Sextil Pușcariu an Hugo Schuchardt (06-09061) Sextil Pușcariu Luca Melchior Katrin Purgay Institut für Sprachwissenschaft, Karl-Franzens-Universität Graz Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities, Karl-Franzens-Universität Graz GAMS - Geisteswissenschaftliches Asset Management System Creative Commons BY-NC 4.0 2022 Graz o:hsa.letter.4427 06-09061 Hugo Schuchardt Archiv Herausgeber Bernhard Hurch Karl-Franzens-Universität Graz Österreich Steiermark Graz Karl-Franzens-Universität Graz Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen 09061 Sextil Pușcariu Papier Brief 6 Seiten Tschernowitz 1908-02-04 Hugo Schuchardts wissenschaftlicher Nachlass (Bibliothek, Werkmanuskripte und wissenschaftliche Korrespondenz) kam nach seinem Tod 1927 laut Verfügung in seinem Testament als Geschenk an die UB Graz. Luca Melchior Katrin Purgay 2016 Die Korrespondenz zwischen Sextil Pușcariu und Hugo Schuchardt Hugo Schuchardt Archiv Bernhard Hurch

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Hugo Schuchardt Archiv

Das Hugo Schuchardt Archiv widmet sich der Aufarbeitung des Gesamtwerks und des Nachlasses von Hugo Schuchardt (1842-1927). Die Onlinepräsentation stellt alle Schriften sowie eine umfangreiche Sekundärbibliografie zur Verfügung. Die Bearbeitung des Nachlasses legt besonderes Augenmerk auf die Erschließung der Korrespondenz, die zu großen Teilen bereits ediert vorliegt, und der Werkmanuskripte.

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Sextil Pușcariu Tschernowitz 1908-02-04 Hugo Schuchardt Ukraine Chernivtsi Chernivtsi 25.93241,48.29045 Korrespondenz Sextil Pușcariu - Hugo Schuchardt Korrespondenz Academia Română (Bukarest) Wörterbücher Kritischer Jahresbericht über die Fortschritte der romanischen Philologie Romanische Forschungen Zeitschrift für romanische Philologie Erster Weltkrieg Rumänisch Romanische Sprachen Sardisch Vulgärlatein Französisch Latein Sizilianische Dialekte Spanisch Portugiesisch Rätoromanische Sprachen Wissenschaft Sprachwissenschaft Brief Deutsch
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SEXTIL PUŞCARIU.Vorgedruckt. Cernăuţi, 4. II 1908"Cernăuţi, ……………… 1908…" vorgedruckt. Dominikgasse 6 Sehr geehrter Herr Professor,

Innigsten Dank für Ihren Brief. Er ist mir höchst wertvoll und ermutigt mich, Ihnen vom neuen zu schreiben.

