Das Doppelspaltexperiment
- Doppelspalt-Welle
- Doppelspalt-Teilchen
Doppelspalt-Welle
Doppelspaltexperiment mit Wellen - Versuchsaufbau
Abbildung 1: Schematische Darstellung des Doppelspaltexperiments.
Dieses Experiment dient zur Illustration des Phänomens der Interferenz, einer
typischen Eigenschaft von Wellen.
Eine Quelle Q erzeugt eine
Welle, die auf einen Schirm S trifft. Der Schirm hat zwei dünne Spalte
und ist sonst undurchlässig. Die Amplitude der Welle hinter dem Schirm wird mit
einem Messgerät D gemessen.
Bei Lichtwellen beschreibt die
Amplitude die Intensität (= Helligkeit) des Lichtes. Die Schwingungen des
Lichtes sind aber zu schnell, und die Wellenlängen zu kurz, als dass man die
Wellenbewegung hinter dem Doppelspalt direkt beobachten könnte. Wenn das
Experiment mit Lichtwellen durchgeführt wird, verwendet man als Messgerät oft
einen Schirm, den man in einiger Entfernung hinter dem Doppelspalt aufstellt.
Auf diesem Schirm kann man dann die Helligkeitsverteilung des auftreffenden
Lichtes beobachten. Dort, wo es hell ist, trifft eine Lichtwelle mit großer
Amplitude auf, dunkle Zonen sind dort, wo die Lichtwelle kleine oder
verschwindende Amplitude hat.
Die Spalte können einzeln geschlossen werden,
um die Teilwellen, die durch die einzelnen Spalte treten, getrennt untersuchen
zu können.
Ziel des Experiments ist es, die wechselseitige Beeinflussung
(=Interferenz) der beiden Teilwellen aus den einzelnen Spalten zu
demonstrieren.
Die experimentelle Anordnung soll garantieren, dass die
Erregung in beiden Spalten die gleiche Frequenz und die gleiche Phase hat (dh.
die Schwingungen in beiden Spalten erfolgen im Gleichtakt).
Beobachtung des Interferenzmusters hinter dem Doppelspalt
Video: Interferenzmuster hinter dem Doppelspalt
Beim Doppelspaltexperiment läßt man eine Welle (zB. Licht einer bestimmten
Frequenz) senkrecht auf einen Schirm treffen, der zwei dünne Spalte hat und
sonst undurchlässig ist. Die Welle kann also nur an der Stelle der beiden
Spalte durch den Schirm hindurchtreten. Hinter dem Schirm ist jeder Spalt ein
gut lokalisierter Ausgangspunkt für eine neue Welle. Diese beiden Wellen
breiten sich in dasselbe Raumgebiet hinein aus und überlagern sich dort.
Die Schwingungen der Wellengröße im Inneren der Spalte sind der Ursprung
der beiden Wellen, deren Überlagerung wir hier studieren. Diese beiden Wellen
haben die gleiche Frequenz und die gleiche Phase, denn die Schwingungen in
beiden Spalten werden durch ein und dieselbe senkrecht einfallende Welle
erzeugt.
Beobachtung: Hinter dem Schirm bildet sich ein
Interferenzmuster, bestehend aus Zonen mit großer und Zonen mit kleiner
Wellenamplitude.
Der Film zeigt nur den Bereich hinter dem Doppelspalt. Die
(von links her) einfallende Welle ist nicht gezeigt, der Schirm ist ganz links
im Querschnitt dargestellt. Das sich hinter dem Doppelspalt ausbildende
Interferenzmuster ist dem, das bei der Überlagerung zweier Kreiswellen
entsteht, sehr ähnlich. Die Auslöschungszonen sind annähernd geradlinige,
symmetrisch angeordnete Streifen, die vom Mittelpunkt zwischen den beiden
Spalten auszugehen scheinen.
Wellenbeugung am Einzelspalt
Um das Interferenzmuster beim Doppelspaltexperiment zu untersuchen, wollen wir
die Beiträge der einzelnen Spalte getrennt betrachten. Dazu verwenden wir
dieselbe Versuchsanordnung, schließen aber jeweils einen der beiden Spalte. Auf
diese Weise werden die einzelnen Teilwellen sichtbar, die im
Doppelspaltexperiment zur Überlagerung kommen.
