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VERFOLGUNG UND WIDERSTAND
IM NATIONALSOZIALISMUS
DOKUMENTIEREN UND VERMITTELN

Digitale Erinnerungslandschaft



Geisteswissenschaftliches Asset Management System



Richard-Zach-Gasse, 8045 Graz
Beschreibung: Die SchülerInnen setzen sich vertieft mit der Biografie eines im Nationalsozialismus Verfolgten auseinander und erarbeiten sich dadurch eine weitere Perspektive auf den Kontext Verfolgung und Widerstand.
Ort: Graz (8010)
Zeitbedarf: 30–45 Minuten, eignet sich für Supplierstunde
Alter: 16–18 Jahre
Vermittlungsort: Klassenraum


Verbundene Orte:




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Im Jahr 1970 wurde in der ehemaligen Lehrerbildungsanstalt eine Gedenktafel für Othmar Schrausser, Richard Zach und Valesca Türner angebracht. Diese war das erste Erinnerungszeichen an den von den Nationalsozialisten ermordeten Lehrer, Schriftsteller und Widerstandkämpfer, Richard Zach, in Graz. Ein Jahr später, 1971, benannte die Stadt Graz eine Gasse und 1977 wurde in St. Radegund ein Heim von Kinderland nach Zach benannt. 2013 folgte in der Pestalozzigasse ein Stolperstein und 2019 auch ein Stolperstein vor der PH Steiermark , der ehemaligen Ausbildungsstätte von Zach. Richard Zach wurde 1919 in Graz als zweiter Sohn einer Arbeiterfamilie geboren. Als er 13 Jahre alt war, starb seine Mutter und er wuchs bei seiner Tante auf. Ab 1933 besuchte er die Bundeslehrerbildungsanstalt am Hasnerplatz, wo er 1938 mit Auszeichnung maturierte. In die Jahre der austrofaschistischen Diktatur fielen auch seine ersten literarischen Versuche und politischen Aktivitäten. Er war an der Lehrerbildungsanstalt mit dem etwas älteren Josef Martin Presterl befreundet, der führend im illegalen Kommunistischen Jugendverband aktiv war. Dennoch hielt Zach Distanz zum „polizeibekannten KJV“ und rief im christlichsozialen Verein Freiheitsbund eine Jugendgruppe ins Leben, den Jungfreiheitsbund. Ein Teil der Jugendgruppe gründete einen geheimen marxistischen Arbeitskreis, in dem die Schriften von Karl Marx, Friedrich Engels und August Bebel diskutiert wurden. Zudem studierten die Jugendlichen Theaterstücke ein, die sie bei einer Wanderung im Sommer 1937 durch die deutschsprachigen Gemeinden in Jugoslawien aufführten. Widerstand und Verhaftung Nach der Matura im Frühjahr 1938 unterrichtete Richard Zach kurze Zeit an einer Volksschule, ehe er im November zur Deutschen Wehrmacht einrückte. Nach Kriegsausbruch täuschte er bei einem Heimaturlaub im Februar 1940 einen Schiunfall vor, indem er sich selbst das Schienbein brach. Er galt daraufhin für ein Jahr als wehrunfähig und wurde wieder als Lehrer eingestellt. In dieser Zeit intensivierte Richard Zach die Widerstandsaktivitäten der Gruppe. Die Mitglieder besorgten sich eine Schreibmaschine, einen Handsetzkasten und einen Vervielfältigungsapparat, den sie in Authal bei Graz in einer Hütte versteckten. Dort druckten sie ab Oktober 1940 die Flugschrift „Der Rote Stoßtrupp“, die sie selbst vor den Grazer Industriebetrieben streuten oder auf Zäune und Mauern klebten. Über die Landesleitung der KPÖ gelangte die Flugschrift bis in die Ober- und Weststeiermark. Sie enthielt Informationen von ausländischen Radiosendungen und NS-feindliche Analysen, die Richard Zach selbst verfasste. Richard Zach gab auch die offizielle Zeitung der Grazer HJ heraus: „Soldatenbrief der Hitlerjugend“, für die er zahlreiche Texte schrieb. Auf diese Weise wollte er, wie auch die anderen Mitglieder der Widerstandsgruppe, Einfluss auf die Jugend nehmen. Mit Kriegsbeginn gegen die Sowjetunion im Juni 1941 intensivierte die von ihm geleitete Gruppe ihre Aktivitäten. In Graz wurden hunderte Flug- und Streuzettel verteilt, auf denen „Nieder mit Hitlers Raubkrieg! Kämpft dagegen mit allen Mitteln!“, „Sieg der Roten Armee! Vernichtung den Naziausbeutern! Helft mit, Genossen!“ zu lesen war. Am 31. Oktober 1941 wurde Richard Zach schließlich gemeinsam mit anderen wegen des Verdachts, kommunistische Parolen geschrieben zu haben, festgenommen. Doch auch nach seiner Verhaftung blieb er aktiv und versteckte Zettel, so genannte Kassiber, in der Schmutzwäsche, um seine Mitstreiter, die noch nicht verhaftet worden waren, zu warnen. Richard Zach schrieb während seiner Haft auch Gedichte, die über die Nachbarzelle, wo ein Mitkämpfer saß, den Weg nach draußen fanden. Dadurch sind von ihm über 80 Kassiber-Gedichte erhalten geblieben. Hoffen und Bangen Während seines Aufenthaltes im Grazer Polizeigefängnis am Paulustor und seiner Gefangenschaft ab April 1942 in Berlin-Moabit hoffte Richard Zach, bald wieder entlassen zu werden. Doch die Gestapo war bestens über die Aktivitäten seiner Gruppe unterrichtet. In all dieser Zeit des Hoffens, auch nach dem Urteilsspruch des Reichskriegsgerichts in Berlin, das ihn am 17. August 1942 zum Tode verurteilte, schrieb er fieberhaft über 600 Gedichte. Nach seiner Verlegung im Dezember 1942 nach Graz wurde Richard Zach am 27. Jänner 1943 – 23-jährig – in Berlin hingerichtet. Auch seine Mitstreiter kamen vor Gericht. Einer von ihnen wurde zum Tode verurteilt, die anderen fassten hohe Zuchthausstrafen aus. Zwei weitere wurden in ein Strafbataillon überstellt, wo sie umkamen.



Literatur

  • DÖW 19.455: Sammlung Richard Zach (1919–1943), Briefe, Kassiber (Original und Abschriften)
  • Christian Hawle, Richard Zach. „Gelebt habe ich doch!“, Wien 1989.
  • Richard Zach: „Streut die Asche in den Wind“. Österreichische Literatur im Widerstand. Ausgewählte Gedichte. Hg. und eingeleitet von Christian Hawle, Stuttgart 1988 (= Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik 198).
  • Richard Zach, Die schönen Worte fallen welk und fremd… Kassibertexte. Gedichte und Briefe. Hg v. Christian Hawle, Weitra 1993.
  • Heimo Halbrainer/Gerald Lamprecht, Nationalsozialismus in der Steiermark. Opfer – Täter – Gegner. Innsbruck-Wien-Bozen 2015.
  • Richard Zach: Den anderen Weg gegangen. Ausgewählte Gedichte. Hg. und mit einem Nachwort von Karl Wimmler. Graz 2017.