Vor allem möchte ich um Erlaubnis bitten, den erhaltenen Brief der rumänischen Akademie zeigen zu dürfen. Dies aus folgenden Gründen: Als mir das Wörterbuch anvertraut wurde, wuchsen mir, ohne mein Verschulden, ergrimmte Feinde in Rumänien. Einerseits war es Herr Philippide Alexandru Philippide (1859-1933), rumänischer Sprachwissenschaftler und Philologe, der auch im Briefkontakt mit Schuchardt stand (vgl. Befußnotung des Briefes mit der Lfd. Nr. 07 der vorliegenden Edition)., dem die Arbeit weggenommen wurdeIm Jahre 1897 wurde Philippide von der Academia Română mit der Redaktion eines deskriptiven Wörterbuchs der rumänischen Sprache betraut; 1905 "între Comisia academică a Dicţionarului şi Alexandru Philippide intervine un conflict indisolubil, ceea ce face ca lingvistul să predea fişierul lexical Academiei şi să hotărască continuarea lucrării pe cont propriu, în afara instituţiei oficiale" ( Haja/Dănilă/Forăscu/Aldea 2005: 17). 1906 – "[n]achdem fast ein Viertel des geplanten Werkes bereits redigiert war" ( Winckelmann 1989: 493 ), dieses jedoch "nicht über den Buchstaben D hinaus" ( Miron 1990: 1885 ) gelangt war – übertrug die Academia den Auftrag Sextil Puşcariu, dem Ion A. Rădulescu-Pogoneanu für die Erfassung und Aufbereitung der Neologismen beistand. Dazu vgl. auch die einleitenden Worte im ersten Band des DA ( DA 1913: I ). und andererseits Herr Densusianu Ovid Densusianu (1873-1938), bedeutender rumänischer Sprachwissenschaftler, Philologe und Historiker, Verfasser (mit Ion Aurel Candrea) eines Dicționarul etimologic al limbii române. Elementele latine (A - putea) ( Candrea/Densusianu 1907-1914 , vgl. Niculescu 2003: 193 , Dahmen 2011: 162 ). Densusianu und Candrea planten auch ein weiteres Allgemeinwörterbuch der rumänischen Sprache, das Dicţionar general al limbii române, von dem aber nur ein Heft ( Candrea/Densusianu 1909 ) erschien (vgl. Winckelmann 1989: 494 , Haja/Dănilă/Forăscu/Aldea 2005: 12). Es ist ein späterer Kontakt mit Schuchardt belegt (ein Brief aus dem Jahre 1925, Bibl. Nr. 02284)., dem sie nicht anvertraut ward. Mit dem ersten war ich nicht bekannt, hatte auch in meinen Schriften nie Gelegenheit gehabt, ihn anzugreifen. Sie werden nach seinem Zeitschriftartikel Philippide (1907a). urteilen, wie sehr wenig geeignet er war, HasdeusZu Bogdan Petriceicu Hasdeu (1838-1907) vgl. Befußnotung von Schuchardts Brief vom 31.01.1908 (Lfd. Nr. 05) in dieser Edition. FortsetzerWie oben erwähnt (vgl. Befußnotung des Briefes mit der Lfd. Nr. 05) hatte Hasdeu zwischen 1884 und 1893 vier Bände eines Etymologicum Magnum Romaniae herausgegeben. zu werden; unter seinen 60 oder 70 Etymologien sind kaum 2-3 annehmbar; der Rest strotzt geradezu vor eigentümlichen Ansichten. Die Akademie ist von selbst dazugekommen, ihn zu beseitigen. Als mir der Vorschlag gemacht wurde, habe ich selbstverständlich gleich geschrieben, dass man Densusianu mit heranziehen möchte. Dies geschah auch; die Arbeit sollte unter uns zweien verteilt werden. Der Plan gelang jedoch nicht, denn Densusianu liess sich von der Akademie nichts vorschreiben, wollte nichts von einer Probearbeit hören, fand in der Kommission persönliche Feinde (Maiorescu Titu Maiorescu (1840-1917), rumänischer Journalist, Literaturkritiker, Politiker, Schriftsteller, Gründungsmitglied der Academia Romană , Gründer und Herausgeber der Convorbiri literare . Maiorescu war eine der wichtigsten Persönlichkeiten des kulturellen und politischen Lebens Rumäniens in dieser Zeit. In den 1860er Jahren wurde Maiorescu von Densusianus Vater, Aron, bezichtigt, Friedrich Theodor Vischer plagiiert zu haben., Tocilescu Grigore Tocilescu (1850-1909), rumänischer Historiker und Volkskundler.) von denen er keinen Rat annehmen wollte und stellte sich überhaupt auf dem Standpunkte, dass die Akademie auf uns angewiesen sei und daher unsere Bedingungen zu erfüllen hat, ohne selbst welche zu stellen. Da ich anderer Meinung war und die Erfordernisse der Akademie für vollauf berechtigt fand, ist es zum Krach gekommen und ich blieb allein. Mein früherer Freund ist zu meinem erbittersten Feind geworden. Somit fielen die zwei unter sich verfeindeten rumänischen Kollegen auf mich los in einer Art, die vor allem mich vor dem grossen Publikum diskreditieren wollte. Sobald nun die ersten Faszikel erscheinen werden, werden sie von Neuem ihren Kampf aufnehmen. Glücklicherweise ist ihre Wut zu gross, um in ihren Artikel sich vor der Gelehrtenwelt nicht blosszustellen. Gestatten Sie, Ihnen nur ein Beispiel anzuführen: Ich hatte früher einmal folgende Etymologie von descurcà "entwirren" gegeben Puşcariu (1904c: 680-681). : Da obscurus in allen rom. Sprachen, wo es Erbwort ist, als *(i)scurus erscheint*), (vielleicht weil das Präfix ob- nicht lebensfähig war), bildete man ein Verbum *de-scuricare, aus *(i) scuricare > sard. l. iskurgare "dunkel werden". Dieses ergab rum. descurcà "Klarheit verschaffen". Nach des-brăcà – îm-brăcà, des-chide – în-chide etc. etc. hat man ein în-curcà (da man das Wort fälschlich in des-curcà statt de-scurcà trennte), mit dem entgegengesetzten Sinn gebildet. Daraufhin schrieben in Völlmöllers Jb.Gemeint ist der Kritische[r] Jahresbericht über die Fortschritte der Romanischen Philologie , den der deutsche Romanist und Anglist Karl Vollmöller (1848-1922) zwischen 1892 und 1915 herausgab. Ettmeyer Karl von Ettmayer (1874-1938), österreichischer Romanist, Schüler Schuchardts, bei dem er 1899 auch promovierte. Danach standen die beiden noch bis 1917 in Briefkontakt (vgl. Goebl 2016). , dass nun die Form *( i)scurus im "Vulg.lat." nachgewiesen seiEs konnte nicht ausgemacht werden, worauf sich Puşcariu hier bezieht. Der einzige Beitrag Ettmayers in einem Kritische[n] Jahresbericht im fraglichen Zeitraum behandelt diese Etymologie nicht (vgl. Ettmayer 1905 ). Auch in der anderen Zeitschrift, die Vollmöller herausgab, den Romanische[n] Forschungen , findet sich kein entsprechender Artikel. Das gleiche gilt für die Zeitschrift für romanische Philologie . Allerdings schreibt Elise Richter in besagtem Jahresbericht, "Pušcariu weist nach, dass obscurus , wo es volkstümlich erhalten blieb, das unbeliebte Präfix ob- einbüsste" ( Richter 1908: 86 )., und Weigand Gustav Weigand (1860-1930), der vielleicht wichtigste deutschsprachige Rumänist und Balkanologe der Zeit, Lehrer Puşcarius in Leipzig. Während des Ersten Weltkriegs ereignete sich jedoch ein Bruch zwischen den beiden, und Puşcariu wurde zum erbitterten Widersacher seines einstigen Lehrers (vgl. Puşcariu 1968: 37-38 ; Peyfuss 1974: 19-20). Zur Korrespondenz Weigand-Schuchardt vgl. Melchior (im Druck)., dass meine Etymologie "ingeniös und geradezu bestechend sei" Vgl. Weigand (1908: 98) : "descurc aus *de[ob]scuricare, gestützt auf sard. iskurgare (nach descurc dann încurc), ist geradezu ingeniös und bestechend".. Nun aber Densusianu (Viaţa nouă, III, 129): "descurc = *deobscurico, prin suprimarea silabei ob-; D. Puşcariu taie la silabe cum îi convine; alţi filologi sânt mai puţin cruzi decât d-sa, pentru că ştiu că ştiinţa nu iartă asemenea operaţiuni de măcelar." Das Zitat stammt aus der Besprechung des Etymologische[n] Wörterbuch[s] der rumänischen Sprache (Puşcariu 1905) durch Ovid Densusianu ( Densusianu 1907: 129 ) im dritten Band der von ihm gegründeten und geleiteten Zeitschrift Vieaţa nouă ; dort steht jedoch "sînt" und nicht "sânt". Wie sollte man sich da vor dem Publikum verteidigen, da man nur zu gut weiss, dass der Gegner gegen seine Überzeugung, bloss auf das Stimmungmachen ausgeht? Ich schwieg und werde schweigen. Doch könnte es geschehen, dass die Stimmung auch in der Akademie bei dem einen oder anderen Mitglied durchdringt, das man dann schwerlich mit wissenschaftlichen Argumenten, welche nur der Fachmann versteht, vom Gegenteil überzeugen kann. Das einzige Mittel, welches mir dann zu Gebote steht ist, mich auf die Autorität der Meister der Romanistik zu berufen; und deshalb bat ich Sie, sehr geehrter Herr Professor, mir zu gestatten von Ihrem Brief bei Gelegenheit Gebrauch machen zu dürfen.

