Sein und Zeit
B. Die Abhebung der Analyse der
Weltlichkeit gegen die Interpretation der Welt bei Descartes
Des Begriffes der Weltlichkeit und der in diesem Phänomen
beschlossenen Strukturen wird sich die Untersuchung nur schrittweise versichern
können. Weil die Interpretation der Welt zunächst bei einem innerweltlich
Seienden ansetzt, um dann das Phänomen Welt überhaupt nicht mehr in den Blick zu
bekommen, versuchen wir diesen Ansatz an seiner vielleicht extremsten
Durchführung ontologisch zu verdeutlichen. Wir geben nicht nur eine kurze
Darstellung der Grundzüge der Ontologie der „Welt“ bei Descartes kommenden Interpretationen der Welt, die ihm
vorausgehenden erst recht, sich bewegen.
Descartes sieht die ontologische
Grundbestimmung der Welt in der extensio. Sofern Ausdehnung die Räumlichkeit
mitkonstituiert, nach Descartes sogar mit ihr identisch
ist, Räumlichkeit aber in irgendeinem Sinn für die Welt konstitutiv bleibt,
bietet die Erörterung der cartesischen Ontologie der „Welt“ zugleich einen
negativen Anhalt für die positive Explikation der Räumlichkeit der Umwelt und
des Daseins selbst. Wir behandeln hinsichtlich der Ontologie Descartes' ein Dreifaches: 1. Die Bestimmung der „Welt“ als res
extensa (§ 19). 2. Die Fundamente dieser ontologischen Bestimmung (§ 20). 3. Die
hermeneutische Diskussion der cartesischen Ontologie der „Welt“ (§ 21). Ihre
ausführliche Begründung erhält die folgende Betrachtung erst durch die
phänomenologische Destruktion des „cogito sum“ (vergleiche II. Teil, 2.
Abschnitt).
§ 19. Die Bestimmung der „Welt“ als res
extensa
Descartes unterscheidet das „ego cogito“ als
res cogitans von der „res corporea“. Diese Unterscheidung bestimmt künftig
ontologisch die von „Natur und Geist“. Dieser Gegensatz mag ontisch in noch so
vielen inhaltlichen Abwandlungen fixiert werden, die Ungeklärtheit seiner
ontologischen Fundamente und die der Gegensatzglieder selbst hat ihre nächste
Wurzel in der von Descartes vollzogenen Unterscheidung.
Innerhalb welchen Seinsverständnisses hat dieser das Sein dieser Seienden
bestimmt? Der Titel für das Sein eines an ihm selbst Seienden lautet substantia.
Der Ausdruck meint bald das Sein einesSubstanzialität, bald das Seiende
selbst, eine Substanz. Diese Doppeldeutigkeit von
substantia, die schon der antike Begriff der ούσία bei sich führt, ist nicht
zufällig.
Die ontologische Bestimmung der res corporea verlangt die
Explikation der Substanz, das heißt der Substanzialität dieses Seienden als
einer Substanz. Was macht das eigentliche An-ihm-selbstsein der res corporea
aus? Wie ist überhaupt eine Substanz als solche, das heißt ihre Substanzialität
faßbar? Et quidem ex quolibet attributo substantia cognoscitur; sed una tamen
est cuiusque substantiae praecipua proprietas, quae ipsius naturam essentiamque
constituit, et ad quam aliae omnes referuntur.extensio in longum, latum et profundum, substantiae corporeae naturam
constituit.die Seinsverfassung des in Rede stehenden
Seienden, die vor allen anderen Seinsbestimmungen schon „sein“ muß, damit diese
„sein“ können, was sie sind. Ausdehnung muß dem Körperding primär „zugewiesen“
werden. Dementsprechend vollzieht sich der Beweis für die Ausdehnung und die
durch sie charakterisierte Substanzialität der „Welt“ in der Weise, daß gezeigt
wird, wie alle anderen Bestimmtheiten dieser Substanz, vornehmlich divisio,
figura, motus, nur als modi der extensio begriffen werden können, daß umgekehrt
die extensio sine figura vel motu verständlich bleibt.
So kann ein Körperding bei Erhaltung seiner Gesamtausdehnung doch
vielfach die Verteilung derselben nach den verschiedenen Dimensionen wechseln
und sich in mannigfachen Gestalten als ein und dasselbe
Seins dieses Seienden nichts aus. Bestimmungen wie
durities (Härte), pondus (Gewicht), color (Farbe) können aus der Materie
weggenommen werden, sie bleibt doch, was sie ist. Diese Bestimmungen machen
nicht ihr eigentliches Sein aus, und sofern sie sind,
erweisen sie sich als Modi der extensio. Descartes
versucht das bezüglich der „Härte“ ausführlich zu zeigen: Nam, quantum ad
duritiem, nihil aliud de illa sensus nobis indicat, quam partes durorum corporum
resistere motui manuum nostrarum, cum in illas incurrunt. Si enim, quotiescunque
manus nostrae versus aliquam partem moventur, corpora omnia ibi existentia
recederent eadem celeritate qua illae accedunt, nullam unquam duritiem
sentiremus. Nec ullo modo potest intelligi, corpora quae sic recederent, idcirco
naturam corporis esse amissura; nec proinde ipsa in duritie consistit.sein. In keiner Weise
ist aber einzusehen, inwiefern etwa die in solcher Geschwindigkeit weichenden
Körper dadurch etwas von ihrem Körpersein einbüßen sollten. Behalten sie dieses
auch bei veränderter Geschwindigkeit, die so etwas wie „Härte“ unmöglich sein
läßt, dann gehört diese auch nicht zum Sein dieser Seienden. Eademque ratione
ostendi potest, et pondus, et colorem, et alias omnes eiusmodi qualitates, quae
in materia corporea sentiuntur, ex ea tolli posse, ipsa integra remanente: unde
sequitur, a nulla ex illis eius (sc. extensionis) naturam dependereständigen Verbleib genügt, ist das eigentlich Seiende an ihm, so zwar,
daß dadurch die Substanzialität dieser Substanz charakterisiert wird.
