss gefunden hat.

Auch wir werden nächstens, der Tag ist noch nicht festgesetzt, eine Feier zur Ergänzung der Universität haben. Schmerling hat zugesagt.

Wir werden die Feier umso freudiger begehen, als die Frequenz der neuen Fakultät eine unerwartet große geworden ist. Natürlich bezieht sich dies nur auf die Erwartungen, welche man an das heurige Jahr wegen der so späten Konstituierung des Lehrkörpers knüpfen zu sollen meinte. Im Ganzen sind über 50 bereits eingeschrieben und täglich kommen noch Nachzügler. Davon entfallen auf das erste Jahr 28. Im zweiten Jahre habe ich 12 Schüler bereits eingeschrieben und meine Vorlesungen Mittwoch den 21. Oktober beginnen [sic].

Leider sind die Arbeiter noch immer nicht aus dem Laboratorium abgezogen. Die chem[ischen] Herde haben noch keine Verschalung etc. Die in Aussicht stehende Ankunft des Staatsministers [Schmerling] wirkte aber jetzt etwas antreibend.

In meiner Wohnung wohnt sich's gut. In zwei Zimmern bin ich vollkommen eingerichtet, mehr werde ich jetzt nicht tun. Dein Bett steht, wie gesagt, bereit, es schmerzt mich, dass Du in Deinem letzten Briefe von Deinem versprochenen Besuche gar nichts erwähnt hast.

Pfefferkorn, Louis Schwarz und einer meiner Schüler waren sehr erfreut, als ich ihnen mitteilte, dass du mich besuchen würdest.

Du ahnest wahrscheinlich nicht, wer jener über die oben angeführte Zahl bei mir die Vorlesung frequentierende Hörer ist. Hauptmann Gerlick, kein anderer; er hat mich freundlich ersucht, ihm den Zutritt zu gestatten und ist sehr wissbegierig, nächsten Montag will er auch noch einen Feldmarschalllieutenant mitbringen.

Das Leben hier gefällt mir bis jetzt, alle meine Kollegen sind im Grunde gutmütige Leute.

Ich muss fleißig herumwandern, denn fast alle Tage führen uns die älteren Grazer Professoren auf einen anderen merkwürdigen Punkt der überreichen Umgebung. Eben jetzt komme ich zurück von dem Genuss einer herrlichen Rundsicht, welche ich auf dem 2290 Fuß hohen Plabutsch hatte. So möchte ich denn, dass auch Du noch etwas von dem wirklich wundervollen Spätherbst in Graz genießen möchtest. Bald werden wir zwischen unseren Bergen frieren.

Du darfst aber nun nicht glauben, dass ich noch nichts gearbeitet habe, seitdem ich hier in Graz bin. Es ist schon viel in den Sitzungen des Kollegiums erledigt worden, in die Bibliothekskommission bin ich mit Professor Körner als Vertreter unserer Fakultät gewählt. Und wir müssen nun über die Ergänzung der Bibliothek mit medizinischen Werken beraten.

Zahlreiche Einkäufe für das Laboratorium habe ich schon gemacht.

Und nur der Umstand, dass ich noch keinen Diener und Assistenten besitze und die Arbeiter, wie gesagt, noch in 3 Zimmern des Laboratoriums ihre Tätigkeit nicht vollendet haben, hält mich von den Arbeiten ab, welche mir die Einrichtung des Laboratoriums noch machen wird, und zwingt mich, jetzt noch halbe Ferien zu machen.

Wenn ich früher sagte, dass ich noch keinen Assistenten und Diener besitze, so ist dies so zu verstehen, dass ich sie noch nicht hier in Graz zur Disposition habe. Die Wahlen sind indes schon getroffen.

Assistent wird Herr Richard Maly, der in dieser Woche in Wien rigorosierte. Den Diener habe ich mir unter freundlicher Mithilfe des Professor Ludwig, wie ich beabsichtigte, aus dem Arsenal verschafft. Er heißt Johann Wendl, ist verheiratet und besitzt ein siebenjähriges Töchterchen. Am 29. d[ieses Monats] wird er in Graz eintreffen, bis dort hin ist auch Maly hier, und ich werde meine Völker-Familie beisammen haben. Dann geht es erst mit vereinten Kräften an die wahre Arbeit.

Du siehst, meine Angelegenheiten nehmen einen guten Fortgang.

Professor Brücke, dem ich neulich geschrieben, hat mir sehr freundlich dazu gratuliert.

Über die Oppolzersche Preisausschreibung und über den ersten Preisrichter habe ich mit Vergnügen in der Zeitung gelesen. Übrigens habe ich auch unlängst, mit Deinem ersten Briefe zugleich, von Emil selbst einen Brief erhalten. Und ich werde ihm nächstens wieder schreiben. Der Mutter küsse ich die Hand für ihren Brief. Alle Geschwister küsse ich herzlich. In Liebe und Dankbarkeit Dein

Alexander

L.115 *R.91

1863 X 29, Wien

Lieber Collega!