Ein zweiter wunder Punkt in meiner Stellung der Akademie gegenüber ist folgender: Durch zwanzig Jahre hindurch ist das Wörterbuch bis zum Anfang des Buchstaben B gediehen. Nun sind alle ungeduldig geworden: Sie wollen schnell das Werk beendet sehen. Niemand ist es eingefallen einen Fachmann zu fragen, wielange eine solche Arbeit dauern kann,**) und glauben dass ich, der ich jung und gesund bin, in einigen Jahren fertig sein werde. Es ist nun nicht besonders schwer aus den existierenden vorzüglichen französischen Wörterbüchern ein knappes kurzgefasstes zu gestalten; aber im Rumänischen wo die Vorarbeiten – TiktinPuşcariu bezieht sich hier auf das dreibändige Dicţionar român-german/Rumänisch-Deutsches Wörterbuch (Tiktin 1903-1925) , einziges lexikographisches Werk des rumänisch-deutschen Grammatikers und Lexikographen Heimann Hariton Tiktin (1850-1936). Obwohl der erste Band (A-C) erst 1903, der zweite 1911 fertig wurden, hatten die Lieferungen schon 1895 begonnen. Wie Ernst (2013: 689) zu Recht anmerkt, "Tiktin’s Rumänisch–Deutsches Wörterbuch (1895–1925) is formally a bilingual dictionary, but the main emphasis is on the Romanian part – archaisms, regionalisms, and historical aspects are taken into consideration and occasionally, etymological information is given" (zum Wörterbuch vgl. auch Dahmen 2011: 159 ). Zur Bedeutung Tiktins in der Sprachwissenschaft vgl. u.a. Rizescu (1971) , Coseriu (1980) , Mihăilă (2004-2005) . ausgenommen – doch kaum über das Lexiconul BudanEs handelt sich um das Lexicon Valachico-Latino-Hungarico-Germanicum , initiiert von Petru Maior, aber erst posthum 1825 erschienen, das auch unter den Namen Dicţionarul de (la) Buda oder Lexicon Budan bekannt ist. im wesentlichen hinausreichen, ist es ziemlich gleich zeitraubend, ob man ein grosses oder ein kleines, gedrängtes Wörterbuch gibt. Daher zerbreche ich mir seit zwei Jahren den Kopf damit, was ich noch weglassen kann, um rascher vorwärts kommen zu können. Das einzige, was mir gelungen, ist, dass ich die Neologismen einem dazu recht gut vorbereitetem Mitarbeiter, Herrn Rădulescu Ion A. Rădulescu-Pogoneanu (1870-1945), rumänischer Pädagoge, beschäftigte sich im Projekt des DA mit den Neologismen, vgl. Befußnotung des Briefes mit der Lfd. Nr. 06 dieser Edition. , überlassen habe und nur die Aufsicht auf seine Redaktion behalte. In diesem Punkte möchte ich besonders Ihren mir so werten Rat holen. Ich habe versucht die vielen Ableitungen kürzer zu fassen, so wollte ich das als Adj. angewandte Partizipium und die als Sb. verwendeten Infin. und Part. mit dem Verbum zusammenzufassen. Bald musste ich aber davon absehen, da dies ein gewalttätiges Vorgehen wider den tatsächlichen Bestand der Sprache, aus lexikographischem Standpunkt aus beurteit, wäre. Man sehe nur beispielsweise die Artikel alege und ales adj. an, um dies vollkommen zu verstehen.Vgl. DA (1913: 106-108; 11-113 , s.v. alege, alegere, alés und alés, -éasă), wo die unterschiedlichen Formen eigene lexikographische Einträge vorweisen. In dieser Form aber rauben mir die sich bei jedem Verbum wiederholenden Ableitungen furchbare Zeit, weil gerade da besondere Feinheiten festzustellen sind und weil die konservative franz. Sprache so sehr wenig geeignet ist, diese Feinheiten in der Übersetzung wiederzugeben.