§ 20. Die Fundamente der ontologischen Bestimmung
der „Welt“
Die Idee von Sein, darauf die ontologische Charakteristik der res
extensa zurückgeht, ist die Substanzialität. Per substantiam nihil aliud intelligere possumus, quam rem quae ita
existit, ut nulla alia re indigeat ad existendum. Unter ist, daß es, um zu
sein, keines anderen Seienden bedarf.ens creatum. Zwischen beiden Seienden besteht ein
„unendlicher“ Unterschied ihres Seins, und doch sprechen wir das Geschaffene
ebenso wie den Schöpfer als Seiende an. Wir gebrauchen
demnach Sein in einer Weite, daß sein Sinn einen „unendlichen“ Unterschied
umgreift. So können wir mit gewissem Recht auch geschaffenes Seiendes Substanz
nennen. Dieses Seiende ist zwar relativ zu Gott herstellungs-und
erhaltungsbedürftig, aber innerhalb der Region des geschaffenen Seienden, der
„Welt“ im Sinne des ens creatum, gibt es solches, das relativ auf geschöpfliches
Herstellen und Erhalten, das des Menschen zum Beispiel, „unbedürftig ist eines
anderen Seienden“. Dergleichen Substanzen sind zwei: die
der Substanz, deren
auszeichnende proprietas die extensio darstellt, wird danach ontologisch
grundsätzlich bestimmbar, wenn der den drei Substanzen, der einen unendlichen
und den beiden endlichen, „gemeinsame“ Sinn von Sein
aufgeklärt ist. Allein nomen substantiae non convenit Deo et illis univoce, ut dici solet in Scholis, hoc est... quae Deo et
creaturis sit communisDescartes rührt hiermit
an ein Problem, das die mittelalterliche Ontologie vielfach beschäftigte, die
Frage, in welcher Weise die Bedeutung von unendlicher
Unterschied gerade des Seins besteht; wäre das Bedeuten von „ist“ ein
einsinniges, dann würde das Geschaffene als Ungeschaffenes gemeint oder das
Ungeschaffene zu einem Geschaffenen herabgezogen. „Sein“ fungiert aber auch
nicht als bloßer gleicher Name, sondern in beiden Fällen wird „Sein“ verstanden.
Die Scholastik faßt den positiven Sinn des Bedeutens von „Sein“ als „analoges“
Bedeuten im Unterschied zum einsinnigen oder nur gleichnamigen. Man hat im
Anschluß an Aristoteles, bei dem wie im Ansatz der
griechischen Ontologie überhaupt das Problem vorgebildet ist, verschiedene
Weisen der Analogie fixiert, wonach sich auch die „Schulen“ in der Auffassung
der Bedeutungsfunktion von Sein unterscheiden. Descartes
bleibt hinsichtlich der ontologischen Durcharbeitung des Problems weit hinter
der Scholastik zurückThomae de Vio Caietani Cardinalis.
Lugduni 1580, Tomus III, Tractatus V: de nominum analogia, p.
211-219.Descartes, Pnncipia I, n. 51, S. 24.Descartes läßt den in der Idee der
Substanzialität beschlossenen Sinn von Sein und den Charakter der
„Allgemeinheit“ dieser Bedeutung unerörtert. Dem, was Sein selbst besagt, hat
zwar auch die mittelalterliche Ontologie so wenig nachgefragt wie die antike.
Daher ist es nicht verwunderlich, wenn eine Frage wie die nach der Weise des
Bedeutens von Sein nicht von der Stelle kommt, solange sie auf dem Grunde eines
ungeklärten Sinnes von Sein, den die Bedeutung „ausdrückt“, erörtert werden
will. Der Sinn blieb ungeklärt, weil man ihn für „selbstverständlich“ hielt.
