Grazer didaktisches Textportal zur Literatur des Mittelalters

[Esel]
[Asinus ze latein haizt ze däutsch ain esel.
Lateinisch „Asinus“ heißt auf Deutsch Esel.
Daz tier waiz niht krieges,
Dieses Tier weiß nichts vom Krieg,
wann ez gar fridsam ist:
weil es ganz und gar friedlich ist.
Under herten straichen ist ez sänftig und güetig.
Unter harten Schlägen ist es sanft und gütig.
Ez tregt gar swär pürd auf im.
Es kann sehr schwere Lasten tragen.
Daz sind diu lob, diu der esel hat.
Das sind die positiven Eigenschaften, die der Esel hat.
Aber seineu laster sint,
Zu seinen negativen Eigenschaften gehört,
daz er unchäusch ist.
dass er unkeusch ist.
Er ist hinden sterker dan vorn,
Er ist hinten stärker als vorne,
Er hat ainen trägen ganch und ist unvernünftig:
hat einen trägen Gang und ist unvernünftig:
Er weicht niemant, der im begegent.
So weicht er niemandem aus, der ihm begegnet.
Die jungen esel sint in der jugent
Die jungen Esel sind in der Jugend
etswie vil schön und lustig anzesehen
sehr schön und unterhaltsam anzusehen,
und so sie elter werdent,
je älter sie jedoch werden,
so sie ie unlustiger werdent anzesehen.
desto hässlicher sind sie anzusehen.
Plinius spricht, daz der eselinne milch
Plinius spricht, dass die Milch der Eselin
gar weizz sei und daz sie auch helff
äußerst weiß ist und dass sie auch dabei hilft,
der menschen weizzen,
die Haut der Menschen aufzuhellen.
und da von list man,
Daher liest man auch,
daz des kaisers Neronis hausfraw
dass Kaiser Neros Ehefrau
sich padet in esels milch.
sich in Eselsmilch badete.
Esels flaisch macht gar pöz pluot dem,
Eselsfleisch macht demjenigen sehr schlechtes Blut,
der ez izzet, und lazt sich niht wol
der es isst, und es lässt sich nicht leicht
kochen in dem magen.
im Magen verdauen.
Jedoch ist ez pezzer wann der pferd flaisch.
Aber es ist besser als das Fleisch von Pferden.
Esels milch, also warm, sterkt die zend
Warme Eselsmilch stärkt die Zähne
und sänftigt irn smerzen und allermaist,
und lindert ihre Schmerzen, vor allem,
wenne man sie da mit reibt.
wenn man sie damit einreibt.
Si benimt auch daz ser säufzigen dem herzen.
Sie nimmt dem Herzen auch das Keuchen.
Der esel ist von natur gar kalt.
Der Esel ist von Natur aus kalt.
Ez spricht auch Aristotiles,
Aristoteles sagt auch,
daz die esel die kelten mer fürhten denn andreu tier.
dass Esel die Kälte mehr fürchten als andere Tiere.
Darumb unkäuschent si niht in den
Aus diesem Grund paaren sie sich nicht in jenen Zeiten,
ebennähtigen zeiten sam diu pfert,
wo Tag und Nacht gleich lang sind, wie dies die Pferde tun,
aber sie unkäuschent in dem sumer, dar umb,
sondern im Sommer und zwar deshalb,
daz ir gepurt sei in warmer zeit.
damit die Geburt zu einer warmen Jahreszeit stattfindet.
Die eslinne tragent iriu kint
Die Muttertiere tragen ihren Nachwuchs
in dem leib ein ganzez jar.
ein ganzes Jahr im Körper.
Plinius spricht, daz der esel pain
Plinius sagt, dass die Knochen der Esel
weizer sei dann andreu pain.
weißer als andere Knochen sind.
Diu eslinne gepirt selten zwai kint
Die Eselin gebärt selten zwei Kinder
und wenne sie gepern schol,
und wenn sie niederkommt,
so fleuht si daz lieht und suocht die vinster,
dann entflieht sie dem Tageslicht und sucht die Finsternis,
daz si von dem menschen iht gesehen werd.
damit sie vom Menschen nicht gesehen wird.
Dar umb spricht diu geschrift:
Darum steht in der Bibel geschrieben:
>Dein denkiu hant schol niht wizzen,
>Deine linke Hand soll nicht wissen,
waz dein gerehteu hant würkt. <
was deine rechte tut. <
Diu eslinne gepirt als lang sie lebt,
Die weiblichen Esel bleiben ihr ganzes Leben fruchtbar,
daz ist unz zuo dreizig jarn.
das sind bis zu 30 Jahre.
Also scholt der mensch fruhtpär sein
Genauso soll auch der Mensch fruchtbar sein
mit guoten werken unz an sein end.
mit guten Taten bis zu seinem Lebensende.
Dar umb spricht diu geschrift:
So steht auch in der Heiligen Schrift:
>wer volharret unz an sein end, der wirt behalten. <
>Wer bis an sein Ende wirkt, der wird gerettet werden.<
Etleich esel trinkent niht danne gewönleich prunnen
Viele Esel trinken nichts als reines Quellwasser
und gar guot wazzer.
und vollkommen gutes Wasser.
Dar umb spricht diu geschrift
Aus diesem Grund steht in der Bibel
in dem andern puoch] des weissagen Jeremie:
im anderen Buch des Propheten Jeremias:
>Wacz [chraft] hastu in dem lant egipti,
>Welche Macht hast du im Land Ägypten,
das du trübes wasser trinchest?
wenn du trübes Wasser trinkst?
Das ist wertleiche chunst, die trüb und vinster ist.
Das ist weltliche Lehre, die trüb und finster ist.
Und das ist dir an dem weg die läut, die assirien haissent,
Und was hast du am Weg jener Menschen,
das du vliessent wasser trinchest?
die Assyrier heißen, wenn du fließendes Wasser trinkst?
Das ist lebentige göttleiche chunst.<
Das ist die lebendige göttliche Lehre.<
So der esel über ein pruck sol gen,
Wenn der Esel über eine Brücke gehen soll
sicht er in das wasser,
und er in das Wasser sieht,
er get nicht leicht hin uber.
dann geht er nicht gern hinüber.
Ich sprich auch, das der esel vorn,
Ich sage überdies, dass der Esel vorne,
da er chranch ist,
wo er schwach ist,
ein chrewcz trait auf dem ruck und hinden,
ein Kreuz auf dem Rücken trägt und hinten,
da er die n[i]rn trait, da ist er stargk.
wo er die Nieren hat, stark ist.
