Dialect Cultures

Datenbank bairisch-österreichischer Mundartkunst vor 1800

Gattung: Lyrik
Genre:
Autoren:
Komponisten:
Zeitraum Entstehung: 1765 +/- 5
Hauptvariante (Text):
Musikvarianten:
Textvarianten:
Kommentar:

Mit der (generell sehr zuverlässigen) Zuordnung in der 'Linzer Liederhandschrift' sollte die Verfasserschaft Maurus Lindemayrs für dieses eigenwillige Mahnlied eigentlich gesichert sein. Auch Hammerschmied führt es in seiner Sammlung unter den Liedern des Konventualen an und gibt als Quellennachweis seine wichtigste Textgrundlage, ein ‚Lambachisches’ Liederbuch an. Doch erscheint der Titel auch am Ende des Inhaltsverzeichnisses zu seiner Sammlung der Arbeiten Peter Gottlieb Lindemayrs, allerdings im Gegensatz zum Rest ohne Quellenangabe. Da dieses Manuskript bedauerlicherweise bis heute nicht aufgefunden werden konnte, ist nicht mit Sicherheit zu sagen, ob es sich um dasselbe Lied handelt, ob – wie beim unmittelbar vorausgehenden Lied 'O Einsamkeit mein Leben' – möglicherweise Arbeiten der beiden Brüder kombiniert worden waren oder ob ein Versehen des Schreibers vorliegt. Ernest Frauenberger schreibt das Lied in seinem Klavierarrangement dem Stadelschreiber Peter Gottlieb Lindemayr zu; allerdings ist die von ihm verwendete Fassung bereits im Kehrvers zersungen. In J, einer Abschrift der Liederbücher Peter Gottlieb Lindemayrs, ist das Lied in einer Reihe von eigenen Werken und denen seines Bruders nicht namentlich zugeordnet. Der ausgesprochen konservative Ansatz, der einer Lustfeindlichkeit das Wort redet und wie in 'Verlaubts mä’s i sing eng ä Gsang' die Hinwendung zu Gott als Gegenmittel anempfiehlt, spricht tendenziell gegen den Salzstadelschreiber als Autor des Lieds, zeigt sich dieser doch in seinem Werk durchaus auch anakreontischen Themen aufgeschlossen. Doch könnte er zumindest für die Erweiterungsstrophen in den verschiedenen Fassungen verantwortlich zeichnen.
Vielleicht aber ist Hammerschmieds Doppelzuordnung ja auch Resultat inhaltlicher Korrespondenzen. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses – für Maurus Lindemayr ungewöhnlich persönliche – Lied tatsächlich der Ratschlag eines älteren Bruders an den jüngeren ist, der in Liebesturbulenzen geraten ist. Peter Gottlieb Lindemayr (1741-1799), beinahe eine Generation jünger als sein Bruder Maurus, verlor bereits im Alter von fünf Jahren seinen Vater und seine Mutter hatte Mühe, für den Lebensunterhalt aufzukommen. Abt Amand Schickmayr ermöglicht ihm jedoch eine profunde Ausbildung am Linzer Jesuitengymnasium, die er mit philosophischen Studien am Lyzeum fortsetzt. Nach deren Abschluss beginnt Peter Gottlieb zunächst als Schreiber in der Kanzlei seines Bruders Gotthard, des letzten Traunkirchner Hofrichters, bevor er 1764 von der Stiftsverwaltung zum Salzstadelschreiber in Stadl-Paura ernannt wird. Im folgenden Jahr heiratet er mit der Parzer Pflegerstochter Maria Susanna Schickmayr eine Schwester des Lambacher Prälaten. Sollte Peter Gottlieb tatsächlich der Angesprochene sein, so dürfte das Lied in die frühen 1760er Jahre zu datieren sein, in denen er die Ferienzeiten noch zuhause bei seiner Mutter verbrachte (vgl. 12. Strophe). Liebesbedrängnisse eines jungen Akademikers, der in der Landeshauptstadt studieren darf, sind nichts Überraschendes. Überraschend ist allerdings das brüderliche Eingeständnis, in der Jugendzeit ähnliche Erfahrungen durchgemacht zu haben, wenn das Ich des Lieds tatsächlich mit der Erfahrungswirklichkeit des Autors in Verbindung gebracht wird. Sollte es sich hier nicht – wie sonst stets – um ein Rollenlied handeln, dann war das Lied wohl zunächst tatsächlich nur für den engsten Kreis bestimmt. Dies gilt wohl auch, sollte mit dem Bruder ein Lambacher Mitbruder angesprochen sein, dem der Zölibat zur Last wird (wie es Alois Brandstetter ja dem aus Aichkirchen stammenden Koloman Fellner in seinem Roman 'Vom Manne aus Eicha' unterstellt).
Dass das Lied zumindest eine gewisse Verbreitung fand, belegen die Umformungen in den Handschriften des Kremsmünsterer Musikarchivs. Interessanterweise scheint schon damals die eigentliche Bedeutung des Kehrreims „Zwick mein Lieb und lach nit“ nicht mehr verständlich gewesen zu sein und so wurde er zu einem „zwickt dih d’Lieb, so lach nöt“ ‚verbessert’.

Angeführt werden lediglich Fassungen, die vor der ersten Drucklegung der Werke Lindemayrs (1822) erstellt wurden.

2 Melodien

Literatur:
Permalink: http://hdl.handle.net/11471/510.15.332
Zuletzt geändert: am: 6.9.2016 um: 11:33:28 Uhr