Descartes weicht der
ontologischen Frage nach der Kants, der nur den Satz Descartes’ wiedergibt. Damit wird
grundsätzlich auf die Möglichkeit einer reinen Problematik des Seins verzichtet
und ein Ausweg gesucht, auf dem dann die gekennzeichneten Bestimmungen der
Substanzen gewonnen werden. Weil „Sein“ in der Tat nicht als
Seiendes zugänglich ist, wird Sein durch seiende Bestimmtheiten des
betreffenden Seienden, Attribute, ausgedrückt. Aber nicht durch beliebige,
sondern durch diejenigen, die dem unausdrücklich doch vorausgesetzten Sinn von
Sein und Substanzialität am reinsten genügen. In der substantia finita als res
corporea ist die primär notwendige „Zuweisung“ die extensio. Quin et facilius
intelligimus substantiam extensam, vel substantiam cogitantem, quam substantiam
solam, omisso eo quod cogitet vel sit extensa
rechten Weise den Äquivokationen „nachzuspüren“; wer so
etwas versucht, „beschäftigt sich“ nicht mit „bloßen Wortbedeutungen“, sondern
muß sich in die ursprünglichste Pro
§ 21. Die hermeneutische Diskussion der
cartesischen Ontologie der „Welt“
Die kritische Frage erhebt sich: sucht diese Beide
Fragen
sind
zu verneinen. Das Seiende, das dieses bestimmten innerweltlichen Seienden
(Natur) – sowohl die Idee der Substanzialität wie der Sinn des in ihre
Definition aufgenommenen existit und ad existendum – ins Dunkel führen, es
besteht doch die Möglichkeit, daß durch eine Ontologie, die auf der radikalen
Scheidung von Gott, Ich, „Welt“ gründet, das ontologische Problem der Welt in
irgendeinem Sinne gestellt und gefördert wird. Wenn aber selbst diese
Möglichkeit nicht besteht, dann muß der ausdrückliche Nachweis erbracht werden,
daß Descartes nicht etwa nur eine ontologische
Fehlbestimmung der Welt gibt, sondern daß seine Interpretation und deren
Fundamente dazu führten, das Phänomen der Welt sowohl wie das Sein des zunächst
zuhandenen innerweltlichen Seienden zu überspringen.
Bei der Exposition des Problems der Weltlichkeit (§ 14) wurde auf
die Tragweite der Gewinnung eines angemessenen Zugangs zu diesem Phänomen
hingewiesen. In der kritischen Erörterung des cartesischen Ansatzes werden wir
demnach zu fragen haben: welche Seinsart des Daseins wird als die angemessene
Zugangsart zu dem
Descartes das Sein der „ist im eigentlichen Sinne. Dieses Seiende ist das,
was immer ist, was es ist; daher macht am erfahrenen
Seienständigen
Verbleibs hat, als remanens capax mutationum. Eigentlich
ist das immerwährend Bleibende. Solches erkennt die
durch
sie am Seienden zugänglich ist, macht dessen Sein aus. So
wird aus einer bestimmten Idee von Sein, die im Begriff der Substanzialität
eingehüllt liegt, und aus der Idee einer Erkenntnis, die so Seiendes erkennt, der „Welt“ ihr Sein gleichsam zudiktiert. Descartes läßt sich nicht die Seinsart des
innerweltlichen Seienden von diesem vorgeben, sondern auf dem Grunde einer in
ihrem Ursprung unenthüllten, in ihrem Recht unausgewiesenen Seinsidee (Sein =
ständige Vorhandenheit) schreibt er der Welt gleichsam ihr „eigentliches“ Sein
vor. Es ist also nicht primär die Anlehnung an eine zufällig besonders
geschätzte Wissenschaft, die Mathematik, was die Ontologie der Welt bestimmt,
sondern die grundsätzlich ontologische Orientierung am Sein als ständiger
Vorhandenheit, dessen Erfassung mathematische Erkenntnis in einem ausnehmenden
Sinne genügt. Descartes vollzieht so philosophisch
ausdrücklich die Umschaltung der Auswirkung der traditionellen Ontologie auf die
neuzeitliche mathematische
Descartes seine „Kritik“ der
noch möglichen anschauend vernehmenden Zugangsart zu Seiendem, der sensatio
(αΐσϑησις) gegenüber der intellectio.
Wie wenig Descartes vermag, das in der
Härte wird als Widerstand gefaßt. Dieser aber wird so wenig wie
Härte in einem phänomenalen Sinne verstanden als etwas an ihm selbst Erfahrenes
und in solcher Erfahrung Bestimmbares. Widerstand besagt für Descartes soviel wie: nicht vom Platz weichen, das heißt keinen
Ortswechsel erleiden. Widerstehen eines Dinges heißt dann: an einem bestimmten
Ort verbleiben, relativ auf ein anderes seinen Ort wechselndes Ding, bzw. in
solcher Geschwindigkeit den Ort wechseln, daß es von diesem Ding „eingeholt“
werden kann. Durch diese Interpretation von Härteerfahrung ist die Seinsart des
sinnlichen Vernehmens und damit die Möglichkeit der Erfassung des in solchem
Vernehmen begegnenden Seienden in seinem Sein ausgelöscht. Descartes übersetzt die Seinsart eines Vernehmens von etwas in die
einzige, die er kennt; das Vernehmen von etwas wird zu einem bestimmten
Nebeneinander-vorhandensein zweier vorhandener res extensae, das
Bewegungsverhältnis beider ist selbst im Modus der extensio, die primär die
Vorhandenheit des Körperdinges charakterisiert. Zwar verlangt die mögliche
„Erfüllung“ eines tastenden Verhaltens eine ausgezeichnete „Nähe“ des
Betastbaren. Das besagt aber nicht, Berührung und die etwa in ihr sich
bekundende Härte bestehen, ontologisch gefaßt, in der verschiedenen
Geschwindigkeit zweier Körperdinge. Härte und Widerstand zeigen sich überhaupt
nicht, wenn nicht Seiendes ist von der Seinsart des Daseins oder zum mindesten
eines Lebenden.