Also tun wir üppigen leut und pfaffen:
Genauso verhalten wir maßlosen Menschen und Geistlichen uns:
Da wir das chrewcz solten tragen
Dort, wo wir das Kreuz tragen sollen
mit vasten und mit peten
mit Fasten und Beten
und mit allem gotleichem dinst,
und mit allem göttlichen Dienst,
da sey wir laider chranch,
sind wir leider schwach,
aber da wir uncheusch und unfuor tragen,
aber dort, wo wir Unkeuschheit und Unfug treiben,
da sey wir stargk.
sind wir stark.
Eber
Aper [ze latein] haisst [ze däutsch] ein per oder ein eber
Lateinisch „Aper“ heißt auf Deutsch Bär oder Eber
und ist czwaierlay: wilder und czamer.
und ist zweierlei Natur: wild und zahm.
Der wild ist ein stargk tier
Der wilde Eber ist ein starkes Tier
und mag nicht gelert werden,
und kann nicht gelehrt werden,
das er haimleich und czam werde,
dass er vertraut und zahm wird,
aber ez ist alleweg grimmig und ist scharf.
da er immer grimmig und zornig ist.
Es ist scharf und hat groz hawend czend
Er ist grausam und hat große, hauende Zähne
und die czend sind an dem lebentigen oben
und die Zähne gleichen am lebendigen Eber
recht als ein scharffs eysen.
einem scharfen Eisen.
Aber so er aus dem eber chümpt,
Aber sobald dem Tier die Zähne ausfallen,
so sint si nicht mehr als scharf sam vor.
sind sie nicht mehr scharf wie zuvor.
Der eber bedeut uns die leut,
Der Eber ist das Sinnbild jener Menschen,
die chain ler guoter werch wellent an sich nehmen
die nicht von guten Taten belehrt werden können
und all czeit grimmig und swarcz sind in iren sünden.
und alle Zeit grimmig und finster in ihren Sünden verharren.
Die leut habent czend gechruomet auf sich selben,
Diese Menschen haben die Zähne gegen sich selbst gerichtet,
wann: wer dem andern begert cze schaden,
denn: Wer dem anderen willentlich Schaden zufügen möchte,
der schatt im selber von erst.
der schadet sich zu allererst selbst.
Si habent halb füssig czend,
Sie haben einen halben Fuß lange Zähne,
wann si verseren dem nachsten den leib,
denn sie versehren dem Nächsten den Leib,
aber der sel mügen si nicht geschaden.
der Seele können sie jedoch nicht schaden.
Si mügent wol grymmen die weil si lebent,
Sie mögen zornig sein, solange sie leben,
[aber nach dem tod niht].
aber nach dem Tod nicht mehr.
Das tier hat die art, js,
Das Tier hat die Eigenart, dass es,
daz es der jäger frü jagt,
wenn es der Jäger am Morgen jagt,
ee das es seinen harm lat,
ehe es seinen Harn entleert hat,
so wirt es snell müd.
schnell ermüdet.
Hat aber es geharmet oder harmt di selb weyl,
Hat es seinen Harn jedoch bereits entleert oder harnt währenddessen,
so mag man es müleich gefahen.
so kann man es nur mühevoll einfangen.
Des ebers mist also warm und also vrisch
Der warme und frische Kot des Ebers
ist gut fur das plut vliessen aus der nasen.
hilft sehr gut gegen Nasenbluten.
Jsset die wild ebermuter vil aicheln,
Frisst die Wildsau viele Eicheln,
die weil si trait, so der wirfft sy.
während sie trächtig ist, so wirft sie.
Die swein habent die art,
Die Schweine haben das Wesen,
das si das ertreich umb wülent
dass sie die Erde umwühlen
und das si mit den rüsseln
und mit den Rüsseln
in harbigem unlustigem ertreich rüent.
in der groben, widerlichen Erde herumwühlen.
Das erst verchlein ist chrencher
Das erstgeborene Ferkel ist schwächer
und chlainer denn die andern.
und kleiner als die anderen.
Wann si vil varchlein hat,
Wenn die Wildsau viele Ferkel hat,
so ist ir milch gar lauter und wen.
dann ist ihre Milch sehr klar und dünnflüssig.
Under den haimischen Ebern
Unter den zahmen Ebern
ist ainer chrencher denn der ander.
ist einer schwächer als der andere.
Der sterchker herscht den andern allen.
Der Stärkere herrscht über alle anderen.
Chümpt aber ein stercher
Sobald jedoch ein stärkeres Tier kommt
und uberwint den ersten,
und das erste besiegt,
so wirt er ir aller herr.
so wird es Herrscher über alle.
Wenn ein varch schreyt,
Wenn ein Ferkel quiekt,
so lauft ein gancze hertt czu
dann läuft die ganze Herde zu ihm
und helffent ein ander
und die Schweine helfen einander,
und rerent und sind czornig.
grunzen und sind zornig.
Ir toben wirt gesenftigt mit ezzig,
Ihre Wut wird gemildert,
wenn man den under si sprengt.
wenn man sie mit Essig besprengt.
Die varch muter wirt sneller vaisst,
Die Ferkelmutter wird schneller fett,
so man si genunt hat.
wenn man sie sterilisiert hat.
Wenn das varch ein aug verleust,
Verliert das Ferkel ein Auge,
so styrpt es sneller denn sust.
dann stirbt es schneller als gewöhnlich.
Wenn der wütenden verhlein muter gepirt,
Wenn die wütende Sau gebiert,
so gibt si das erst prüstlein dem sun
dann gibt sie die erste Zitze einem männlichen Ferkel
und nicht der tohter.
und nicht einem weiblichen.
So der mon chümpt an den lestem punckt seins abnemens,
Hat der Mond bis zum letzten Punkt abgenommen,
so nimpt der verhlein muter hirn mer ab
dann nimmt auch das Gehirn der Ferkelmutter mehr ab
denn chains andern tirs hirn
als das Hirn irgendeinen anderen Tieres.
und nympt so vast ab,
Es nimmt so stark ab,
das sein [gar clain] beleipt
dass es so klein wird
nach des varchs gröz.
wie das Hirn eines Ferkels.
