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Datenbank bairisch-österreichischer Mundartkunst vor 1800

Typus: Handschrift
Entstehungszeitraum: 1770 - 1780
Entstehungsort: Lambach / Stadl-Paura
Varianten:
Kommentar:

1939 vom Eferdinger Kunsthändler Wilhelm Brauner-Runge im Tausch erworben, ist diese aus der Aschacher Sammlung Hiermann stammende Handschrift die umfangreichste Liederhandschrift, die noch zu Lebzeiten Lindemayrs verfasst wurde. Schreiber ist auch hier Joseph Langthaller, der nicht nur einer der Hauptinterpreten der dramatischen und lyrischen Werke Lindemayrs war, sondern darüber hinaus zahlreiche dieser Lieder und Arien vertonte. Es ist denkbar, dass Langthaller in diesem Band jene Lieder von Maurus, aber auch Peter Gottlieb Lindemayr sammelte, die er selbst in Musik gesetzt bzw. zumindest zu einem bestimmten Anlass in den Diensten des Stifts gesungen hat.
Der Hauptteil des vollständig erhaltenen Manuskripts entstand, wie Schriftduktus und Liederdatierung zeigen, um 1775. Dem Inhaltsverzeichnis mit Incipits, Seitenzahlen und Liedtiteln folgt ein Textteil, der 35 Lieder umfasst. Die letzten vier am Ende dieses Abschnitts dürften einige Jahre später von Langthaller selbst nachgetragen worden sein; im Inhaltsverzeichnis wurde allerdings nur mehr das erste dieser Lieder, das sehr frühe Schimpflied In Gallum berücksichtigt. Der abschließende Teil (f. 73v-87v) gibt die Melodien mit Bassbegleitung – leider unvollständig – wieder, möglicherweise weil es Langthaller an Vorlagen fehlte und ihm die genauen Vertonungen nicht mehr in Erinnerung waren. Vielleicht aber deuten die Lücken auch auf einen anderen Komponisten hin.

Inhalt:
1. Der von allen Seiten her gequälte Bauer (Wann dä Baur Händel hat) [f. 4r-5v, 7 Strophen, Melodie f. 73v]
2. Der kranke Bauer (Hänts ist denn kain Dokter anzkemä) [f. 6r-8r, 7 Strophen, Melodie f. 74r]
3. Der Bauer aus Verzweiflung ein Schatzgraber (I kann mäs unmöglä nit denkä) [f. 8v-10v, 8 Strophen, Melodie f. 74v]
4. Der beschimpfte Schlosser (Wern d’Maister, und gsölln affrontirt) [f. 11r-12r, 6 Strophen, Melodie f. 75r]
5. Der Bauer ein Buttenträger oder mit der Camera obscura (Mein Endl hats längst Prophizeit) [f. 12v-13v, 6 Strophen, Melodie f. 75v]
6. Der Bauer im Traum ein König (Ferten in Hörist, hibsch spätt um Märtini) [f. 14r-16r, 9 Strophen, Melodie f. 76r]
7. Die veränderten Zeiten (I waiß nöt was mär iezund ham) [f. 16v-21r, 13 Strophen, Melodie f. 76v]
8. Die Hexe (Auf der Ofengabel fahrt mein Muedä) [f. 21v-22v, 4 Strophen, Melodie f. 77r]
9. Auf eine gehaltene Aderlaß (Dort schier um Sanct Jöring aui) [f. 23r-24v, 7 Strophen, Melodie f. 77v, nur Singstimme, Generalbass fehlt, auf f. 86r war offenbar eine weitere Melodie (ohne Bassbegleitung) vorgesehen, doch ist nur der Text eingetragen, die Notenlinien blieben leer]
10. Bauern Liedlein Auf das beylager Maria Josepha v. ‹Lücke› den 19. Jenner anno 1765 (Losts Nachbärn stehts zamä) [f. 25r-28v, 10 Strophen ohne Melodie]
11. Quisque suos patitur Manes (Wer sagt, Er habe gar Kain Streich) [f. 29r-31v]
12. Das Point d’honneur (Der stärkste Trieb, der uns belebet) [f. 32r-34r, von Peter Gottlieb Lindemayr]
13. Auf ein hoffärtiges Frauenzimmer (Es ist ein kurze Frage) [f. 34v-35r]
14. Der lustige und bräfe Student (Tausendmal beßer als irdisches gut) [f. 35v-36r]
15. Der über die Knücker erzörnte (Lustig Ihr Brüder, der Wexl wird kommen) [f. 36v-37r]
16. Der Liederlich Lustige (Sollt ich zum Henker mich grämen zu Todt) [f. 37v-38v]
17. Der über das Stadtleben klagende Bauer (Sagnt alleweill vom Stadlebn) [f. 39r-40v, 5 Strophen, Melodie f. 81v]
18. Die in das Spinetgen Verliebte (Thun meiner Bass, der Lalage) [f. 40v-41v]
19. Liebes Erklärung des Herrn v. Klingensack gegen seine Vermeinte Braut die Madamme v. Strasgut (Eyer im Feldsalat, Bradwürst im Kraut) [f. 42r-42v]
20. Des Hern Knieriem Schustermeisters Hochachtung für die Kleine Seite in Prag (Olmütz, eine hübsche Stadt) [f. 43r-44r]
21. Die Ehe ein Grab der Liebe (Da ich einst noch ledig ware) [f. 44v-45v]