So kommt für Descartes die Erörterung der
möglichen Zugänge
zum innerweltlich Seienden unter die Herrschaft einer
Seinsidee, die an einer bestimmten Region dieses Seienden selbst abgelesen
ist.
Descartes in derselben Weise wie das Sein der res
extensa, als Substanz.
Aber wird mit diesen kritischen Erörterungen Descartes nicht eine Aufgabe untergeschoben und dann als von ihm nicht
gelöst „nachgewiesen“, die ganz und gar außerhalb seines Horizontes lag? Descartes ein bestimmtes
Im Felde grundsätzlicher Auseinandersetzung darf sich diese nicht
nur an doxographisch faßbare Thesen halten, sondern sie muß die sachliche
Tendenz der Problematik zur Orientierung nehmen, mag diese auch über eine
vulgäre Fassung nicht hinauskommen. Daß Descartes mit der
res cogitans und der res extensa das Problem von „Ich und Welt“ nicht nur stellen wollte, sondern eine radikale Lösung dafür
beanspruchte, wird aus seinen „Meditationen“ (vgl. besonders I und VI) deutlich.
Daß die aller positiven Kritik entbehrende ontologische Grundorientierung an der
Tradition ihm die Freilegung einer ursprünglichen
Aber, wird man entgegnen, mag in der Tat das Problem der Welt und
auch das Sein des umweltlich nächstbegegnenden Seienden verdeckt bleiben, Descartes hat doch den Grund gelegt für die ontologische
Charakteristik des innerweltlichen Seienden, das in
seinem Sein jedes andere Seiende fundiert, der materiellen Natur. Auf ihr, der
Fundamentalschicht, bauen sich die übrigen Schichten der innerweltlichen
Wirklichkeit auf. Im ausgedehnten Ding als solchem gründen zunächst die
Bestimmtheiten, die sich zwar als Qualitäten zeigen, „im Grunde“ aber
quantitative Modifikationen der Modi der ex
Aber ist auf diesem Wege, vom spezifischen Problem der Welt einmal
abgesehen, das Sein des innerweltlich zunächst Begegnenden ontologisch
erreichbar? Wird nicht mit der materiellen Dinglichkeit unausgesprochen ein Sein
angesetzt – ständige Dingvorhandenheit –, das durch die nachträgliche
Ausstattung des Seienden mit Wertprädikaten so wenig eine ontologische Ergänzung
erfährt, daß vielmehr diese Wertcharaktere selbst nur ontische Bestimmtheiten
eines Seienden bleiben, das die Seinsart des Dinges hat? Der Zusatz von
Wertprädikaten vermag nicht im mindesten einen neuen Aufschluß zu geben über das
Sein der Güter, sondern setzt für diese die Seinsart purer
Vorhandenheit nur wieder voraus. Werte sind vorhandene Bestimmtheiten eines Dinges. Werte haben am Ende ihren
ontologischen Ursprung einzig im vorgängigen Ansatz der Lotze als einen Modus der „Bejahung“ faßte? Was bedeutet ontologisch
dieses „Haften“ der Werte an den Dingen? Solange diese Bestimmungen im Dunkel
bleiben, ist die Rekonstruktion des Gebrauchsdinges aus dem Naturding ein
ontologisch fragwürdiges Unternehmen, von der grundsätzlichen Verkehrung der
Problematik ganz abgesehen. Und bedarf diese Rekonstruktion des zunächst
„abgehäuteten“ Gebrauchsdinges nicht immer schon des vorgängigen, positiven Blicks auf das Phänomen, dessen Ganzheit in der
Rekonstruktion wieder hergestellt werden soll? Wenn dessen eigenste
Seinsverfassung zuvor aber nicht angemessen expliziert ist, baut dann die
Rekonstruktion nicht ohne Bauplan? Sofern diese Rekonstruktion und „Ergänzung“
der traditionellen Ontologie der „Welt“ im Resultat bei demselben Seienden anlangt, von dem die obige Analyse der
ZeugzuhandenheitSein dieses Seienden
aufgeklärt oder auch nur Problem geworden. So wenig wie
Descartes mit der extensio als proprietas das Sein
der Substanz trifft, so wenig kann die Zuflucht zu „wertlichen“ Beschaffenheiten
das Sein als Zuhandenheit auch nur in den Blick bringen, geschweige denn
ontologisch zum Thema werden lassen.
Erkennen eines Seienden sei auch der mögliche
Zugang zum primären Sein des in solcher Erkenntnis entdeckten Seienden. Es gilt
aber zugleich einzusehen, daß auch die „Ergänzungen“ der Dingontologie sich
grundsätzlich auf derselben dogmatischen Basis bewegen wie Descartes.
Wir deuteten schon an (§ 14), daß das Überspringen der Welt und des zunächstbegegnenden Seienden nicht zufällig ist, kein Versehen, das einfach nachzuholen wäre, sondern daß es in einer wesenhaften Seinsart des Daseins selbst gründet. Wenn die Analytik des Daseins die im Rahmen dieser Problematik wichtigsten Hauptstrukturen des Daseins durchsichtig gemacht hat, wenn dem Begriff des Seins überhaupt der Horizont seiner möglichen Verständlichkeit zugewiesen ist und so auch erst Zuhandenheit und Vorhandenheit ontologisch ursprünglich verständlich werden, dann läßt sich erst die jetzt vollzogene Kritik der cartesischen und grundsätzlich heute noch üblichen Weltontologie in ihr philosophisches Recht setzen.