Alches
Alches ist ein tier als plinius spricht unt auch solinus,
Der Elch ist ein Tier, von dem Plinius und Solinus berichten,
das hinder sich get,
das sich rückwärts bewegt,
wenn es sein waid sucht an den [kräutern].
wenn es sein Futter bei den Kräutern sucht.
Das bedeut die menschen,
Er steht für jene Menschen,
die da niden an hebent ze den fuezzen,
die unten bei den Füßen beginnen,
[daz si] an dem haubt sollten an [vahen
was sie eigentlich am Kopf beginnen sollten.
sam etleich, die wellent e contemplieren und jubilieren
Wie viele, die zuerst in hochgeistige Betrachtungen versinken wollen
oder frolocken in der götleichen güeten,
und sich an der göttlichen Güte erfreuen oder vergnügen möchten,
e si wainen umb ir sünd,]
noch bevor sie über ihre Sünden weinen,
als die schuler, die ee maister wellen sein denn junger.
wie die Schüler, die eher Meister als Lehrlinge sein wollen.
Achaines-Hirsch
[Aristoteles sagt] von einem tier,
Aristoteles berichtet von einem Tier,
das [haizzt haane].
das Achaines-Hirsch heißt.
[Daz ist in der] groz als ein hirss.
Das Tier hat die Größe eines Hirsches.
[An dem hât die nâtûr ir gewonhait verändert:]
An dem hat die Natur ihre Gewohnheit verändert:
Wenn all ander vifüssige tier habent ir gallen
Alle anderen vierbeinigen Tiere haben ihre Galle
inwendig des leibes,
innerhalb des Körpers
an das tier:
außer diesem Tier:
das hat sein galln oben pei den oren
Es hat seine Galle oben bei den Ohren
und ist gar pitter
und diese ist sehr bitter
und mach das tir gar czornig und grymmig.
und macht das Tier überaus zornig und grimmig.
Da pey verste die lewt und die smaicker,
Darunter erkenne jene Leute und Schmeichler,
die den leuten nach redent.
die den Menschen übel nachreden.
Wenn si die verhorent,
Wenn die Leute sie anhören,
so vercherent sie gute dinch
dann verkehren sie gute Dinge zum Bösen
mit ir falschen pitterkait.
mit ihrer falschen Bitterkeit.
Auerochse
Bubalus haisst in teutsch ein aurochs
„Bubalus“ heißt auf Deutsch Auerochse,
oder ein aurint oder ein waltrint.
Aurind oder Waldrind.
Das hat einen senfften anplick,
Das Tier hat ein sanftes Aussehen,
aber es ist gar grimmig,
ist jedoch sehr grausam,
wen es czornig wirt.
wenn es zornig wird.
Und ist grösser denn ein gemain rint.
Es ist größer als ein gewöhnliches Rind.
Desselben rindes milch
Die Milch dieses Rindes
waicht des menschen leip leichticleich
wirkt lösend auf den menschlichen Körper
und hailt vrisch wunden.
und heilt frische Wunden.
Und ist auch gut den,
Des Weiteren ist sie auch gut für jene,
die vergifft gnömen haben.
die Gift eingenommen haben.
Sein gall ist auch hailsam,
Auch die Galle des Aurindes ist heilsam,
wann si hailt der wunden masen
denn sie kuriert Wundnarben
und auch [o]ren smerczen.
und auch Ohrenschmerzen.
Das walt rint hat die art, jst,
Das Waldrind hat das Wesen,
das man im ein grosse pürd
wenn man ihm gegen seinen Willen
über seinen willen auff legt,
eine schwere Last auferlegt,
so wirt es zornig,
dann wird es so zornig,
das ez sich streckt auf die erden.
dass es sich auf die Erde niederwirft.
Und mag man es nicht leicht auff pingen,
Man bekommt das Tier nicht leicht wieder auf die Beine,
man ringer im dann die purd,
es sei denn, man erleichtert ihm wieder die Last,
da mit es beswert ist.
mit der es beschwert ist.
Es haist auch czu latein posontes.
Im Lateinischen heißt es auch „Posontes“.
Bomachus
Bomachus haist ein tier, als Solinus spricht,
Bomachus heißt ein Tier, wie Solinus berichtet,
das hat einen leip als ein ochs
das hat einen Körper wie ein Ochse
und schinpain als ein pferd.
und Schienbeine wie ein Pferd.
Es hat auch sein hörner
Seine Hörner hat es
mit so grosser chrümp czu einander chrümpt,
derart zueinander gekrümmt,
das ez die andern tyr nicht verseret,
dass es die anderen Tiere nicht verletzt,
die es da mit stözt.
die es damit stößt.
Das tier hat die art, wenn man es jagt,
Das Tier hat das Wesen, dass, wenn man es jagt,
so wirfft ez den waichen mist aus seinem leib
es den weichen Kot aus seinem Körper
nach im ein jeuch ackers
auf die Entfernung von einem Joch eines Ackers wirft.
und wen es da mit trifft, den prent ez
Denjenigen, den es damit trifft, den brennt es
und mit dem waffen veriagt es sein veint von im.
und mit dieser Waffe verjagt der Bomache seine Feinde.
Daz tier bedeut die guoten pfaffen,
Das Tier steht als Sinnbild für die guten Geistlichen,
die über die leut gesaczt sind,
die den Menschen vorgesetzt sind,
die mit irem weisen steten leben,
und mit ihrem klugen, beständigen Leben
ire hörner habent in sich gezogen und gechrümpt.
ihre Hörner in sich gezogen und gekrümmt haben.
Wenn si die auf ir undertan stozzent,
Wenn sie diese auf ihre Untertanen stoßen,
so wundent si in nicht,
dann verwunden sie sie nicht,
wann si erczaigent mit den werchen,
da sie mit ihren Taten bezeugen,
das sey ir undertan lerent mit den worten.
was sie ihre Untertanen mit Worten lehren.
Kamel
Der groz maister Basilius spricht
Der große Meister Basilius spricht
von dem camel oder dem chemlein,
über das Kamel und das Dromedar,
das es des posen gar ein lang gedachtnüss hab
dass es ein gutes Gedächtnis für das Böse hat
und einen swern czorn
und großen Zorn
und helt den lang.
lange Zeit für sich behält.
Und wenn man es geslecht,
Wenn man das Tier schlägt,
so tut es nyndert dem gleich
so zeigt es so lange keine Reaktion,
als lang uncz an die stat und die zeit eben chümpt,
bis sich ein guter Ort und Zeitpunkt ergeben,
so richt es sich denn zehant.
dann erst rächt es sich.