Ich wollte Sie bitten, heute, Dienstag abend, 29. Okt[ober], mit uns eine Tasse Tee zu nehmen; da sich nur Physiologen einfinden, so hoffe ich umso sicherer, auf Gewährung meiner Bitte.

Mit den besten Wünschen für das Wohlergehen Ihres Bruders Ihr

C. Ludwig

Anmerkung Dieser Brief könnte auch an Emil Rollett gerichtet gewesen sein, oder es hielt sich Alexander zu dieser Zeit in Wien auf.

L.116 *R.92

1863 XI 4, Wien

Liebster Bruder!

Ich wollte schon ein paar Tage früher, als es nun geschieht, an Dich schreiben, allein ein Unwohlsein der nämlichen Art, wie es mich schon öfter befiel, machte mich zu allem unaufgelegt. Gestern bin ich, da ich fieberte, schon um 19:00 Uhr zu Bett gegangen, heute fühle ich mich wohler, nur eine Angina und mäßige Ohrenschmerzen belästigen mich auch heute noch.

Meine Gehaltsangelegenheit hat vor einigen Tagen ihre glückliche Lösung gefunden. Ich wurde nämlich durch ein zweites Dekret vom Dekanat benachrichtigt, dass die Zahlungsanweisung bereits an die Landeshauptkasse herabgelangt ist. Ich habe seitdem auch mein Gehalt vom 1. August an behoben. Du fragst mich, wie ich mich in mein Preisrichteramt finde. Nun ich wurde nolens volens damit betraut und weiß selber nicht, wie sich die Sache machen wird. Unsere Tätigkeit als Preisrichter soll erst am nächsten Oktober beginnen.

Meinen Kurs frequentieren 10 Zuhörer und als elfter stellt sich bisweilen Dr. Becker ein. Becker denkt, einen Teil des Winters in Paris zuzubringen, und zwar mit seiner Helene, welche nach Weihnachten seine Frau werden soll. Auch Wittelshöfer will, vielleicht um dieselbe Zeit, nach Paris gehen. Wittelshöfer drängt mich beständig, klinische Berichte für sein Blatt zu liefern. Ich habe ihm schon bedeutet, dass ich mich keineswegs auf ein wöchentliches Referat einlassen will, was ihm sehr unangenehm zu sein schien. Von Zeit zu Zeit werde ich seinem Wunsche nachkommen.

Schnitzler hat einen Kurs über medizinische Diagnostik angekündigt, Honorar 10 fl, Minderbemittelte 5 fl. Natürlich wird er manchen Studenten dadurch abhalten, meinen Kurs über Percussion und Auscultation zu hören, und an meinem Kurs nehmen gegenwärtig 6 Studenten teil, also mehr als Ausländer. Als ich in dieser Hinsicht Einsprache erhob, den bisherigen Usus und den für die Zukunft ihm selbst missliebigen Präzedenzfall Schnitzler darlegte, erwiderte er, er werde die Percussion und Auscultation nur ganz flüchtig berühren, übrigens denke er auch als künftiger erster Assistent, keinen Kurs über Percussion und Auscultation zu geben. Was bin ich für ein anständiger, rücksichtsvoller, opferfähiger Mensch gegenüber diesen Leuten, ich möchte mich fast einfältig nennen. Eben habe ich das ‚Leben Jesu' von Renan gelesen und den grellen Charakterunterschied studiert zwischen Christentum und Judentum.

Den verflossenen Sonntagnachmittag brachte ich in Baden zu. Alle befinden sich wohl. Dr. Frommer hat die Pachtung der Bäder definitiv übernommen. Mit dem von der aufgelösten Gesellschaft zurückerhaltenen Kapitalanteil hat Vater seine Schuld bei Prager Gott sei Dank vollständig getilgt. – Julius hat wegen einer infamen Geschichte seine Quittierung ohne Charakter eingereicht, jedoch um Fortbezug seines Gehaltes angesucht. Er wurde, wie ich höre, von einem halb besoffenen Oberleutnant öffentlich gröblich beschimpft. Da er den Beleidiger durchaus nicht fordern wollte unter dem Vorwande, dass derselbe betrunken gewesen sei, so dringt das Offizierscorps darauf, dass er seine Offizierscharge quittieren müsse. Dazu habe er sich nun lieber entschlossen als zum Duell. – Ob die Geschichte so richtig ist, kann ich nicht verbürgen. – Vater hat noch immer keinen bestimmten Entschluss gefasst zu einer Reise nach Graz, obwohl ich ihn sehr eindringlich dazu aufforderte.

