Gustav Gröber an Hugo Schuchardt (058-04056)

von Gustav Gröber

an Hugo Schuchardt

Ruprechtsau

22. 03. 1886

language Deutsch

Schlagwörter: Grundriss der romanischen Philologie Werkebestellung/Werkebeschaffung Gebr. Henninger Coelho, Francisco Adolfo Cornu, Julius

Zitiervorschlag: Gustav Gröber an Hugo Schuchardt (058-04056). Ruprechtsau, 22. 03. 1886. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.5899, abgerufen am 16. 04. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.5899.


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Lieber Freund.

Herzlichen Dank für Ihre werthvollen Bemerkungen zu Bogen 15 des „Grundriß“. Leider kamen sie zu spät für den Druck, so daß ein Theil der von Ihnen bemerkten Unebenheiten, – was ich inzwischen nicht selbst noch verbessert hatte – stehen bleibt. Ende dieser Woche wird das Heft I (Bog. 1-17) vom Buchdrucker abgeliefert. – Die Form der Darstellung in der „sprachwiss. Methodik“ befriedigt auch mich nicht; aber sie müssen erwägen, daß ich den Raum von 2-2 ½ Bogen einzuhalten verpflichtet war und daher oft zusammenpressen mußte, was eine deutlichere Auseinanderlegung erforderte. Zudem drängte der Verleger und ich mußte gewissermaßen das Concept in die Druckerei schicken. Ich kann mich jedoch wohl mit dem Gedanken trösten, daß ein „Compendium“ wie der „Grundriß“ nicht sowohl zum Lesen als zum Studiren bestimmt aufgefaßt wird. Aus Ihren Noten ersehe ich, daß Sie mich sehr gut verstanden haben. Ueber Einzelnes glaube ich mich leicht mit Ihnen verständigen zu können, und wenn ich nicht fürchtete, Ihnen lästig zu fallen, würde ich den Bogen mit einigen Aufklärung bezweckenden Beischriften Ihnen wieder zusenden. – Nur zu dem Satze: „Die Mundartgrenzen sind die Verkehrsgrenzen einer Menschengemeinschaft“, den Sie mit der Frage versehen: Welche aber sind die? will ich bemerken, daß es im 2ten Heft (Abschnitt „Gliederung der rom. Sprachen“) erörtert werden wird. – Da ich aus Ihrer Karte entnehme, daß noch Exempl. Ihres „Slawodeutschen“1 zu haben sind und Sie nicht ungern welche verkaufen lassen, so theile ich Ihnen mit, dass ich 2 Exempl. (eins für‘s Seminar, eins für mich) bestellt habe. – Bez. des prov. trop (Adv.)2 weis ich nur, daß es mit prǫp (prope) reimt, u. dass ein Substant.tropa = fz. troupe altprov. nicht vorkommt; freilich schon im 12. Jahrh. die Ableitungtropel = *troupeau. Das nprov. troupo ist offenbar aus dem Französ. aufgenommen; Beweiß daher für das Fehlen des Subst. tropa im Prov. Ob nicht hier die Lösung der Frage: wie erklärt sich ǫ (trǫp) neben ou (troupe), wenn doch beide Wörter nicht getrennt werden können, liegt? Franz. troupe aus trọp-eau? trọp-el? – Wegen eines Stellvertreters für Coelho (Portug. Gram.) bin ich in Unterhandlung.3 Hätte Cornu (wir correspondiren übrigens ganz vertraulich und freundschaftlich, seit C. sich seine Schroffheit ein wenig abgewöhnt hat) nicht Spanische Grammatik für Henninger u. das Portug. für den „Grundriß“ übernommen, so würde ich ihn natürlich ersucht haben an Coelhos Stelle zu treten.

Herzlichst grüßend

Ihr ergebenster

GGröber

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1 Vgl. Lfd.Nr. 057-04055.

2 Vgl. Lfd.Nr. 056-04054.

3 Das Kapitel wurde von Jules Cornu verfasst, vgl. Lfd.Nr. 063-04061.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 04056)