Hierfür muß gezeigt werden (vgl. I. Teil, Abschnitt 3):
1. Warum wurde im Anfang der für uns entscheidenden ontologischen
Tradition – bei Parmenides explizit – das Phänomen der
Welt übersprungen; woher stammt die ständige Wiederkehr dieses
Überspringens?
2. Warum springt für das übersprungene Phänomen das innerweltlich Seiende als ontologisches Thema ein?
3. Warum wird dieses Seiende zunächst in der „Natur“ gefunden?
4. Warum vollzieht sich die als notwendig erfahrene Ergänzung solcher Weltontologie unter Zuhilfenahme des Wertphänomens?
In den Antworten auf diese Fragen ist erst das positive Verständnis
der Problematik der Welt erreicht, der Ursprung ihrer
Verfehlung aufgezeigt und der Rechtsgrund einer Zurückweisung der traditionellen
Weltontologie nachgewiesen.
Wenn wir aber daran erinnern, daß die Räumlichkeit offenbar das
innerweltlich Seiende mitkonstituiert, dann wird am Ende doch eine „Rettung“ der
cartesischen Analyse der „Welt“ möglich. Mit der radikalen Herausstellung der
extensio als des praesuppositum für jede Bestimmtheit der res corporea hat Descartes dem Verständnis eines Apriori vorgearbeitet,
dessen Gehalt dann
[…]
§ 43. Dasein, Weltlichkeit und Realität
Die Frage nach dem Sinn von Sein wird überhaupt nur möglich, wenn
so etwas wie Seinsverständnis ist. Zur Seinsart des
Seienden, das wir
Im Verfolg der Aufgaben einer vorbereitenden existenzialen Analytik
des Daseins erwuchs die Interpretation von Verstehen, Sinn und Auslegung.
Die Interpretation des Verstehens zeigte zugleich, daß sich dieses
zunächst und zumeist schon in das Verstehen von „Welt“ verlegt hat gemäß der
Seinsart des Verfallens. Auch wo es nicht nur um ontische Erfahrung, sondern um
ontologisches Verständnis geht, nimmt die Seinsauslegung zunächst ihre
Orientierung am Sein des innerweltlichen Seienden. Dabei wird das Sein des
zunächst Zuhandenen übersprungen und zuerst das Seiende als vorhandener
Dingzusammenhang (res) begriffen. Das Sein erhält den
Sinn von Realität
Dasein ist
auch wie anderes Seiendes real vorhanden. So erhält
denn das Sein
überhaupt den Sinn von
Deshalb muß nicht nur die Analytik des Daseins, sondern die
Ausarbeitung der Frage nach dem Sinn von Sein überhaupt aus der einseitigen
Orientierung am Sein im Sinne von Realität herausgedreht werden. Es bedarf des
Nachweises: eine Seinsart unter andern, sondern steht ontologisch in einem
bestimmten Fundierungszusammenhang mit Dasein, Welt und Zuhandenheit. Dieser
Nachweis erfordert eine grundsätzliche Erörterung des Realitätsproblems, seiner Bedingungen und Grenzen.
sei; 2. ob diese Realität der „Außenwelt“ zureichend bewiesen werden könne; 3. inwieweit dieses Seiende,
wenn es real ist, in seinem An-sich-sein zu erkennen sei; 4. was der Sinn
dieses Seienden, Realität, überhaupt bedeute. Die folgende Erörterung des
Realitätsproblems behandelt mit Rücksicht auf die fundamentalonto
a) Realität als Problem des Seins und der
Beweisbarkeit der „Außenwelt“
In der Ordnung der aufgezählten Fragen nach der Realität ist die
ontologische, was wovon Unabhängigkeit bestehen soll, was transzendiert werden soll, selbst hinsichtlich seines Seins geklärt ist.
Nur so wird auch die Seinsart des Transzendierens ontologisch faßbar. Und
schließlich muß die primäre Zugangsart zum Realen gesichert sein im Sinne einer
Entscheidung der Frage, ob überhaupt das Erkennen diese Funktion übernehmen
kann.
Diese einer möglichen ontologischen Frage nach der Realität vorausliegenden Untersuchungen sind in der vorstehenden
existenzialen Analytik durchgeführt. fundierter
Modus des Zugangs zum
Die Frage, ob überhaupt eine Dasein als
In-der-Welt-sein stellt – und wer anders sollte sie stellen? – ohne Sinn.
Überdies bleibt sie mit einer Doppeldeutigkeit behaftet. Welt als das Worin des
In-Seins und „Welt“ als innerweltliches Seiendes, das Wobei des besorgendenmit dem Sein des Daseins
wesenhaft erschlossen; „Welt“ ist mit der Erschlossenheit von Welt je auch schon
entdeckt. Allerdings kann gerade das innerweltliche Seiende im Sinne des Realen,
nur Vorhandenen noch verdeckt bleiben. Entdeckbar jedoch ist auch Reales nur auf
dem Grunde einer schon erschlossenen Welt. Und nur auf diesem Grunde kann Reales
noch verborgen bleiben. Man stellt die Frage nach der
„Realität“ der „Außenwelt“ ohne vorgängige Klärung des Weltphänomens als solchen. Faktisch orientiert sich das „Außenweltproblem“ ständig am innerweltlichen Seienden (den
Dingen und Objekten). So treiben diese Erörterungen in eine ontologisch fast
unentwirrbare Problematik.
