Dialect Cultures

Datenbank bairisch-österreichischer Mundartkunst vor 1800

Gattung: Lyrik
Genre:
Autoren:
Zeitraum Entstehung: 1760 +/- 5
Hauptvariante (Musik):
Musikvarianten:
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Kommentar:

Allem Anschein nach entstand dieses kleine Liedchen als Gesangseinlage für ein heute verschollenes Lustspiel um den von seiner ‚Länderreise’ heimkehrenden jungen Herrn von Dauli. Gemeint ist damit eine Kavalierstour zur Horizonterweiterung und Weiterbildung, wie sie dem Nachwuchs aus adeligen, später auch großbürgerlichen Kreisen nach der Schul- bzw. Studienzeit ermöglicht wurde. Durch den Kontakt mit fremden Ländern, Sprachen und Sitten versprach man sich eine Förderung von Geschmack und Urteilskraft, weltmännisches Auftreten und wichtige Kontakte, wie sie im folgenden (Berufs-)Leben dienlich sein konnte. Dass die Tour freilich oft dafür genutzt wurde, fernab vom Vaterhaus den Lastern, nämlich ‚Wein, Weib und Würfel’ zu frönen, war gängige Meinung. Mit Tunichtguten aus niederen Bevölkerungsschichten wurde die Kavalierstour deswegen auch ein beliebtes Motiv des Lustspiels im 18. Jahrhundert. Der aus Geldmangel zur Rückkehr gezwungene Länderreisende wird dort etwa zum lächerlichen Zerrbild der Frankomanie, wie sie in Holbergs Jean de France verlacht und auch von Lindemayr in seiner Hochzeit nach Geld 1766 thematisiert wird.

Wohl einige Jahre früher anzusetzen ist diese Arie und ihre vermutliche dramatische Einbindung. Allerdings können durch die fehlende Kontextualisierung des Handlungsverlaufs die Andeutungen nicht immer zur Zufriedenheit aufgelöst werden. Der Rollenname Heinrich, typische Benennung einer Dienerfigur, verweist zumindest auf eine dialogische Situation und die gezielte thematische Hinführung auf die Mutter bereitete wohl deren Auftritt vor. Viel mehr ist dem Lied bezüglich des Spiels nicht zu entnehmen. Sollte die abschließende Pointe, die liebevolle Mutter zur Furie zu machen, ein Hinweis darauf sein, wie sehr die Bildungsintention der Reise verfehlt wurde, da der junge Heimkehrer mythologisches Wissen zwar zitiert, doch nicht versteht? Das Motiv des verlorenen Sohns, der sich dennoch der Liebe und Unterstützung der Mutter stets gewiss sein kann, wird ein Menschenalter später bei Franz Stelzhamer seine innigste Gestaltung im oberösterreichischen Dialekt finden.

Permalink: http://hdl.handle.net/11471/510.15.88
Zuletzt geändert: am: 2.9.2016 um: 11:18:51 Uhr