- Antwort. Auf die Klage eines Verheuratheten Frauenzimmers, daß die Ehe ein grab der Liebe seye (Hör nur auf mein Kind zu Klagen) [f. 46r-47r]

22. Der wälsche Medicus (Son medico nasuto) [f. 47v-49r]
23. An eine spröde (Kann wohl mein Herze, sich noch verstehlen) [f. 49v-50r]
24. [o.T.] Freunde! Die Welt lauft mit den Stunden, Wochen, und Jahren [f. 50v-51r]
25. [o.T.] Alles kömmt zu seinem Ende, aber mein Vergnügen nicht [f. 51v-52r]
26. [o.T.] Endlich bleibt nicht ewig aus, endlich wird der Trost erscheinen [f. 52v-53v]
27. [o.T.] Der Weiber Lüst kann in der Welt [f. 54r-54v]
28. Trauerlied auf den kläglichen Hintritt Maria Josepha König[in] Kayser[in] aus dem Durchläuchtigsten Hause Bayren (Soll ich von deinem Tode singen) [f. 55r-57r]
29. Lied Eines Lambacherischen Pfarr Bauers, als er die Durchlauchtigste Dauphine Erzherzoginn von Österreich ankomen sah (Bin vor acht Tagen in Wochä mark gwösen) [f. 57v-63r, 19 Strophen, ohne Melodie]
30. Zur Vermeidung des Widerspruchs (Wer eine unwahrhafte Sache) [f. 63v-64v, von P.G. Lindemayr]
31. Ode auf die itzige Zeit. anno 1774 (Darf ich singen? – darf ichs wagen) [f. 65r-66r, laut Ccl 718 II, S. 157 von „P.R.G.“, möglicherweise Hinweis auf den Kremsmünsterer Kapitularen P. Rudolf Graser]
32. In Gallum (Verruchter, verfluchter, verzweifelt, verteufelt) [f. 66v-67r]
33. Die Ursache, Warum man bey den Frauen itzt keine volle Busen mehr wahrnimmt (Sie fragen mich, Madam! woher es kommen möge) [f. 67v, von P.G. Lindemayr]
34. Abschiedslied: Meine Phyllis (Meine Phyllis! willst du scheiden) [f. 68r-68v, von P.G. Lindemayr]
35. Die Länderreiß (Bin mä schan lang gnue in Ländäraisen gwöst) [f. 69r-69v, 4 Strophen ohne Melodie]