Die Verwicklung der Fragen, die Vermengung dessen, was bewiesen
werden will, mit dem, was bewiesen wird, und mit dem, womit der Beweis geführt
wird, zeigt sich in Kants „Widerlegung des
Idealismus“
Zunächst ist ausdrücklich zu bemerken, daß Kant den Terminus „Descartes. Der Terminus „Dasein“ meint sowohl das
Vorhandensein des Bewußtseins wie das Vorhandensein der Dinge.
Der Beweis für das „Dasein der Dinge außer mir“ stützt sich darauf,
daß zum Wesen der
Der Beweis ist allerdings kein Kausalschluß und demnach nicht mit
dessen Unzuträglichkeiten behaftet. Kant gibt gleichsam
einen „ontologischen Beweis“ aus der Idee eines zeitlich Seienden. Zunächst
scheint es, als habe Kant den cartesischen Ansatz eines
isoliert vorfindlichen Subjekts aufgegeben. Aber das ist nur Schein. Daß in mir“ durchgeführt. Denn nur „in mir“ ist die „Zeit“,
die den Beweis trägt, erfahren. Sie gibt den Boden für den beweisenden Absprung
in das „außer mir“. Überdies betont Kant: „Der
problematische [Idealismus], der ... nur das Unvermögen, ein Dasein außer dem
unsrigen durch unmittelbare Erfahrung zu beweisen, vorgibt, ist vernünftig und
einer gründlichen philosophischen Denkungsart gemäß; nämlich, bevor ein
hinreichender Beweis gefunden worden, kein entscheidendes Urteil zu
erlauben“
Aber selbst wenn der ontische Vorrang des isolierten Subjekts und
der inneren Erfahrung aufgegeben wäre, bliebe ontologisch doch die Position Descartes' erhalten. Was Kant
beweist – die Rechtmäßigkeit des Beweises und seiner Basis überhaupt einmal
zugestanden –, ist das notwendige Zusammenvorhandensein von wechselndem und
beharrlichem Seienden. Diese Gleichordnung zweier Vorhandener besagt aber noch
nicht einmal das Zusammenvorhandensein von Das
Zusammenvorhandensein von Physischem und Psychischem ist ontisch und
ontologisch völlig verschieden vom Phänomen des In-der-Welt-seins.
Den Unterschied und
Zusammenhang des „in mir“ und „außer mir“ setzt Kant – faktisch mit Recht, im Sinne seiner Beweistendenz
aber zu Unrecht – voraus. Desgleichen ist nicht erwiesen, daß, was über das
Zusammenvorhandensein von Wechselndem und Beharrund
„Außen“ gesehen, wäre ontologisch begriffen, was mit dieser Voraussetzung
vorausgesetzt ist, dann fiele die Möglichkeit in sich zusammen, den Beweis für
das „Dasein der Dinge außer mir“ für noch ausstehend und notwendig zu
halten.
Der „Skandal der Philosophie“ besteht nicht darin, daß dieser
Beweis bislang noch aussteht, sondern darin, daß solche
Beweise immer wieder erwartet und versucht werden. Dergleichen
Erwartungen, Absichten und Forderungen erwachsen einer ontologisch
unzureichenden Ansetzung dessen, davon unabhängig und
„außerhalb“ eine „Welt“ als vorhandene bewiesen werden soll. Nicht die Beweise
sind unzureichend, sondern die Seinsart des beweisenden und beweisheischenden
Seienden ist unterbestimmt. Daher kann der Schein
entstehen, es sei mit dem Nachweis des notwendigen Zusammenvorhandenseins zweier
Vorhandener über das Dasein als In-der-Welt-sein etwas erwiesen oder auch nur
beweisbar. Das recht verstandene Dasein widersetzt sich solchen Beweisen, weil
es in seinem Sein je schon ist, was nachkommende Beweise
ihm erst anzudemonstrieren für notwendig halten.
Wollte man aus der Unmöglichkeit von Beweisen für das Vorhandensein
der Dinge außer uns schließen, dieses sei daher „bloß auf Glauben anzunehmen“W. Dilthey, Beiträge zur Lösung der Frage vom
Ursprung unseres Glaubens an die Realität der Außenwelt und seinem Recht
(1890). Ges. Sehr. V, 1, S. 90 ff. Dilthey sagt gleich zu Beginn dieser
Abhandlung unmißverständlich: „Denn soll es für den Menschen eine
allgemeingültige Wahrheit geben, so muß, nach der zuerst von Descartes
angegebenen Methode, das Denken sich einen Weg von den Tatsachen des
Bewußtseins entgegen der äußeren Wirklichkeit bahnen“, a. a. O. S.
90.
als
Seiendes je schon in einer Welt ist. „Früher“ als jede
daseinsmäßige Voraussetzung und Verhaltung ist das „Apriori“ der Seinsverfassung
in der Seinsart der Sorge.