Vor dem ehemaligen Schottentore hat der Schwager des Fürsten Czatorinsky eine elegante Buchhandlung etabliert, nämlich Karl Czermak. Mit Brücke habe ich am letzten Freitag in der Gesellschaft der Ärzte gesprochen, er erwähnte auch Deines Briefes. Soeben erhielt ich 2 Karten für das nächste Konzert des akademischen Gesangsvereines [am] Samstag im Sofiensaale. Wenn Du eine davon benützen könntest, so würdest Du mich sehr erfreuen. – Allein von Graz in den Sofiensaal ist es doch zu weit.

Mit herzlichem Lebewohl Dein

Emil

L.117 *R.93

1863 XI 5, Heidelberg

Lieber Rollett!

Nächste Tage wird Sie Dr. MacGillavry von Holland besuchen und Ihnen Grüße von mir und die Bitte bringen, mir Ihre letzte Arbeit hierher, wohin ich nach einem Aufenthalt in Berlin, Hamburg und Ütrecht für einige Zeit zurückgekehrt, zu senden.

Ich bitte Sie, sich dieses Herrn, dem ich selbst für viel Freundlichkeit Dank schulde, etwas anzunehmen und in den Kreis einzuführen, der sich im Cafe Schwab versammelte und dessen Erinnerung mir zu den angenehmsten meines Wiener Aufenthaltes gehört. In nächster Zeit hoffe ich, Ihnen einige Sachen von mir senden zu können, so viel ich eben bei der großen Beschäftigung, die besonders in Hamburg meine Zeit in Anspruch nahm, von der letzteren erübrigte.

Von Becker, an den ein Briefchen beiliegt, um dessen Besorgung ich Sie bitte, da ich nicht weiß, ob er in Wien, und seine Krankheit erfuhr ich zuerst in Bonn von Dr. Preyer. Wie stets denn mit Graz? Grüßen Sie Ludwig und Brücke.

Leben Sie wohl. Ihr

Rudolf Schelske

L.118 *R.94

1863 XI 17, Graz

Lieber Bruder!

Nicht um Gleiches mit Gleichem zu vergelten, habe ich Dich so lange auf eine Antwort warten lassen, sondern weil es mir an Zeit gebrach, Dir einen Brief so ganz nach Herzenslust zu schreiben. Du weißt ja, dass wir Samstag und Sonntag unsere große Universitätsfeier hatten, und da wollten wir denn unseren Gästen auch in den einzelnen Laboratorien wenigstens ein ordentlich aufgeräumtes Lokal zeigen. Aber nicht nur die so nötig gewordenen Arbeiten, auch meine Vorlesungen und die dazu nötigen Demonstrationen haben mich gerade in der vergangenen Woche so sehr angestrengt, dass ich mehrere Tage hintereinander von 8:00 Uhr früh bis 21:00 Uhr Abends im Laboratorium zubrachte. Blutkristalle, Haematin, die Veränderlichkeit des letzteren unter dem Einfluss der Gase etc. seinen Zuhörern zu zeigen, wenn man sich so ganz aus dem Groben herausarbeiten muss, wie ich jetzt, ist keine geringe Aufgabe. Und doch habe ich den Hörern alles gezeigt, was sie auch in Wien sehen würden. Denn es scheint mir ganz absolut notwendig, dass man das immer tue, sobald es nur irgend möglich ist. Die Zahl meiner Zuhörer ist auf 15 gestiegen, aus diesen tüchtige Arzte zu bilden, ist für mich allein maßgebend, nicht etwa der bloße Wettstreit mit dem lieben, reich ausgestatteten Wien. Den äußeren Rahmen unseres Festes wirst Du wohl aus den Zeitungen schon kennen. Rokitansky war sehr vergnügt, er ist uns auch aufrichtig zugetan, fördert alle unsere Bestrebungen nach Vervollkommnung der Fakultät und versprach, dies auch in aller Zukunft zu tun. Mit meinen Kollegen lebe ich auf dem besten Fuße. Mit Körner, Heschl, Schauenstein, Planer, Helly bin ich Du und Du. Unsere Professoren-Sitzungen bekommen durch diese Duzungen einen förmlich tirolischen Anstrich.

Auch freut sich in Graz alles des Gedeihens der jungen Fakultät. Heute erst suchte mich der Bürgermeister Ritter von Frank auf, um mir eine Auskunft über das Haus, in welchem ich wohne, zu geben, eine Auskunft, um welche ich ihn nur im Vorübergehen am Sonntag bat, als wir nach vollendeter Festtafel den Staatsminister auf den Bahnhof geleiteten.

