Die keltischen Götternamen der germanischen Provinzen


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Borvoboendoa? | Hercules Magusanus? | Vabusoa?

CF-GeI-136

[---]OVL MACVSAO BALDRVO LOBBO SOL DDECVR VABVSOAE DEO LOBBO BORVOBOENDOAE VO SS A LBB

[Deo Erc]oul(eo) Macusa(n)o, Baldruo, Lobbo(no) sol(verunt) decur(iones), Vabusoae, deo Lobbo(no), Borvoboendoae vo(ta) s(olverunt) a(nimo) l(i)b(entes)

CivitasCivitas Canninefatium
Apparatus criticusZ. 1: [vota Erc]oul(eo) – Vollgraff 1930 und 1932, Jaczynowska; ohne Interpunktion – EDH; DECVR – EDH; VO S A LB – EDH.
Übersetzung Deutsch

Für den Gott Hercules Macusanus, für Baldruus und für Lobbonus haben die Dekurionen (das Gelübde) erfüllt, sie haben für Vabusoa, den Gott Lobbonus und Borvoboendoa die Gelübde mit freudigem Herzen erfüllt.

Übersetzung Englisch

To the god Hercules Macusanus, to Baldruus and to Lobbonus, the decurions have fulfilled a vow, they have fulfilled (a vow) to Vabusoa, to the god Lobbonus and to Borvoboendoa, with a joyful heart.

Autopsienon vidimus
Lesung gründet auf: Vollgraff 1931
Editionen und LesungenVollgraff 1930, 138–142
Vollgraff 1931, 256-257, tabula B Nr.5
Jaczynowska 1977, Nr.10
AE 1977, 539
Elektronische RessourcenHD020251 (Version vom 5. August 1997) (Epigraphische Datenbank Heidelberg)
EDCS-59700176 (zuletzt aufgerufen am 24. Februar 2020) (Epigraphik-Datenbank Clauss/Slaby)
www.trismegistos.org/text/209138 (zuletzt aufgerufen am 29. Juni 2021) (Trismegistos)
Fundort antikTraiectum
Fundort modern Utrecht
Fundstellemitten in der Stadt vor den Toren der Akademie
Fundjahr1929
VerwahrungUtrecht, Museum Catharijneconvent
InschriftträgerWeihestein
MaterialSandstein
Archäologische Klassifikation Inschriftenansammlung
Tafel
Beschreibung Objekt

Es handelt sich um eine Steintafel mit leicht bestoßenen Rändern.

Zustand Objekt unklar
MaßeHöhe: 46,0 cm
Breite: 69,0 cm
Tiefe: 13,0 cm
Ikonografiekein Dekor vorhanden
Inschrift

Der Text findet sich auf einer von mehreren Tafeln (bzw. Resten davon), die mit außergewöhnlicher Schrift beschrieben sind. Sie enthält mehrere Weihetexte, die aber nicht überall eindeutig voneinander abgegrenzt werden können. Die Interpunktion ist unsicher und könnte auch anders gesetzt werden. Es ist auch unklar, ob die Zeile Anfang und Ende des ursprünglichen Textes erfasst; es ist wohl nicht auszuschließen, dass sich der Text links und rechts auf weiteren Tafeln fortsetzte. Hier erfasst ist die 5. Zeile der Tafel B (Tafel B Nr.5, nach Vollgraff 1931), die möglicherweise den Rest eines ersten und einen vollständigen zweiten Weihetext enthält.
Bemerkenswert ist die einzigartige, ungewöhnliche Form der ineinander verschlungenen Buchstaben. Die Lesung des Textes ist problematisch. Sie beruht in der hier vorgelegten Form weitestgehend auf Vollgraff. Nesselhauf 1937, Nr.257 meint, dass eine zunächst normal geschriebene Inschrift zugrunde zu liegen scheint, die durch „Auflegen eines spinnwebartigen Schnörkelnetzes über die einzelnen Zeilen verziert oder unverständlich gemacht werden sollte“.In die vorliegende Sammlung wurden auch noch zwei weitere Zeilen dieser Tafel aufgenommen: CF-GeI-137 und CF-GeI-262.