Glauben an die beweisen dieser Realität, ob genügend oder
ungenügend, sie voraussetzen, ob ausdrücklich oder
nicht, dergleichen Versuche setzen, ihres eigenen Bodens nicht in voller
Durchsichtigkeit mächtig, ein zunächst weltloses bzw.
seiner Welt nicht sicheres
Das „Realitätsproblem“ im Sinne der Frage, ob eine
Die Vielfältigkeit der Lösungsversuche des „Realitätsproblems“, die
durch die Spielarten des Boden ist auch nicht zu
gewinnen durch nachträgliche phänomenologische Verbesserungen des Subjekts- und
Bewußtseinsbegriffes. Dadurch ist nicht gewährleistet, daß die unangemessene Fragestellung nicht doch bestehen bleibt.
Mit dem Dasein als In-der-Welt-sein ist innerweltliches Seiendes je
schon erschlossen. Diese existenzial-ontologische Aussage scheint mit der These
des
Gegenüber dem Realismus hat der daß hier Seinsverständnis geschieht und was
dieses Seinsverständnis selbst ontologisch besagt, wie es möglich ist, und daß
es zur Seinsverfassung des Daseins gehört, baut er die Interpretation der
Realität ins Leere. Daß Sein nicht durch Seiendes erklärbar und Realität nur im
Seinsverständnis möglich ist, entbindet doch nicht davon, nach dem Sein des
Bewußtseins, der res cogitans selbst zu fragen. In der Konsequenz der
idealistischen These liegt die ontologische Analyse des Bewußtseins selbst als
unumgängliche Voraufgabe vorgezeichnet. Nur weil Sein „im Bewußtsein“ ist, das
heißt verstehbar im Dasein, deshalb kann das Dasein auch Seinscharaktere wie
Unabhängigkeit, „Ansich“, überhaupt Realität verstehen und zu
Aristoteles
nicht weniger Idealist als Kant. Bedeutet Idealismus
die Rückführung alles Seienden auf ein Subjekt oder Bewußtsein, die sich nur
dadurch auszeichnen, daß sie in ihrem Sein unbestimmt
bleiben und höchstens negativ als „undinglich“ charakterisiert werden, dann
ist dieser Idealismus methodisch nicht weniger naiv als der
grobschlächtigste Realismus.
Es bleibt noch die Möglichkeit, daß man die Realitätsproblematik
vor jede „standpunktliche“ Orientierung legt mit der
These: jedes Subjekt ist, was es ist, nur für ein Objekt und umgekehrt. In
diesem formalen Ansatz bleiben aber die Glieder der Korrelation ebenso wie diese
selbst ontologisch unbestimmt. Im Grunde aber wird doch das Ganze der
Korrelation notwendig als „irgendwie“ seiend, also im
Hinblick auf eine bestimmte Idee von Sein gedacht. Ist freilich zuvor der
existenzial-ontologische Boden gesichert mit dem Aufweis des In-der-Welt-seins,
dann läßt sich nachträglich die genannte Korrelation als formalisierte,
ontologisch indifferente Beziehung erkennen.
Die Diskussion der unausgesprochenen Voraussetzungen der nur
„erkenntnistheoretischen“ Lösungsversuche des Realitätsproblems zeigt, daß es in
die existenziale Analytik des Daseins als ontologisches Problem zurückgenommen
werden mußNicolai Hartmann nach dem Vorgang von Scheler die These vom Erkennen als „Seinsverhältnis“
seiner ontologisch orientierten Erkenntnistheorie zugrundegelegt. Vgl.
Grundzüge einer Metaphysik der Erkenntnis. 2. ergänzte Aufl. 1925. – Scheler wie Hartmann verkennen
aber in gleicher Weise bei aller Verschiedenheit ihrer phänomenologischen
Ausgangsbasis, daß die „Ontologie“ in ihrer überlieferten Grundorientierung
gegenüber dem Dasein versagt, und daß gerade das im Erkennen beschlossene
„Seinsverhältnis“ (vgl. oben S. 59 ff.) zu ihrer grundsätzlichen Revision und nicht nur kritischen Ausbesserung
zwingt. Die Unterschätzung der unausgesprochenen Auswirkungsweite einer
ontologisch ungeklärten Ansetzung des Seinsverhältnisses drängt Hartmann in einen „kritischen Realismus“, der im
Grunde dem Niveau der von ihm exponierten Problematik völlig fremd ist. Zu
Hartmanns Auffassung der Ontologie vgl. „Wie ist
kritische Ontologie überhaupt möglich?“ in der Festschrift für Paul Natorp
1924. S. 124 ff.
b) Realität als ontologisches
Problem
Wenn der Titel Realität das Sein des innerweltlich vorhandenen
Seienden (res) meint – und nichts anderes wird darunter verstanden –, dann
bedeutet das für die Analyse dieses Seinsmodus: innerweltliches Seiendes ist ontologisch nur zu begreifen, wenn das
Phänomen der Innerweltlichkeit geklärt ist. Diese aber gründet im Phänomen der
Welt, die ihrerseits als wesenhaftes Strukturmoment
des
Zwar kann in gewissen Grenzen schon eine phänomenologische
Charakteristik der Realität des Realen gegeben werden ohne die ausdrückliche
existenzial-ontologische Basis. Das hat Widerstand, genauer Dilthey nicht zu einer ontologischen Interpretation des Seins des
Bewußtseins kommen. „Der Wille und seine Hemmung treten innerhalb desselben
Bewußtseins auf“Dilthey das „Leben“, „hinter“ das freilich nicht
zurückzugehen ist, in ontologischer Indifferenz stehen ließ. Ontologische
Interpretation des Daseins bedeutet jedoch nicht ontisches Zurückgehen aufDilthey
erkenntnistheoretisch widerlegt wurde, kann nicht davon abhalten, das Positive
seiner Analysen, was bei diesen Widerlegungen gerade unverstanden blieb,
fruchtbar zu machen.