Es slint die gersten gar snell darumb,
Es verschlingt die Gerste äußerst schnell,
das es ander waid ezz mit indrukken.
damit es sie dann wiederkäuend noch einmal fressen kann.
Ettleich sprechent, das es die tugend an im hab:
Viele sagen, dass es folgendes Verhalten zeigt:
Jst in einer gantzen hertt oder in einem stall
Wenn in einer Herde oder in einem Stall
ein cämel, daz siech ist und das nicht isst,
ein Kamel krank ist und nichts frisst,
so sint die andern all mit im ungessen,
dann hungern auch die anderen Tiere mit dem Kranken,
recht, als ob si mit im leiden wollten.
so, als ob sie mit ihm leiden wollten.
Wenn seiner prunst czeit ist,
Wenn Brunftzeit ist
das es uncheuschen will,
und das Tier sich paaren möchte,
so suecht ez im ein haimleiche stat,
dann sucht es sich einen versteckten Ort,
da es die leut nicht sehent.
damit es die Leute nicht beobachten können.
Wann es uncheuscht hinderwertz
Das Kamel begattet sich von hinten
und sein weip hat so groz gelust zu im,
und das Weibchen hat so große Lust auf ihn,
das si vor gelust greint.
dass es vor Begierde grunzt.
Plinius spricht: Des chemleins hiern gemacht
Plinius behauptet: Das Gehirn des Kamels ist gut,
und getrunchen in esseich, ist gut.
wenn es in Essig zubereitet und getrunken wird.
Solinus spricht, daz das chämel
Solinus sagt, dass das Kamel
chain übrig pürd auf sich nem.
keine übermäßig schwere Last auf sich nimmt.
Maister Michel von schotten lantt spricht,
Meister Michael von Schottland behauptet,
daz daz jung chemel ze hant s[ein] waid nem,
dass das junge Kamel gleich mit dem Grasen beginnt,
wenn ez geporn werde.
sobald es geboren wird.
Aristoteles spricht, das ein man eins chamels muter
Aristoteles sagt, dass ein Mann die Mutter eines Kamels
verdackt mit einem [mantel] darumb,
mit einem Mantel bedeckte,
das ez mit seiner muter uncheuscht
damit sich das Kamel mit seiner Mutter paart,
und daz es nicht west,
ohne zu wissen,
ob es sein muter was.
dass es seine Mutter ist.
E das [ez] sein uncheusch volbracht
Bevor es die Paarung zu Ende gebracht hatte,
und do vand es die warhait
hat es die Wahrheit herausgefunden
und liez da von und ertott den man,
und davon abgelassen und den Mann getötet,
wann es hat von seiner natur,
weil es in der Natur des Kamels liegt,
das ez nicht uncheuscht mit seiner mueter.
dass es sich nicht mit seiner Mutter paart.
Hund
I[aco]bus spricht, das die hunt geler[nigiu tier sein]
Jakobus spricht, dass die Hunde gelehrige Tiere sind
czu allen dingen und ze allen spilen
bei allen Dingen und bei allen Spielen
und wie das sey, das si gern slaffent,
und wie das geht, dass sie gern schlafen
doch behuten si ir [herren] hewser wachent.
und doch wachsam die Häuser ihrer Herren behüten.
Si habent ir herrn so lip,
Sie haben ihren Herren so lieb,
das si offt umb si sterbent.
dass sie oft für ihn sterben.
Under allen unvernufftigen tiern erchennen
Unter allen unvernünftigen Tieren erkennen
die hünd allain iren namen,
nur die Hunde ihren Namen,
[als Soli]nus und Jacobus sprechent.
wie Solinus und Jacobus berichten.
Ettleich hunt sind der art, das si dewp smekent
Etliche Hunde haben die Art, dass sie Diebe riechen
und daz si mit ubrigem hass die deup
und dass sie jene mit übermäßigem Hass
aus den hewsern treibent.
aus den Häusern vertreiben.
Wenn auch ettleich hunt pey irr herren tisch ligen,
Wenn auch etliche Hunde beim Tisch ihres Herren liegen,
als Jacobus spricht, so schickent si sich also,
wie Jacobus berichtet, so verhalten sie sich so,
daz ein aug stet czu seins herrn milte hant
dass stets ein Auge zur milden Hand ihres Herren
und das ander czu der tür.
und das andere zur Tür gerichtet ist.
Wenn die hunt fraydichleich anlauffent,
Wenn die Hunde jemanden wild anspringen,
velt er zu der erd, so wirt ir zorn gesenfftigt.
und dieser zu Boden fällt, dann wird ihr Zorn beruhigt.
Die hunt ge[pernt] plint hundel
Die Hunde gebären blinde Welpen
und die [beleibent] plint zwelf tag
und diese bleiben bis zum 12. Tag blind,
und [etleich] drey moneyd.
manche sogar drei Monate.
Si tragen ire [hüntel vierzig] tag.
Sie sind 40 Tage trächtig.
Die hunt behange[nt ze mittelst]
Während der Paarung bleiben die Hunde ineinander hängen
in der uncheusch von übrigem gelust,
aufgrund der übermäßigen Lust,
den si zu einander habent.
die sie zueinander haben.
Das pest welf ist das, da zu dem lesten [gesehend] wirt
Der beste Welpe ist der, der als letztes sehend wird
oder das die mutter des ersten ab weg trait.
oder der, den die Mutter als erstes wegträgt.
Der hunt toben vertreibt man mit einem Cappaun,
Die Tollwut eines Hundes vertreibt man mit einem Kapaun,
den man mischt mit hönig und
den man mit Honig zubereitet und
in den czu essen geit.
ihm zu fressen gibt.
Den tobunden hund piz ist todleich,
Der Biss eines tollwütigen Hundes ist tödlich,
man hailt in mit des veltsrosen stock.
man kann ihn jedoch mit dem Stock der Feldrose heilen.
Des hunts milch ist dicker denn chains andern tyrs,
Milch von Hunden ist dickflüssiger als die Milch aller anderen Tiere,
an swein und hasen habent dicker milch.
nur Schweine und Hasen haben dickflüssigere Milch.
Die hunt habent VII tag vor milch,
Hunde haben 7 Tage vorher Milch,
ee das si geperen.
ehe sie gebären.