Wie der Bürgermeister, so der Landeshauptmann, die Landesausschüsse usw. Kurz, es ist sehr angenehm, in Graz zu leben, nur die wissenschaftlichen Behelfe fehlen und die Ungezwungenheit im Verkehre, welcher sich ein Assistent in Wien mit der größten Gemütsruhe hingeben kann. Ich freue mich auf Wien und werde meine Weihnachten so früh wie möglich beginnen lassen.

Einen wahren Gesinnungsgenossen fand ich hier an Prof. Tomaschek (dem Schiller-Preis-Gewinner), ich speise nun täglich mit ihm in der Ressource. Bei Wertheim war ich schon zweimal geladen, er ist ein warmer Freund von mir. Seine Frau, die Schwester des Prof. Peters ist eine liebenswürdige Hausfrau. Nächstens werde ich mit Wertheim eine Giftarbeit physiologischer Natur (über Coniin, Conydrin und Conilen) beginnen.

Von Schelske, der mich noch in Wien glaubte, bekam ich unlängst einen Brief durch Brückner nach Graz geschickt. Es war das Briefchen an Becker beigelegt, welches Du dem letztern zu übergeben so gut sein wirst. Grüße mir auch Becker, Wahrmann etc. vielmal. Kommst Du zu Hermann, Meta, Lina, grüße sie. Nach Baden schreibe ich selbst heute noch oder morgen.

Eine gute Geschichte muss ich Dir noch erzählen. Trotz des guten Einvernehmens mit meinen Collegen, hat die letztern doch der reine menschliche Neid, mit welchem sie auf mein gut eingerichtetes Institut sehen, nicht ganz verlassen. Rokitansky wurde gleich nach seiner Ankunft in mein Institut geführt. Man suchte ihn zu präoccupieren und auf der Stiege noch ließ jemand die Bemerkung fallen, jetzt kommen wir in das Palais der Physiologie, wogegen ich humoristisch aber ziemlich laut protestierte. Nun betraten wir die Räumlichkeiten, zu verbergen war natürlich nichts, ich lauschte auf den Eindruck, welchen Rokitansky empfangen würde, und es pochte mir das Herz, weil mir sehr daran lag, er möchte einen Eindruck empfangen, der nicht etwa einen Schatten auf Brückes lautere Absichten werfen möchte.

Höre! was geschah. Als Rokitansky im letzten Zimmer anlangte, fragte er: was noch? Alles, sagte ich. Nun das ist nicht viel, war die lakonische Antwort, über welche sich die Gesichter der anderen ziemlich verlängerten.

Jetzt hatte ich genug erfahren. Herr Hofrat sagte ich: Ist Ihnen gefällig, meine Wohnung anzusehen. Ja, war die freundliche Antwort und auch die Wohnung fand er nicht besonders ausgedehnt und nur in der Größe der einzelnen Zimmer, meinte Rokitansky, läge ein Äquivalent für geringe Zahl (sechs bekanntlich) derselben. In der Tat, wenn Rokitansky, irre geleitet durch die übertriebenen Angaben jener, die mit neidischen Blicken auf die Physiologie sehen, mit der Erwartung nach Graz kam, ein physiologisches Institut zu sehen, wie etwa sein pathologisches in Wien, und eine Naturalwohnung, wie sie der Statthalter besitzt, dann musste er sehr enttäuscht sein, denn obwohl sichs herrlich lebt in meinem Institut und meiner Wohnung, so sind beide doch nur den beschränkten Verhältnissen einer kleineren Universität angemessen.

Ich bitte Dich, über diese Geschicht[e] so viel Diskretion zu beobachten, dass keine Tratscherei daraus wird.

Schreibe mir nun auch Du bald wieder und speise meinen oft sehnsüchtig nach der Kaiserstadt gerichteten Sinn mit einigen Mitteilungen aus Deinem und dem Wiener Leben.

Es wird Dir dafür als vollem Herzen danken Dein Dich liebender Bruder

Alexander

Lieber Vater!

Wenn es möglich gewesen wäre als Berichterstatter unserer Festlichkeiten die Zeitungen zu überholen, so hätte ich Dir schon am Montag geschrieben.

Allein Du lasest damals schon die Hauptzüge unserer Universitätsfeier in der Presse, die uns mehrere Stenographen auf den Hals schickte.

Die verschiedenen Toaste, welche beim Commers und bei der Festtafel von Schmerling etc. ausgebracht wurden, haben zwar durch den Druck etwas verloren, im wesentlichen stimmt aber der Bericht der Blätter mit dem Gesprochenen überein. Es hat uns alle sehr erfreut, dass der Staatsminister den Hofrat Rokitansky aus Wien mitbrachte. Es hat sich dem Letzteren so mancher Mangel der neuen Fakultät zu Gemüte führen lassen.