Melodien mit Bassbegleitung für:
1. Wann dä Baur Händl hat [f. 73v]
2. Hänts ist denn kain Dokter anzkemä [f. 74r]
3. I kan mäs unmiglä nit denkä [f. 74v]
4. Wern d’Maistä, und d’gsölln affrontirt [f. 75r]
5. Mein Endl hats längst Prophizeit [f. 75v]
6. Ferten in Hörist, hibsch spät um Märtini [f. 76r]
7. I wais nit was mär iezund ham [f. 76v]
8. Auf där Ofengabel fahrt mein Muedä [f. 77r]
9. Dort schier um Sanct Jöring aui [f. 77v]
13. Es ist ein kurze Frage [f. 79r]
14. Tausendmal beßer als irdisches gut [f. 79v]
15. Lustig Ihr Brüder, der Wexl wird kommen [f. 80r-v]
16. Sollt ich zum Henker mich grämen zu Todt [f. 81r]
17. Sagnt allweill vom Stadlebn [f. 81v]
18. Thun meiner Bas der Lalage) [f. 82r]
19. Eyer im Feldsalat, Bradwürst im Kraut [f. 82v]
20. Olmütz, eine hübsche Stadt [f. 83r]
22. Son medico nasuto [f. 83r, nur Singstimme, Begleitung fehlt]
25. Alles kömmt zu seinen Ende, aber mein Vergnügen nicht [f. 85v].

Bei den folgenden Liedern fehlen die Noten, der Text der ersten Strophe wurde aber zwischen die vorbereiteten Notenzeilen eingefügt:
11. Wer sagt, Er habe gar kein Streich [f. 78r]
12. Der stärkste Trieb, der uns belebet [f. 78v]
26. Dort schier um Sankt Jöring aui [f. 86r, andere Melodie vorgesehen?, Bassbegleitung offenbar nicht geplant]
28. Bin vor acht Tagen in Wochämark gwösen [f. 87r]
Lediglich die Notenzeilen vorbereitet wurden für die Lieder Nr. 21, 23, 24, 27; Lied Nr. 10 sollte offenbar nicht mit einem Notenteil versehen werden.

Papier: 87 Bll., 22 x 17 cm; oben beschnittene Bögen der Schöndorfer Papiermühle mit dem Vöcklabrucker Stadtwappen als Wasserzeichen im ersten Teil, mit Monogrammen im zweiten; Leerseiten: f. 1r, f. 70v-72v, f. 87v

Lagen: (II-1)Inhaltsverzeichnis, 2VI48 + VII72 + 4VI168 (falsche Paginierung), originale Fadenbindung

Einband: Kartonumschlag mit braun-rot ornamentiertem Kleisterpapierüberzug, vorderes Umschlagblatt gelöst und in der Mitte auseinandergerissen

Schrift, Schreiber und Ausstattung: durchgehend in der charakteristischen Kurrente Joseph Langthallers; f. 1v wurde für eine spätere Beschriftung leer gelassen; f. 1v-3v Inhaltsverzeichnis, vermutlich etwas später dazugefügt; Paginierung von Schreiberhand (1-168, 166 ausgelassen) im oberen äußeren Eck, spätere Foliierung rechts unten mit Bleistift; mit schwarzer Tinte von späterer (?) Hand bei den Titeln nachgetragen wurden die Seitenzahlen der Vertonungen; gleichfalls später dazugefügt scheinen die Liedernummern (z.T. falsch, vgl. Nummer 22); neben den Titeln Häkchen mit Rötel, Seitenspiegelbegrenzungen links und rechts mit Bleistift;
im Musikteil jeweils zweizeilige Notierung, Querverweise auf den Standort der Lieder im Textteil im oberen äußeren Eck

Editionskriterien: häufig Indifferenz zwischen Majuskel und Minuskel bei d, die Transkription erfolgt nach heutigem Schreibusus; Varianten bei Majuskel und Minuskel von A, a werden nicht markiert; auffällig unregelmäßige Groß-Kleinschreibung (bei p, b, k) bei manchen Liedern lässt vermuten, dass diese direkt auf ein Autograph Lindemayrs zurückgehen.

(zitiert nach Neuhuber 2008, S. 318-322)

Literatur:
Zuletzt geändert:am: 18.6.2015 um: 13:00:36 Uhr