So ein hunt gelset von slegen,
Wenn ein Hund vor Schlägen jault,
so czyrnent die andern
dann werden die anderen Hunde zornig,
und vallent über jn und peissent jn.
fallen über ihn her und beißen ihn.
Wizz, das under allen tiern,
Wisse, dass unter allen Tieren
die man lenger lebent wenn die frawen,
die Männchen länger leben als die Weibchen, außer bei Hunden,
es mach denn arbait oder ander ding an die hunt.
kommt es nun von der anstrengenden Arbeit oder anderen Dingen.
Wenn die hunt sichent, so essent si ein chraut
Wenn Hunde krank werden, so fressen sie ein Kraut,
und da von verliesent si die posen feuchten
wodurch sie die schädliche Flüssigkeit aus dem Magen loswerden,
aus dem magen mit ausrepszen
indem sie sie herauswürgen
und also werdent si gesunt.
und auf diese Weise gesund werden.
Aristoteles spricht:
Aristoteles spricht:
Der hunt alter erchenn man nicht,
„Das Alter der Hunde erkennt man nicht,
nur pey den czenden,
außer an ihren Zähnen,
wann der jungen czend sind scharff und weiz,
denn die Zähne der Jungtiere sind scharf und weiß,
aber der alten sind stumpff und swarcz.
die der alten Tiere hingegen sind stumpf und schwarz.
Manig sprechen, das die hunt
Viele behaupten, dass es Hunde
nicht mugen beleiben an den menschen
fern von den Menschen nicht aushalten
und das si tobig werdent,
und sie davon wütend werden,
das sey da von, das si chemet aus der leut wonung.
wenn sie nicht mehr in die Häuser der Menschen dürfen.
Des hundes czungen hailt sein aigen wunden oder ander wunden
Die Zunge des Hundes heilt seine eigenen sowie fremde Wunden,
und darumb ist sein czung ein erczney.
aus diesem Grund ist seine Zunge ein Arzneimittel.
Die hund [betrüe]bent die hundes muter nicht gern,
Hunde betrüben die Mutterhündin nicht gern,
das ist auch an vil andern tiern ir art.
das ist auch bei vielen anderen Tieren so.
Das hat got weisleich gemacht an den unvernüfftigen tiern.
Das hat Gott klugerweise bei den unvernünftigen Tieren so bewirkt.
Das bedeut,
Das soll uns zeigen,
das die leut auch also sulln tueen,
dass auch die Menschen ebenso handeln sollen,
wann wo man und weip übel miteinander lebent,
denn, wenn Mann und Frau übel miteinander umgehen,
die habent ein swer czeit.
so haben sie eine schwere Zeit.
Das stercker sol dem chrenchern vertragen,
Der Stärkere soll gegenüber dem Schwächeren nachsichtig sein
so sol das chrencher dem sterckern entweichen.
und der Schwächere soll dem Stärkeren nachgeben.
Die hunt habent ein pös gewonhait an jm,
Hunde haben die schlechte Gewohnheit,
das si die aller schönsten stet unraynent
dass sie die schönsten Orte verunreinigen
und benetzent schon gewant.
und schöne Kleidung bespritzen.
Hundes schuch an den fuessen sint gut für vergifft,
Schuhe aus Hundsfell an den Füßen helfen gut gegen die Gicht,
smeckend [aber si die] hunt an den füessen,
riechen sie aber die Hunde an den Füßen,
so [benetzent] si die schuch.
so bespritzen sie die Schuhe.
Gib man einem andern tier, das siech ist,
Gibt man einem anderen Tier, das krank ist,
hundes plut ze trinchen,
Hundeblut zu trinken,
es genist und wirt gesunt.
so genest es und wird gesund.
Man chennet eins tobigen hundes
Man unterscheidet den Biss eines tollwütigen Hundes
piz pey eins andern hundes piz also,
von dem eines gesunden Tieres folgendermaßen:
wenn man ein phlaster macht von einem ay
Man macht ein Pflaster aus einem Ei
und mit nussen wol gepachen
und einer gut gebackenen Nuss,
und legt es auf die wu[n]den ein nacht
legt dieses eine Nacht und einen Tag auf die Wunde
und einen tag und gibt es dar nach
und gibt es dann einem hungrigen
einem hungrigen han oder einer henn ze trinchen.
Hahn oder einer Henne zu trinken.
Und trincht es der han oder die henn,
Wenn sie es trinken,
so ist es nicht eins tobigen hundes piz.
so stammt der Biss nicht von einem tollwütigen Hund.
Jst es aber eins tobigen hundes piz,
Ist es jedoch der Biss eines tollwütigen Hundes,
so trinchet es ir chains.
so trinken sie es nicht.
Ist aber das si es trunchent,
Wenn sie das Pflaster dennoch getrunken haben,
so sterbent si,
dann sterben sie,
doch mugen si ein tag
bleiben zunächst jedoch noch einen Tag
und ein nacht darnach leben.
und eine Nacht am Leben.
Und mer: Ist eins tobigen hundes piz,
Darüber hinaus: Ist es der Biss eines tollwütigen Hundes
drukt man dann ein [prot] in die plut der wunden,
und drückt man ein Stück Brot in das Blut der Wunde von einem tollwütigen Hund,
das isst chain gesunder hunt.
so frisst das kein gesunder Hund.
Es ist auch [gar ain wunderleich] ding,
Es ist auch eine sonderbare Sache
es [geschicht oft], das ein man
und passiert oft, dass jemand von einem
gepizen wirt von einem [töbigem hunde und],
tollwütigen Hund gebissen wird und
das er die chlainen [hüntel denne] lekt
dass er dann die kleinen Welpen abschleckt
und pult auch als ein hund.
und auch wie ein Hund bellt.
[Alexander lert, wie man die läut
Alexander lehrt, wie man die Menschen
hai]len sol und [spricht: Er rat, daz man]
heilen soll und spricht: Er rät, dass man
die wunden [ain jar offen laz
die Wunde ein Jahr offenlassen soll,
und daz] man si niht [bedecke mit masen],
also dass sie nicht mit Narben bedeckt wird
das man chain heutl dar auf [laz werden].
und keine Haut darüber wächst.
Biber
Castor haisst cze teutsch ein piber
„Castor“ heißt auf Deutsch Biber
und spricht Aristoteles,
und Aristoteles spricht,
das der piber mans geczeuglein
dass die Hoden des Bibers
haisst in der teutsch piber gail
im Deutschen Bibergeil
und in latein Castorium.
und im Lateinischen „Castoreum“ genannt werden.