Es war für mich eine wahre Freude, als ich in Ihrem Briefe die Betonung der Wichtigkeit der Sinnesklassifizierung fand. Darin lege ich das Hauptgewicht. Ich weiss sehr wohl, das gerade in dieser Beziehung am meisten das subjektive Element eine grosse Rolle spielt; wenn aber der Verfasser Verständnis für die Sache hat, so sind seine Ausführungen, wenn auch anfechtbar oft, immer instruktiv und anregend. In dieser Beziehung liesse sich die Sache am meisten vereinfachen, und oft war ich versucht den eingeschlagenen Weg zu verlassen. Darauf, wie ich die verschiedenen Bedeutungen aneinander zu reihen habe, wie ich die eine aus der andern ableite und wie ich das kurz, jedoch gemeinverständlich – denn das Buch ist nicht nur für Fachleute berechnet – ausdrücke, so dass jedes Wort als eine kleine Monographie erscheine, – darauf vergehen oft Tage ununterbrochenen Grübelns, das ist die eigentliche Aufgabe; dies lockt und – ich muss es gestehen – ermüdet mich am Meisten. Wie wenige werden das beurteiln können?! Doch man möchte vor allem nicht die Anderen, sondern sich selbst befriedigen; die Freude, wenn man Licht geschaffen hat, wird einem nicht erst durch die Rezensionen bereitet.

