Die keltischen Götternamen der germanischen Provinzen


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Matronae/Matres? Octocannae

CF-GeI-82

MAT · OCTOCANNIS

Q · IVL · QVIETVS · ET

[.]VCVNDVS · ÊT · VRSV

LVS · IMP · IPS · L · M

Mat(---) Octocannis

Q(uintus) Iul(ius) Quietus et

[I]ucundus et Ursu-

lus imp(erio) ips(arum) l(ibentes) m(erito)

CivitasCCAA
Apparatus criticusZ. 1: Mat(ronis) – Lehner, Espérandieu
Übersetzung Deutsch

Für die Mat… Octocannae!
Quintus Iulius Quietus und Iucundus und Ursulus auf deren Geheiß gerne nach erwiesener Wohltat.

Übersetzung Englisch

To the Mat… Octocannae!
Quintus Iulius Quietus and Iucundus and Ursulus in response to an order of the goddesses willingly and deservedly.

Autopsievidimus (CIL XIII Projekt)
Editionen und LesungenCIL XIII 8571
Lehner 1918, Nr.336
Espérandieu IX 6616
Elektronische RessourcenEDCS-11100665 (zuletzt aufgerufen am 24. Februar 2020) (Epigraphik-Datenbank Clauss/Slaby)
www.trismegistos.org/text/415585 (zuletzt aufgerufen am 26. Juli 2021) (Trismegistos)
Fundort antikGelduba
Fundort modern Krefeld
FundstelleGut Gripswald
Fundumständeinnerhalb einer halbkreisförmigen Umfassungsmauer, wahrscheinlich den Resten eines antiken Tempels (Lehner 1918, Nr.339), gemeinsam mit CF-GeI-77, CF-GeI-80 und CF-GeI-81 sowie zwei Weihungen an Mercurius Arvernus (CF-GeI-67 und CF-GeI-70)
Fundjahr1863
VerwahrungBonn, Rheinisches Landesmuseum
InventarnummerU 28
InschriftträgerAedicula-Altar
MaterialSandstein
Archäologische Klassifikation Akanthus
Apfel
Architektur
Aufsatzschmuck
Band
Bank
Birne
Blattdekor
Blumenstrauß
Blüte
Frucht
Füllhorn mit Blattkelch
gebrochener Giebel
Globus
Götterbild
Kapitell
Kornähre
Lunula
Muschelschloss
Obstschale
Pflanzenornament
Pilaster
Pinienzapfen
Ranke
Reliefdekor
Reliefschmuck
Rosette
Schmuck
Tempelarchitektur
Beschreibung Objekt

Über dem einfachen Sockel erhebt sich das nicht gerahmte Inschriftenfeld am geraden Altarkörper. Nach einem kleinen schmal profilierten Vorsprung folgt die Nische mit dem Götterbild. Die Nische wölbt sich über den Köpfen der Göttinnen zu einer Halbkuppel. Die Aedicula ist an den Seiten von Pilastern begrenzt, wobei der rechte etwas abgeschlagen ist. Das unmittelbar anschließende Gebälk ist umlaufend auf den Schmalseiten als Begrenzung zum Aufsatz fortgesetzt. Der spitze Giebel ist gebrochen; die Ausgestaltung der Halbkuppel und ihr Anschluss an den Giebel ist nicht klar erkennbar und abgeschlagen.
Die drei sitzenden Frauen/Matronen sind vollständig erhalten, nur der Kopf der mittleren Göttin ist etwas abgeschlagen. Sie sitzen alle zusammen auf einer Bank. Das Schrägsima auf der linken Giebelseite ist ausgebrochen. Die Bekrönung trägt links und rechts zwei Pulvini.