Plinius spricht, das der piber
Plinius spricht, dass der Biber
sein gall auss werf mit wull.
sich seiner Galle durch Erbrechen entledigt.
Des pibers gail ist czu vil erczney gut
Das Bibergeil kann für viele Medikamente verwendet werden,
und went der piber, man jag [in allain durch der gailn willen.
und der Biber glaubt, man jage ihn allein deswegen.
Des pibers renne ist für die vallenden suht guot.
Das Coagulum des Bibers hilft bei Epilepsie.
Daz tier mag niht lang beleiben,
Das Tier hält es nicht lange aus,
ez hab denne den zagel oder den sterz in dem wazzer,
es sei denn, es hat den Schwanz im Wasser,
wan der geleicht ains visches zagel.
weil dieser einer Fischflosse gleicht.
Daz pibergail macht haiz und trucken
Bibergeil hat die Eigenschaften heiß und trocken
und hat die chraft,
und hat die Macht,
daz ez die gaist und die fäuhtin vertreibet,
dass es die Kräfte und die Feuchtigkeit vertreibt,
die den krampf machent.
die den Krampf verursachen.
Ez ist auch nütz den die hend pidment
Es hilft auch jenen, denen die Hände
von der krankhait der adern.
aufgrund der Krankheit der Adern zittern.
So man wein wellt mit dem pibergail
Wenn man Wein mit dem Bibergeil aufkocht
und sich der siech da mit salbt und bestreicht
und der Kranke sich damit salbt und einschmiert,
und daz pibergail pei im helt und dar zuo oft smekt,
das Bibergeil bei sich behält und oft daran riecht,
daz ist den siechen glidern von dem paralis guot.
dann hilft das den kranken Gliedmaßen des Gelähmten.
Daz tier hat die art,
Das Tier hat das Wesen,
wenne ez der jäger jagt,
dass es, wenn es der Jäger jagt,
so peizt es im selber sein gailn auz
sich selbst seine Hoden abbeißt
und läzt die ligen, wan ez wänt,
und diese zurücklässt, weil es glaubt,
daz man es niht jage danne durch der gailn willen.]
dass man es nur wegen seiner Hoden jagt.
Elefant
Elephas haizt ein helfant.
„Elephas“ heißt ein Elefant.
Daz hat die art,
Das Tier hat das Wesen,
daz ez gar schier haimleich und sänftig wirt,
dass es sehr schnell zahm und zutraulich wird
und ist kain wildez tier,
und es gibt kein wildes Tier,
daz so schier haimleich werd
das so schnell vertraut wird
und den läuten undertan, sam daz ist.
und den Menschen gehorcht, wie dieses.
Ez hat auch guot gedähtnüss,
Es hat auch ein gutes Gedächtnis,
und da von lernt ez leicht,
und daher lernt es leicht,
daz ez sitig wirt ze allem dem,
damit es zahm für all das wird,
da zuo man sein bedarf.
wozu man es braucht.
Aristotiles spricht,
Aristoteles sagt,
daz vil tier guot gedähtnüss haben alles,
dass viele Tiere ein gutes Gedächtnis hätten für alles,
des sie gehörent oder gesehent.
was sie gesehen oder gehört haben.
Daz ist war von dem gedähtnüss der unvernünftigen sel,
Das trifft für das Gedächtnis der unvernünftigen Seele zu,
diu da haizet die unvernünftig pilderinne,
diese wird unvernünftige Vorstellungskraft genannt
und haizet ze latein estimativa.
und heißt auf Latein „Estimativa“.
Aber sie habent des [vernünftigen] gedähtnüss niht,
Aber sie besitzen kein vernünftiges Gedächtnis,
wan daz hat allain der mensch.
denn das hat nur der Mensch.
Wenne man die helfande jagt,
Wenn man die Elefanten jagt,
so vallent si auf herte erd oder auf stain
dann lassen sie sich auf die harte Erde oder auf Stein fallen
und zerprechent iriu pain dar umb,
und zerbrechen dabei ihr Elfenbein,
daz man si iht töt durch des pains willen,
damit man sie nicht wegen des Elfenbeins tötet,
wan helfenpain ist gar edel und haizt ze latein ebur.
denn Elfenbein ist sehr kostbar und heißt auf Latein „Ebur“.
Der helfant wirt niht verwunt, wann datz dem nabel.
Der Elefant ist bis auf seinen Nabel nicht verwundbar.
Si richtent sich etwaz nach der stern zuht,
Sie richten sich ein wenig nach dem Lauf der Himmelskörper,
wan so der mon wehst,
denn wenn der Mond zunimmt,
so gent si daz wazzer ordenleichen auf,
dann gehen sie ordentlich in Richtung Wasser
und so sie dann naz werdent,
und wenn sie dann nass werden,
so gent si gegen der sunnen aufganch
dann gehen sie dem Sonnenaufgang entgegen
und springent so sie maist mügent, und tuont daz oft.
und springen, so viel sie können und tun das immer wieder.
Der elephant wirt haimleich mit marter und mit pen.
Der Elefant wird durch Qual und Strafe zahm.
Wenne die elephanten über ain wazzer wellent waten,
Wenn die Elefanten einen Fluss überqueren möchten,
so schikent si die klainsten für dar umb,
dann schicken sie die Kleinsten vor, darum,
daz die grozen den grunt iht tief treten
dass die Großen den Grund nicht tief eintreten
und die päch tief machen.
und die Bäche vertiefen.
Sie kriegent stätigs mit den tracken.
Sie kämpfen ständig mit den Drachen.
Plinius spricht, daz die elephanten
Plinius sagt, dass die Elefanten
nümmer unkäuschent wann in verborgenen steten,
sich nur an verborgenen Orten paaren,
also schament si sich der werch.
als ob sie sich dafür schämen.
Und so si unkäuschent,
Und wenn sie sich gepaart haben,
so köment si niht wider zuo der hert,
dann kommen sie nicht wieder zur Herde zurück,
si waschen sich dann vor auz den wazzern.
bevor sie sich im Wasser gewaschen haben.
Sie kriegent niht umb iriu weip,
Die Elefanten kämpfen nicht um ihre Weibchen,
wann sie prechent ir e niht.
weil sie ihre Ehe nicht brechen.
