Hugo Schuchardt an Georges Lacombe (304-169)

von Hugo Schuchardt

an Georges Lacombe

Graz

27. 06. 1913

language Deutsch

Schlagwörter: Revue internationale des études basqueslanguage Baskisch Urquijo Ybarra, Julio de Etcheverry, Auguste Karras, Ehrhardt Protat, L. Winkler, Heinrich Schuchardt, Hugo (1913)

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Georges Lacombe (304-169). Graz, 27. 06. 1913. Hrsg. von Katrin Purgay (2017). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.5742, abgerufen am 29. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.5742.


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Graz, 27. 6. ’13

Sehr geehrter Herr und Freund,

Obwohl ich mich recht schwach und in bezug auf alles Zukünftige unsicherer denn je fühle – oder vielleicht gerade deswegen – schreibe ich wegen des Druckes meiner Baskisch-hamitischen Wortvergleichungenauch Ihnen wie ich an Herrn de Urquijo geschrieben habe.

Sie beide dürfen nicht glauben daß ich diese Arbeit als sehr wertvoll betrachte, daß ich mir viel darauf einbilde. Ganz im Gegenteil! ich bin recht unzufrieden damit; ich gedachte eine gründliche |2| kritische abgerundete Untersuchung über die Verwandtschaftsbeziehungen des Baskischen zu liefern und lege nun bloß den Rohstoff vor der sich in einem Vierteljahrhundert bei mir angesammelt hat. Aber besser dieses als gar nichts; nach meinem Tode würde sich niemand in diesen Notizen auskennen, ich erspare Andern viel unnütze Arbeit und jedenfalls wird nun eine feste Grundlage für die weitere Erörterung jener wichtigen Frage gegeben sein.

Ich habe die Arbeit mit größter Überwindung vollendet; ja, j’ai dû sabrer l’affaire. Nun hege ich die größte Ungeduld sie gedruckt zu sehen, damit ich meine Gedanken auf andre Arbeiten richten kann, darunter baskologische wie die Veröffentlichungen der Aufzeichnungen von A. Etcheverry. |3| Denn solange ich nicht die letzte Korrektur von Etwas gelesen habe und der Satz nicht fest steht, möchte ich immer nachtragen und verbessern. So ist mir z.B. in der kurzen Zeit nach Absendung des betreffenden Msks. schon mancherlei Neues eingefallen, u.A. die Zugehörigkeit des urzi Gott aus dem 12. Jhrh. zu Gurzil, Hauptgottheit der heidnischen Berbern (oder Libyer). Indem ich nun dieser meiner Schwäche, daß ich den Abschluß einer Sache nicht ruhig erwarten kann, mir wohl bewußt bin, habe ich schon seit geraumer Zeit beschlossen, Umfangreicheres nicht mehr in Zeitschriften zu veröffentlichen wo es ja die Gerechtigkeit erfordert daß man Queue mache. Aber alles was ich noch über Baskisches schreiben würde, sollte in die Revue Basque kommen, nicht nur |4| weil mich Dankbarkeit und Sympathie an sie fesseln, sondern auch weil in diesem Organ, im Interesse der Wissenschaft, alle baskischen Studien sich zu konzentrieren haben.

Nun stellt sich ein unerwartetes Hemmnis, zum mindesten eine Unbequemlichkeit ein. Herr de Urquijo hatte mir davon gesprochen daß meine Arbeit wohl an den Anfang des 3. Heftes kommen könnte. Ich schätzte sie auf 2 Bogen; Karras schreibt mir, sie würde 4 Bogen ausmachen. Ich erkläre mir das, bei näherer Erwägung daraus daß jetzt ein Bogen viel weniger enthält, als im Protatschen Druck (36 Zeilen gegen 41 auf der Seite). 64 Seiten sind nun offenbar zu viel für ein Heft. Was könnte geschehen? Das Nächstliegende wäre Halbierung. Ich gestehe ich habe große Antipathie gegen eine solche, auch wenn sie mir bei |5| andern begegnet; ich kann mich nicht entsinnen daß je von mir etwas mit „Fortsetzung folgt“ gedruckt worden wäre. Aber das Persönliche ganz beiseite gesetzt, die Übersicht über meine Liste mit den beständigen Hinweisen nach vorn oder rückwärts würde durch eine Zerstückelung gänzlich gestört werden. Ich dachte an engeren Druck, d.h. an kleinere Typen, aber gerade in den größeren sind die mit diakritischen Zeichen versehenen vorhanden. Wie also werden wir uns verhalten?

– – In diesem Augenblick erhalte ich einen Brief von Herrn de Urquijo, der aber auf die erwähnte Schwierigkeit nicht eingeht.

Ich habe inzwischen Karras ersucht, die 7 Seiten lange Einleitung für mich (wenn sie nicht weiter |6| verwendbar sein sollte) zu drucken. Ich denke nämlich, sie könnte sich bei den Diskussionen zu denen Winklers Vortrag Anlaß geben wird sich nützlich erweisen. Er wird wohl das Hauptgewicht auf die innere Sprachform legen, und ich bin der Ansicht daß auf sie eine sichere Annahme von genetischem Zusammenhang nicht zu bauen ist.

Mit herzlichem Gruß

Ihr ergebener

H. Schuchardt

de U. schreibt:

una vez que haya V. decidido el tipo de letra que se haya de emplear en la composición de su trabajo...

aber darum handelt es sich eben, der ist ja zum Teil abhängig davon wie die ganze Arbeit eingefügt werden soll.

Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Fondo Lacombe (Euskaltzaindia). (Sig. 169)