Dialect Cultures

Datenbank bairisch-österreichischer Mundartkunst vor 1800

Gattung: Lyrik
Genre:
Autoren:
Komponisten:
Zeitraum Entstehung: 1752
Hauptvariante (Text):
Musikvarianten:
Textvarianten:
Kommentar:

Ein Eintrag im Lambacher Trauungsbuch vom 17. Jänner 1752 macht diesen reizvollen Hochzeitsgesang zum (bislang) ältesten exakt datierbaren Lied Maurus Lindemayrs:

Eodem Spons‹us› der Wohl Edle gestrenge Herr Johann Wenceslau‹s› der Hochgraffliche‹n› loderonische‹n›, Primogentus [!] Herrschafft-Verwahlter zu Salzburg so Seines Herrn Vattern Dienst angetrette‹n›. Sponsa, der [!] Wohl Edlen Jungfraue‹n› Maria Anna Kohlerin des Wohl Edlen Herrn N: Kohlerer burger und Eysenhandler zu Steyr et Uxori ejus. der Wohl Edle‹n› Fraue‹n› Elisabetha, von P. Gabriel Freindl cop‹uliert›. Testes, der Wohl Edle Herr Johann Pergmayr Kauffmann zu Salzburg, und dem [!] Wohl Edlen Herrn Mathäus Wetsch Gerichtsschreiber alhier.
Dr. Johann Wenzel Haffner entstammte einer der angesehensten bürgerlichen Handelsfamilien Salzburgs, die eineinhalb Jahrzehnte später mit Sigmund Haffner auch einen Bürgermeister stellen sollte und in engem Kontakt mit den bedeutendsten Adelshäusern der Stadt stand. Johann Wenzels Vater, Ferdinand Philipp Haffner, war ab etwa 1721 Oberverwalter der Lodronischen Primogenitursgüter unter der Herrschaft von Karl Wenzel und Ernst Maria Grafen zu Lodron. Um 1751 folgte ihm sein Sohn in diesem Amt nach und hatte es bis zum Tod des Grafen 1779 inne. Bekanntschaft mit Haffner dürfte Lindemayr während seiner Studienzeit gemacht haben, Näheres ist jedoch bislang nicht bekannt. Immerhin dürfte Lindemayr dem Anlass einige Bedeutung zugemessen haben, wie der stattliche Umfang des Lieds belegt.
Interessant ist nicht zuletzt der Salzburger Trauzeuge: Bei dem auch im Lied explizit angesprochenen Handelsherrn Johann Gottlieb Pergmayr dürfte es sich um den späteren Taufpaten Wolfgang Amadeus Mozarts handeln, dessen zweiten Taufnamen Gottlieb er latinisierend trug. Über die Beziehung der Mozarts zu den Pergmayrs, Haffners und zu Lambach (vor allem die Freundschaft Leopold Mozarts mit Abt Amand Schickmayr) ist schon mehrfach berichtet worden. Vielleicht können hier noch weitere Zusammenhänge gefunden werden. Immerhin scheint es Pergmayr gewesen zu sein, der die Hochzeitsgesellschaft nach Lambach brachte, wie der 14. (allerdings für die Aufführung offenbar gestrichenen) Strophe zu entnehmen ist. Der Hochzeitsort dürfte – abgesehen von den freundschaftlichen Beziehungen der Salzburger zu Lambach – darüber hinaus auch gewählt worden sein, um die Anreise für alle geladenen Gäste möglichst gering zu halten. Denn die Braut Maria Anna Kohlerer stammt aus einer reichen Steyrer Eisenhandelsfamilie und Lambach liegt auf halbem Weg zwischen Salzburg und der Eisenstadt Steyr.

Obwohl recht früh datierbar, wirkt dieses Hochzeitslied keineswegs wie ein Erstlingswerk. Zwar finden sich in manchen späteren Arbeiten komplexere metrische Formen als die hier verwendete zweiteilige Strophe aus auftaktigen Dreihebern, die zunächst kreuzgereimt, dann paargereimt verbunden sind. Doch zeugen die dynamisierend eingesetzten Doppelsenkungsfüllungen ebenso von einer bereits zu diesem Zeitpunkt erreichten handwerklichen Meisterschaft wie die souveräne sprachliche Gestaltung des Dialekts und die typische Anlage als Rollengedicht mit einem Ich aus der ländlichen Bevölkerung, das als ungeladener Beobachter die Hochzeitsfeierlichkeiten kommentiert. Es ist demnach anzunehmen, dass Lindemayr schon damals auf einige Erfahrung im Literarischen verweisen konnte und sich wohl schon in seiner Salzburger Zeit einen Namen als Mundartdichter im lyrischen oder dramatischen Bereich gemacht hat. Warum zwei Strophen (10, 14) bei der Aufführung offensichtlich weggelassen wurden, kann nicht mehr mit Sicherheit gesagt werden. Vielleicht hatte Abt Amand Einwände gegen die allzu persönlich gehaltenen Teile.

Literatur:
Permalink: http://hdl.handle.net/11471/510.15.302
Zuletzt geändert: am: 2.9.2016 um: 12:32:29 Uhr