So hat denn neuerdings Scheler die
Realitätsinterpretation Diltheys aufgenommenScheler hat jetzt in der soeben
erschienenen Sammlung von Abhandlungen „Die Wissensformen und die
Gesellschaft“ 1926, seine längst angekündigte Untersuchung über „Erkenntnis
und Arbeit“ (S. 233 ff.) veröffentlicht. Abschnitt VI dieser Abhandlung (S.
455) bringt eine ausführlichere Darlegung der „voluntativen Daseinstheorie“
im Zusammenhang mit einer Würdigung und Kritik Diltheys.Scheler betont nicht nur wie Dilthey, daß Realität nie primär im Denken und Erfassen gegeben wird,
er weist vor allem auch darauf hin, daß Erkennen selbst wiederum nicht Urteilen
und daß das Wissen ein „Seinsverhältnis“ ist.
Grundsätzlich gilt auch von dieser Theorie, was schon über die
ontologische Unbestimmtheit der Fundamente bei Dilthey
gesagt werden mußte. Die ontologische Fundamentalanalyse des „Lebens“ kann auch
nicht nachträglich als Unterbau eingeschoben werden. Sie trägt und bedingt die
Analyse der Realität, die volle Explikation der Widerständigkeit und ihrer
phänomenalen Voraussetzungen. Widerstand begegnet in einem Nicht-durch-kommen,
als Behinderung eines Durchkommen-wollens. Mit diesem aber ist schon etwas
erschlossen, worauf Trieb und Wille aus sind. Die
ontische Unbestimmtheit dieses Woraufhin darf aber ontologisch nicht übersehen
oder gar als Nichts gefaßt werden. Das Aussein auf ..., das auf Widerstand stößt
und einzig „stoßen“ kann, ist selbst schon bei einer
Bewandtnisganzheit. Deren Entdecktheit aber gründet in der Erschlossenheit des
Verweisungsganzen der Bedeutsamkeit. Widerstandserfahrung, das
heißt strebensmäßiges Entdecken von Widerständigem, ist ontologisch nur
möglich auf dem Grunde der Erschlossenheit von Welt. Widerständigkeit
charakterisiert das Sein des innerweltlich Seienden. Widerstandserfahrungen
bestimmen faktisch nur die Weite und Richtung des Entdeckens des innerweltlich
begegnenden Seienden. Ihre Summierung leitet nicht erst die Erschließung von
Welt ein, sondern setzt sie voraus. Das „Wider“ und „Gegen“ sind in ihrer
ontologischen Möglichkeit durch das erschlossene In-der-Welt-sein getragen.
ein Realitätscharakter unter anderen getroffen, sodann
ist für Widerständigkeit notwendig schon erschlossene Welt vorausgesetzt.
Widerstand charakterisiert die „Außenwelt“ im Sinne des innerweltlichen
Seienden, aber nie im Sinne der Welt. „Realitätsbewußtsein“
ist selbst eine Weise des In-der-Welt-seins. Auf dieses existenziale
Grundphänomen kommt notwendig alle „Außenweltsproblematik“ zurück.
c) Realität und Sorge
alle Seinsmodi des innerweltlichen Seienden sind
ontologisch in der Weltlichkeit der Welt und damit im Phänomen des
In-der-Welt-seins fundiert. Daraus entspringt die Einsicht:
Realität ist in der Ordnung der
ontologischen Fundierungszusammenhänge und der möglichen kategorialen und
existenzialen Ausweisung auf das Phänomen der Sorge
zurückverwiesen. Daß Realität
Allerdings nur solange Dasein ist, das heißt
die ontische Möglichkeit von Seinsverständnis, „gibt es“ Sein. Wenn Dasein nicht
existiert, dann „ist“ auch nicht „Unabhängigkeit“ und „ist“ auch nicht
„An-sich“. Dergleichen ist dann weder verstehbar noch unverstehbar. Dann ist
auch innerweltliches Seiendes weder entdeckbar, noch kann es in Verborgenheit
liegen. Dann kann weder gesagt werden, daß Seiendes sei,
noch daß es nicht sei. Es kann jetzt wohl, solange
Seinsverständnis ist und damit Verständnis von Vorhandenheit, gesagt werden, daß
dann Seiendes noch weiterhin sein wird.
positiv
interpretierten Existenzialität gibt die Gewähr, daß nicht doch im
faktischen Gang der Analyse des „Bewußtseins“, des „Lebens“ irgendein
wenngleich indifferenter Sinn von Realität zugrundegelegt wird.
die Substanz des
ist die
. Die
Interpretation der Existenzialität als Sorge und die Abgrenzung dieser gegen
Realität bedeuten jedoch nicht das Ende der existenzialen Analytik, sondern
lassen nur die Problemverschlingungen in der Frage nach dem Sein und seinen
möglichen Modi und nach dem Sinn solcher Modifikationen schärfer
heraustreten: nur wenn Seinsverständnis ist, wird
Seiendes als Seiendes zugänglich; nur wenn Seiendes ist von der Seinsart des
Daseins, ist Seinsverständnis als Seiendes möglich.