So die muoter gepern schol,
Wenn das Weibchen gebären soll,
so get si in ain tieff wazzer, dar umb,
dann geht sie in ein tiefes Wasser,
daz diu gepurt iht vall auf die erd,
damit das Junge nicht auf die Erde fällt,
wan so möht si niht auf komen.
weil es sonst nicht aufkommen könnte.
Wenn die muoter der gepurt genesen ist,
Wenn sich die Mutter von der Geburt erholt hat,
so ruot sie driu jar, also daz si niht gepirt.
dann ruht sie drei Jahre, während derer sie nicht gebärt.
Und so si swanger ist worden,
Und wenn sie schwanger geworden ist,
so rüert sie ir man niendert,
dann rührt sie das Männchen nirgendwo an
und tregt die fruht in irm leib zwai jar.
und sie trägt das Junge zwei Jahre in ihrem Bauch.
Solinus spricht: Die elephanten unkäuschen
Solinus sagt: Die Elefanten paaren sich
in zwain jarn neur zwen tag und niht mer.
in zwei Jahren nur an zwei Tagen und nicht öfter.
Sie fürhtent di mäus und fliehent si,
Sie fürchten die Mäuse und fliehen vor ihnen,
wan ir smak müet si.
denn ihr Geruch quält die Elefanten.
Si sint gar hert auf dem ruk,
Sie sind sehr hart auf dem Rücken,
aber unden an dem leib sint si waicher.
aber unten am Körper weicher.
Andreu tier fliehent den rauch,
Andere Tiere meiden den Geruch,
der da kümt von des helfands ingewaid
der von den Eingeweiden des Elefanten
und von seiner haut.
und seiner Haut ausströmt.
Sie lebent von natur driuhundert jar.
Sie leben von Natur aus 300 Jahre.
Sie mügent gar wenig kelten geleiden.
Elefanten können Kälte schlecht ertragen.
Jacobus spricht, daz ir pain
Jakobus berichtet, dass ihr Elfenbein
gar kalt sei und weiz.
sehr kalt und weiß ist.
Daz prüef wir da pei,
Das beobachten wir daran,
wer ain helfenpain hüllet in ain tuoch
dass man Elfenbein in ein Tuch hüllt
und legt ez auf ainen haizen koln,
und auf heiße Kohle legt:
ez verprent daz tuoch niht und erlischet daz feur
Es verbrennt das Tuch nicht und erlischt
von der natürleichen kelten des helfenpains.
durch seine natürliche Kälte das Feuer.
Solinus spricht:
Solinus berichtet:
Die elephanten schaden niemd,
Die Elefanten tun niemandem etwas zuleide,
unz daz si gerizzen sint
außer wenn sie verletzt worden sind
oder müed worden von fliehen,
oder müde werden von der Flucht,
wan so müezent si sich wern.
denn dann müssen sie sich wehren.
Und so fliegen auf irn ruk sitzent,
Wenn Fliegen auf ihrem Rücken sitzen,
so ziehent si die haut in runzeln
dann ziehen sie die Haut in Falten
und klemment die vliegen ze tod,
und zerquetschen die Fliegen,
wan si habent niht afterwädel,
da sie keine Schwanzwedel besitzen,
da mit sie sich wern.
mit denen sie sich wehren können.
Wizz, daz des elephandes inwendigeu gestalt
Wisse, dass die innere Beschaffenheit des Elefanten
ist geschikt wider alliu erdischiu tier.
anders als bei allen Tieren der Erde aufgebaut ist.
Iedoch spricht Aristotiles,
Aristoteles sagt jedoch,
daz der elephand inwendigeu gestalt
dass die innere Beschaffenheit des Elefanten
sei sam ain swein.
dieselbe wie bei einem Schwein ist.
Ist dem also,
Wenn dem so ist,
so ist er auch sam ain mensch inwendig.
dann gleicht der Elefant innerlich dem Menschen.
Dez elephanten pain geprant veriagt die slangen und vergift.
Pulverisiertes Elfenbein vertreibt Schlangen und Gift.
Ez sprechend etleich, so der elephant erzürnet werd,
Viele behaupten, dass, wenn der Elefant zornig wird,
also daz er ainen muot gevah ze streiten
also er Lust bekommt,
mit andern tiern oder mit dem menschen,
mit anderen Tieren oder dem Menschen zu kämpfen,
der im dann zaigt ain rot wazzer oder roten wein
so muss man ihm rotes Wasser oder roten Wein zeigen
und stellt ain greindez swein für in,
und ein grunzendes Schwein entgegenhalten,
so verleust er alle sein manhait.
dann verliert er all seinen Mut.
Etleich sprechent auch,
Viele sagen auch,
daz der elephant in der jugent
dass der Elefant in seiner Jugend dazu imstande ist,
seiniu knie gepiegen müg,
seine Knie zu beugen,
aber in dem alter niht,
aber im Alter nicht mehr,
wan si erstorrent.
weil sie steif werden.
Also mügent die jungen pfaffen und münich
Ebenso können sich die jungen Geistlichen und Mönche
sich gepiegen zuo grozer arbait,
unter schwerer Arbeit beugen,
aber daz alter hat niht kraft dar zuo.
das Alter hat jedoch nicht die Kraft für solche Anstrengungen.
Die jungen elephanten habent die art,
Die jungen Elefanten haben die Gewohnheit,
wenne der alt vellt, so hebent si in auf
den Alten aufzuheben, wenn er fällt,
mit irm slauch, der haizt ze latein promuscides
mit ihrem Rüssel, dieser heißt auf Latein „Promuscides“
und ze däutsch slauch oder rüezel.
und auf Deutsch Schlauch oder Rüssel.
So si in nu auf habend gehebt,
Wenn sie ihn aufgehoben haben,
so leident si smerzen in den glidern.
dann leiden sie Schmerzen in den Gliedern.
Da wider ist in gesunt,
Dann ist es für sie gesund,
daz sie trinkent kalt wazzer
wenn sie kaltes Wasser trinken
und ezzent gras mit honig gesprängt.
und mit Honig besprengtes Gras fressen.
Der elephant trinket von natur gern wein.
Der Elefant trinkt von Natur aus gerne Wein.
Er wehst vierzig jar,
Er wächst 40 Jahre,
dar nach enpfindet er des frostes
danach spürt er den Frost,
und des winters und des kalten windes.
die Kälte des Winters und den kalten Wind.
Daz maht du geleichen den jungen gelerten läuten von dir selber.
Das kannst du selbst mit den jungen Gelehrten vergleichen.