Und nun noch eines, das letzte, da ich schon bemerke, dass mich Ihre liebenswürdige Antwort zu weit zu Geständnissen über meine Arbeit hingerissen hat. Was halten Sie – ich errate fast die Antwort, die Sie ja in Ihren Werken reichlich gegeben haben – für nützlicher: wenn man, wie das Dict. gén. höchst zurückhaltend in den dunklen Fragen ist, und sein gutes Renommée hinter ein ewiges "origine inconnue" zu wahren trachtet, oder, wenn man weniger auf die Untastbarkeit seiner wissenschaftlichen Auffassung erpicht ist und, wenn man einmal eine Idée hat, sie auch anspricht, mit dem Risiko damit den Nörglern, in meinem Falle, hundert Achillesfersen zu zeigen? Soll in einem Dictionarul limbii române nur sichere Etymologien gezeigt werden, oder soll das Werk auch Andere anregen welche zu finden? 

So wie ich die Frage gestellt habe, ist sie zugleich die Antwort, die Ihnen besagt, wie sehr ich Ihnen dankbar bin, dass Sie sich hie und da mit meinen Ansichten beschäftigt haben, auch wenn Sie sie nicht gebilligt haben. Ich halte mich nicht für unfehlbar und nehme sehr gern Rat an, zumal wenn er von einem Schuchardt kommt. –

Was das "Ideal einer wissenschaftlichen Forschung" betrifft, so war dies eine prinzipielle Frage, die ich in den ersten Bogen des D. l. r. in Praxis anzuwenden suchte, die ich aber schon seit dem 5. Bogen nicht mehr befolge, da man schon ausgesprochen hat ( Philippide), dass ich den Autor verschweige, weil ich mich als Autor geben möchte.Vgl. Philippide (1907a: 284) und Philippide (1908: 18) sowie die Antwort von Puşcariu (1907) . Gott weiss, wie wenig mir das im Sinn war! Man hat mich somit gezwungen vom ausgesprochenen Prinzip abzuweichen. Wo da die Grenze ist, weiss ich aber nicht und es wäre doch lächerlich, wenn man omhomo, cal caballus mit einem CIHAC Alexandru Cihac (1825-1887) verfasste das erste etymologische Wörterbuch der rumänischen Sprache ( Cihac 1870/ 1879 )., oder LEX. BVD. Lexiconul Budan , vgl. die Befußnotung des Briefes mit der Lfd. Nr. 06. versehen möchte. Nun giebt es für mich aber viele Etymologien, die ebenso klar wie calcaballus sind, die aber vielleicht doch von einem oder dem anderen unter den Lebenden zuerst ausgesprochen worden sind, den ich nicht mehr kenne.