Offenbar ist jeder Spalt
Ausgangspunkt einer annähernd halbkreisförmigen Welle. Die Schwingung der
Wellengröße im Inneren eines offenen Spaltes bildet ein annähernd punktförmiges
Erregungszentrum, von dem aus sich eine Kreiswelle ausbreitet. Die Amplitude
dieser Kreiswelle nimmt mit der Entfernung vom Spalt allmählich ab.
Überlagerung der Einzelspaltergebnisse
Video: Interferenzmuster hinter dem Doppelspalt durch Überblendung zweier Bilder. Das Interferenzmuster kommt hier durch die Überlagerung von Grautönen zustande.
In der grafischen Darstellung einer Welle werden die Werte der Wellengröße
durch Grautöne beschrieben (dunkel - Wellentäler, hell = Wellenberge). Der
Überlagerung zweier Wellen entspricht die Überlagerung der Grauwerte, wie sie
zum Beispiel bei der optischen Überblendung der Einzelbilder passiert.
Tatsächlich können wir so das Doppelspalt-Interferenzmuster durch Überblendung
der Bilder von den Einzelspalt-Wellenfeldern sichtbar machen.
Beim
Überblenden werden einfach die Grauwerte der Einzelbilder überlagert. Dabei
erhält man an jeder Stelle die Mittelwerte der Grautöne der Einzelbilder. Wenn
man den Regler genau in die Mitte stellt, tragen beide Bilder gleichmäßig zur
Überlagerung bei. Dann sieht man das Interferenzmuster ganz deutlich.
Insbesondere erkennt man deutlich die Linien in einem mittleren Grauton, wo die
Wellenberge des einen Bildes (hell) mit den Wellentälern des anderen Bildes
(dunkel) zusammenkommen.
Abhängigkeit des Interferenzmusters von der Wellenlänge
Video: Wellenlängen-Abhängigkeit des Doppelspalt-Interferenzmusters. Verschiebe den Regler um die Wellenlänge zu ändern.
Das Interferenzmuster im Doppelspaltexperiment ist von der Wellenlänge
abhängig. Je kürzer die Wellenlänge (je größer die Wellenzahl k), desto größer
die Anzahl der Linien, entlang denen Auslöschung stattfindet.
Man kann die
Neigungswinkel der Linien, entlang denen die Auslöschung stattfindet,
berechnen. Man findet, dass die erste Auslöschung bei einem Winkel erfolgt, für
den gilt
sin φ = λ / 2d
Dabei ist λ die Wellenlänge, d
ist der Abstand zwischen den beiden Spalten. Die Herleitung dieser Formel kann
man mit ein wenig Trigonometrie aus der folgenden Grafik ablesen.
Abbildung 2: Von den beiden Erregungszentren gehen kreisförmig Wellenberge (hell) und Wellentäler (dunkel) aus. Befindet man sich in der angegebenen Richtung in großer Entfernung vom Doppelspalt, dann unterscheidet sich der Abstand von den beiden Erregungszentren gerade um eine halbe Wellenlänge. In dieser Richtung überlagern sich also immer die Wellenberge aus dem einen Spalt mit den Wellentälern aus dem anderen Spalt.
Aus dieser Formel folgern wir, dass der Winkel, unter dem das erste Mal Auslöschung erfolgt, umso kleiner ist, je kleiner die Wellenlänge λ und je größer der Abstand d der beiden Spalte ist.
Doppelspalt-Teilchen
Doppelspaltexperiment mit Teilchenstrahlen - Versuchsaufbau
Abbildung 3: Schematische Darstellung des Doppelspaltexperiments.
Das Doppelspaltexperiment kann auch mit Teilchenstrahlen durchgeführt
werden.
Eine Teilchenquelle Q erzeugt einen
Teilchenstrahl
,
der auf einen Schirm S trifft. Der Schirm hat zwei dünne Spalte und
ist sonst undurchlässig. Die Teilchendichte hinter dem Schirm wird mit einem
Detektor D gemessen.
Die Spalte können einzeln geschlossen werden,
um die Teilstrahlen, die durch die einzelnen Spalte treten, getrennt
untersuchen zu können.
Ziel des Experiments ist es, die wechselseitige
Beeinflussung (=Interferenz) der beiden Teilstrahlen aus den einzelnen Spalten
zu untersuchen.