Nu merk ain tugent an dem helfanden:
Höre jetzt eine Tugend des Elefanten:
Wenn man in zämt, so sleht man in vast,
Wenn man ihn zähmt, dann schlägt man ihn fest
und wer in dan von den slegen erlöst,
und derjenige, der ihn dann von den Schlägen erlöst,
dem ist er für paz alle zeit gehorsam.
dem ist er für immer gehorsam.
Die tracken setzent in alle zeit lag,
Die Drachen lauern den Elefanten im Hinterhalt auf,
wenn sie wol getrunken habent.
wenn diese ausgiebig getrunken haben.
Also tuot der pös gaist dem menschen.
Auf dieselbe Weise macht es der böse Geist mit dem Menschen.
[Katze]
Musio oder murilegus oder cattus haizt ein katz.
„Musio“ oder „Murilegus“ oder „cattus“ heißt eine Katze.
Daz ist gar ain listik tier, sam Jacobus spricht.
Das ist ein sehr listiges Tier, wie Jacobus berichtet.
Ez siht also scharpf,
Es sieht so scharf,
daz ez die mäus in grozer vinster siht.
dass es die Mäuse bei großer Dunkelheit erkennt.
Wenn ez unkäuscht, so wirt ez gern wild.
Wenn es sich paart, dann wird es leicht wild.
Sie kriegent oft gar scharpfleichen mit enander, dar umb,
Die Katzen kämpfen oft sehr heftig miteinander, darum,
daz ir iegleichiu ir gewönleich stat behalte
weil jede ihren gewohnten Platz
zuo irem mäusvahen.
zum Mäusefangen behalten möchte.
Sie habent langes har pei den mäulern.
Sie haben lange Haare um ihre Mäuler.
Wenne sie daz verliesent,
Wenn sie diese verlieren,
so werdent sie irr küenhait beraubt.
dann werden sie ihrer Kühnheit beraubt.
Wenn ein zameu katz wild well werden,
Versucht eine zahme Katze wild zu werden,
so sneid ir diu oren ab.
dann schneide ihr die Ohren ab.
So vallent ir die regentropfen in daz haupt
Auf diese Weise fallen ihr die Regentropfen in den Kopf
und mag niht ze wald beleiben,
und sie kann nicht im Wald bleiben,
dar umb wirt si wider zam.
darum wird sie wieder zahm.
Diu katz hat ir gleiches also liep:
Die Katze liebt Ihresgleichen sehr:
ist daz, sie sitzet oben auf einem tiefen prunnen
Wenn sie oben auf einem tiefen Brunnen sitzt
und siht irn schein niden in dem wazzer,
und ihr Spiegelbild unten im Wasser sieht,
so wänet sie, ez sei ein katz ir geleich,
dann glaubt sie, es wäre eine andere Katze
und springt mit willen in den prunnen.
und springt absichtlich in den Brunnen.
Und daz geschiht allermaist,
Und das ereignet sich hauptsächlich,
wenne diu katz den katern suocht
wenn die Katze den Kater sucht
in der prunst irr unkäusch
in der Brunftzeit zur Paarung
und allermaist jung katzen,
und es passiert meistens jungen Katzen,
die sich noch niht ervarn habent.
die noch wenig Erfahrung haben.
[Maus]
Mus haizt ain maus.
„Mus“ heißt eine Maus.
Der maus smack müeget die helfant,
Der Geruch der Mäuse stört die Elefanten,
als wir vor gesait haben von dem helfant.
wie wir vorhin beim Elefanten berichtet haben.
Aristoteles spricht:
Aristoteles sagt:
Ist, daz ein maus wazzer trinkt,
Wenn eine Maus Wasser trinkt,
so stirbt si,
dann stirbt sie,
wan si ist gar fäuhter natur.
weil sie gänzlich feuchter Natur ist.
Der mäus mist waicht in dem leib gar ser,
Der Kot der Mäuse wirkt verdauungsfördernd im Körper,
dar umb trinkent in die loter
weshalb Taugenichtse ihn mit Wein oder Wasser
mit wein oder mit wazzer für erzney.
als Arzneimittel trinken.
Plinius spricht, daz kain maus
Plinius sagt,
trink in dem land Libia,
dass keine Maus im Land Libyen trinkt,
und daz ist leiht gemain allen mäusen.
was vermutlich auf alle Mäuse zutrifft.
Wenn die maus vil käs vindet an ainer stat,
Wenn die Maus an einem Ort viel Käse findet,
so versuocht si die käs alle,
dann probiert sie jeden Käse,
und welher der pest ist, des izzet si.
und vom besten frisst sie schließlich.
Die mäus kerrent, wenn der mon vol ist,
Die Mäuse piepsen bei Vollmond,
aber da zwischen bestumment si.
in der Zwischenzeit sind sie stumm.
Diu tierl sint schad, wenne sie unkäuschent,
Die Tiere sind während ihrer Paarungszeit schädlich,
wann wa ir harm den menschen trift,
denn wo ihr Harn den Menschen trifft,
da fault er.
dort fault er.
Den mäusen wechset die leber in vollem monn,
Während des Vollmondes schwillt den Mäusen die Leber an,
reht sam etleich mertier sich merent
genauso wie auch einige Meertiere
und abnement nach dem monn,
mit dem Mond zu- und abnehmen,
als wir sehen an den mersnecken in den muscheln.
was wir an den Meerschnecken in den Muscheln beobachten können.
Nu möhst du sprechen,
Nun könntest du sagen,
ob daz härmlein auch ain maus wär.
dass das Hermelin auch eine Maus wäre.
Dar zuo sprich ich, daz ez ain wisel ist,
Darauf antworte ich, dass es ein Wiesel ist,
und ist leiht diu wisel,
und vielleicht jenes Wiesel,
die Isidorus ictide haizt.
das Isidor „Ictide“ nennt.
Also sprechent auch manig läut,
Es behaupten auch viele Leute,
daz diu wisel ir rote varb verker in weize varb,
dass Wiesel ihre rote Farbe in weiße wechseln würden,
wann wenne diu gar alt wirt,
denn, wenn ein Wiesel sehr alt wird,
so wirt si weiz.
dann wird es weiß.
Und sprechent etleich,
Und viele sagen,
diu wisel werde weiz nach neun jarn.
dass das Wiesel nach 9 Jahren weiß werde.
Iedoch pringt daz härmlein weiziu härmel.
Das Hermelin gebiert jedoch weiße Jungen.