Friedrich Müller an Hugo Schuchardt (12-07582)

von Friedrich Müller

an Hugo Schuchardt

Wien

03. 11. 1896

language Deutsch

Schlagwörter: Sprachen in Bengalen/Bangladesch Handschriftenerwerb Universitätsangelegenheiten Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes Kaiserliche und Königliche Hof-Bibliothek (Wien)language Georgischlanguage Baskischlanguage Piemontesische Dialekte Meyer, Gustav Karabacek, Josef von Kirste, Johann Linschmann, Theodor/Schuchardt, Hugo (1900) Schuchardt, Hugo (1897) Schuchardt, Hugo (1897)

Zitiervorschlag: Friedrich Müller an Hugo Schuchardt (12-07582). Wien, 03. 11. 1896. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.5761, abgerufen am 29. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.5761.


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Wien 3. Nov. 1896

Verehrter Freund und College,

Machen Sie wegen Neu-Herausgabe des baskischen N.T. v. Jahre 15711 eine Eingabe an die Akademie. Fragen Sie wie hoch ungefähr die Herstellung des Buches kommen dürfte und bestimmen Sie darnach die Summe welche Sie als Unterstützung ansprechen. Ich bin Mitglied der Budget=Commission |2| und werde die Sache schon durchsetzen. Geld dazu ist vorhanden.

Für die georgischen Handschriften verlangt der Besitzer, wie man mir sagte, 100 f2 pro Stück. Von Georgica besitzt die Hofbibliothek blos 2 Codices.3

Ich habe ein Manuscript bei mir, enthaltend die Aufzeichnungen Džanašwilis4 und Erckerts5 über die |3| georgische Grammatik welche mir der letztere vor Augen zugesandt hat, damit ich dieselbe ansehe und eventuell Ihnen übergebe. Wollen Sie dieselbe haben, um sie anzusehen ob sich das Opus / Mscr. [?] noch etwas zurechtquetschen läßt? Soll ich sie6 Ihnen schicken oder haben Sie Jemanden der einmal nach Wien kommt und sie mitnehmen kann?

Ihre mir übergebenen |4| zwei Artikel sind im Satz und wird Ihnen die Correctur nächstens zugesandt werden.7

G. Meyer hat an Karabacek8 der sich für Kirste9 bei ihm verwandt hat, einen ebenso taktlosen als arroganten Brief geschrieben. Er hat dadurch einen Todfeind sich geschaffen, der ihm vermutlich gehörig schaden kann. Aus Meyers Brief geht hervor, daß er alle philosophische Thätigkeit verachtet und blos die lexikalischen Vergleichungen für Wissenschaft hält.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

ganz ergebener

FMüller


1 J. Leiçarraga's Baskische Bücher von 1571 (Neues Testament, Kalender und Abc) im genauen Abdruck hrsg. von Th. Linschmann und H. Schuchardt, Straßburg 1900. In der Vorrede heißt es S. IV-V: „Am Schlusse der letzten Nummer der ,Euskara‘ (vom 1. Juli 1896) werden die Freunde des Baskischen von unserem Vorhaben benachrichtigt. Gerade ein Jahr später gewährte uns die Kais. Akademie der Wissenschaften zu Wien in grossmüthiger Weise den grössten Teil der Mittel zu seiner Verwirklichung“.

2 Abkürzung für Gulden; es ist nicht immer zu unterscheiden, ob Müller f. oder fl. abkürzt.

3 Vgl. dazu den Brief (29.7.1897) von Grigor Khalatian / Gregor Chalatiantz, HSA, Lfd.Nr. 01-05535, in dem es möglicherweise um eine andere Handschrift geht. Leider ist die Vorgeschichte dieses „Deals“ nicht genau zu ermitteln. In dem besagten Brief. ist die Rede von einer „Grusinische Evangelien-Handschrift (Palimpsest)“. Petra Hödl, die den Brief kommentiert hat, schreibt: „Der besagte armenisch-georgische Palimpsest stammt aus dem Katharinen-Kloster auf dem Berg Sinai. Er wurde 1897 zusammen mit anderen georgischen Handschriften von Schuchardt in Wien gekauft und nach seinem Tod der Universitätsbibliothek Graz vermacht (UBG 2058/2). Gegenwärtig wird seine Edition vorbereitet, s. http://www.vestigia.at/armenischerpalimpsest.html“.

4 Mose Janašvili / Dzhanashvili / Danawili / Džanašwili (1855-1934) und Roderich von Erckert. (1821-1900). Ein Abdruck in der Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes konnte nicht nachgewiesen werden. Vgl. dazu den Brief von Jan Baudouin de Courtenay vom 12.2.1904 (Lfd.Nr. 62-00605), in dem von einer grusinischen Handschrift Džanašwilis die Rede ist, die nicht ausgeliehen werden dürfe, da sie der Akademie zum Drucken privatim übergeben worden sei. „Uebrigens soll diese Hds bloß über das Verhältnis des Abchasischen zum Georgisch-Mingrelischen handeln, also nicht dasjenige enthalten“. Schuchardt antwortet ihm am 14.3.1904 (Lfd.Nr. 65-356): „Die Grammatik von Džanašwili ist so unkritisch (aber reich an Material) dass sie keinesfalls gedruckt werden wird. Also warum kann ich sie nicht bekommen?“

5 Zu Erckert vgl. Lfd.Nr. 12-07582.

6 Bezieht sich wieder auf „die Aufzeichnungen“.

7 Es handelt sich um Schuchardt, „Kharthwelische Sprachwissenschaft III“, Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes 11, 1897, 167-180 bzw. „ Rumänisches in georgischer Schrift“, ebd. 11, 1897, 207-208.

8 Josef von Karabacek (1845-1918), seit 1885 in Wien Professor für Geschichte des Orients und ihrer Hilfswissenschaften; von 1899 bis 1917 war er dazu Direktor der Wiener Hofbibliothek.

9 Vgl. Brief 07-07577.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 07582)