Rokitansky scheint jetzt nachgerade eine Freude an der unter seinen Auspizien kreierten Fakultät zu haben. Während seines hiesigen Aufenthaltes war er die Liebenswürdigkeit selbst und forderte uns Professoren auf, Anträge auf breitester Basis zur Kenntnis des Staatsministeriums zu bringen, welches alles nur Mögliche für die künftige Blüte der Grazer Universität zu tun entschlossen ist.

Mir speziell gab Rokitansky seine Geneigtheit zu erkennen, meine Dotation auf 630 fl jährlich zu erhöhen (jetzt bekanntlich 450 fl).

Das erste Jahr unserer Tätigkeit verspricht auch sehr viel. Meine Zuhörer haben sich auf 15 vermehrt. Planer hat für den Seziersaal 46 eingeschrieben, meist erstjährige. Mein Laboratorium fängt nach und nach an, sich mit Physiologicis zu füllen. Viele Bestellungen sind bereits effektuiert, dafür aber auch schon 1000 fl ausgegeben. Ärgerlich ist es mir, dass auch der König von Dänemark meinen Schatz belasten musste. Gerade ein paar Tage vor dem Tode seiner dänischen etc. langte mein neues Mikroskop aus Paris ein und gestern musste ich dafür Silber um 119 kaufen.

Nichts desto weniger war ich sehr erfreut über das Eintreffen des Mikroskops, denn es ging mir bei meinen Vorlesungsdemonstrationen schon herzlich schlecht, weil ich bisher nur den großen Plössl allein besaß. Im Übrigen konnte ich bisher den Demonstrationen genügen. Es kostete mir zwar sehr viele Anstrengungen, aber es ging doch.

Ich halte sehr viel darauf, dass meine Studenten alles sehen, was sie auch in Wien sehen würden, nicht um mit dem reich ausgestatteten, altehrwürdigen Wien zu wetteifern, sondern nur um nicht von Graz aus Ärzte in die Welt zu schicken, die nicht ebenso tüchtig gebildet wären, als ob sie von irgendeiner anderen guten Universität kämen.

Vereinsamt fühle ich mich hier nicht. Meine Kollegen laden mich ab und zu ein, natürlich die verheirateten oben an. So war ich bei Heschl, Planer, Wertheim, Helly etc. etc. schon mittags, häufiger abends Gast.

Meine Wohnung wird nun von meinem Diener Wendl aufgeräumt. Die Frau desselben ist noch in Wien, kommt aber nach, wahrscheinlich werde ich, wenn auch sie nach Graz kommt, auch zu Hause frühstücken können, was bis jetzt nicht der Fall ist zu meiner größten Unbequemlichkeit und zu meinem größten Leidwesen, aber ich habe eine eigene Aversion gegen das Waschen der Geschirre, das Semmelholen etc. durch Männerhand, die sich etwa auf Stiefel und Kleiderputzen, allenfalls auf das Zimmerkehren und Bettmachen, aber auf nichts weiter versteht.

Ich freue mich schon auf Wien und Baden, die ich zu Weihnachten wiedersehen werde. Ich bedaure sehr, dass Du die schönen Spätherbsttage nicht zu einem Besuch in Graz benützt hast; jetzt friert es, ist meist neblig; nur manchmal lassen heitere Sonnenblicke die Landschaft in ihrer alten Pracht erkennen, denn rings um Graz bestehen die Wälder meist aus unverwüstlichem Nadelholz.

Indem ich noch Handküsse an die Mutter, herzliche Grüße an alle Geschwister beischließe, bleibe ich Dein allerdankbarster

Alexander

L.120 *R.95

1863 XI 21, Wien

Liebster Bruder!

Ich danke Dir für Dein Schreiben und die gleichzeitige Übersendung des Lektions-Kataloges, der sich gegenwärtig in Händen Wittelshöfers befindet, auf dessen Ansuchen. Es freut mich, dass Du, wie ich aus Deinen Briefen entnehmen kann, in Graz recht angenehm und zufrieden lebst. Hoffentlich werden auch die wissenschaftlichen Behelfe mit dem längeren Bestande der Universität bessere werden. – Du verlangst, ich solle Dir einige Mitteilungen aus meinem und dem Wiener Leben machen. Nun im Ganzen ist meine Lebensweise so ziemlich dieselbe, wie sie Dir hinlänglich bekannt ist.