Klassische Teilchenstreuung am Doppelspalt
Video: Vorstellung der klassischen Physik: Ein Schwall von Teilchen trifft auf den Doppelspalt. Alle Teilchen bewegen sich unabhängig voneinander (es erfolgen keine Zusammenstöße). Die Bewegung eines jeden Teilchens ist im Prinzip individuell verfolgbar. Von jedem Teilchen hinter dem Schirm steht fest, durch welchen Spalt es gekommen ist.
Hier sehen wir die klassische (nur für makroskopische Teilchen richtige)
Vorstellung vom Doppelspaltexperiment mit Teilchen. Eine Teilchenkanone feuert
einen Schwall von Teilchen auf die Wand mit dem Doppelspalt. Einige der
Teilchen treffen durch die Löcher und werden durch die Wechselwirkung mit den
engen Spalten mehr oder wenig stark abgelenkt. Im Film ist eine ziemlich starke
Ablenkung gezeigt (verursacht durch eine Art "elektrostatische" Abstoßung der
Teilchen durch die Spaltwände).
Ziel des Experiments ist die Messung der
räumlichen Verteilung der Teilchen im Bereich hinter dem Doppelspalt. Man zählt
einfach, wieviele Teilchen pro Zeiteinheit in bestimmte Richtungen
davonfliegen.
Charakteristisch für die klassisch-physikalische Vorstellung
ist, dass die Bewegung eines jeden einzelnen Teilchens entlang einer
eindeutigen Bahnkurve erfolgt. Daher steht es bei jedem am Schluss gefundenen
Teilchen eindeutig fest, durch welchen der beiden Spalte es gekommen ist - auch
wenn dies dem Experimentator aus praktischen Gründen eventuell nicht bekannt
ist. (In der Praxis sieht man individuelle Teilchenbewegungen bei
makroskopische Teilchen, deren Bewegung man filmen kann).
Natürlich kann
die Teilchenbewegung durch eine Wechselwirkung der Teilchen untereinander
beeinflusst werden. Teilchen aus dem einen Spalt könnten mit Teilchen aus dem
anderen Spalt zusammenprallen. Wir wollen aber annehmen, dass diese Ereignisse
nur extrem selten auftreten. Das ist der Fall für realistische
Teilchenstrahlen, in denen die Teilchen extrem klein und daher im Vergleich zu
ihrer Größe sehr weit voneinander entfernt sind.
Man kann sich auch
vorstellen, dass die Kanone die Teilchen nacheinander abfeuert und sich die
Teilchen daher nie selbst behindern können. Die Bewegung der Teilchen ist
garantiert voneinander unabhängig wenn wir sie einzeln und nacheinander
losschicken.
Wenn das Experiment unter der Bedingung stattfindet, dass die
Bewegung eines jeden Teilchen unbehindert durch die anderen erfolgt, erscheint
das folgende Resultat unausweichlich:
Die Anzahl von Teilchen, die man in irgendeinem Bereich hinter dem
Doppelspalt findet, ist
die Anzahl der Teilchen, die durch den einen
Spalt dorthin gekommen sind
plus
die Anzahl der Teilchen, die durch den anderen Spalt dorthin gekommen sind.
Anders gesagt:
Die Teilchendichte hinter dem Doppelspalt
ist
die Teilchendichte die man findet, wenn ein Spalt geschlossen ist
plus
die Teilchendichte, die man findet, wenn der andere Spalt geschlossen
ist.
Teilchendichte hinter einem einzelnen Spalt
Wir schicken einen Strahl von kleinen Teilchen auf den Schirm mit dem
Doppelspalt. Diejenigen Teilchen, die durch die engen Spalten hindurchtreffen,
werden in alle Richtungen verstreut.
Wir zeigen zunächst die Teilchendichte
hinter dem Schirm, wenn jeweils einer der Spalte geschlossen ist.
Abbildung 4
Abbildung 5
Wir sehen, dass hinter dem Schirm die Teilchen annähernd gleichmäßig in alle
Richtungen verstreut werden. Die Teilchendichte ist im Spalt maximal und nimmt
danach in alle Richtungen ab, da sich die vorhandenen Teilchen auf ein größeres
Raumgebiet verteilen.
Was passiert, wenn beide Spalten geöffnet sind?
Klassische Erwartung für das Doppelspaltexperiment mit Teilchen
Abbildung 6: Teilchendichte im Doppelspaltexperiment gemäß den Erwartungen der klassischen Physik: Die Teilchendichten aus den Experimenten, bei denen nur jeweils ein Spalt offen ist, sollten sich einfach addieren.