Ihren aflà-Artikel Schuchardt (1907) . habe ich gelesen und werde im NachtragEs ist uns kein Nachtrag zum DA bekannt, in dem sich Puşcariu mit dem Thema beschäftigt habe. darauf zurückkommen. Im D. l. r. bin ich allerdings von Ihrem afflatur Schuchardt (1896a) . , das ich anders verstand, ausgegangen, und war froh, diesen Gedanken am Rumänischen Schritt für Schritt verfolgen zu können.Im DA (1913: 61-62, s.v.) liest man: "Lat, afflare (=ad + flare), 'a suflà spre cevà', se găseşte la Romăni, în vechea limbă dalmată (aflatura = pradă, găsită pe largul mării), în Italia sudică ( neapolitan ašare , calabrez ahjare, în Cerignola şi Bari acchjá, sicilian ašari ), în peninsula iberică (span. hallar , portg. achar ) şi la Reto-romani (surselvic aflar ), pretutindeni cu sensul de 'a găsi', corespunzând deci lui trovare , trouver din Italia şi Franţa. Acest sens, care e atestat abià în s. XI, în nişte glose latino-spaniole, trebue să fi fost cunoscut şi poporului roman, iar desvoltarea lui se explică (după Schuchardt) in modul următor: Afflatur , 'se suflă', va fi luat mai întâiu sensul de 'se şopteşte', mihi afflatur , 'mi so şopteşte' (cfr. 'numai, tu să nu te răsufli cuivà, ca să nu prindă ol de veste'. CREANGĂ), de unde apoi, forma pasivă fiind înlocuită prin forma activă, afflo, 'aud (ceea ce mi se şopteşte)' şi, în urmă, 'găsesc'"; vgl. auch Puşcariu (1905: 4, s.v. áflu) .

Hochachtungsvoll ergebenst Sextil Puşcariu

*) Z. XXVIII, 680-681 Puşcariu (1904c) . Darin führt Puşcariu das rumänische Verb (a) descurca auf ein lateinisches "*de[ob]scuricare" (Puşcariu 1904c: 681) zurück.; Et. WB. No 514In Puşcariu (1905: 45, unter der Nummer 514) wird descurc auf "*dĕ-[ob]scūrĭco, -are, das Gegenteil von *[ob]scurĭcare > sard. l. iskurgare 'dunkel werden'" zurückgeführt.

**) Es ist sehr interessant, dass Sie mit den "wohl 5000 Seiten" eine Anzahl von Seiten angeben, die vollkommen meiner Berechnung entsprichtVgl. Brief mit der Lfd. Nr. 05 in der vorliegenden Edition. . Da ich pro Monat unmöglich, bei einer täglichen 4-stündiger Arbeit, mehr als einen gedruckten (und korrigierten!) Bogen leisten kann, wird das Werk wohl 25 Jahre dauern. Doch hoffe ich bald einen oder zwei Schüler zu Mitarbeitern auszubilden.Neben Ion A. Rădulescu-Pogoneanu, von dem schon im Brief mit der Lfd. Nr. 06 die Rede war, wurde Puşcariu bei der Arbeit am ersten Band des DA von "d-nii profesori C. Găluşcă din Iaşi şi C. Lacea din Braşov" ( DA 1913: II ) unterstützt; für die Arbeit am parallel erscheinenden zweiten Band war Puşcariu von " Dumitru Evolceanu, profesor Ia Universitatea din Bucureşti, cu colaborarea d-lui profesor Teodor Capidan" ( DA II 1910: [o.S.] ) flankiert. Darüber hinaus wirkte Henry Lolliot bei der Übersetzung ins Französische mit. Neben Lacea und Capidan, sei noch Alexandru Procopovici zu nennen (vgl. Isopescu 1948: 373 ). Nach Puşcarius Berufung nach Cluj im Jahr 1919 und der darauf folgenden Gründung des Muzeul limbei române (vgl. Brief Lfd. Nr. 21 der vorliegenden Edition) konnte der rumänische Sprachwissenschaftler auf die Mitwirkung zahlreicher Mitarbeiter zählen (vgl. dazu u.a. Miron 1990: 1885 , Popovici 2003: 331 ).