Den Vormittag muss ich leider bis 11:00 oder 12:00 Uhr im Dienste der Klinik verbringen, ohne jedoch was Rechtes arbeiten zu können. Eine Menge kleiner Geschäfte; Schreibereien, Pantschereien mit Urin etc., wie sie bei 48 Kranken und einem sehr zahlreichen Ambulatorium täglich vorkommen und angeordnet werden, absorbieren die ganze Zeit. Am Nachmittage muss ich wieder ein paar Stunden auf Visite und Kurs verwenden. Bisweilen und in letzterer Zeit fast täglich habe ich ein oder zwei ärztliche Privatbesuche zu machen. Dazu kommt noch häufig genug der himmelschreiende Zeitverlust, den das Hocken auf dem Journale mit sich bringt. Du siehst also, dass mir der Tag immer zu kurz wird und dass ich eigentlich nur den Abend frei habe, um etwas zu lesen und zu arbeiten. Eben bin ich mit dem Studium der 6. Auflage von Skodas Werk beschäftigt. Sobald ich Zeit finden werde, denke ich die Cholelithiasis klinisch zu bearbeiten.

Bei Hermann bin ich erst einmal gewesen und werde wahrscheinlich morgen meinen Besuch erneuern. Hermann hat, wie ich unlängst bei Prager erfuhr, ein Zimmer im 2. Stock gemietet, um bequem seiner Lieblingsbeschäftigung – dem Photographieren – obliegen zu können. Ich werde mir wohl nächstens das Ding besichtigen.

Gegenwärtig hat ein Stück von Bittner ‚Eine leichte Person’ mit Fräulein Gallmeyer in der Titelrolle im Wiedner Theater den ungeheuersten Erfolg, so dass für mehrere Tage im Voraus das Theater ausverkauft ist. Ich machte bereits zweimal einen verunglückten Versuch, einen Sitz zu bekommen. Das Stück soll trotz des verfänglichen Titels sehr anständig gehalten und mit sehr viel Witz und Humor bearbeitet sein. Auch die Parodie ‚Margarethl (Fäustling)’, ebenfalls im Wiedner Theater, konnte ich bis jetzt nicht sehen. Dagegen habe ich ein paar Stücke im Carltheater, unter andern auch die Geistererscheinungen, angesehen.

In Baden wird, wie mir Dr. Frommer, der Pächter der st[ädtischen] Bäder erzählte, bereits rüstig gearbeitet und renoviert. Der Herzoghof soll zu einem Winterbad hergerichtet werden, daher die Korridore mit Glasfenstern versehen und geheizt werden sollen. Auch soll eine Inhalationsanstalt errichtet werden. Die Wiener Gasgesellschaft hat kontraktlich die Beleuchtung der Stadt und des Parkes übernommen und in der Nähe des Bahnhofes wird ein Gasometer angelegt.

Unter meinen Patienten befinden sich nicht bloß Grafen, sondern auch Fürsten. Das ist nicht etwa so zu verstehen, als ob ich einen Leopold Graf und Salomon Fürst behandelte, sondern wirkliche hochadelige Fürsten und Grafen. Unlängst wurde ich in der Nacht zu einem Grafen Colloredo geholt, Bürgermeister von Görz, der bei seiner Schwägerin Gräfin Laschanzky in Wien verweilt und an Hämaturie erkrankte. Und von Dr. Rydel wurde mir Fürst Watuszewski aus Podolien dzt. in Iglau interniert zugeschickt, der mich wegen eines Wechselfiebers konsultierte und um ein ärztliches Zeugnis ersuchte. Übrigens habe ich auch ein Ritterfräulein, die Schwester eines Theresianisten, an Gelenksrheumatismus behandelt. Du siehst eine sehr respektable Gesellschaft, meine Clientelle, nur dürften ihrer mehr sein.

Unlängst wurde im Professorenkollegium die Angelegenheit des Direktor Widerhofer verhandelt, der nach dem Antrage Brauns zum Professor der Kinderklinik ernannt werden sollte. Allein das Professorenkollegium hat Widerhofer, da er ohnehin Dozent ist, wohl die Supplierung der Kinderklinik übertragen, jedoch den Professorstitel dermalen noch verweigert, wie sich Oppolzer zu mir äußerte, aus Rücksicht für die übrigen viel älteren Dozenten.

Unlängst wurde mir eine Broschüre vom Buchhändler zugeschickt 'Experimentelle Studien über die Histologie des Blutes’ von E. Rindfleisch, Leipzig, W. Engelmann 1863. Ich kenne den Inhalt nicht und wollte sie nur anführen für den Fall, als Du dieselbe nicht gesehen haben solltest, da sie ein Kapitel behandelt, welches Dich besonders interessieren dürfte.

Dr. MacGillavry, ehemaliger okulistischer Assistent bei Donders, ein gebürtiger Inder und zuletzt praktischer Arzt auf Java, bedauert, Dich nicht mehr in Wien getroffen zu haben, da er auf Anempfehlung Schelskes einen mikroskopischen Kurs nehmen wollte. Ich werde ihn wahrscheinlich nächstens zu meinen Schülern zählen.