Wir lassen einen Teilchenstrahl auf den Doppelspalt fallen. Der
Strahlquerschnitt muss größer sein als der Abstand der Spalte. Diejenigen
Teilchen, die durch den Doppelspalt hindurchtreten, werden in verschiedene
Richtungen gestreut. Welche Verteilung der Teilchendichte erwarten wir hinter
dem Doppelspalt?
Das Bild oben zeigt die Erwartung der klassischen Physik:
Die Teilchendichten aus den Einzelspaltexperimenten sollten sich einfach zur
Teilchendichte im Doppelspaltexperiment addieren.
Doppelspaltexperiment mit Teilchenstrahlen - Experimentelles Ergebnis
Bei Durchführung des Doppelspaltexperiments mit einem Strahl aus Elementarteilchen (zB Elektronen) ergibt sich, im Gegensatz zur klassischen Erwartung, für die Teilchendichte das folgende Resultat:
Abbildung 7: Experimentelles Resultat für die Teilchendichte im Doppelspaltexperiment.
In manchen Richtungen findet man eine hohe Teilchendichte, in anderen
Richtungen (dunkle Zonen), ist die Teilchendichte aber sehr gering oder
Null.
Die Verteilung der Teilchendichte zeigt ein "Interferenzmuster".
Dieses ist ähnlich wie die Verteilung der Wellenamplituden im Doppelspaltexperiment mit Wellen. Der wesentliche Unterschied ist: In
den Einzelspalt-Teilchendichten ist keinerlei Wellenstruktur erkennbar, im
Interferenzmuster gibt es zwar Zonen mit Auslöschung und Verstärkung, in den
Zonen mit Verstärkung gibt es aber wieder keinerlei Wellenmuster in
Ausbreitungsrichtung.
Doppelspaltexperiment mit Teilchen - Impulsabhängigkeit
Video: Animation: Die Abhängigkeit des Interferenzmusters vom Impuls der Teilchen (Impuls = Masse mal Geschwindigkeit). Verwende den Regler, um den Impuls zu verändern. Kleine Impulse: Regler ganz links. Große Impulse: Regler ganz rechts.
Das Interferenzmuster in der Teilchendichte ist abhängig vom Impuls der Teilchen. Je höher der Impuls, desto höher die Anzahl der Interferenzstreifen und desto feiner wird das Interferenzmuster.
Wir nehmen an, dass im Teilchenstrahl, der auf den Doppelspalt gelenkt wird, alle Teilchen denselben Impuls haben. Wenn wir weiters annehmen, dass die Teilchen durch den Doppelspalt elastisch gestreut werden, wird nur die Richtung der Bewegung verändert, nicht aber der Betrag der Geschwindigkeit. Dann haben die Teilchen hinter dem Schirm den gleichen Betrag des Impulses, wie die Teilchen im einfallenden Teilchenstrahl.
Wir beobachten folgendes: Beim Experiment mit Teilchen hängt das
Interferenzmuster vom Impuls ab. Je größer der Impuls, desto näher rücken die
Auslöschungszonen aneinander.
Hier ist es nützlich, sich wieder zu
vergegenwärtigen, wie beim Doppelspaltexperiment mit Wellen die Lage der Auslöschungszonen von
der Wellenlänge abhängt. Die Resultate sind sehr ähnlich.
Analog wie beim
Experiment mit Wellen hängt auch in diesem Fall das Interferenzmuster von der
Distanz d zwischen den beiden Spalten ab.
Da sich die Position der
Auslöschungsstreifen experimentell bestimmen lässt, kann man den genauen
Zusammenhang zwischen dem Winkel φ, unter dem der erste Auslöschungsstreifen
erscheint, der Distanz d zwischen den Spalten und dem Impuls p der Teilchen
durch Messung bestimmen. Man erhält:
sin φ = const. / p d
Es liegt nahe, dieses Resultat mit dem gerechneten Ergebnis für Wellen zu
vergleichen:
sin φ = λ / 2d = π / k*d
Dabei haben wir noch die Wellenlänge λ durch die Wellenzahl k ausgedrückt:
λ = 2π / k.
Der Impuls spielt für das Interferenzmuster der Teilchendichte
eine analoge Rolle wie die Wellenzahl k bei der Wellen-Interferenz.