Zustand Objekt weitgehend vollständig
MaßeHöhe: 90,0 cm
Breite: 52,0 cm
Tiefe: 22,0 cm
IkonografieDie drei sitzenden Matronen sind im üblichen Schema dargestellt. Die beiden äußeren tragen die typischen Matronenhauben, während die mittlere das Haar offen trägt, wie die erhaltenen Ansätze des beschädigten Kopfes verraten. Alle drei Matronen zeigen dieselbe Körperhaltung: der rechte Fuß leicht vorgerückt neben dem linken, die Hände halten eine Schale oder einen Korb auf den Knien. Laut Lehner (1918, 153) sollen alle in der rechten Hand einen Zweig oder eine Blume halten; eventuell handelt es sich um einen Blumenstrauß. Auch die Bekleidung ist klar zu erkennen. Der schwere Mantel wird jeweils an der Brustmitte von einer Spange gehalten und fällt schwer entlang ihrer Arme über die Knie herab. Um den Hals tragen sie Ketten mit Lunula-Anhängern. Die mittlere Matrone erscheint in ihrer gesamten Gestalt breiter als die beiden anderen. Die Gesichter sind zerstört und nicht mehr erhalten. Im Hintergrund der Matronen wird die durchgehende Sitzbank erkennbar. Etwa auf Schulterhöhe verläuft die Rückenlehne, ersichtlich an einem schmalen Grat. Oben in der Giebelspitze ist ein stilisiertes Muschelschloss zu sehen. Die beiden Pulvini sind mit Rosetten verziert, die Spitze des mittigen Giebels zeigt leichte Reste eines floralen Ornaments. Auf dem Aufsatz sollen sich laut Lehner zwei Äpfel befinden (Lehner 1918, 153). Die linke Schmalseite ist an der rechten Seite zerstört – das Reliefbild ist der Länge nach zur Hälfte erhalten. Oben zieht sich ein horizontaler Bruch durch die Spitze des Füllhorns. Das Relieffeld ist mit einem breiten flachen Rahmen versehen. Links davon am Boden liegt ein nicht näher definierbares Kugelobjekt, auf dem ein Stück Stoff(?) liegt oder herunterfällt; weiters kreuzen zwei Bänder die Kugel. Lehner will darin eine Gestirnsdarstellung sehen. Das Füllhorn ist mit Früchten und Pflanzenranken gefüllt, darunter ein Pinienzapfen. Auf der rechten Schmalseite ist eine große akanthusartige Pflanzenranke dargestellt. Am Boden entwächst die Ranke aus zwei übereinanderliegenden Blättern. Sie windet sich nach oben und wirft in beiden Windungen je eine vierblättrige Blüte oder Rosette. Auch hier ist der horizontale Bruch im oberen Teil gut sichtbar. Auf der rechten Seite ist ein Stück der flachen Umrahmung ausgebrochen. Ebenso ist die linke Seite unten etwas abgeschlagen.
Inschrift

Der Inschriftentext ist vollständig erhalten.
Ligatur: s. Majuskeltext

Technikgemeißelt
Kommentar Götternamen

Octocannae: keltisch, die Etymologie weist auf Baumgottheiten hin: ‘die Fichtengöttinnen’ (de Bernardo Stempel in Spickermann 2005, 141)

Vorkommen in theonymischen Formularen:

Matronae Octocannae:
- Germania Inferior: Es finden sich 5 gesicherte Belege (CF-GeI-77 bis CF-GeI-81) und in der hier besprochenen Inschrift ein möglicher. - außerhalb der Germania Inferior: -

Matres Octocannae:
- Germania Inferior: Dieses theonymische Formular ist nur in einer einzigen Inschrift (CF-GeI-84) sicher bezeugt. In der hier besprochenen Inschrift könnte das belegte „Mat“ für Matres ebenso wie für Matronae stehen. - außerhalb der Germania Inferior: -

Octocannae:
- Germania Inferior: In einem einzigen Inschriftenfragment (CF-GeI-83) scheint das theonymische Formular Octocannae zu finden zu sein. Es hat zumindest nicht den Anschein, als wäre davor eine Bezeichnung als Matres oder Matronae abgebrochen. - außerhalb der Germania Inferior: -

Alle Inschriften für Octocannae stammen aus dem Raum Krefeld. Alle bis auf eine (CF-GeI-84) wurden in Krefeld-Lank (Gripswald) gefunden.

Kommentar allgemein

Quintus Iulius Quietus: tria nomina
Iulius: italisches kaiserliches Gentilnomen, überall äußerst gängig (Kakoschke 2006, GN 621) Quietus: gängiges lateinisches Cognomen (Kakoschke 2008, CN 2520)

Iucundus: lateinisches Cognomen, überall gängig (Kakoschke 2007, CN 1632); Iucundus kann in dieser Inschrift als Cognomen eines Quintus Iulius Iucundus verstanden werden (so Kakoschke), was aber nicht unbedingt zwingend ist.

Ursulus: gängiges lateinisches Cognomen, Weiterbildung (Diminuitiv) des lateinischen Cognomens Ursus (Kakoschke 2008, CN 3178). Ursulus kann in dieser Inschrift als Cognomen eines Quintus Iulius Usulus verstanden werden (so Kakoschke), was aber nicht unbedingt zwingend ist.

ZitiervorschlagCF-GeI-82, hdl.handle.net/11471/504.50.82
LizenzCreative Commons BY-NC 4.0


Bild 1: Front, CIL XII Projekt, Rechte vorbehalten
Bild 2: links, CIL XIII Projekt, CC BY-NC
Bild 3: rechts, CIL XIII Projekt, CC BY-NC