Wie steht es mit dem Rechte der Grazer Universität bezüglich der Graduierung von Doktoren? Hoffentlich wird in dieser Beziehung die Grazer Universität mit der Wiener gleichgestellt werden. Gegenwärtig ist wieder eine nationale Professur, eine ungarische medizinische Klinik und Lehrkanzel für magyarische Pathologie und Therapie zu besetzen, wegen des Ablebens des Prof. Sauer. Schnitzler bedauert, dass er erst in zwei Monaten Assistent ist, denn unter diesen Umständen getraut er sich nicht recht zu competieren.

Wenn ich recht verstanden habe, gedenkst Du zu Weihnachten nach Wien zu kommen. Ich habe mir für diesen Fall schon ein Leintuch kommen lassen, da ich erst unlängst entdeckte, dass ich wohl das übrige Bettzeug, aber kein Betttuch besitze, welches letztere ich ja, wie Du weißt, für meinen Gebrauch vom Spitale beziehe. – In der Hoffnung, Dich in einigen Wochen bei mir zu beherbergen, Dein Dich liebender

Emil

L.121 *R.96

1863 XI 30, Graz

Lieber Bruder!

Den Brief, in welchem mir Rembold Deine Erkrankung anzeigt, habe ich heute erhalten. Gebe der Himmel, dass Dir bald besser wird. Hoffentlich hast Du auch nach Baden schreiben lassen. An Rembold bestelle für sein freundliches Schreiben meinen wärmsten Dank. Rembold möge sein Wort halten und mir fleißig schreiben, so lange Du das Bett hüten musst, was, wie ich wünsche und hoffe, nicht lange währen wird. Meine Sehnsucht, Dich wieder zu sehen, ist durch den Zwischenfall Deiner Krankheit bedeutend gesteigert worden; wären doch nur schon die nächsten 21 Tage vorüber. Wenn ich auf meine Wiener Reise denke und auf Deine Leiden, möchte ich, dass die Zeit in sich zusammenschrumpfe, wenn ich an mein Laboratorium denke, wird mir die Zeit zu kurz. Allmählich geht es aber weiter und es wird bald möglich sein, meine unterbrochenen Blutarbeiten wieder aufzunehmen. Nun, um die Dir nötige Ruhe nicht durch einen langen Brief zu unterbrechen, nur noch eine kurze Antwort auf Dein letztes Schreiben. Zu Deinen mir mitgeteilten Absichten und Erfolgen wünsche ich Dir Glück. Rindfleischs kleines Schriftchen habe ich auch in Graz erhalten. Dass ich MacGillavry nicht dienen kann, bedauere ich. Aber ich fürchte, meine Krankenvisite wird zu lang, darum nächstens mehr, lebe wohl, der Himmel lindere Deine Schmerzen und lasse Dich bald wieder frisch und gesund werden, auf dass wir durch fröhliche Weihnachten uns entschädigen können, Du für Arbeit und Leiden, ich für die erstere allein, denn mir schlägt Graz bisher ganz gut an. Auf ein glückliches Wiedersehen und baldige frohe Botschaft!

Es küsst Dich Dein Bruder

Alexander

Lieber Freund!

Da Sie durch meinen letzten Brief vielleicht einigermaßen in Unruhe versetzt worden sind,

so schreibe ich Ihnen heute, obwohl Sie voraussetzen können, dass sich bei einer solchen Krankheit binnen zwei Tagen keine wesentliche Änderung ergeben haben wird.