Große Impulse: Der Übergang zur klassischen Physik
Abbildung 8: Teilchendichte nach der klassischen Physik
Abbildung 9: Quantenmechanische Interferenz bei großem Impuls
Das Interferenzmuster wird umso feiner, je größer der Betrag des Impulses der
beteiligten Teilchen ist. Ein extrem feines Interferenzmuster ist aber nicht
messbar, da die Detektoren eine gewisse Messöffnung haben, über die die
Teilchendichte gemittelt wird. Ein klar nachweisbares Interferenzmuster gibt es
also nur bei Teilchenstrahlen deren Teilchen einen extrem geringen Impuls haben
- also insbesondere bei extrem leichten und langsamen Teilchen
(niederenergetischen Elementarteilchen).
Bei jedem makroskopisch sichtbaren
Teilchen ist der Impuls viel zu groß. Etwaige Interferenzmuster sind daher viel
zu klein, um nachweisbar zu sein. Die Teilchendichte ist dann nicht
unterscheidbar von der klassischen Teilchendichte.
Die Abbildungen
illustrieren diesen Sachverhalt. Abbildung 1 zeigt wieder die "klassische
Teilchendichte", die durch einfache Addition der Teilchendichten aus den
Einzelspaltexperimenten erhalten wurde. Abbildung 2 zeigt die
quantenmechanische Teilchendichte für einen Teilchenstrahl mit relativ hohem
Impuls. Das Interferenzmuster nähert sich bereits dem klassischen Bild und in
der Nähe der Öffnungen sind bei dieser Bildauflösung keine Interferenzstreifen
mehr erkennbar. Erst in großer Entfernung vom Doppelspalt werden die
Interferenzstreifen wieder deutlicher. In großer Entfernung wird es aber wegen
unvermeidlicher Störungen von außen auch immer schwieriger, das
Interferenzmuster zu beobachten.
Der Impuls makroskopisch sichtbarer
Teilchen ist nochmals um viele Zehnerpotenzen größer. Die hier besprochenen
Effekte sind also mit Teilchen, die unseren Sinnen direkt zugänglich sind,
nicht feststellbar.
Diskussion des Doppelspalt-Experiments für Teilchen
Beim Doppelspalt-Experiment mit Teilchen wird ein Teilchenstrahl auf eine Wand mit zwei Spalten gerichtet. Wenn die einzelnen Spalte sehr eng sind, entstehen hinter der Wand zwei weit aufgefächerte, sich überlappende Teil-Strahlen. Im Überlappungsbereich zeigt die Teilchendichte ein Interferenzmuster ähnlich dem, das bei Wellen auftritt, obwohl die Einzelstrahlen keine beobachtbare Wellenstruktur zeigen.
Beobachtung 1: Die Interferenz beruht nicht auf Kräften zwischen den Teilchen.
Die Teilchenstrahlen wurden als dünn besetzt angenommen. In dünn besetzten Strahlen bewegt sich jedes Teilchen im Wesentlichen so, als ob es ganz alleine wäre. Das Ergebnis des Experiments hängt dann nicht mehr von der Teilchendichte im Strahl ab. Wir schließen also eine mögliche Wechselwirkung der Teilchen untereinander als Ursache des Interferenzphänomens aus.
Das Interferenzmuster kommt nicht durch Wechselwirkung der Teilchen im Strahl zustande.
Das Interferenzmuster tritt auch dann auf, wenn die Teilchen einzeln losgeschickt werden. Im nächsten Abschnitt verfolgen wir diesen Gedanken etwas genauer.
Beobachtung 2: Das Interferenzmuster entsteht als Summe von Einzelereignissen
Wir schicken nun einzelne Teilchen gegen die Wand mit dem Doppelspalt. Für
jedes Teilchen werden alle Einzelheiten des Experiments exakt wiederholt,
sodass jedes Teilchen unter den exakt gleichen Bedingungen losgeschickt
wird.
Hinter dem Schirm werden diejenigen Teilchen, die den Doppelspalt
passiert haben, einzeln registriert.
Das erste Teilchen wird an einer
bestimmten Stelle gefunden...
Das zweite Teilchen wird an irgendeiner
anderen Stelle registriert...
Wenn man aber genügend viele solche
Einzelteilchenexperimente durchführt, sieht man in der zufälligen Verteilung
der gefundenen Orte wieder das Interferenzmuster.
Das Interferenzmuster entsteht durch Aufsummieren von Einzelteilchenereignissen. Interferenz ist ein Einzelteilchenphänomen.