Buchstabenhöhe (cm)3,5–5,0 cm
Kommentar Götternamen

Macusanus: Weiterentwicklung von Magusanus: Germanisierung des keltischen Kultnamens * Mogusenos: ,der mächtige Alte‘, später sukzessive germanisiert zu Magusenos, Magusanos und Macusanos (de Bernardo Stempel in Spickermann 2005, 146, vgl. Toorians 2003)

Vorkommen in theonymischen Formularen:

Hercules Magusanus:
- Germania Inferior: sehr gut belegt (CF-GeI-115, 127–132, 134–139, 242–244); in dieser Inschrift möglicherweise in Verbindung mit dem Gottheitsdeterminativ deus, was in CF-GeI-139 belegt ist. Außerdem wird hier vermutlich Erculeus als der übliche detheonymische Beiname von Hercules verwendet. Dies und die Deutung von „Macusao“ als Magusanus durch Vollgraff ist dadurch gestützt, dass sich in einer anderen Inschrift auf der Tafel B (CF-GeI-137) „Erecouleo Macusano“ findet. - außerhalb der Germania Inferior: in Rom und in verschiedenen Provinzen vereinzelt nachgewiesen: Belgica, Britannia, Dacia (hier 1x auch als deus invictus Hercules Magusanus [AE 1977, 702]), Pannonia Superior

Magusanus Hercules:
- Germania Inferior: nur 1x in CF-GeI-133 bezeugt - außerhalb der Germania Inferior: -

Magusanus:
- Germania Inferior: in dieser Provinz nicht bezeugt - außerhalb der Germania Inferior: In der Provinz Dacia ist 1x ein deus Mag… bezeugt (AE 1995, 1280).

***

Borvoboendoa: Vollgraff 1931, 259 zitiert aus einem Schreiben von A.G. van Hamel: „Hoc nomen procul dubio Gallicum est.“

Vorkommen in theonymischen Formularen:

Borvoboendoa:
- Germania Inferior: 2 x bezeugt; 1 x wird Borvoboe(n)doa als dea bezeichnet (CF-GeI-262) - außerhalb der Germania Inferior: -

***

Vabusoa: keltisch (Delamarre 2007, 187); anders: Name germanischen Ursprungs (Gutenbrunner 1936, 67)

Vorkommen in theonymischen Formularen:

Vabusoa:
- Germania Inferior: nur in der hier besprochenen Inschrift bezeugt - außerhalb der Germania Inferior: -

***

Nicht keltische Götternamen:

Baldruus: zum germanischen Götternamen s. Gutenbrunner 1936, 63–65; Vollgraff (1931, 261f.) erörtert eine mögliche germanische oder orientalische Herkunft.

Lobbonus: germanisch (Vollgraff 1931, 251f.; vgl. Gutenbrunner 1931, 65–66); in anderen Textstellen auf den in Utrecht gefundenen Tafeln findet sich: Genius sanctus Lobbonnus coloniae Albiobolae, Genius sanctus Batabourum, Genius Lobonnus Batabourum, deus Lobbonnus coloniae Albiobolae Bataborum, deus Bataborum Lobbon(n)us etc. Bataborum steht dabei für Batavorum. – Die Kolonie Albiobola dürfte am Gebiet des späteren Traiectum (Utrecht) oder zur gleichen Zeit in unmittelbarer Nähe gelegen sein (Franke, RE S VI 1935, Sp.3 s.v. Albiobola).

Kommentar allgemein

Es könnte sich bei den Utrechter Tafeln um eine Sammlung von Weihinschriften handeln, die für anderwärtige Verwendung zusammengestellt worden waren. Das könnte vielleicht auch die seltsame Schriftform erklären. Franke (RE S VI 1935, Sp.3 s.v. Albiobola) vermutet, dass es sich bei den Tafeln um Weihinschriften für einen arcus quadrifrons handelt.

decuriones: Es ist naheliegend darunter die Dekurionen von Albiobola zu verstehen; s.o.

ZitiervorschlagCF-GeI-136, hdl.handle.net/11471/504.50.136
LizenzCreative Commons BY-NC 4.0


Bild 1: Front, Vollgraff 1931, Taf.III; unser Text Zeile 5, Rechte vorbehalten
Bild 2: Abschrift, Vollgraff 1931, Taf.IV; unser Text Zeile 5, Rechte vorbehalten