Ich habe Ihnen in Summa zu berichten, dass sein Zustand etwas schlechter ist, d.h. das Fieber ist etwas stärker (Puls 96) und die Schmerzen haben sich mehr ausgebreitet. Sonntag, 29.11., wo ich Ihnen den ersten Brief in dem Quartiere Ihres Bruders schrieb, hatte er während meiner Anwesenheit Schmerzen im Rücken; ich erzählte ihm, dass Dumreicher im vorigen Jahre einen Rheumatismus gehabt habe, wobei die Bauchmuskel durch einige Tage anfangs tonische, dann klonische Krämpfe hatten; und in der Nacht von Sonntag auf Montag bekam er dieselben, so dass er Dyspnoa hatte. Es ist möglich, dass ein Umstand hiebei verschlimmernd eingewirkt hat, obwohl es nicht wahrscheinlich ist. Er ließ sich nämlich wegen Rückenschmerzen Sonntagabends aufbetten, auf das nebenstehende Kanapee tragen und bei seinen Schmerzen auf den Bauch legen, in welcher Lage er es jedoch nur 5 Minuten aushielt. Es wäre denkbar, dass die dabei stattgehabte Anstrengung die Muskel gereizt hätte. Ich gab den Wärterinnen den Auftrag, künftighin immer Professor Oppolzer zu fragen, ob sie ihn aufbetten dürfen. – Sonntag schrieb ich auch Ihrem Herrn Vater, welcher ihn gestern besuchte und morgen wieder kommen wird. – Oppolzer kommt täglich mehrmals. – Wegen der Schmerzen in den Bauch- und Brustmuskeln hat er gegenwärtig beschleunigte Atembewegung, vielleicht hängt davon die größere Pulsfrequenz ab; ich glaube jedoch, dass der Prozess im Ganzen noch in Zunahme ist, und dass er mehrere Wochen brauchen wird. – Bis jetzt ist Endocarditis nicht vorhanden; ob mit diesen Brustschmerzen eine schwache Pleuritis in Verbindung, lässt sich nicht beurteilen. In der letzten Nacht hat er etwas geschlafen; ergriffen sind die Sprunggelenke; etwas die Kniegelenke, beide Schultern, Ellbogen und ein Handwurzelgelenk, etwas Schmerzen beim Schlingen; keine anderweitigen besonderen Erscheinungen (Delirien, Erbrechen etc.). Ihr Bruder hält das Ganze nur für vorwiegend Muskelrheumatismus oder vielmehr Ergriffensein der Sehnen und Fascien. Es ist natürlich alles beisammen; ich bitte jedoch in Ihren Briefen das Wort Gelenksrheumatismus nicht zu gebrauchen; es ist fernerhin nicht möglich, sein Herz oft genau zu untersuchen, da ihm das Angst macht; ich habe ihn vorgestern genau und heute nur durch die Flanelljacke untersucht. Wenn auch ein schwaches Reiben einmal vorhanden ist und nicht gehört werden sollte, so liegt da nichts daran. Ich kann mein Ohr nur unter der Formel auflegen, das ich Ihnen wahrheitsgetreu berichten will – und außerdem bin ich nicht sein behandelnder Arzt. Ich werde mir jedoch erlauben, ihn zu besuchen und Ihnen alle 3–4 Tage zu berichten. Ferner werde ich womöglich Sorge trage, dass er nicht zu viel Besuche bekömmt.

Empfehlungen an Professor Körner, falls Sie ihn sehen.

Ihr Fr[eun]d

Rembold

Geehrter Freund!

Wenn sich Ihr Herr Bruder so befindet, dass Sie ihn auf eine Stunde verlassen können, so essen Sie doch heute mit uns zu Abend. Prof. Ludwig und Prof. Lorenz kommen, wahrscheinlich auch Dr. Thiry. Wir werden uns 20:30 Uhr zu Tisch setzen, wie gewöhnlich. Mit den besten Wünschen für Ihres Herrn Bruders Befinden Ihr

E. Brücke

L.124 *R.98

1863 XII 9, Graz

Lieber Bruder!

Nach einer normalen Fahrt bin ich wieder glücklich in Graz angekommen. Indem ich Dir notifiziere, wünsche ich Dir eine schleunige Rekonvaleszenz, vielen Appetit und guten Humor oder umgekehrt guten Appetit und vielen Humor. Der Vater wird gelegentlich eines Besuches bei Dir diesen Brief zu lesen bekommen und daraus nicht nur meine glückliche Ankunft in Graz, sondern auch, was ich hinzufüge, erfahren, dass meine Stulpstiefeln und mein Plaid mich in einer schlaffördernden Temperatur erhalten haben.

Heute habe ich auch meine Vorlesung schon gehalten und die Entzündung der Froschschwimmhaut nach Ätzung mit Ammoniak und die lokal Hyperämie am Kaninchenohr nach Resektion des Halssympathikus demonstriert.

Ich war also wieder in voller Tätigkeit. Nun lebe wohl, mit vielen Grüßen an Dich, Rembold, Becker etc. Dein

Alexander

Anmerkung Telegramm

Herrn Dr. Alexander Rollett k.k. Professor in Graz, Stadt Karmeliterplatz Nr 65

Emil geht es gut, komme daher nicht. Ich werde Dir den 12ten schreiben

Carl Rollett

Anmerkung Telegramm

Professor Rotteck [sic] Graz Karmeliterplatz Nr 65. Emil gestern gut, heute gut. Rücken viel freier. Grüßt bestens.

Becker

L.127 *R.99

1863 XII 11, Wien

Lieber Freund!

Emil im Ganzen besser. Eben habe ich ihn aufsetzen lassen. Reste von beiderseitiger Pneumonie (ganz unbedenklich). Hoffentlich zu Weihnachten in Baden. Habe Eile

Rembold

L.128 *R.100

1863 XII 16, [Wien]

Anstatt einer längeren Krankengeschichte schicke ich Dir den von Deinem Bruder geschriebenen Brief. Harn heute licht, Puls stets 60. Etwas Langeweile, doch ziemlich heitere Stimmung.

Es grüßt Dich

Rembold