Extrem dünn besetzte Teilchenstrahlen können experimentell tatsächlich
realisiert werden. Dabei ist ein Teilchen de facto schon im Detektor
verschwunden, bevor das nächste von der Teilchenquelle losgeschickt wird. Zu
jeder Zeit ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nur ein einziges Teilchen
unterwegs.
Zur Beobachtung von Interferenzmustern in dieser Situation
muss man nur genügend lange warten und die hinter den Schirm gelangenden
Teilchen über längere Zeit hinweg registrieren. In manchen Regionen findet
man dabei häufiger ein Teilchen als in anderen, an gewissen Stellen wird
sogar niemals ein Teilchen eintreffen (nämlich an jenen, die durch
Interferenz "verboten" sind). Symbolisiert man die Anzahl der insgesamt an
jeder Stelle gefundenen Teilchen durch einen Grauton, erhält man wieder das
Interferenzmuster.
In der modernen Quantenmechanik steht man daher auf
dem Standpunkt, dass das Interferenzmuster eine Eigenschaft der Bewegung
eines einzelnen Teilchens ist.
Beobachtung 3: Die genaue Bewegung eines einzelnen Teilchens ist unbeobachtbar.
In der klassischen Physik legen die Anfangsbedingungen die Bewegung eines
Teilchens beliebig genau fest. Wenn wir jedes Teilchen also ganz genau so
losschicken, wie das vorherige, sollte es sich dann nicht entlang derselben
Flugbahn bewegen, durch denselben Spalt gehen, und schließlich auch am
selben Ort registriert werden?
In der modernen Physik ist man zum
Schluss gekommen, dass es offenbar prinzipiell nicht möglich ist, den
Anfangszustand so genau festzulegen. Egal, wie genau man die Bedingungen des
Experiments reproduziert, es bleibt unbestimmt, wo genau die Teilchen am
Schluss ankommen. Trotz identischer Behandlung der einzelnen Teilchen bleibt
die spätere Ortsmessung ein Experiment mit einem zufälligen
Ausgang.
Mehr noch: Wenn wir ein Teilchen registrieren, können wir nicht
sagen, durch welchen der beiden Spalte es gegangen ist. Bei
Elementarteilchen ist es auch nicht möglich, sie schon während des Flugs zu
verfolgen. Um sie zu filmen, müsste man sie nämlich mit Licht beleuchten,
was ihre Bewegungsrichtung verändern und das Interferenzmuster zerstören
würde.
Zahlreiche Experimente haben gezeigt, dass mit Teilchen, von
denen feststeht, durch welchen Spalt sie jeweils gegangen sind, kein
Interferenzmuster mehr zustande kommt. Deren Ortsverteilung ist dann
genauso, als wären sie durch einen Einzelspalt gekommen. Interferenz tritt
dann auf, wenn das Teilchen mehrere Möglichkeiten hat, ans Ziel zu gelangen.
Im Doppelspaltexperiment kommt das Interferenzmuster nur dann zustande, wenn
dem Teilchen beide Spalte offenstehen.
Wir können über den Weg eines einzelnen Teilchens nichts aussagen! Die Teilchenorte sind zufällig verteilt. Interferenz kommt nur dann zustande, wenn beide Spalte offen sind und es bei jedem Teilchen unbestimmt ist, durch welchen Spalt es gekommen ist.
Diese Feststellung, dass in gewissen Situationen Orte und Wege von Teilchen prinzipiell unbestimmt sind, scheidet die Quantenphysik von der klassischen Physik.
Beobachtung 4: Interferenz tritt (im Prinzip) bei allen Objekten auf.
Egal, ob die Teilchen Photonen, Elektronen, oder größere Teilchen sind, im
Prinzip zeigen Sie bei einem Doppelspaltexperiment Interferenz. Vor nicht
langer Zeit hat man das Doppelspaltexperiment sogar mit extrem großen
Molekülen durchgeführt und das Interferenzmuster nachgewiesen (mit
"Buckminster-Fullerenen", das sind C60-Moleküle,
die aus 60 Kohlenstoffatomen bestehen, die in der Form eines "Fußballs"
angeordnet sind).
Kein Interferenzmuster tritt auf, wenn durch die
Wechselwirkung mit der Umgebung feststeht, auf welchem Weg die Teilchen ans
Ziel gelangen (zum Beispiel, weil sie so groß sind, dass man sie bei Licht
sehen kann). In dieser Situation gilt wieder die klassische Physik.