Rezension von: Gustav Groß: Wirtschaftsformen und
Wirtschaftsprincipien. Ein Beitrag zur Lehre von der Organisation der
Volkswirtschaft. Leipzig 188, in: Deutsche Litteraturzeitung, Jahrgang 1888,
Nr. 21, S. 780-781.
[Rezension:] Gustav Groß: Wirtschaftsformen und Wirtschaftsprincipien.
[...] Ein
Beitrag zur Lehre von der Organisation der Volkswirtschaft. Leipzig, Duncker u.
Humblot, 1888. VII u. 202 S. gr. 80. M. 4,20.
[...] Ein
Beitrag zur Lehre von der Organisation der Volkswirtschaft. Leipzig, Duncker u.
Humblot, 1888. VII u. 202 S. gr. 80. M. 4,20.
„... alle gesellschaftlichen Erscheinungen und Vorgänge“
sollen „als Glieder des großen gesellschaftlichen Organismus“ untersucht werden (S.
2). „Dieses Streben beginnt mit der Erlösung vom Banne der englischen
Freihandelsschule“ (S. 4). „Insbesondere waren es die großen systematischen Werke
Schäffles und
Wagners“, die da
bahnbrechend waren. „Ihnen reihen sich die Schriften
Sax' an“ (S. 5). Doch
„sind wir noch weit von einem endgiltigen Abschlusse“ (S.5), weil man gar nicht oder
nicht scharf genug zu sondern gewust hat: die Frage nach der
Natur der einzelnen Bestandteile der Volkswirtschaft und die Frage nach der
verschiedenartigen
Gestaltung des wirtschaftlichen Verkehrts
dieser Bestandteile untereinander“ (S. 6). Namentlich „übersah man fast gänzlich die
Unterschiede in den handelnden Personen oder vermengte wenigstens
diese Unterschiede fast vollkommen mit jenen der
Verkehrsweise“ (S. 8). Diese Lücke in der „Forschung“ will
Verf. ausfüllen und untersucht zu diesem Zwecke I
Die
Wirtschaftsformen, deren Unterschied auf der Verschiedenheit der
Wirtschaftssubjecte beruht. Solcher Wirtschaftsformen stellt Verf.
vier auf und zwar a) Einzelwirtschaft (Junggeselle, katholischer Priester
u. s. w.), b) Familienwirtschaft, c) Gesammtwirtschaft (Stamm Stat), d) subjectlose
Wirtschaft (Stiftungen u. s. w.). II
Die
Wirtschaftsprincipien, deren Unterschied auf der Verschiedenheit der
Grundsätze beruht, „nach welchen bei Verfolgung des
Wirtschaftszweckes vorgegangen wird“ (S. 121), und deren Verf. ebenfalls
vier aufstellt: das eigenwirtschafltiche,
privatwirtschaftliche, gemeinwirtschaftliche und caritative. „Durch diese Sonderung
glaubt Verf. die Lehre von der Organisation der Volkswirtschaft nicht unwesentlich
gefördert zi haben, auch einem andern freilich in weiter Ferne gesteckten Ziele
etwas näher gerückt zu sein, nemlich dem einer einheitlichen und klaren Systematik
der gesammten Nationalökonomie“ (S. 201).
Ref. möchte dem strebsamen Verf. nicht Unrecht
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tun, muss jedoch gestehen, dass er in wissenschaftlichen Werken nach
neuen Erkenntnissen sucht, solche aber weder in
Begriffsspaltereien, noch auch in neuen Systematisierungen zu finden vermag,
trotzdem diesen logischen Operationen, die auf dem Gebiete der
Jurisprudenz von eminenter Bedeutung sind, auch auf dem Gebiete der
Nationalökonomie ein gewisser Wert nicht abgesprochen werden kann.